European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118081
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Begründung:
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft, auf der sich eine Garage befindet. Das „ausschließliche Nutzungsrecht“ kam ursprünglich der Erstbeklagten zu. Nachdem diese 1984 vorerst befristet für drei Jahre auf die Ausübung der Nutzungsrechte verzichtet hatte, gab sie im Jahr 1990 eine Erklärung ab, wonach sie aufgrund der Zahlung einer Gerichtsstrafe in Höhe von 6.000 S durch die Familie der Klägerin „auf Lebenszeit auf die [ihr] zustehende Garage“ verzichte. Die Strafe wurde bezahlt, die Erst- und der Zweitbeklagte nutzen die Garage aber dennoch zu Lagerzwecken.
Die Klägerin begehrt – soweit im Revisionsverfahren relevant – die Räumung der Garage. Die Beklagten nützten diese titellos.
Die Beklagten wendeten ein aufrechtes Nutzungsrecht ein.
Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren statt, das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei.
In ihrer außerordentlichen Revision berufen sich die Beklagten auf die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels gemäß § 505 Abs 4 ZPO, weil eine Streitigkeit in einer Räumungssache und somit ein Fall des § 502 Abs 5 ZPO vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO absolut unzulässig.
1. Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert insgesamt 5.000 EUR nicht übersteigt. Diese Bestimmung gilt nicht für unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallende Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird (§ 502 Abs 5 Z 2 ZPO).
2. Von § 49 Abs 2 Z 5 JN werden nur Streitigkeiten aus Bestandverträgen, genossenschaftlichen Nutzungsverträgen und Teilpachtverträgen erfasst, wobei eine ausdehnende Auslegung ausgeschlossen ist (RIS‑Justiz RS0043261 [T10]). Räumungsklagen sind daher nur dann als Bestandstreitigkeiten im Sinn des § 49 Abs 2 Z 5 JN anzusehen, wenn sie aus der Beendigung eines Bestand-, Nutzungs- oder Teilpachtverhältnisses resultieren (RIS‑Justiz RS0122891), nicht hingegen, wenn als Klagsgrund titellose Benutzung geltend gemacht wird (RIS‑Justiz RS0043261 [T9]; RS0046865). Auszugehen ist grundsätzlich von den Behauptungen des Klägers. Ein Rückgriff auf die Einwendungen des Beklagten ist nur dann zulässig, wenn dadurch ein auslegungsbedürftiges Vorbringen des Klägers verdeutlicht werden kann (RIS‑Justiz RS0043003; RS0046236).
3. Im vorliegenden Fall waren die Klagsbehauptungen ausdrücklich auf titellose Benutzung durch die Beklagten gerichtet. Über deren Einwendung wurde zwar das Vorbringen der Klägerin in einem Parallelverfahren erörtert (und in weiterer Folge für auch in diesem Verfahren erstattet angenommen), die Beklagten hätten auf ihr Nutzungsrecht verzichtet. Dass dieses aus einem Bestandvertrag, einem genossenschaftlichen Nutzungsvertrag oder einem Teilpachtvertrag resultiert habe, geht jedoch weder aus den Klagsbehauptungen noch aus den Einwendungen der Beklagten hervor. Vielmehr ergibt sich aus dem verlesenen Vorbringen des Vorakts AZ 14 C 587/10p (dort: ON 1 S 2), dass es sich um ein der Erstbeklagten zusammen mit einem Wohnrecht eingeräumtes persönliches Gebrauchsrecht gehandelt haben soll. Ein solches fällt aber nicht unter den Ausnahmekatalog des § 49 Abs 2 Z 5 JN (RIS‑Justiz RS0042931 [T1]; 10 Ob 68/08k; 7 Ob 130/11k).
Der Ausnahmetatbestand des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO ist daher hier nicht gegeben.
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