Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden, soweit sie den Zweitbeklagten betreffen, aufgehoben und die Rechtssache wird insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Erstklägerin, die Raiffeisenkasse T***** registrierte Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung und die R*****Gesellschaft mbH bildeten mit Statut vom 27.9.1976 zur Sanierung des Ortszentrums von T***** die Erneuerungsgemeinschaft Ortszentrum T*****. Die Bezirkshauptmannschaft ordnete die Sanierung mit Bescheid vom 22.6.1977 an. Von der Sanierung umfaßt war (ua) die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** T*****, die im Miteigentum der Kläger steht. Die Kläger waren auch Mitglieder der Erneuerungsgemeinschaft Ortszentrum T*****.
Die Erneuerungsgemeinschaft Ortszentrum T***** beauftragte die R***** B***** GmbH mit der Organisation, Leitung, Betreuung und Überwachung des Bauvorhabens. Die Sanierung wurde in mehreren Bauabschnitten durchgeführt. Im Bauabschnitt II ergab sich die Notwendigkeit, die Ölfeuerungsanlage durch einen zusätzlichen Lagerbehälter zu erweitern. Der Zweitbeklagte wurde mit der Sonderplanung und Bauleitung der kompletten Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsanlage beauftragt; der Auftrag zur Errichtung der Heizungsanlage wurde der Erstbeklagten erteilt.
Der dem Zweitbeklagten erteilte Auftrag umfaßte (ua) folgende Leistungen:
"...
6. Anbotsüberprüfung
7. Einweisung der auftragausführenden Firmen
8. Montagekontrolle und Bauüberwachung für Einlegeteile während der Rohbauausführung
9. Abnahme der Anlage und Funktionsprobe sowie Übergabe der Anlage gemeinsam mit den ausführenden Firmen
10. Überprüfung der Schlußrechnung.
...
Für die vollzählige Erfassung aller zur Herstellung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsinstallation erforderlichen Lieferung und Leistungen sowie für die Richtigkeit Ihrer technischen Angaben haften Sie sowohl nach Ihren Standesregeln als auch nach den einschlägigen Bestimmungen des ABGB.
..."
Die Erstbeklagte erstellte auf Basis des vom Zweitbeklagten verfaßten Leistungsverzeichnisses ihr Anbot, das der Zweitbeklagte prüfte. Am 2.4.1980 erstattete der Zweitbeklagte den Einbauvorschlag für den 50.000 l Erdtank unter der Tiefgarageneinfahrt als kostengünstigere Variante. Die Erneuerungsgesellschaft Ortszentrum T***** genehmigte diesen Vorschlag und erteilte der Erstbeklagten den Auftrag, einen Unterfluröltank einzubauen. Der Zweitbeklagte wies in seinem Planungsvorschlag ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Feuchtigkeitsisolierung der Verbindungsleitungen zwischen Außentank und Heizkessel durch Anbringung von sogenannten Densobindenumwicklungen hin. Im Plan war auch eine Mantelverrohrung vorgesehen, welche die absolute Dichtheit gegenüber dem Erdreich gewährleistet hätte. Die Erstbeklagte hat jedoch die Leitung weder ordnungsgemäß gegen Feuchtigkeit isoliert noch eine Mantelverrohrung vorgenommen. Die Erstbeklagte isolierte die Leitungen nur mit Dachpappe; damit war kein ausreichender Feuchtigkeitsschutz gegeben. Der Zweitbeklagte hat nicht geprüft, ob die Rohre ausreichend gegen Feuchtigkeit isoliert waren, weil er der Auffassung war, zu einer solchen Prüfung nicht beauftragt zu sein.
Die Erstbeklagte rechnete die Installationen am 10.2.1981 ab; am 13.3.1981 nahm der Zweitbeklagte die Arbeiten ab und prüfte die Rechnung. Am 27.4.1981 erstellte die Erstbeklagte den Ölfeuerungseingabeplan für den 50.000 l Tank; gleichzeitig suchte sie um Bewilligung der Anlage an. Mit Bescheid vom 4.11.1982 genehmigte die Erstklägerin die Anlage; Punkt 5 d des Bescheides enthielt die Auflage zur Vorlage einer Prüfbescheinigung über die vorschriftsgemäße Herstellung einer allfälligen Isolierung auch der Rohrleitungen.
Die Ölfeuerungsanlage war jahrelang störungsfrei in Betrieb. Bei Kanalarbeiten im Sommer 1991 wurde die Rohrleitung freigelegt. Dabei wurde festgestellt, daß die Rohrleitung angerostet und zum Teil durchgerostet und das Erdreich in diesem Bereich in erheblichem Ausmaß durch Ölaustritt kontaminiert war. Durch mechanische Beschädigung der angerosteten Leitung kam es zu einem weiteren Ölaustritt. Für die Schadensbehebung mußten S 2,149.561,33 aufgewendet werden.
Die Kläger begehren S 2,198.301,33 sA. Die Erstbeklagte habe es in grob fahrlässiger Weise unterlassen, die Ölleitungen mit dem behördlich vorgeschriebenen Korrosionsschutz zu versehen. Der Zweitbeklagte habe seine Verpflichtung nicht erfüllt, die Arbeiten der Erstbeklagten zu überwachen, zu kontrollieren und ordnungsgemäß abzunehmen. Die ursprünglich auch gegen die R***** B***** GmbH eingebrachte Klage zogen die Kläger unter Anspruchsverzicht zurück.
Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen. Die Erstbeklagte treffe kein Verschulden. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, die Rohre zwar mit einer Wärme-, nicht aber mit einer Feuchtigkeitsisolierung zu versehen. Nach der Verlegung hätten die Rohre von einer anderen Fachfirma mit einem Schacht ummantelt werden sollen. Ursache des Ölaustrittes sei allein die Beschädigung durch den Bagger einer Baufirma gewesen. Der Zweitbeklagte habe keine Verpflichtung zu einer Montagekontrolle oder Bauüberwachung übernommen. Dafür wäre allein die von den Klägern beauftragte R***** B***** GmbH zuständig gewesen. Deren Versäumnisse hätten die Kläger zu vertreten; darauf entfielen mindestens zwei Drittel des Schadens. Die Erstklägerin und den Kläger zu 15. Ing. Anton K***** treffe ein zusätzliches Verschulden. Der Erstklägerin seien die Säumnisse bei den Ansuchen um die Bewilligung der Ölfeuerungsanlage bekannt gewesen, sie habe aber nichts unternommen. Der Kläger Ing. Anton K***** habe die ihm übertragene Bauaufsicht nicht ausreichend wahrgenommen. Er habe es verabsäumt, den Sonderplaner von der Verlegung der Ölleitungen im Erdreich zu verständigen. Dieses Mitverschulden sei mit mindestens 50 % zu bewerten.
Das Erstgericht sprach den Klägern S 2,149.561,33 sA zu; das Mehrbegehren wies es ab. Beide Beklagte hafteten für den Schaden; die Erstbeklagte, weil sie es unterlassen habe, die Rohrleitungen auftragsgemäß und fachgerecht zu isolieren; der Zweitbeklagte, weil er die Arbeiten der Erstbeklagten als Sonderfachmann hätte überprüfen müssen. Die Kläger treffe kein Mitverschulden. Sie hätten sich befugter Gewerbsleute bedient; deren Verschulden könne ihnen nicht angelastet werden. Die Erstbeklagte habe als Baubehörde die erforderlichen Auflagen im Baubescheid erteilt; eine eigene Prüfpflicht habe sie nicht getroffen. Die Kläger seien zur gesamten Hand berechtigt; ihnen stehe der aufgewendete Betrag abzüglich von S 48.740,-- an Sowiesokosten zu.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß es die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, der klagenden Partei Wohnungseigentumsgemeinschaft EZ ***** in GB ***** T***** S 2,149.561,33 sA zu zahlen, und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Zweitbeklagte sei beauftragt gewesen, die Anlage abzunehmen und die Schlußrechnung zu überprüfen. Um die Leistungen der Erstbeklagten überprüfen zu können, wäre es notwendig gewesen, während der Bauausführung die für eine Rechnungsprüfung notwendigen Grundlagen zu erheben und die tatsächliche Durchführung der Arbeiten zu kontrollieren. Dieser Verpflichtung sei der Zweitbeklagte nur mangelhaft nachgekommen. Er habe nicht bewiesen, daß ihn an der Unterlassung kein Verschulden treffe. Eine allenfalls ungenügende Baubetreuung und Bauüberwachung begründe kein Mitverschulden des Auftraggebers. Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche aufgrund von Mängeln, welche die gesamte Liegenschaft betreffen, seien Gesamthandforderungen. Eine Mehrheit von Miteigentümern könne nur Leistung zugunsten sämtlicher Gläubiger begehren; das Klagebegehren sei in diesem Sinn richtigzustellen gewesen. Gemäß § 5 Abs 1 Tiroler Ölfeuerungsgesetz liege die behördliche Bewilligung zeitlich vor der Ausführung. Ein Betriebsbewilligungsverfahren unter Beiziehung von Sachverständigen sei nur bei Großanlagen vorgesehen. Der Schaden wäre daher auch dann eingetreten, wenn den Bestimmungen des Tiroler Ölfeuerungsgesetzes entsprochen worden wäre. Jedenfalls wäre das Verschulden der Erstklägerin im Verhältnis zu dem des Zweitbeklagten so gering, daß es vernachlässigt werden könne.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision des Zweitbeklagten ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung zu den Grundsätzen der Vertragsauslegung widerspricht; die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Der Zweitbeklagte verweist darauf, daß das Berufungsgericht den dem Zweitbeklagten erteilten Auftrag ausgelegt hat, ohne die Absicht der Vertragsparteien und die Übung des redlichen Verkehrs zu erforschen. Selbst nach dem Wortsinn der Vereinbarung ergebe sich keine Pflicht zur Prüfung der Isolierung verlegter Rohre. Auch das mit dem Zweitbeklagten vereinbarte Honorar zeige, daß ihm die örtliche Bauüberwachung nicht übertragen worden sei. Das Berufungsgericht habe ein Mitverschulden der Kläger zu Unrecht verneint. Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist sei eine Beweislastumkehr zugunsten des Werkunternehmers gerechtfertigt.
Dazu hat der erkennende Senat erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Unter Parteienabsicht ist der redlicherweise zu unterstellende Geschäftszweck zu verstehen; es ist herauszufinden, wie der andere Teil die Erklärung verstehen mußte. Bereits im Rahmen der "schlichten" oder "einfachen" Vertragsauslegung ist jedoch nicht nur auf die Parteienabsicht, sondern auch auf die Übung des redlichen Verkehrs, auf gewisse Verkehrssitten, insbesondere die Sprachüblichkeit, Bedacht zu nehmen (Schwimann/Binder, ABGB**2 § 914 Rz 36ff; s auch Rummel in Rummel, ABGB**2 § 914 Rz 4ff, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Die Kläger haben behauptet, der Zweitbeklagte hafte, weil sein Auftrag "vor allem auch die Montagekontrolle und Bauüberwachung sowie die Abnahme der Anlage und Funktionsprobe sowie Übergabe der Anlage gemeinsam mit den ausführenden Firmen umfaßt" habe. Dagegen hat der Zweitbeklagte eingewandt, den Unterlagen (darunter Auftragsschreiben) sei nicht zu entnehmen, daß er auch eine Montagekontrolle oder Bauüberwachung ausführen hätte sollen.
Das Erstgericht hat dazu festgestellt, daß der Zweitbeklagte für die Überprüfung der Montageausführung zuständig gewesen sei, sich jedoch für nicht zuständig erachtet habe. Der Zweitbeklagte hat diese Feststellung bekämpft. Das Berufungsgericht hat die Feststellung als "in diesem Sinne richtig" übernommen, daß der Zweitbeklagte vor Zuschütten der Baugrube überprüfen hätte müssen, ob die Ölleitungen mit Densobinden isoliert sind. Dies ergebe sich aus Punkt 9 und 10 des Auftrages vom 7.11.1978, die ausdrücklich die Abnahme der Anlage und Überprüfung der Schlußrechnung vorsähen. Dabei gehöre es wohl zu den anerkannten Regeln, daß während der Bauausführung die Projektannahmen laut Ausschreibung bzw. Auftrag mit den tatsächlichen Verhältnissen verglichen bzw. die vorgenommenen Arbeiten kontrolliert werden, um die in der Schlußrechnung angeführten Positionen konkret überprüfen zu können.
Für diese Ausführungen fehlt jede Tatsachengrundlage: Das Erstgericht hat sich nicht damit auseinandergesetzt, ob Punkt 9 und 10 des Auftrages in diesem Sinn auszulegen sind. Es fehlt jede Feststellung zur Parteienabsicht, zu der einander widersprechende Behauptungen vorliegen. Es fehlt auch jede Feststellung, welche Prüfpflichten üblicherweise mit der Pflicht zur Abnahme und Rechnungsprüfung verbunden sind. Diese Fragen sind, allenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen, zu klären und entsprechende Feststellungen zu treffen. Erst dann kann beurteilt werden, ob der Zweitbeklagte verpflichtet war, während der Arbeiten deren ordnungsgemäße Durchführung zu prüfen. Ergibt die Vertragsauslegung, daß den Zweitbeklagten keine derartige Verpflichtung traf, dann ist das Klagebegehren schon aus diesem Grund abzuweisen. Stellt sich hingegen heraus, daß der Zweitbeklagte gemäß dem ihm erteilten Auftrag verpflichtet gewesen wäre, die Isolierung der Rohrleitungen an Ort und Stelle zu überprüfen, so haben die Vorinstanzen seine Haftung zu Recht bejaht.
In diesem Fall kann der Zweitbeklagte nicht geltend machen, daß die
Kläger ein Mitverschulden treffe, weil die R***** B***** GmbH und der
Kläger zu 15. Ing. Anton K***** ihre Verpflichtung zur Bauleitung und
Bauüberwachung nur unzureichend wahrgenommen hätten. Die Bauaufsicht
soll den Bauherrn vor Fehlern schützen, die in den
Verantwortungsbereich der einzelnen bauausführenden Unternehmer
fallen, nicht aber deren Verantwortung mindern. Der Werkunternehmer
kann daher aus einer ungenügenden Bauüberwachung kein seine Haftung
minderndes Mitverschulden ableiten (ecolex 1998, 125 = RdW 1998, 67;
ecolex 1998, 204 = RdW 1998, 68; RIS-Justiz RS0108535).
Der Zweitbeklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß die Erstklägerin die im Genehmigungsbescheid vorgeschriebene Prüfbescheinigung über die vorschriftsgemäße Herstellung einer Isolierung der Rohrleitungen nicht eingefordert hat. Auch die Verpflichtung, die Erfüllung von Auflagen zu überwachen, hat nicht den Zweck, den Werkunternehmer von seiner Haftung zu entlasten; der Werkunternehmer kann sich nicht darauf berufen, daß eine bessere Kontrolle seiner Tätigkeit den Schaden vermieden hätte.
Ob nach Ablauf der Gewährleistungsfrist eine Beweislastumkehr zugunsten des Werkunternehmers gerechtfertigt ist, kann offenbleiben, weil feststeht, daß die Rohrleitungen unzureichend isoliert waren, und nicht zweifelhaft ist, daß es dem Zweitbeklagten vorwerfbar wäre, wenn er eine ihn treffende Prüf- und Überwachungspflicht nicht erfüllt hätte.
Der Revision war Folge zu geben und die Rechtssache, soweit der Zweitbeklagte betroffen ist, an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Eine Rückverweisung an das Berufungsgericht erscheint nicht sachdienlich, weil der Aufwand für die Verfahrensergänzung nicht abgeschätzt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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