Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache
selbst zu Recht erkannt:
"Das Klagebegehren des Inhaltes,
1. die beklagte Partei sei ab sofort schuldig, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Wort 'Propangas' als Bestandteil ihres Firmenwortlautes zu verwenden;
2. der klagenden Partei werde die Befugnis zugesprochen, das der Klage stattgebende Urteil binnen sechs Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der beklagten Partei in den Zeitungen 'Kurier', 'Tiroler Tageszeitung' und 'Neue Kronen-Zeitung' zu veröffentlichen, und zwar im Textteil je auf Seite 3 einer Freitagausgabe, mit Fettdruckumrandung, Fettdruck-Überschrift, sowie gesperrt und mit fettgedruckten Prozeßparteien, veröffentlichen zu lassen, wird abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 79.772,55 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 8.618,55 Umsatzsteuer und S 8.000,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist seit 30. Juni 1947 im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen; seit 16. Februar 1961 lautet ihre Firma "P*** Aktiengesellschaft". Sie betreibt in ganz Österreich den Handel mit Propan- und Butangas, mit Propangasgeräten sowie Installationen von Tanks und Geräten. Ihr Kundenkreis umfaßt die Hotellerie Gewerbetreibende und Private. Die Klägerin ist im Geschäftsverkehr unter ihrem registrierten Firmennamen tätig; neben dem jeweils in augenfälliger Buchstabengröße geschriebenen Firmenwortlaut verwendet sie auch ein Wort-Bild-Zeichen mit der Wortkombination "Drachen Gas" und einem Drachenbildzeichen. Mit Vertrag vom 25. April 1987 gründeten die Z*** Gesellschaft mbH sowie der ehemalige Geschäftsführer der Klägerin für Tirol, Richard B***, und die ehemaligen Außendienstmitarbeiter der Klägerin in Tirol, Günther N*** und Franz M***, die beklagte Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die am 9. Juli 1987 im Handelsregister des Landesgerichtes Innsbruck eingetragen wurde. Gegenstand dieses Unternehmens ist der Handel mit Gas und Gasanlagen. Kunden der Beklagten sind Gewerbetreibende, vor allem Hotelunternehmer, und Private. Auch die Beklagte ist im Geschäftsverkehr unter ihrer registrierten Firma tätig. Sie verwendet Briefpapier und Visitenkarten, auf denen in dominanter Schriftgröße das Wort "Propangas" aufscheint; oberhalb davon befinden sich in etwas kleinerer Schrift, mit einem Flammenzeichen als Hintergrund, die Buchstaben "B" und "Z"; unterhalb des Wortes "Propangas" steht in wesentlich kleinerer Schrift das Wort "Handelsgesellschaft mbH" samt Adresse und Telefonnummer. Links von dieser Bezeichnung der beklagten Gesellschaft ist ein Wort-Bild-Zeichen zu sehen das aus zwei Tanks und zwei Gasflaschen besteht; jeder der beiden Tanks trägt die Aufschrift "BZ-GAS". Mit der Behauptung, daß die Beklagte durch die Verwendung des Wortes "Propangas" als Bestandteil ihrer Firma in das Firmen- und "Marken"-recht der Klägerin eingreife und sich bei der Wahl dieses Firmenschlagwortes der damit herbeigeführten Verwechslungsgefahr bewußt gewesen sei, begehrt die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Wort "Propangas" als Bestandteil ihres Firmenwortlautes zu verwenden; außerdem stellt sie ein Veröffentlichungsbegehren. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. "Propangas" sei ein Fachausdruck aus dem Bereich der Chemie und zugleich der Name einer Handelsware; die Firmen beider Streitteile brächten mit diesem Wort zum Ausdruck, daß ihr Produkt hauptsächlich Propangas ist. Wesentlich für den Handelsverkehr und für die Kunden sei nicht diese Bezeichnung, sondern der "eingeführte Name" einer Firma; das sei bei der Klägerin "Drachen-Gas" und bei der Beklagten "BZ-Gas".
Der Erstrichter gab der Klage statt. Maßgebender, weil für den Durchschnittskunden augenfälligster, Bestandteil der Firmen beider Parteien sei das Wort "Propangas"; die Möglichkeit von Verwechslungen der beiden Firmen liege somit auf der Hand. Zur Aufklärung des Publikums sei auch die beantragte Urteilsveröffentlichung gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und sprach - in der Begründung - aus, daß im Hinblick auf die unbedenkliche Bewertung durch die Klägerin der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-, nicht aber S 300.000,-
übersteige; das Veröffentlichungsbegehren habe als Nebenforderung unberücksichtigt zu bleiben. Der Name, die Firma oder die besondere Bezeichnung eines Unternehmens seien zufolge der ihnen innewohnende Namensfunktion grundsätzlich nur dann schutzfähig, wenn sie Unterscheidungs- (Kennzeichnungs-)kraft besäßen, also etwas Besonderes, Individuelles an sich hätten, das sich schon seiner Art nach dazu eigne, ihren Träger von anderen Personen zu unterscheiden. Diese Voraussetzung fehle aber (u.a.) bei Wörtern der gewöhnlichen Umgangssprache und bei allen Herkunfts-, Gattungs- und Beschaffenheitsbezeichnungen. Im Bereich des Markenrechtes gelte für solche Ausdrücke sogar ein absolutes Freihaltebedürfnis; sie dürften nicht für einen Betrieb monopolisiert werden. "Propangas" müsse als ein solcher allgemein gebräuchlicher Ausdruck, zumindest aber als Ausdruck einer Fachsprache gelten. Im Bereich des Firmenschutzes nach § 9 Abs 1 UWG möge zwar kein absolutes Freihaltebedürfnis für dieses Wort bestehen; in jedem Fall aber handle es sich dabei um ein sogenanntes "schwaches Zeichen" mit geringer Kennzeichnungskraft. Solche Zeichen seien zwar gleichfalls gegen mißbräuchliche Verwendung geschützt, ihr Schutz sei allerdings einschränkend zu beurteilen; häufig beseitigten schon geringe Abweichungen die Verwechslungsgefahr. Im Falle eines absoluten Freihaltebedürfnisses könne auch bei Verkehrsgeltung kein Schutz nach § 9 UWG bestehen. Fehle ein solches Freihaltebedürfnis, dann sei ein Firmenbestandteil, der sonst nach § 9 Abs 1 UWG nicht schutzfähig werde, bei Verkehrsgeltung doch schützbar. Habe sich ein derartiges, seiner Natur nach nicht unterscheidungskräftiges Zeichen im Geschäftsverkehr so durchgesetzt, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise in ihm einen eindeutigen Hinweis auf einen bestimmten Rechtsträger oder ein bestimmtes Unternehmen erblicke, dann habe es jene namensmäßige Kennzeichnungskraft erlangt, die eine wesentliche Voraussetzung für den Schutz nach § 9 UWG bilde. Da das die Firma der Klägerin allein kennzeichnende, den Gesamteindruck bestimmende Wort "Propangas" ein schwaches Zeichen sei, könne die Klägerin den Schutz des § 9 Abs 1 UWG nur bei Verkehrsgeltung dieses Wortes im Sinne einer Zuordnung zu ihrem Unternehmen in Anspruch nehmen. Eine solche Verkehrsgeltung habe die Klägerin behauptet, spreche sie doch von der "für sie typischen und eingeführten Bezeichnung 'Propangas'". Da das Erstgericht zu dieser von der Beklagten bestrittenen Behauptung keine Feststellungen getroffen habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben.
Sollte das Klagebegehren mangels Verkehrsgeltung des Firmenbestandteils "Propangas" nicht auf § 9 UWG gestützt werden können, dann sei damit noch nicht die Anwendung des § 1 UWG ausgeschlossen. Nach der Behauptung der Klägerin sei der Beklagten Verwechslungsabsicht zu unterstellen; das gelte auch dann als sittenwidrig, wenn sich diese Absicht im Nachahmen sonst schutzunfähiger Unternehmenskennzeichen verwirkliche. Unter Umständen werde es daher notwendig sein, das erstinstanzliche Verfahren auch auf diese Frage auszudehnen.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und in der Sache selbst der Klage stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist insofern berechtigt, als die Sache - wenn auch nicht im Sinne der Klägerin - spruchreif ist.
Vorausgeschickt sei, daß die Rechtsansicht, von der das Berufungsgericht bei seinem Bewertungsausspruch ausgegangen ist, nicht zutrifft. Seit der ZVN 1983 kennt § 500 Abs 2 ZPO den Begriff der "Nebenforderungen" nicht mehr; für das Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung gilt auch nicht § 54 Abs 2 JN (ÖBl 1988, 161). Das Veröffentlichungsbegehren ist daher bei der Bewertung des Streitgegenstandes sehr wohl zu berücksichtigen. Dennoch bedurfte es hier keines Auftrages an das Berufungsgericht, eine neuerliche Bewertung unter Einbeziehung des Veröffentlichungsanspruches vorzunehmen, weil der Frage, ob der Streitwert unter oder über S 300.000,- liegt, hier keine Bedeutung zukommt. Der Rekurs der Klägerin ist nämlich auch dann zulässig, wenn der Gesamtstreitwert S 300.000,- nicht übersteigt, weil die Entscheidung in jedem Fall von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO abhängt; andere Rechtsfragen sind aber nicht zu lösen, so daß es diesmal auf den Unterschied zwischen einem Grundsatz- und einem - bei einem Streitwert über S 300.000,-
gegebenen - Vollrekurs nicht ankommt.
Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, daß die in § 9 Abs 1 UWG angeführten Bezeichnungen zufolge der ihnen innewohnenden Namensfunktion grundsätzlich schon (aber auch nur) dann schutzfähig sind, wenn sie Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) besitzen, also etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sich schon ihrer Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen zu unterscheiden (Hohenecker-Friedl 47; ÖBl. 1979, 78 u.v.a.). Kommt einer Bezeichnung an sich eine ihren Träger kennzeichnende Unterscheidungskraft nicht zu, dann kann sie trotzdem den Schutz nach § 9 UWG erlangen, wenn und soweit sie Verkehrsgeltung hat (Hohenecker-Friedl aaO; Koppensteiner, Unlauterer Wettbewerb2, 149; ÖBl. 1982, 160, ÖBl. 1986, 7 u.a.). Für Wörter der allgemeinen Umgangssprache, aber auch für Ausdrücke einer Fachsprache besteht ein absolutes Freihaltebedürfnis; sie können nicht der Sprache durch Monopolisierung zugunsten einer bestimmten Person entzogen werden (Hohenecker-Friedl 48; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1671 Rz 39 zu § 16 dUWG; SZ 49/65; SZ 54/1; ÖBl. 1982, 158; ÖBl. 1985, 11 u.a.). Zur Abgrenzung, absolut schutzunfähiger von solchen Zeichen, denen im Fall ihrer Verkehrsgeltung Schutzfähigkeit nach § 9 UWG zukommt, müssen dieselben Kriterien herangezogen werden, die nach § 4 Abs 1 Z 2 und 3 MSchG in Verbindung mit § 4 Abs 2 MSchG für die Frage entscheidend sind, in welchen Fällen bei Verkehrsgeltung eines Zeichens eine Registrierung als Marke möglich ist. Absolut schutzunfähig auch nach Wettbewerbsrecht sind danach Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind; auf sie ist der Geschäftsverkehr zur Bezeichnung dieser Waren oder Dienstleistungen angewiesen, weshalb derartige Wörter nicht zugunsten einer Person monopolisiert werden dürfen (SZ 54/1). Das gilt entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes auch für Firmen und Firmenbestandteile (vgl. ÖBl. 1982, 158; ÖBl. 1985, 11).
Da das Wort "Propangas" dem allgemeinen Sprachgebrauch angehört und der Verkehr auf diese Warenbezeichnung unbedingt angewiesen ist, kann es zugunsten der Klägerin nicht monopolisiert werden; diese kann sich daher nicht mit Erfolg auf eine von ihr erlangte Verkehrsgeltung berufen.
Steht es aber der Beklagten, die mit Propangas handelt, frei, dieses Wort als Hinweis auf den Gegenstand ihres Unternehmens in ihre Firma aufzunehmen (§ 5 Abs 1 GmbHG), dann kann es auch nicht darauf ankommen, ob sie damit bewußt Verwechslungen mit der Klägerin herbeiführen wollte, die möglicherweise vorher als einziges Unternehmen diesen Ausdruck in ihrer Firma verwendet hatte. Die vom Berufungsgericht angeführten Entscheidungen (ÖBl. 1970, 122; SZ 27/301 u.a.) betrafen andere Sachverhalte, in denen es nie um solche Bezeichnungen gegangen war, die jedermann zu benützen berechtigt ist.
Da somit der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu verneinen ist, war gemäß § 519 Abs 2 Satz 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst dahin zu erkennen, daß das Klagebegehren abgewiesen wird. Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle in Verbindung mit § 50 ZPO. Da die Klägerin unterlegen ist, war auf ihren Kostenrekurs (ON 17) nicht mehr einzugehen.
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