OGH 4Ob72/12k

OGH4Ob72/12k11.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Winfried Sattlegger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 61.200 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 29. Februar 2012, GZ 2 R 204/11z-19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu Punkt 1 des Unterlassungsbegehrens verweist die Beklagte auf das Vorabentscheidungsersuchen des auch hier erkennenden Senats zur Relevanz der Einhaltung der beruflichen Sorgfalt bei irreführenden Geschäftspraktiken iSv Art 6 RL-UGP (4 Ob 27/11s = ÖBl 2012, 61 - Schulschikurse). Die vom klagenden Verband beanstandete Ankündigung beruhe - wie auch das Erstgericht festgestellt habe - auf einem „entschuldbaren Versehen“ des für die Prospektgestaltung verantwortlichen Mitarbeiters. Das Verfahren sei daher bis zur Entscheidung des EuGH zu unterbrechen.

Mit dieser Auffassung dringt die Beklagte im konkreten Fall nicht durch. Nimmt man an, dass die Einhaltung der beruflichen Sorgfalt bei objektiv irreführenden Geschäftspraktiken einen Unterlassungsanspruch ausschließt, müsste sie doch vom belangten Unternehmen behauptet und bewiesen werden (4 Ob 27/11s - Schulschikurse; 4 Ob 47/12h). Der bloße Hinweis auf ein „entschuldbares Versehen“ reicht in diesem Zusammenhang nicht aus; die Beklagte hätte vielmehr vorbringen müssen, welche Maßnahmen sie zur Verhinderung der Folgen eines solchen Versehens gesetzt und warum sich diese Maßnahmen im konkreten Fall ausnahmsweise nicht als ausreichend erwiesen hätten. Die von keinem Vorbringen gedeckten und nicht näher konkretisierten Feststellungen des Erstgerichts zu einem „Controllingsystem“ reichen für den Nachweis der Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt nicht aus.

Zu Punkt 2 des Unterlassungsbegehrens übersieht die Beklagte, dass das im Obersatz allgemein formulierte Hauptbegehren durch den „insbesondere“-Zusatz nicht beschränkt, sondern nur für eine bestimmte Verletzungshandlung konkretisiert war. Das Berufungsgericht hat dem Obersatz statt dessen einen - ebenfalls unter den Obersatz fallenden, aber engeren - „insbesondere“-Zusatz aus einem Eventualbegehren angefügt. Damit hat es nicht etwa das im Obersatz etwas engere Eventualbegehren überschritten, sondern in Wahrheit dem Hauptbegehren in eingeschränkter Form stattgegeben. Der in der Revision gerügte Verstoß gegen § 405 ZPO liegt daher nicht vor.

Die Beurteilung der Irreführungseignung wirft - mangels vom Obersten Gerichtshof aufzugreifender Fehlbeurteilung im Einzelfall - keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung auf (RIS-Justiz RS0107771, RS0053112). Gleiches gilt für die Frage, ob und in welchem Umfang eine Urteilsveröffentlichung nach den Umständen des Einzelfalls - insbesondere im Hinblick auf die seit dem Verstoß verlaufene Zeit (4 Ob 237/03m) - zur Aufklärung des Publikums geboten ist (RIS-Justiz RS0042967).

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