OGH 4Ob77/98x

OGH4Ob77/98x31.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr.Griß und Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Norbert Kosch, Rechtsanwalt in Wr.Neustadt, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** & Co GmbH, wider die beklagten Parteien 1.) Dipl.-Ing.Hans Z*****, vertreten durch DDr.Gerald Fürst, Rechtsanwalt in Mödling, und 2.) Ing.Martin W*****, vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 21,016.734,49 sA (AZl 23 Cg 153/94x des Landesgerichtes Wiener Neustadt), infolge Rekurses der erstbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien in Ablehnungssachen vom 22.Jänner 1998, GZ 11 Nc 20/97v-4 (= 23 Cg 153/94x-63), womit der Ablehnungsantrag der erstbeklagten Partei zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der klagende Masseverwalter begehrt mit seiner Klage vom 6.5.1994 ua vom Erstbeklagten, dem ehemaligen Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen Gesellschaft mbH, gemäß § 25 GmbHG Schadenersatz.

In diesem Verfahren lehnte der Erstbeklagte zuletzt mit Antrag vom 10.11.1997 (ON 52 der Prozeßakten) "den gesamten Gerichtsstand Wr.Neustadt" ab, weil sämtliche Richter des Landesgerichtes Wr.Neustadt als befangen zu bezeichnen seien und Einflußnahmen stattfänden, weshalb dem Gerichtsstand Wr.Neustadt die Zuständigkeit zu entziehen und die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu überweisen sei. Er stützte den - von seinem zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt nicht vorbehaltlos mitgefertigten - Antrag im wesentlichen darauf, daß in der grundlosen mehrjährigen Prozeßverschleppung durch Abhandlung nicht relevanter Themen Indizien für eine nicht objektive Prozeßabwicklung gesehen werden müßten. Es müßten Einflußnahmen von Seiten des Konkursgerichtes und des Masseverwalters vermutet werden. Alle anderen beim Landesgericht Wr.Neustadt abgehandelten Verfahren, in die der Beklagte involviert sei, würden nicht objektiv abgehandelt. In allen diesen Verfahren (20 Cg 212/93, 37 Hv 143/96, 10 S 214/95 je des LG Wr.Neustadt) sei es "nachweislich zur Unterdrückung von Beweismitteln" gekommen. Auf Grund dieser Vorkommnisse sei eine neutrale Prozeßführung nicht mehr gewährleistet. Für das Verfahren 20 Cg 212/93 sei aus triftigem Grund bereits die Ablehnung des gesamten Gerichtsstandes beantragt worden.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Oberlandesgericht Wien den Ablehnungsantrag zurück.

Die Ablehnung eines ganzen Gerichtes sei nur durch die Ablehnung jedes einzelnen Richters unter Angabe detaillierter Ablehnungsgründe für jede einzelne Person möglich, weil immer nur ein Richter als Person, niemals das Gericht als Institution abgelehnt werden könne (1 Ob 299/97w; 2 Ob 516/95; EFSlg 72.770; EvBl 1989/18 ua; Fasching LB**2 Rz 165). Der Ablehnungsantrag enthalte jedoch nur Vermutungen und nicht überprüfbare Pauschalvorwürfe. Welche Beweismittel nicht beachtet oder welche Beweismittel zurückgewiesen worden seien, werde nicht näher dargelegt. Eine unrichtige Beweiswürdigung sei ebenso wie die Unrichtigkeit einer richterlichen Entscheidung im Rechtsmittelverfahren zu überprüfen (Mayr in Rechberger ZPO § 19 JN Rz 6 mwN). Nicht verständlich sei in dem Zusammenhang, worin die Befangenheit aller Richter des Gerichtshofes gelegen sein möge, sohin auch jener, die in den vom Ablehnungswerber genannten Verfahren überhaupt nicht tätig seien.

Inwieweit in der Behauptung einer ungebührlichen Verzögerung bei der Gutachtenserstattung oder eines unsachlichen Gefälligkeitsgutachtens durch den Sachverständigen eine Befangenheit des das Verfahren führenden Richters und der übrigen Richter des Landesgerichtes Wr.Neustadt zu erblicken sein solle, sei nicht nachvollziehbar. Wodurch eine grundlose dreijährige Verschleppung des Prozesses durch den Richter erfolgt sein solle, sei dem Antrag nicht zu entnehmen. Die Nennung von Themen, zu denen der Erstbeklagte in der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vernommen werden solle, vermöge ebenfalls keine Befangenheit des Prozeßrichters zu bewirken, weil diese Bekanntgabe von Themen dem Erstbeklagten nur die Vorbereitung seiner Einvernahme ermöglichen solle, sonst jedoch auf den Gang oder das Ergebnis des Verfahrens keinen Einfluß habe. Eine Befangenheit des Prozeßrichters sei selbst bei einer etwaigen unrichtigen Bekanntgabe nicht zu erkennen.

Gegen diesen, dem Vertreter des Zweitbeklagten am 6.2.1998 vom Landesgericht Wr.Neustadt zugestellten Beschluß verfaßte der Zweitbeklagte einen mit 19.2.1998 datierten und (vorerst) nur von ihm unterfertigten, mit zahlreichen "Beilagen" versehenen, weitläufig formulierten Rekurs an das Landesgericht Wr.Neustadt, der am 20.2.1998 zur Post gegeben wurde und am 23.2.1998 beim Landesgericht Wr.Neustadt (ON 67, 68 der Prozeßakten), in einer weiteren Ausfertigung (ohne anwaltliche Fertigung) ebenfalls am 23.2.1998 beim Obersten Gerichtshof und (nach Übermittlung der Akten seitens des Erstgerichtes) am 3.3. bzw am 5.3.1998 beim Oberlandesgericht Wien einlangte. Da auf Antrag des zunächst für den Zweitbeklagten bestellten Verfahrenshilfeanwalts Dr.Alois M.Leeb mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich vom 10.2.1998 Rechtsanwalt DDr.Gerald Fürst als Verfahrenshilfeanwalt bestellt wurde (ON 65 des Prozeßaktes; über die Zustellung dieses Bescheides ist nichts weiter bekannt), ist im vorliegenden Fall zumindest im Zweifel von der Rechtzeitigkeit des vorliegenden Rekurses auszugehen.

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß den §§ 528a, 510 Abs 3 2.Satz ZPO (idF der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1997, BGBl 1997 I 140), wird auf die Richtigkeit der Begründung des angefochtenen Beschlusses hingewiesen.

Die erstmals im Rekurs ua gegen den Prozeßrichter erhobenen, nicht schon in der Begründung der angefochtenen Entscheidung abgehandelten Umstände sind wegen des auch im Rechtsmittelverfahren über Ablehnungsanträge - wie im Prozeß selbst - geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte