OGH 4Ob84/02k

OGH4Ob84/02k9.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Manfred Schwindl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. W***** KG, 2. C***** GmbH & Co, beide *****, beide vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert 25.435,49 EUR), Zahlung (in Ansehung der erstbeklagten Partei: 4.081,31 EUR sA, in Ansehung der zweitbeklagten Partei 7.817,27 EUR sA) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.633,64 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13. Februar 2002, GZ 1 R 192/01p-14, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Nachahmen eines fremden Produkts, das keinen Sonderrechtsschutz - etwa nach dem MSchG, dem UrhG oder als Unternehmenskennzeichen - genießt, ist an sich nicht wettbewerbswidrig; ein Verstoß gegen § 1 UWG ist aber dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt (stRsp ua ÖBl 1997, 34 - Mutan-Beipackzettel; MR 1997, 222 = ÖBl 1998, 17 - Schokobananen mwN). Das ist (ua) dann der Fall, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft (ÖBl 2001, 116 - Norwegerpullover). Die vermeidbare Herkunftstäuschung ist demnach - ebenso wie die unmittelbare Übernahme eines Arbeitsergebnisses (ecolex 1993, 825 = ÖBl 1993, 156 = WBl 1994, 29 - Loctite) oder ein Vertrauensbruch (ÖBl 1998, 225 - Haftgel) - einer jener Fälle, in denen das Nachahmen eines fremden Arbeitsergebnisses sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist (ecolex 2000, 733 [Schanda] = wbl 2000, 578 = ÖBl 2001, 66 - Minamax).

Eine vermeidbare Herkunftstäuschung setzt voraus, dass eine bewusste Nachahmung vorliegt, die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre, sofern nur dem nachgeahmten Produkt wettbewerbliche Eigenart und eine gewisse Verkehrsbekanntheit zukommt (ÖBl 2001, 116 - Norwegerpullover mwN). Der erkennende Senat hat allerdings schon wiederholt ausgesprochen, dass eine Herkunftstäuschung fehlt, wenn der Abnehmer über die Herkunft der nachgeahmten Muster deshalb genau Bescheid weiß, weil der Nachahmende auf Bestellung des Abnehmers gearbeitet hat, demnach bei den Abnehmern keine unrichtige Vorstellung über die Herkunft der Musterstücke hervorgerufen werden konnte (ÖBl 1994, 58 - Makramee-Spitzen; ÖBl 1996, 23 - Hotelpässe; ÖBl 1999, 12 - Gamma; ÖBl 1999, 14 - Longarone).

Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen, wenn es die auf § 1 UWG gestützten Ansprüche deshalb verneint hat, weil die Beklagten die beanstandeten Produkte (hier: Kugelschreiber mit Namensaufdruck eines Hotels, die als Werbegeschenk an die Gäste des Hotels verteilt wurden) nach einem von der Bestellerin vorgelegten Muster hergestellt haben. Dabei macht es - entgegen der Auffassung der Klägerin - keinen Unterschied, ob die nach den Behauptungen als Vorbild dienenden Produkte weithin unbekannt oder weltberühmt sind, kann doch in beiden Fällen der (gegen Entgelt erwerbende) Abnehmer keinem Irrtum über die Person seines (nach seinen Vorgaben produzierenden) Vertragspartners unterliegen. Ob aber der "Letztverbraucher" (gemeint: der mit dem Produkt beschenkte Hotelgast) einer Herkunftstäuschung unterliegt, spielt im Zusammenhang des § 1 UWG deshalb keine Rolle, weil dieser insoweit kein Marktteilnehmer ist; die Marktverhältnisse als Schutzobjekt des Wettbewerbsrechts blieben nämlich auch dann unverändert, falls der beschenkte Personenkreis einem Irrtum über den Hersteller des Geschenks unterläge. Dass aber etwa infolge Gratisverteilung eine Marktverstopfung für die betreffenden Waren eingetreten wäre, die Klägerin im Absatz ihrer eigenen Produkte behindert hätte, wurde nicht behauptet.

Ob die Bestellerin gegenüber den Beklagten offengelegt hat, dass sie bewusst ein nachgeahmtes Produkt als Werbegeschenk verteilen wolle, hat keine Auswirkungen auf die rechtliche Beurteilung; eine von der Rechtsmittelwerberin im Zusammenhang mit einer solchen Feststellung behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens begründet daher keine erhebliche Rechtsfrage. Auch die Fragen des Vorliegens eines Wettbewerbsverhältnisses oder der Zulässigkeit einer Prozessstandschaft im Wettbewerbsprozess sind für das Ergebnis des Rechtsstreits unerheblich.

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