OGH 4Ob86/89

OGH4Ob86/8927.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***-F***, Institut für Gewichtsabnahme und Figurkorrektur Gesellschaft mbH, Linz, Kaarstraße 7, vertreten durch Dr.Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei F*** I*** Rosa C*** Gesellschaft mbH, Linz, Rainerstraße 23, vertreten durch Dr.Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 900.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 18. April 1989, GZ 3 R 104/89-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 1.März 1989, GZ 1 Cg 54/89-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstrichters wiederhergestellt wird. Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig, die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Beide Parteien betreiben Unternehmen, die ihren - vorwiegend weiblichen - Kunden die Verringerung von Übergewicht anbieten. Am 3.November 1988 erschien in der "Linzer Rundschau/ korrekt" folgendes Inserat der Beklagten:

"Weihnachten ohne Figurproblem mit Figurella kein Problem.

.......

15 Ozontherapien a 180,--

15 Thermophysikal. Therapien a 190,-- Gesamt 5.550,--

30 Ozontherapien a 180,--

30 Thermophysikal. Therapien a 190,-- Gesamt 11.100,--

45 Ozontherapien a 180,--

45 Thermophysikal. Therapien a 190,-- Gesamt 16.650,--

Übrigens können Sie bei uns auch monatlich bezahlen!

......."

Wünscht der Kunde eine Zahlung in monatlichen Teilbeträgen, dann verlangt die Beklagte für 30 Therapien (15 Ozon- und 15 Thermophysikal. Therapien) nicht S 5.550,--, sondern S 5.900,--. Der Gesamtpreis von S 5.550,-- wird unaufgefordert allen Kunden gewährt, die das Therapiepaket auf einmal bezahlen, wobei die Differenz von S 350,-- als Nachlaß bezeichnet wird. Mit der Behauptung, daß die Beklagte mit dieser Ankündigung die Kunden über ihre Preisgestaltung täusche und somit gegen § 2 UWG verstoße, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung ab sofort zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes Preisankündigungen mit dem Hinweis zu machen, daß auch monatliche Zahlungen möglich seien, wenn der für je 15 Ozon- und thermophysikalische Therapien mit S 5.550,-- angegebene und veröffentlichte Gesamtpreis tatsächlich nur ein Barpreis nach Abzug eines Barzahlungsnachlasses von S 350,-- ist, ohne daß eine Aufklärung erfolgt, daß bei monatlicher Zahlung ein höherer Preis zu zahlen ist.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die von ihr angegebenen Gesamtpreise seien die jedermann verrechneten Barzahlungspreise. Ihrer Werbeeinschaltung sei nicht zu entnehmen, daß sich die Ratenzahlungsmöglichkeit auf den dort genannten Gesamtpreis bezöge; dem Publikum sei vielmehr völlig klar, daß die Bezahlung einer Ware in Raten eine Erhöhung des jeweiligen Kaufpreises durch Zinsenbelastung und Manipulationsspesen zur Folge habe. Werde ausnahmsweise trotz Ratenkaufes das Gesamtentgelt nicht verändert, dann werde in der Werbung darauf besonders hingewiesen. Die beanstandete Werbeeinschaltung sei daher nicht zur Irreführung geeignet.

Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung. Beim flüchtigen Lesen des beanstandeten Inserates entstehe im Durchschnittsinteressenten der Eindruck, daß der angekündigte Gesamtpreis von S 5.550,-- für das kleinste Therapiepaket (und ebenso die anderen Gesamtpreise) auch bei monatlicher Zahlung nicht überschritten werde; das stehe aber im Widerspruch dazu, daß der Gesamtpreis von S 5.550,-- bei Inanspruchnahme der monatlichen Bezahlung um S 350,-- erhöht werde. Diese Preiserhöhung erfahre der Kunde erst beim Abschluß des Vertrages. Da im Inserat der Beklagten auch die Einzelpreise angegeben seien, aus denen sich (durch Multiplikation) "aufschlagsfrei" die jeweiligen Gesamtpreise ergäben, andererseits aber auf die Möglichkeit einer monatlichen Zahlung hingewiesen werde, ohne daß eine dadurch bedingte Preiserhöhung bzw. den Verlust eines Preisnachlasses erwähnt werde, sei das Inserat zur Irreführung geeignet.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Der beanstandete Hinweis auf die monatliche Zahlungsmöglichkeit lasse mangels Bezugnahme auf den vorher angekündigten Gesamtpreis völlig offen, wie hoch der Preis für das Therapiepaket bei monatlichen Zahlungen ist. Anders verhielte es sich bei Verwendung der Wörter "Ratenzahlung" oder "Teilzahlung"; in diesem Fall könnte bei flüchtiger Lektüre des Inserates durchaus der Eindruck entstehen, daß eine Entrichtung des angekündigten Gesamtpreises ohne Aufschlag auch in Monatsraten möglich sei. Bei der beanstandeten Werbeankündigung der Beklagten nehme jedoch der Durchschnittskonsument an, daß ihn die Erbringung einer Leistung in Raten mehr koste als eine sofortige Barzahlung, hätte doch andernfalls die häufig gelesene Ankündigung "Teilzahlung ohne Aufschlag" keinerlei Werbewert. Die Beklagte habe daher nicht gegen § 2 UWG verstoßen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstrichters wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Eine Ankündigung verstößt nach ständiger Rechtsprechung dann gegen § 2 UWG, wenn sie nach ihrem Gesamteindruck bei flüchtiger Betrachtung durch einen Kunden mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit einen irrigen Eindruck erwecken kann (ÖBl 1979, 94 und 126 u.v.a.);

es reicht schon aus, wenn die Ankündigung auch nur bei einem nicht

völlig unerheblichen Teil des Publikums zu einer unrichtigen

Auffassung über ihren Inhalt führen kann (SZ 13/69; ÖBl 1977,

39 u.v.a.). Es kommt auch nicht darauf an, was sich der Ankündigende

bei der Formulierung gedacht hat, sondern nur darauf, wie der

tatsächlich verwendete Wortlaut von einem nicht ganz unerheblichen

Teil der angesprochenen Kreise verstanden und ungezwungen ausgelegt

wird (SZ 36/127; ÖBl 1973, 55 u.v.a.). Auch eine an sich richtige

Behauptung kann unter Umständen - insbesondere durch die Form, in

die sie gekleidet wird, oder durch den Gebrauch irreführender

Wendungen - gegen § 2 UWG verstoßen (SZ 36/127; ÖBl 1977, 39), wenn

ihr trotz sachlicher Richtigkeit von den Personen, an die sie sich

wendet, etwas Unrichtiges entnommen werden kann (ÖBl 1984, 70). Bei

Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung muß der Werbende immer die für ihn

ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (ÖBl 1986, 159 uva).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, so ist der Klägerin darin beizupflichten, daß die beanstandete Werbeankündigung eine zur Irreführung geeignete Angabe im Sinne des § 2 UWG enthält. Zumindest ein nicht unbeträchtlicher Teil der von der Werbung angesprochenen Personen konnte das Inserat der Beklagten dahin verstehen, daß auch bei "monatlicher Bezahlung" eines der Therapiepakete die Summe der Zahlungen dem angegebenen Gesamtpreis entsprechen werde. Schon bei flüchtiger Betrachtung drängt sich diese Annahme dadurch auf, daß die Beklagte keinerlei Hinweis auf zusätzliche Zinsen und Kreditkosten für den Fall der Ratenzahlung gemacht hat; bei einer gründlicheren Prüfung wird diese Schlußfolgerung noch dadurch unterstützt, daß - wie schon der Erstrichter zutreffend hervorgehoben hat - jede einzelne Therapie den entsprechenden Bruchteil des Gesamtpreises kostet. Da sich dieser aus der Multiplikation der Anzahl von Therapien mit dem jeweiligen Einzelpreis ergibt, kann daraus gefolgert werden, daß die Barzahlung des Gesamtpreises auf einmal (und im voraus) zu keiner Vergünstigung führt. Dann besteht aber auch kein Grund zu der Annahme, daß die Abstattung des Preises für eine über einen längeren Zeitabschnitt hin durchgeführte Behandlung in Teilzahlungen zu einer Erhöhung des Gesamtpreises führen müßte. Bei dieser Sachlage muß der Kunde - entgegen der Meinung des Rekursgerichtes - nicht von Haus aus damit rechnen, daß bei einer Ratenzahlung eine höhere Gesamtsumme zu begleichen wäre; da die Beklagte nur den Gesamtpreis genannt und auf die Möglichkeit von Teilzahlungen ohne jede Angabe der Höhe und Anzahl der Raten hingewiesen hat, war ihre Werbung vielmehr irreführend (vgl. WRP 1978, 309; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1230, Rz 291 zu § 3 dUWG). Daß die nicht ausdrücklich von Raten- oder Teilzahlungen, sondern von einem "monatlichen Bezahlen" gesprochen hat, macht dabei keinen wesentlichen Unterschied. Die beanstandete Werbeankündigung kann in jedem Fall - mag sie nun bloß flüchtig betrachtet oder gründlich geprüft werden - auch dahin verstanden werden, daß der oben genannte Gesamtpreis auch in monatlichen Zahlungen entrichtet werden kann. Da die Beklagte in Wahrheit aber im Fall von Teilzahlungen insgesamt einen höheren als den angegebenen Betrag - für das zuerst angeführte Therapiepaket statt S 5.550,-- S 5.900,-- verlangt, kann dieser - zumindest mehrdeutigen - Werbeaussage etwas Unrichtiges entnommen werden. Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 2 UWG besteht daher zu Recht. Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die einstweilige Verfügung des Erstrichters wiederherzustellen. Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte