OGH 4Ob9/97w

OGH4Ob9/97w14.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann F*****, vertreten durch Dr.Gert Paulsen, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1. Valentin S*****, 2. Karin D*****, beide vertreten durch Dietrich Clementschitsch, Rechtsanwalt in Villach, wegen S 30.000 und Feststellung (Streitwert S 30.000), infolge "außerordentlicher Revision" der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 17.Oktober 1996, GZ 2 R 309/96k-31, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 3.Juni 1996, GZ 8 C 627/95t-24, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision und der in ihr enthaltene Rekurs werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit der Behauptung, daß ihn die beiden deswegen strafgerichtlich verurteilten Beklagten verletzt hätten, begehrte der Kläger letztlich (S. 121) ein Schmerzengeld in der Höhe von S 30.000 sA sowie die Feststellung, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand für sämtliche Schäden des Klägers infolge der Verletzung haften.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und machten ua eine Gegenforderung geltend.

Das Erstgericht sprach aus, daß das Zahlungsbegehren des Klägers mit S 18.750 zu Recht und die Gegenforderung mit S 1.324,80 zu Recht bestehe und verurteilte daher die Beklagten zur ungeteilten Hand, dem Kläger S 17.425,20 sA zu zahlen. Das Leistungsmehrbegehren und das Feststellungsbegehren wies es ab.

Das Berufungsgericht erkannte mit Teilurteil zu Recht, daß die mit Klage geltend gemachte Forderung mit S 18.750 sA zu Recht und die Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht bestehe, verurteilte demgemäß die Beklagten zur ungeteilten Hand S 18.750 sA zu zahlen und sprach aus, daß die Revision gegen dieses Teilurteil jedenfalls unzulässig sei; in Ansehung des weiteren Zahlungsbegehren von S

11.250 sA und des Feststellungsbegehrens hob das Gericht zweiter Instanz das Ersturteil auf und verwies in diesem Umfang die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Damit gab es nur der Berufung des Klägers, nicht aber jener der Beklagten Folge. In Erledigung der Beweisrüge der Beklagten, die geltend gemacht hatten, daß die Feststellungen des Erstrichters über den Raufhandel von den Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil 12 E Vr 1502/92-7 des Landesgerichtes Klagenfurt abwichen, führte das Berufungsgericht aus, daß das Straferkenntnis für den vorliegenden Fall nur insofern Bedeutung habe, als die materielle Rechtskraft des Schuldspruchs zu bejahensei, die verurteilten Beklagten sich also nicht mehr darauf berufen könnten, sie hätten an dem Raufhandel, dessentwegen sie rechtskräftig gemäß § 91 Abs 1 StGB verurteilt wurden, nicht teilgenommen. Im Strafverfahren sei es nicht darauf angekommen, wer die Verletzungen des Klägers im einzelnen verursacht habe. Das Erstgericht sei daher an die Feststellung des Strafgerichtes, daß Desideria S***** und nicht (wie im zivilgerichtlichen Ersturteil festgestellt) der Erstbeklagte auf den Kläger einen Stein geworfen habe, nicht gebunden gewesen. Die Parteiaussage des Klägers sei glaubwürdig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobene "außerordentliche Revision" der Zweitbeklagten ist unzulässig:

Soweit die Zweitbeklagte geltend macht, daß der Auftrag des Berufungsgerichtes zu weiteren Erhebungen zwecks richtiger Beurteilung der Berechtigung des Feststellungsbegehrens der geänderten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Beginn der dreijährigen Verjährungszeit widerspreche, bekämpft sie den Aufhebungsbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz; insoweit erhebt sie Rekurs. Sie übersieht, daß der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes absolut unanfechtbar ist, weil dieses nicht den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall ist auch ein außerordentlicher Rekurs unzulässig (RZ 1992/18; Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 4 zu § 519). Der in der Revision enthaltene Rekurs mußte deshalb zurückgewiesen werden.

Mit Recht wendet sich allerdings die Zweitbeklagte gegen den Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs 2 Z 2 ZPO. Das Gericht zweiter Instanz ist bei diesem Ausspruch offenbar davon ausgegangen, daß die Revision deshalb jedenfalls unzulässig sei, weil der Entscheidungsgegenstand des Teilurteiles nicht S 50.000 überstiegen hat. Dabei übersah aber das Berufungsgericht, daß die Revisionszulässigkeit von dem gesamten Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes abhängt; dazu gehört auch der Wert des Gegenstandes, über den das Berufungsgericht mit Aufhebungsbeschluß entschieden hat (Fasching, LB2 Rz 1858 und 1862; 4 Ob 107/90; 5 Ob 511/93 ua).

Da der Kläger neben Zahlung von S 30.000 noch ein Feststellungsbegehren gestellt hatte, der Entscheidungsgegenstand somit nicht ausschließlich in einem Geldbetrag bestand, hätte das Berufungsgericht auszusprechen gehabt, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000 übersteigt oder nicht (§ 500 Abs 2 Z 1 ZPO). Nur dann, wenn es den Entscheidungsgegenstand mit nicht mehr als S 50.000 bewertet hätte, wäre sein Ausspruch, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei (§ 500Abs 2Z 2 ZPO), berechtigt gewesen.

Dem Berufungsgericht war aber dennoch nicht der Auftrag zur Ergänzung seines Ausspruches zu erteilen. Eine solche Ergänzung ist nämlich dann als bloßer Formalismus entbehrlich, wenn das Rechtsmittel auch dann zurückzuweisen ist, wenn es im Hinblick auf den nachgetragenen Bewertungsausspruch zwar nicht jedenfalls unzulässig wäre, aber doch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO fehlt (6 Ob 1647/94; 2 Ob 87/95 ua). Das trifft hier zu:

Die Entscheidung über die gegen das Teilurteil erhobene außerordentliche Revision hängt nämlich nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinnedes § 502 Abs 2 ZPO ab:

Die Zweitbeklagte führt hiezu lediglich aus, daß die Feststellungen des Ersturteilesvon denjenigen im veurteilenden Straferkenntnis gegen die Beklagten abweiche. Nach den Feststellungen des Strafurteiles habe Desideria S***** einen Stein gegen den Kläger geschleudert. Das Erstgericht habe demgegenüber festgestellt, daß der Erstbeklagte dem Kläger mit einem Stein einen wuchtigen Schlag gegen dessen Hinterkopf versetzt habe.

Ganz abgesehen davon, daß die Zweitbeklagte damit dem Sinne nach einen Verfahrensmangel erster Instanz geltend macht, den das Berufungsgericht verneint hat, sodaß er in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden kann (Kodek aaO Rz 3 zu § 503 mwN aus der Rechtsprechung), besteht - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nach der Entscheidungdes verstärkten Senates SZ 68/195 = JBl 1996, 117 = EvBl 1996/34 keine Bindung an jede einzelne Tatsachenfeststellung des Strafurteiles. Auch nach den Feststellungen des Strafurteiles war die Zweitbeklagte jedenfalls am Raufhandel beteiligt und hat den Kläger festgehalten.

Die Revision der Zweitbeklagten ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfragezurückzuweisen.

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