Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Urteil des Erstgerichts wurde dem Beklagtenvertreter am 15. 7. 2010 mittels ERV zugestellt. Die vom Beklagten am 23. 9. 2010 mittels ERV eingebrachte Berufung wies das Berufungsgericht als verspätet zurück.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs der Beklagten ist zwar zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO), aber nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung zur ZPO idF vor dem BudgetbegleitG 2011 (BGBl I 2010/111) endet, wenn das Urteil innerhalb der verhandlungsfreien Zeit im Sommer zugestellt wird, die vierwöchige Berufungsfrist - sofern es sich um keine Ferialsache handelt - mit Ablauf des 22. September (RIS-Justiz RS0036496). Die Rechtsprechung begründet dies wie folgt:
Gemäß § 464 ZPO beträgt die Berufungsfrist vier Wochen; sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung. Nach § 125 Abs 1 ZPO wird bei Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen der Zeitpunkt oder die Ereignung fällt, nach der sich der Anfang der Frist richten soll. Gemäß § 125 Abs 2 ZPO enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. § 225 Abs 1 ZPO ordnet schließlich an, dass dann, wenn der Beginn der Frist in die verhandlungsfreie Zeit fällt, die Frist um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der verhandlungsfreien Zeit verlängert wird.
Die Zustellung des Urteils des Erstgerichts innerhalb der gemäß § 222 ZPO vom 15. Juli bis 25. August dauernden verhandlungsfreien Zeit hat zur Folge, dass die Zustellung als innerhalb der verhandlungsfreien Zeit vollzogen gilt, dass aber die Berufungsfrist erst mit dem Ende der verhandlungsfreien Zeit zu laufen begann.
Die Vorschrift des § 125 Abs 2 ZPO über die Berechnung von nach Wochen bestimmten Fristen geht allerdings von dem Normalfall aus, dass der Tag, auf welchen das Ereignis fällt, das den Fristenlauf auslöst, der betreffenden Partei nicht mehr ganz zur Verfügung steht und daher analog der Vorschrift des § 125 Abs 1 ZPO über die Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzurechnen ist. Wenn jedoch - wie im vorliegenden Fall - das den Lauf der Berufungsfrist auslösende Ereignis, nämlich die Zustellung des Urteils des Erstgerichts an den Beklagtenvertreter, innerhalb der verhandlungsfreien Zeit erfolgte und somit der Fristenlauf bereits um 00:00 Uhr des ersten Tages nach der verhandlungsfreien Zeit beginnt, wobei der Zustellungstag infolge der durch die verhandlungsfreie Zeit bewirkten Hemmung der Frist ohnehin nicht mitzählt, dann endet der Lauf der Frist von vier Wochen mit Ablauf des 28. - der Partei voll zur Verfügung stehenden - Tages, also mit Ablauf des 22. September. Nur diese Art der Berechnung verhindert, dass eine Frist von 28 Tagen und eine solche von vier Wochen an zwei verschiedenen Tagen enden, was dann der Fall wäre, wenn eine nach Tagen bestimmte Frist am 26. August, eine nach Wochen bestimmte Frist aber im Ergebnis erst um einen Tag später zu laufen begänne (4 Ob 536/76). Für eine solche unterschiedliche Berechnung und Dauer von Fristen bieten jedoch die Bestimmungen des § 125 Abs 1 und Abs 2 ZPO keine Handhabe. An dieser Auffassung, die auch von der ganz überwiegenden Lehre geteilt wird (Fasching, Lehrbuch² Rz 618; Schragel in Fasching/Konecny² § 225 ZPO Rz 1; Buchegger in Fasching/Konecny² § 126 Rz 11 f; Gitschthaler in Rechberger³ §§ 124 - 126 ZPO Rz 8), hat der Oberste Gerichtshof trotz der Kritik von Schumacher (Rechtsmittelfristen bei Zustellung der Entscheidung in der verhandlungsfreien Zeit, AnwBl 2006, 583) in mehreren Entscheidungen festgehalten (vgl 8 Ob 109/06x; 2 Ob 57/08h; 6 Ob 5/09t; 2 Ob 49/11m).
Die vom Berufungsgericht gewählte Art der Fristenberechnung entspricht dieser ständigen Rechtsprechung. Für die vom Rekurswerber vertretene Auffassung, den ersten Tag nach der verhandlungsfreien Zeit als den Tag der Zustellung zu behandeln, besteht keine Grundlage (RIS-Justiz RS0036272). Der Beklagte konnte keine überzeugenden Argumente ins Treffen führen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung gebieten würden. Die von ihm geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht; die Anregung, ein Normenprüfungsverfahren nach Art 140 B-VG einzuleiten, ist daher nicht aufzugreifen. Dass auch durch das Europäische Übereinkommen über die Berechnung von Fristen (BGBl 1983/254) keine Änderung in der dargestellten Rechtslage eingetreten ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausführlich begründet (3 Ob 40/99z).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
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