OGH 4Ob93/60

OGH4Ob93/606.9.1960

SZ 33/85

Normen

Gutsangestelltengesetz §26 Z1
Gutsangestelltengesetz §26 Z1

 

Spruch:

Bei Prüfung des Entlassungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit gemäß § 26 Z. 1 GAngG. ist an das Verhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen; auf das subjektive Empfinden des Dienstgebers kommt es nicht an.

Entscheidung vom 6. September 1960, 4 Ob 93/60.

I. Instanz: Arbeitsgericht Wiener Neustadt; II. Instanz:

Kreisgericht Wiener Neustadt.

Text

Die Untergerichte verneinten das Vorliegen des Entlassungsgrundes nach § 26 Z. 1 GAngG. beim Kläger und gaben seinem Begehren auf Zahlung von 23.750 S s. A. statt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des beklagten Dienstgebers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die beklagte Partei versucht mit besonderem Nachdruck darzutun, daß der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit gegeben sei. Nach dem Gesetz (§ 26 Z. 1 GAngG.) kann der Dienstnehmer entlassen werden, wenn er sich einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen läßt. Schon aus diesem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich, daß es nicht auf die subjektive Auffassung des Dienstgebers oder seiner Organe, sondern nur darauf ankommt, ob sich der Dienstnehmer objektiv konkrete Handlungen hat zuschulden kommen lassen, die ihn wieder nach allgemeinen Maßstäben und nicht bloß nach der Meinung eines besonders empfindlichen Dienstgebers als vertrauensunwürdig erscheinen lassen. Es geht daher am Kern der Sache vorbei, wenn in der Revision ausgeführt wird, das Verhältnis zum Kläger sei schon durch längere Zeit nicht das beste gewesen und es habe bald da, bald dort Differenzen gegeben bzw. mehr oder weniger offene oder versteckte Andeutungen und Mitteilungen verschiedenster Personen; all das habe mit der Zeit zu einer Minderung und einem Schwund des in den Kläger gesetzten Vertrauens geführt. Auf eine solche subjektive Einstellung des Dienstgebers ohne eine ausreichende objektive Grundlage kommt es nicht an. Der Dienstgeber mag einen Dienstnehmer, zu dem er in der geschilderten Weise das Vertrauen verloren hat, kundigen. Ein Entlassungsgrund liegt nicht vor.

Wenn in der Revision die Meinung vertreten wird, daß es für eine Entlassung genüge, wenn der Angestellte vertrauensunwürdig scheine, so kann der beklagten Partei auch darin nicht gefolgt werden. Die bezogenen Entscheidungen SZ. XXV 122 und ArbSlg. 5813 stützen diese Rechtsauffassung nicht. In der gleichfalls zitierten Entscheidung ArbSlg. 6360 ist ganz im Gegenteil im Sinne der obigen Ausführungen dargelegt, daß es nicht auf das subjektive Empfinden des Dienstgebers ankommt, sondern daß an das Verhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen ist, der nach den Begleitumständen des Einzelfalles und nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise angewendet zu werden pflegt.

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