OGH 4Ob77/91

OGH4Ob77/9110.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ignaz K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Heinrich H.Rösch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Christa G*****, vertreten durch Dr.Christian Schauberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung und Zahlung (Gesamtstreitwerrt S 500.000; Streitwert im Provisorialverfahren S 125.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 27.März 1991, GZ 2 R 92/91-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 28.Februar 1991, GZ 5 Cg 67/91-2, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.789,60 bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin S 1.131,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Inhaberin der nachstehenden, im Markenregister des Österreichischen Patentamtes mit Beginn der Schutzdauer am 30.11.1989 für die Klassen 9 (Computer-Hardware, Computergehäuse) und 42 (Erstellung von Software) registrierten Marke Nr 128.064:

Abbildung nicht darstellbar!

Auf Seite 41 der Zeitschrift "Elektro Radio Handel" Nr 9/90 war folgende Anzeige der Beklagten eingeschaltet:

Abbildung nicht darstellbar!

Mit der Behauptung, daß die Beklagte damit die Marke der Klägerin in einer zu Verwechslungen geeigneten Weise benützt habe, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zum Verkauf elektronischer Geräte das Zeichen CTC zu verwenden.

Der Erstrichter wies ohne Anhörung der Beklagten den Sicherungsantrag ab. Eine bestimmte Buchstabenkombination allein könne und dürfe nicht dazu führen, daß diese Buchstaben als solche geschützt würden; vielmehr sei darauf zu achten, in welcher Weise die Buchstaben ausgeführt würden. Die Ausführung der geschützten Bezeichnung der Klägerin sei in keiner Weise geeignet, zu Verwechslungen mit der von der Beklagten benützten Buchstabenkombination zu führen. Mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft könnte die Buchstabenkombination nur dann den Schutz des § 9 UWG genießen, wenn sie Verkehrsgeltung im Sinne des § 9 Abs 3 UWG erlangt hätte. Das treffe hier nicht zu.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung, trug der Klägerin auf, für alle der Beklagten dadurch verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von S 200.000 Sicherheit zu leisten und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs gemäß §§ 78, 402 EO, 528 Abs 1 ZPO zulässig sei. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes sei sehr wohl Verwechlungsfähigkeit gegeben. Auszugehen sei zwar davon, daß reine Buchstabenzusammensetzungen, die lautlich nicht aussprechbar sind, zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen im allgemeinen nicht geeignet sind. Anders sei die Sache zu beurteilen, wenn die Buchstabenfolge "CTC" für die Klägerin Verkehrsgeltung im Sinne des § 1 Abs 2 MSchG, § 9 Abs 3 UWG erlangt hätte. Werde ein bestimmtes Zeichen auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises in das Markenregister

eingetragen - also bei ursprünglich fehlender Kennzeichnungskraft des Zeichens nach § 1 Abs 2 MSchG -, dann sei bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, daß die erforderliche Verkehrsgeltung im Prioritätszeitpunkt tatsächlich vorhanden war. Hier sei daher davon auszugehen, daß der Marke der Klägerin der Schutz des § 9 Abs 3 UWG zukomme.

Die Sicherheit von S 200.000 wurde beim Erstgericht erlegt (S. 37). Daß dort als Auftraggeber der Beklagtenvertreter aufscheint, beruht offenbar auf einem Irrtum der Klägerin, welche von ihrem Rechtsanwalt angewiesen war, den Betrag bei Gericht einzuzahlen (S. 36).

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisonsrekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin stützt den Unterlassungsanspruch auf ihr Markenrecht (§ 9 Abs 3 UWG). Sie ist Inhaberin einer Buchstabenmarke, bei welcher die Buchstaben in einer besonderen eigenartigen Form graphisch gestaltet sind; die Beklagte hat in der beanstandeten Werbeeinschaltung zwar die gleiche Buchstabenfolge, nicht aber die für die Klägerin geschützte Ausgestaltung verwendet. Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, kommt reinen Buchstabenzusammensetzungen, die lautlich nicht aussprechbar sind, im allgemeinen keine Unterscheidungskraft bei der Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen zu (Hohenecker-Friedl 165; Baumbach-Hefermehl, Wettbewersbrecht16 1190 Rz 12, 1229 Rz 105, 1239 Rz 129 je zu § 16 dUWG; derselbe, Warenzeichenrecht12, 327 ff Rz 56 ff zu § 4 WZG; ÖBl 1986, 127 mwN). Sie können allerdings durch Verkehrsgeltung Namensfunktion und damit Schutzfähigkeit erlangen (ÖBl 1986, 127 ua). Unter dieser Voraussetzung könnte eine Buchstabenkombination auch als Marke registriert werden (§ 1 Abs 2 MSchG; ÖBl 1974, 114 ua); in einem solchen Fall ist in das Markenregister bei der Registrierung der Hinweis einzutragen, daß die Marke auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises registriert worden ist (§ 17 Abs 1 Z 7 MSchG). Dann schafft die Registrierung der Marke nach ständiger Rechtsprechung einen prima-facie-Beweis dafür, daß die tatsächlichen Voraussetzungen dafür im Prioritätszeitpunkt gegeben waren (ÖBl 1982, 160; ÖBl 1986, 7 ua); diesen Beweis kann der Beklagte durch einen Gegenbeweis (eine Gegenbescheinigung) entkräften (ÖBl 1981, 69 uva). Daß das Patentamt die Klagemarke nach gelungenem Beweis einer für die Klägerin erlangten Verkehrsgeltung eingetragen hätte, wurde weder behauptet noch festgestellt; das ist auch der von der Klägerin vorgelegten Urkunde Beilage A nicht zu entnehmen. Das Patentamt hat die Marke der Klägerin also offenbar nur im Hinblick auf eine originelle Gestaltung der Buchstabenreihe für registrierungsfähig erachtet. Ganz abgesehen davon, daß das Gericht an die rechtliche Beurteilung des Patentamtes nicht gebunden ist und die Verwendung einer Marke unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechtes selbständig zu beurteilen hat (SZ 52/192 ua), verwendet die Beklagte nur die - für sich allein nach dem oben Gesagten nicht schutzfähige - Buchstabenfolge "CTC". Damit scheidet aber die Gefahr von Verwechslungen mit der von der Klägerin geführten Marke von vorneherein aus (Hohenecker-Friedl 195;

Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12, 904 Rz 71 zu § 31 WZG;

ÖBl 1957, 41; PBl 1986, 196; 4 Ob 170/90 ua). Der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß gegen § 9 Abs 3 UWG liegt demnach nicht vor.

Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs dahin Folge zu geben, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO. Da die Klägerin nicht ihren Unterlassungsanspruch - der allein durch die beantragte einstweilige Verfügung gesichert werden sollte - getrennt, sondern nur ihr gesamtes, vier Ansprüche umfassendes Urteilsbegehren mit S 500.000 bewertet hat, war - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - der Wert des Unterlassungsanspruches mit S 125.000 anzunehmen; auf dieser Bemessungsgrundlage waren daher die Kosten der Beklagten zu bestimmen.

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