Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, und es wird in der Sache selbst wie folgt zu Recht erkannt:
"Das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien schuldig, ab sofort im geschäftlichen Verkehr in der Zeitschrift 'D*****' die Veröffentlichung redaktionell gestalteter Beiträge, durch die Werbehilfe für in derselben Ausgabe der Zeitschrift 'D*****' werbende Inseratenkunden und inserierte Produkte geleistet wird, zu unterlassen;
in eventu,
die beklagten Parteien seien schuldig, ab sofort im geschäftlichen Verkehr das Anbieten oder Gewähren unentgeltlicher und/oder nur mit einem Druckkostenbeitrag (Lithokosten) zu vergütender Zugaben in Form redaktionell gestalteter Beiträge und Fotos, durch die Werbehilfe für in derselben Ausgabe der Zeitschrift 'D*****' werbende Inseratenkunden und/oder inserierte Waren geleistet wird, zu unterlassen,
wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 40.135,92 S bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten 6.689,32 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen".
Die klagende Partei ist ferner schuldig, den beklagten Parteien die mit 40.135,74 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 6.692,29 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Medieninhaberin sowohl der (Kauf-)Tageszeitung "V*****" als auch der Gratis-Wochenzeitschrift "W*****"; beide Zeitschriften werden im Bundesland Vorarlberg verbreitet.
Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin der im Bundesland Vorarlberg verbreiteten Gratis-Wochenzeitschrift "D*****", eines Anzeigenblattes mit einem redaktionellen Teil, bei welchem aber doch das Schwergewicht auf den Anzeigen liegt. Die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.
In der Zeit zwischen September 1990 und August 1991 veröffentlichte die Erstbeklagte in ihrer Wochenzeitschrift jeweils auf Seite 1 unterhalb der redaktionellen Schlagzeile, aber neben Inseraten, in insgesamt 18 Fällen die nachstehend wiedergegebenen, blickfangartig hervorgehobenen Bilder und Texte, mit welchen auf die Waren und Leistungen von Gewerbetreibenden Bezug genommen wurde, die jeweils im Blattinneren eine - zum Teil ganzseitige (in der Abbildung jedoch verkleinerte) - entgeltliche Anzeige eingeschaltet hatten:
1) Ausgabe vom 6.9.1990:
Seite 1:
Inserat Seite 23:
2) Ausgabe vom 8.11.1990:
Seite 1:
Inserat Seite 9:
3) Ausgabe vom 15.11.1990:
Seite 1:
Inserat Seite 25:
4) Ausgabe vom 29.11.1990:
Seite 1:
Inserat Seite 17:
5) Ausgabe vom 20.12.1990:
Seite 1:
Ganzseitiges Inserat Seite 25:
6) Ausgabe vom 10.1.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 15:
7) Ausgabe vom 17.1.1991:
Seite 1:
Ganzseitiges Inserat Seite 17:
8) Ausgabe vom 31.1.1991:
Seite 1:
9) Ausgabe vom 21.2.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 19:
10) Ausgabe vom 21.3.1991:
Seite 1:
Ganzseitiges Inserat Seite 32:
11) Ausgabe vom 28.3.1991:
Seite 1:
Ganzseitiges Inserat Seite 25:
12) Ausgabe vom 4.4.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 19:
13) Ausgabe vom 25.4.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 10:
14) Ausgabe vom 2.5.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 21:
15) Ausgabe vom 8.5.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 17:
16) Ausgabe vom 19.6.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 21:
17) Ausgabe vom 26.9.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 24:
18) Ausgabe vom 14.8.1991:
Seite 1:
Inserat Seite 5:
Sämtlichen Bild- und Textveröffentlichungen auf Seite 1 ***** lag folgende Vorgangsweise der Erstbeklagten zugrunde.
Nachdem sich der Redakteur dafür entschieden hatte, über eine bestimmte Firma oder ein bestimmtes Produkt auf Seite 1 zu berichten, kontaktierte er die entsprechende Firma und bat um Überlassung eines Lithos; war ein solches nicht vorhanden, dann wurde es mit Zustimmung der Firma bei einer Lithoanstalt in Lustenau in Auftrag gegeben, welche sodann die hiefür anfallenden Kosten direkt an die Firma fakturierte. Für die Bild- und Textveröffentlichungen auf Seite 1 als solche haben die betroffenen Firmen nie etwas an die Erstbeklagte gezahlt; diese hat auch nie etwas dafür gefordert. Es gab auch keine Vereinbarungen, mit denen die Erstbeklagte für die Einschaltung entgeltlicher Inserate zusätzlich einen redaktionellen Beitrag angeboten hätte; die Erstbeklagte machte die Bild- und Textveröffentlichungen auf Seite 1 auch nicht davon abhängig, daß die betroffenen Firmen entgeltliche Inserate einschalteten.
Unbestritten ist, daß nach dem Anzeigentarif der Erstbeklagten Anzeigen im Textteil auf Seite 1 erheblich teurer sind als Anzeigen auf den nachfolgenden Seiten 2 bis 5 (Beilagen P; ON 5, S 37).
Auch andere Zeitschriften, insbesondere die Tageszeitung der Klägerin, enthalten redaktionelle Berichte über bestimmte Produkte und Firmen, die in derselben Ausgabe inserieren.
Die Klägerin stellt folgendes Urteilsbegehren:
"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, ab sofort im geschäftlichen Verkehr in der Zeitschrift 'D*****' die Veröffentlichung redaktionell gestalteter Beitrage, durch die Werbehilfe für in der gleichen Ausgabe der Z eitschrift 'D*****' werbende Inseratenkunden und inserierte Produkte geleistet wird, zu unterlassen;
in eventu,
die beklagten Parteien sind schuldig, ab sofort im geschäftlichen Verkehr das Anbieten oder Gewähren unentgeltlicher und/oder nur mit einem Druckkostenbeitrag (Lithokosten) zu vergütender Zugaben je in Form redaktionell gestalteter Beiträge und Fotos, durch die Werbehilfe für in der gleichen Ausgabe der Zeitschrift 'D*****' werbende Inseratenkunden und/oder inserierte Waren geleistet wird, zu unterlassen".
Außerdem begehrt die Klägerin die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in zwei namentlich genannten Vorarlberger Tageszeitungen.
Mit dem Anbieten und Gewähren der beanstandeten, jeweils auf Seite 1 ihrer Zeitschrift erschienenen Werbehilfen im Kleid redaktioneller Beiträge habe die Erstbeklagte gegen die guten Sitten (§ 1 UWG) verstoßen und die Leser über deren Eigenschaft als "getarnte Werbung" irregeführt (§ 2 UWG); zugleich liege ein Rabatt- und ein Zugabenverstoß vor. Die redaktionellen Werbehilfen der Erstbeklagten seien mit dem jeweiligen Inserenten vorher besprochen worden; sie seien zur Unterstützung der jeweiligen Anzeigen im Blattinneren unentgeltlich oder unter Verrechnung der Lithokosten oder eines Druckkostenbeitrages mit oder ohne Auftrag des Inserenten veröffentlicht worden.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die beanstandeten redaktionellen Beiträge seien keine Werbung, zumal eine ausschließlich aus dem Inseratenerlös finanzierte Gratiswochenzeitung hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Information über das aktuelle Warenangebot gelesen werde. Schon aus diesem Grund sei auch die behauptete Gefahr einer Irreführung der Leser ausgeschlossen; ebensowenig liege ein Verstoß gegen dsa RabattG oder das ZugG vor. Nicht nur die Klägerin selbst bringe in ihrer Tageszeitung und in ihrer Gratis-Wochenzeitung redaktionelle Beiträge über Inserenten derselben Zeitungsausgaben, sondern auch die "Neue Kronen-Zeitung" verfahre in ähnlicher Weise (ON 2 S 24 f; ON 7 S 54 f); insoweit bestehe im Medienbereich ein entsprechender Handelsbrauch bzw eine Handelsusance.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die beanstandete Vorgangsweise der Erstbeklagten sei branchenüblich und werde auch von der Klägerin selbst praktiziert. Das Veröffentlichen redaktioneller Beiträge über Produkte und Firmen, für die oder von denen in derselben Zeitungsausgabe mit Inserat geworben wird, sei weder sittenwidrig noch irreführend, bestehe doch die Aufgabe einer Gratiszeitung auch darin, ihre Leser über interessante Produkte und Firmen redaktionell zu informieren. Einer Gratiszeitung stehe daher eine solche redaktionelle Berichterstattung grundsätzlich frei. Da die Erstbeklagte die beanstandeten redaktionellen Beiträge weder direkt noch indirekt mit Inseratenaufträgen in derselben Zeitungsausgabe verknüpft habe, liege auch kein Rabatt- oder Zugabenverstoß vor.
Das Rekursgericht hob dieses Urteil auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Berufung der Beklagten auf ihre Informationsaufgabe auch in bezug auf bestimmte Unternehmen und deren Erzeugnisse versage hier schon deshalb, weil bei den beanstandeten redaktionellen Beiträgen die sachliche Information der Leser keineswegs im Vordergrund gestanden sei, die damit unvermeidlich verbundene Werbewirkung also nur als eine in Kauf zu nehmende Nebenfolge erschiene; vielmehr überwiege eindeutig die Werbung für die dort genannten Unternehmungen und deren Produkte. Es liege daher eine getarnte Werbemaßnahme vor, die gegen den Offenkundigkeitsgrundsatz des Wettbewerbsrechtes verstoße, könne doch der erfahrungsgemäß flüchtige Durchschnittsleser ihren Charakter als Werbung nicht mehr ohne weiteres erkennen, sondern der Meinung sein, daß hier die objektive Meinung der Redaktion wiedergegeben werde. Die Vorgangsweise der Erstbeklagten verstoße demnach gegen § 1 UWG, weil sie damit das Gebot der Trennung von Text- und Anzeigenteil sowie das Verbot der Unterbringung nicht als solcher gekennzeichneter Werbung im redaktionellen Teil von Zeitschriften mißachtet habe. Dennoch sei die Sache im Hinblick auf die von den Beklagten eingewendete Handelsüblichkeit der beanstandeten Vorgangsweise noch nicht spruchreif: Zur Annahme einer solchen Handelsüblichkeit reiche die vom Erstgericht festgestellte gleichartige Handlungsweise der Klägerin noch nicht aus; hiezu bedürfe es vielmehr noch weiterer Feststellungen, die auf Grund eines einzuholenden Kammergutachtens zu treffen wären.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.
Die Klägerin stellt den Antrag, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist berechtigt, weil die Streitsache zur Entscheidung im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1823) reif ist.
Rechtliche Beurteilung
Während der Verbraucher bei der offenen Werbung in Rechnung stellt, daß sie stets subjektiv gefärbt ist, und deshalb geneigt ist, gewisse Abstriche zu machen, bringt er Stellungnahmen von neutraler Seite - Zeitungsberichten, Reportagen in Funk oder Fernsehen, Äußerungen der Wissenschaft - oft unbegrenztes Vertrauen entgegen (Nordemann, Wettbewerbsrecht6, 59 Rz 64); auch § 26 MedienG wurde ja aus der Erwägung eingeführt, daß redaktionellen Beiträgen vom Leserpublikum ein größeres Vertrauen entgegengebracht wird als Anzeigen, weil letztere offensichtlich den Interessen deren dienen, die dafür zahlen (RV 39 in Hartmann-Rieder, Komm z MedienG 162). § 26 MedienG bedarf daher einer teleologischen Reduktion dahin, daß unter "Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstigen Beiträgen und Berichten" nur solche zu verstehen sind, die ihrem Inhalt nach als redaktionelle Beiträge verstanden werden können, weshalb sie dann, wenn sie vom Publikum schon nach ihrer Art und Aufmachung eindeutig als Werbung erkannt werden, nicht der Kennzeichnungspflicht unterliegen (MR 1990, 237; MR 1991, 75; EvBl 1991/79; WBl 1991, 364). Ebensowenig kennzeichnungspflichtig sind unentgeltliche redaktionelle Hinweise und redaktionelle Zugaben, mit denen ein bezahltes Inserat durch eine redaktionelle Berichterstattung unterstützt wird (Aicher in Aicher, Das Recht der Werbung 233).
Wenngleich die Klägerin im vorliegenden Fall den Beklagten keinen Verstoß gegen § 1 UWG durch bewußte Mißachtung der Kennzeichnungspflicht des § 26 MedienG zum Vorwurf machen kann, beruht doch der vom Berufungsgericht im Anschluß an die deutsche Lehre und Rechtsprechung zur redaktionell getarnten Wirtschaftswerbung (Baumach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 365 ff Rz 30 ff zu § 1 dUWG; Nordemann aaO; von Gamm, Wettbewerbsrecht5 I/1, 547 f Rz 5; Ochs, Wettbewerbsrechtliche Probleme der Presse, Rz 18 und 104 ff) grundsätzlich bejahte Verstoß gegen § 1 UWG gleichermaßen auf den für die Einführung des § 26 MedienG maßgeblichen Erwägungen; eine solche Täuschung des Publikums verstößt gegen den das Wettbewerbsrecht prägenden Offenkundigkeitsgrundsatz und gegen den damit eng verwobenen Wahrheitsgrundsatz (Baumbach-Hefermehl aaO 368 Rz 38 zu § 1 dUWG; ebenso für den österreichischen Rechtsbereich:
Wünsch, Das Gebot der Trennung von redaktionellem Text und Werbung, Schönherr-Gedenkschrift 91). Demnach ist es wettbewerbswidrig, eine Werbemaßnahme so zu tarnen, daß sie als solche dem Umworbenen nicht erkennbar wird (Baumbach-Hefermehl aaO 364 rz 27 zu § 1 dUWG; Aicher aaO 230; ÖBl 1989, 74).
Untentgeltliche redaktionell gestaltete Anzeigen (Baumbach-Hefermehl aaO 366 Rz 31 f zu § 1 dUWG; Wünsch aaO 102) oder unbezahlte Werbung in Gestalt redaktioneller Berichterstattung ("redaktionelle Hinweise": Baumbach-Hefermehl aaO 367 Rz 34 ff zu § 1 dUWG; Wünsch aaO 103) können aber nur dann eine Täuschung des Publikums über ihren wahren Charakter als Werbung bewirken, wenn sie bei flüchtiger Betrachtung wie Beiträge des redaktionellen Teils erscheinen. So wie die Leser über das Vorliegen einer entgeltlichen Werbemitteilung nicht getäuscht werden können, wenn diese trotz fehlender Kennzeichnung nach Art und Aufmachung schon bei flüchtiger Betrachtung als solche erkennbar ist, kann das Publikum auch über den Werbecharakter einer - wenngleich in Wahrheit redaktionellen - Mitteilung nicht irregeführt weden, wenn diese bei flüchtiger Betrachtung zufolge ihrer Anordnung und Gestaltung wie ein Inserat oder eine sonstige Wirtschaftswerbung erscheint. Letzteres trifft aber auf die von der Klägerin beanstandeten insgesamt 18 Veröffentlichungen in der Wochenzeitung der Erstbeklagten zu, sind diese doch auf Grund ihrer graphischen und textlichen Gestaltung schon auf den ersten Blick als Werbemitteilungen erkennbar: Unterhalb einer redaktionellen Schlagzeile, welche jeweils auf Berichte im Blattinneren verweist, finden sich, umrahmt von anderen Inseraten, die beanstandeten, durch Größe und Farben hervorgehobenen Ankündigungen, welche in ihrem Bildteil bestimmte Produkte herausstellen, die - neben anderen attraktiven Angeboten - bei den jeweils im Textteil genannten und solcherart angepriesenen Vorarlberger Unternehmen erhältlich sind. In allen diesen Fällen steht somit die Werbebotschaft so augenscheinlich im Vordergrund, daß sie selbst dem flüchtigen Leser nicht als redaktionelle Beiträge erkennbar sind, sondern ihm von vornherein als Werbemitteilungen für bestimmte Produkte und Unternehmungen erscheinen. Sind aber die Veröffentlichungen - wie hier - bei auch nur flüchtiger Betrachtung bereits als Werbemitteilungen im Interesse eines bestimmten Unternehmens erkennbar, dann kann das Publikum auch über die dahinterstehende Interessenlage nicht mehr getäuscht werden. Eine Verletzung des Offenkundigkeitsgrundsatzes und des Wahrheitsgrundsatzes - weil der Durchschnittsleser glauben könnte, keine Anzeige, sondern einen redaktionellen Beitrag vor sich zu haben - ist demnach im vorliegenden Fall ausgeschlossen.
Die hier beanstandeten unentgeltlichen, redaktionell gestalteten Anzeigen waren zwar jeweils Werbemitteilungen im Interesse von Kunden der Erstbeklagten, die in derselben Blattausgabe auch ein entgeltliches Inserat eingeschaltet hatten; nach den - für den Obersten Gerichtshof bindenden - Feststellungen der Vorinstanzen bestand aber zwischen diesen Kundeninseraten im Blattinneren und den Bild- und Textveröffentlichungen auf Seite 1 keinerlei Verknüpfung, waren doch letztere von der Erstbeklagten weder als Zusatzleistung für eine Inseratenaufgabe angeboten noch von der Einschaltung eines Inserates abhängig gemacht worden. Damit waren aber diese unentgeltlichen, redaktionell gestalteten Anzeigen keine Koppelungsverträge in Form "redaktioneller Zugaben" (vgl dazu Baumbach-Hefermehl aaO 367 Rz 36 zu § 1 dUWG; Ochs aaO Rz 106; Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 222 f; Wünsch aaO 105 und 106 f), fehlt es doch hier schon an dem für den Zugabenbegriff essentiellen "inneren Zweckzusammenhang" (ÖBl 1991, 120 und 263 mwN) zwischen diesen Beiträgen und den Kundeninseraten im Blattinneren. Das beanstandete Verhalten der Erstbeklagten verstößt somit auch nicht gegen § 1 Abs 1 ZugG (seit 1.4.1992: § 9a Abs 1 Z 2 UWG idF des Wettbewerbs-DeregulierungsG BGBl 1992/147). Aus dem selben Grund liegt aber auch kein Rabattverstoß vor (welcher im übrigen hier zwar noch geahndet, zufolge Aufhebung des RabattG durch Art II Abs 2 Z 1 Wettbewerbs-DeregulierungsG aber nicht mehr vollstreckt werden könnte).
Die unentgeltlichen, redaktionell gestalteten Anzeigen der Erstbeklagten waren also - von einem Inseratenauftrag losgelöst - Gratisgaben an Inseratenkunden. Das Verschenken von Waren oder Dienstleistungen zu Zwecken des Wettbewerbs ist aber eine Form der "Wertreklame", die ohne Hinzutreten weiterer Unlauterkeitskriterien für sich allein noch nicht wettbewerbswidrig ist (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 190; Baumbach-Hefermehl aaO 392 ff Rz 93 ff zu § 1 dUWG). Zusätzliche Unlauterkeitskriterien dieser Art, wie etwa Behinderung oder Marktverstopfung, sind aber von der Klägerin nicht einmal geltend gemacht worden. Auch ein übermäßiger Anlockeffekt durch Ausübung psychischen Kaufzwanges auf die "beschenkten" Inseratenkunden ist nicht zu sehen.
Mangels Vorliegens der von der Klägerin geltend gemachten Wettbewerbsverstöße war demnach über den Rekurs der Beklagten gemäß § 519 Abs 2, letzter Satz, ZPO durch Urteil in der Sache selbst zu erkennen, weil die Streitsache zur Entscheidung im Sinne einer Bestätigung des klageabweisenden Ersturteils reif ist.
Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)