OGH 4Ob60/06m

OGH4Ob60/06m23.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein *****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer, Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch e|n|w|c Eiselsberg Natlacen Walderdorff Cancola, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 2.080 EUR sA (Streitwert gem § 55 Abs 4 JN 4.500 EUR), über die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 20. September 2005, GZ 1 R 54/05w-12, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 20. Dezember 2004, GZ 11 C 634/04x-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 399,74 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 66,62 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Bank schloss im Jahr 2002 mit einem Verbraucher einen Hypothekarkredit über 44.000 EUR. Der Vertrag enthielt eine Zinsgleitklausel, die Rückzahlung sollte in 300 Monatsraten erfolgen. Nach den Geschäftsbedingungen der Beklagten stand dem Kreditnehmer das Recht zu, den Kredit vorzeitig zurückzuzahlen. Für diesen Fall war eine „Vorfälligkeitsgebühr" vorgesehen, die nach folgender Formel zu berechnen war: Kreditbetrag mal 5 % mal Restlaufzeit durch Vertragslaufzeit. Weiters konnte die Beklagte für „zusätzliche Leistungen (wie zB schriftliche Abrechnung, Kontoblatt und dergleichen)" die „jeweils geltenden Sätze gemäß § 35 BWG" für „Porti und Spesen" verrechnen.

Als der Verbraucher den Kredit nach 21 Monaten vorzeitig zurückzahlen wollte, teilte ihm die Beklagte mit, dass er neben unstrittigen Beträgen (Saldo, Zinsen etc) auch eine „Vorfälligkeitsgebühr" von 2.046 EUR und weitere „Gebühren" von 34 EUR für die vorzeitige Abrechnung zu bezahlen habe. Die Vorfälligkeitsgebühr war nach der in den Geschäftsbedingungen enthaltenen Formel berechnet. Der Verbraucher zahlte (auch) beide geforderten „Gebühren", verlangte sie dann aber zurück. Da sich die Beklagte weigerte, trat er seinen Anspruch dem klagenden Verein ab.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung des genannten Betrages. Nach § 33 Abs 8 BWG sei die Vereinbarung oder Verrechnung von zusätzlichen Entgelten für die vorzeitige Rückzahlung eines Kredits grundsätzlich unzulässig. Die in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen lägen nicht vor, da weder ein Fixzinssatz noch eine Kündigungsfrist vereinbart gewesen sei.

Die Beklagte wendet ein, dass Vorfälligkeitsgebühren nach § 33 Abs 8 BWG für Hypothekarkredite generell zulässig seien. Das gelte auch dann, wenn die Parteien keine Kündigungsfrist vereinbart hätten. Die den strittigen Zahlungen zugrunde liegenden Geschäftsbedingungen seien somit wirksam. Aus diesem Grund bestehe kein Rückforderungsanspruch.

Das Erstgericht folgte dem Standpunkt der Beklagten und wies die Klage ab. Nach § 33 Abs 8 BWG könne eine Vorfälligkeitsgebühr ua bei Hypothekarkrediten generell vereinbart werden, nicht nur dann, wenn auch eine nach dieser Bestimmung zulässige Kündigungsfrist vereinbart worden sei. Das für den Fall der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits vereinbarte Entgelt sei letztlich „Reflex und Nachwirkung" des ursprünglichen Anspruchs der Bank auf Erfüllung des Kreditvertrags. Das Berufungsgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung. Aus § 33 Abs 8 BWG folge, dass die Vereinbarung einer Vorfälligkeitsgebühr nur für den Fall zulässig sei, dass die Bank auf die Einhaltung einer nach dieser Bestimmung zulässig vereinbarten Kündigungsfrist verzichte. Das folge insbesondere aus einer systematischen Interpretation. Der Gesetzgeber habe durch die Einbeziehung von Hypothekarkrediten in den Schutzbereich des § 33 Abs 8 BWG einen verstärkten Verbraucherschutz angestrebt. Es sei ihm nicht zu unterstellen, dass er diesen erhöhten Schutz durch Schaffung einer weit auszulegenden Ausnahmeregelung wieder zurücknehmen wollte. Der Zweck der Bestimmung liege nicht primär darin, dem Kreditinstitut als Nachwirkung des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs ein weiteres Entgelt zu sichern. Vielmehr solle der Verbraucher die Wahl zwischen unterschiedlichen, hinsichtlich der zu erwartenden Gesamtbelastung transparenten Angeboten haben. Für die Vergleichbarkeit von Angeboten seien auch die Konditionen wesentlich, unter denen eine vorzeitige Rückzahlung der Verbindlichkeit erfolgen könne. Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil es bisher keine Rechtsprechung zu § 33 Abs 8 BWG gebe und die Auslegung dieser Bestimmung über den Einzelfall hinaus Bedeutung habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. § 33 Abs 8 BWG lautet:

„Der Verbraucher ist berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherkreditvertrag ganz oder teilweise vorzeitig zu erfüllen. In diesem Fall hat das Kreditinstitut die Gesamtbelastung um jenem Betrag an Zinsen und laufzeitabhängigen Kosten zu vermindern, der bei kontokorrentmäßiger Abrechnung des vorzeitig zurückgezahlten Betrages nicht anfällt. Die Vereinbarung oder Verrechnung darüber hinausgehender Entgelte für den Fall vorzeitiger Rückzahlung ist außer in Fällen der Z 1 und Z 2 nicht zulässig. Für die vorzeitige Rückzahlung kann eine Kündigungsfrist vereinbart werden im Ausmaß

1. von höchstens sechs Monaten bei Krediten, die nachweislich zur Schaffung oder Sanierung von Gebäuden bestimmt sind und eine Laufzeit von zumindest zehn Jahren aufweisen, sowie bei hypothekarisch besicherten Krediten (§ 18 Hypothekenbankgesetz bleibt unberührt), oder

2. der allfällig vereinbarten Festzinsperiode bei Krediten nach Z 1."

Diese Bestimmung findet sich bereits in der ursprünglichen Fassung des Bankwesengesetzes (BGBl 1993/532); sie war dort eine Neuerung gegenüber dem davor geltenden Kreditwesengesetz. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1130 BlgNR 18. GP 140) wurde damit Art 8 der RL 87/102/EWG (VerbraucherkreditRL) übernommen. Diese Bestimmung lautet:

„Der Verbraucher ist berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag vorzeitig zu erfüllen. In diesem Fall kann der Verbraucher gemäß den von den Mitgliedstaaten festgelegten Regelungen eine angemessene Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits verlangen."

Die VerbraucherkreditRL ist allerdings (ua) nicht auf Kreditverträge anwendbar, die „hauptsächlich zum Erwerb oder zur Beibehaltung von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem vorhandenen oder noch zu errichtenden Gebäude" oder „zur Renovierung oder Verbesserung eines Gebäudes" bestimmt sind (Art 2 Abs 1 lit a und b); weiters ist (ua) ihr Art 8 nicht anwendbar auf „auf durch Grundpfandrechte gesicherte Kreditverträge oder Kreditversprechen, soweit diese nicht bereits aufgrund von Absatz 1 Buchstabe a) des vorliegenden Artikels vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen sind" (Art 2 Abs 3 idF RL 90/88/EWG) .

§ 33 BWG erfasst demgegenüber „alle Kredite [...] an Verbraucher im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG" (§ 33 Abs 1 BWG). Damit geht diese Bestimmung über dem Schutzbereich der RL hinaus.

Art 8 VerbraucherkreditRL wurde auch in § 12a KSchG umgesetzt. Dort wurden die in § 33 Abs 4 Z 1 BWG genannten Kredite (Kredite zur Schaffung und Sanierung von Gebäuden; hypothekarisch gesicherte Kredite) allerdings generell ausgenommen. § 33 Abs 8 BWG ist daher eine über das KSchG hinausgehende lex specialis für Verträge mit Kreditinstituten (Karner, Der Anwendungsbereich des § 12a KSchG über die vorzeitige Kreditrückzahlung, RdW 1994, 166; Krejci in Rummel3, § 12a KSchG Rz 2; vgl auch Graf, Die Neuregelung des Verbraucherkredits in Österreich, ÖBA 1994, 4, 15).

2. Die Vereinbarung besonderer Entgelte für den Fall einer vorzeitigen Rückzahlung ist nach § 33 Abs 8 BWG jedenfalls möglich, wenn die Parteien eine nach dieser Bestimmung zulässige Kündigungsfrist vereinbart hatten. Strittig ist, ob solche Entgelte auch dann wirksam vereinbart werden können, wenn die Parteien zwar eine Kündigungsfrist hätten vereinbaren können, das aber - wie hier - nicht getan haben. Nach Auffassung der Beklagten ist das möglich, nach jener des Klägers nicht.

Zu dieser Frage gibt es noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung. In der Literatur werden beide Auffassungen vertreten. Graf (aaO 14 f) führt aus, dass ein Entgelt für die vorzeitige Rückführung nur für den Fall der Nichteinhaltung einer nach § 33 Abs 8 BWG zulässigen Kündigungsfrist vereinbart werden könne. Das Entgelt sei dann eine Gegenleistung dafür, dass die Bank nicht auf der Einhaltung der Frist bestehe. Daher sei ein Entgelt für die vorzeitige Rückführung nicht zulässig, wenn eine vereinbarte Kündigungsfrist ohnehin eingehalten werde. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass nach Auffassung von Graf ein besonderes Entgelt für die vorzeitige Rückführung nur zusammen mit einer Kündigungsfrist wirksam vereinbart werden kann. Chini/Frölichsthal (Praxiskommentar zum Bankwesengesetz², 344) und Laurer (in Frehmuth ua [Hrsg] Bankwesengesetz² [1999] 441) vertreten demgegenüber die Auffassung, dass Entgelte für die vorzeitige Rückführung von Krediten zur Schaffung und Sanierung von Gebäuden und von hypothekarisch gesicherten Krediten generell zulässig sein sollen. Laurer belässt es bei dieser nicht weiter begründeten Aussage; Chini/Frölichsthal nennen ausdrücklich den hier strittigen Fall, dass bei einem solchen Kredit keine an sich zulässige Kündigungsfrist vereinbart wurde. Auch sie begründen diese Auffassung aber nicht näher. Zudem sind ihre Ausführungen in einem anderen Punkt widersprüchlich: Zunächst führen sie unter Hinweis auf Graf aus, dass bei Einhaltung einer vereinbarten Kündigungsfrist kein besonderes Entgelt für die vorzeitige Rückzahlung verlangt werden dürfe (aaO Anm 42). In weiterer Folge behaupten sie aber - im Zusammenhang mit der hier strittigen Frage - ohne Begründung das Gegenteil (aaO Anm 43). Ähnlich unklar sind die Ausführungen von Karner (aaO 167). Er führt zwar aus, dass bei Wohnraum- und Hypothekarkrediten „sowohl eine Kündigungsfrist als auch ein Entgelt" vereinbart werden könnten, zur Begründung dieser pauschalen Aussage verweist er aber auf die gerade in diesem Punkt differenzierende Auffassung von Graf (FN 10).

3. Nach Auffassung des erkennenden Senats sind beide Auslegungsvarianten grundsätzlich vertretbar. Allerdings hat der Standpunkt des klagenden Vereins die besseren Argumente für sich.

3.1. Der Wortlaut der strittigen Bestimmung lässt beide Auslegungen zu. Die Vereinbarung zusätzlicher Entgelte für die vorzeitige Rückzahlung ist danach „außer in Fällen der Z 1 und Z 2" unzulässig. Diese Unterabsätze regeln aber bei genauer Betrachtung keine verschiedenen „Fälle" im Sinn unterschiedlicher Vertragstypen. Da die Z 2 insofern auf die Z 1 zurückverweist, erfassen beide Unterabsätze vielmehr die gleichen Vertragstypen, nämlich Kredite zur Schaffung und Sanierung von Gebäuden und hypothekarisch gesicherte Kredite. Der Unterschied liegt nur im Ausmaß der jeweils zulässigen Befristung:

nach der Z 1 sind es im Allgemeinen sechs Monate, die Z 2 gestattet eine Kündigungsfrist im Ausmaß einer vereinbarten Festzinsperiode. Die Z 2 hat somit nur dann eigenständige Bedeutung, wenn die Festzinsperiode mehr als sechs Monate beträgt; sonst wäre die Befristung ohnehin schon durch die Z 1 gedeckt.

Der in § 33 Abs 8 Satz 3 enthaltene Verweis ist damit jedenfalls unklar. Er kann einerseits generell auf die von beiden Unterabsätzen erfassten Kredittypen bezogen werden. Auf das Ausmaß und die konkrete Vereinbarung einer Kündigungsfrist käme es dann nicht an. Anderseits deckt der Wortlaut aber auch die Auffassung, dass nur Verträge mit einer tatsächlich vereinbarten Kündigungsfrist erfasst sind.

3.2. Systematische Auslegung spricht für die Auffassung des Klägers. Wenn § 33 Abs 8 Satz 3 BWG auf „Fälle der Z 1 und 2" verweist, ist anzunehmen, dass damit zwei verschiedene Konstellationen erfasst werden sollten. Das wäre aber, folgt man dem Standpunkt der Beklagten, nicht der Fall: Danach wäre ein zusätzliches Entgelt für die vorzeitige Rückzahlung immer zulässig, wenn irgendeine Kündigungsfrist vereinbart werden konnte. Dann hätte aber der Verweis auf die Z 1 mit der darin enthaltenen Beschreibung der von beiden Unterabsätzen erfassten Kredittypen genügt. Der Verweis auf die Z 2 hätte keine eigenständige Bedeutung. Dem Gesetzgeber kann aber nicht unterstellt werden, dass er eine Bestimmung geschaffen hat, die (teilweise) keinen normativen Inhalt hat (F. Bydlinski in Rummel3 § 6 Rz 18; Posch in Schwimann3 § 6 Rz 13, beide mwN). Die Beklagte müsste zwingende historische oder teleologische Erwägungen für sich haben, um dieses Argument zu entkräften.

3.3. Historische Auslegung hilft nicht weiter. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Bankwesengesetzes (1130 BlgNR 18. GP 139 f) sollte mit § 33 BWG die mit der RL 90/88/EWG geänderte RL 87/102/EWG (VerbraucherkreditRL) übernommen werden. Für § 33 Abs 8 BWG wird auf Art 8 der RL 87/102/EWG verwiesen. § 33 BWG hat aber unstrittig einen weiteren Anwendungsbereich als die Richtlinie (oben 1.). Damit geht auch § 33 Abs 8 BWG über den Schutzumfang der Richtlinie hinaus

Es ist nicht anzunehmen, dass dieser Unterschied im Anwendungsbereich ein Redaktionsversehen ist. Daher müssen die zitierten Erläuterungen wohl so verstanden werden, dass der Gesetzgeber den Schutz der Richtlinie grundsätzlich über deren eigentlichen Anwendungsbereich hinaus auf alle anderen Arten von Verbraucherkrediten, also insbesondere auch auf Hypothekarkredite, erstrecken wollte. Für die Reichweite der hier strittigen Ausnahme von diesem Grundsatz (§ 33 Abs 8 Satz 3und 4 BWG) lässt sich daraus nichts ableiten.

3.4. Die Entscheidung muss daher aufgrund objektiv-teleologischer Auslegung fallen. Hier hat der Standpunkt des Klägers die besseren Argumente für sich.

(i) Die Möglichkeit einer vorzeitigen Rückzahlung soll es dem Verbraucher ermöglichen, sich von einem Kredit zu lösen, der für ihn von Anfang an unwirtschaftlich war oder durch eine Änderung der Umstände unwirtschaftlich geworden ist. So könnte sich etwa seine Bonität verbessert haben, sodass er nun bei einem anderen Kreditinstitut bessere Konditionen erzielen kann; oder er könnte unerwartet zu Barmitteln gekommen sein, die eine vorzeitige Rückzahlung ermöglichen.

Abgesehen von Krediten zur Schaffung und Sanierung von Gebäuden und von hypothekarisch gesicherten Krediten ist dieses Ziel in § 33 Abs 8 KSchG konsequent umgesetzt: Nach § 33 Abs 8 Satz 1 BWG muss die Bank die vorzeitige Rückzahlung des Kredits uneingeschränkt dulden. Damit wird der Inhalt des Schuldverhältnisses gegenüber dem allgemeinen Zivilrecht modifiziert; auch ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Kreditvertrag wird für den Verbraucher jederzeit kündbar. Der in § 33 Abs 8 Satz 3 BWG vorgesehene Ausschluss besonderer Entgelte für die vorzeitige Rückzahlung ist eine dogmatisch nahe liegende Konsequenz dieser Regelung. Könnte ein solches Entgelt wirksam vereinbart werden, wäre der Verbraucher vertraglich zu deren Leistung verpflichtet. Dieser vertraglichen Verpflichtung stünde aber - wegen der ohnehin schon aufgrund des Gesetzes bestehenden Rückzahlungsbefugnis - keine Gegenleistung der Bank gegenüber. Das Synallagma wäre damit gestört. Einen „fortwirkenden Erfüllungsanspruch", der ein besonderes Entgelt rechtfertigen könnte, gibt es aufgrund der zwingenden Bestimmungen in § 33 Abs 8 Satz 1 BWG und § 12a KSchG gerade nicht.

Zudem könnte das Rückzahlungsrecht durch die Vereinbarung eines solchen Entgelts im Einzelfall wertlos gemacht werden. Der Verbraucher könnte zwar formal jederzeit zurückzahlen, die Höhe der Vorfälligkeitsgebühr könnte ihm aber jeden wirtschaftlichen Anreiz dafür nehmen. Gäbe es § 33 Abs 8 Satz 3 nicht, müsste für solche Fälle auf § 879 ABGB und/oder § 6 KSchG zurückgegriffen werden. (ii) Für Kredite zur Schaffung und Sanierung von Gebäuden und für hypothekarisch gesicherte Kredite werden in § 33 Abs 8 Satz 4 BWG bestimmte Befristungen erlaubt. Wird eine Kündigungsfrist vereinbart, so entsteht entgegen der allgemeinen Regel des Satz 1 eine zeitliche Bindung des Verbrauchers. Das Ausmaß dieser Bindung ist aber durch die Z 1 und 2 beschränkt; insofern wird der in Satz 1 gewährte Schutz aufrecht erhalten.

Es liegt nahe, dass für die Entlassung aus dieser Bindung ein besonderes Entgelt vereinbart werden kann. Die in § 33 Abs 8 Satz 3 BWG enthaltene Ausnahme vom Verbot einer Vorfälligkeitsgebühr ist daher eine folgerichtige Ergänzung der in Satz 4 enthaltenen Befristungsmöglichkeit.

Dieser Gesetzeszweck deckt aber nicht Fälle, in denen die vereinbarte Frist ohnehin eingehalten wird. Es ist nicht ersichtlich, warum der Kreditnehmer hier schlechter stehen sollte als bei anderen Verbraucherkrediten, die er jederzeit zurückzahlen kann. Durch § 33 Abs 8 Satz 4 BWG wird der Verbraucherschutz zwar gegenüber der allgemeinen Regel (Satz 1) eingeschränkt, im Kern bleibt er aber weiterhin gewährleistet. Wäre die Vereinbarung einer Vorfälligkeitsgebühr auch bei Einhaltung der Kündigungsfrist wirksam, so könnte dieser Schutz ganz einfach unterlaufen werden. Die Bank könnte zwar keine längere Kündigungsfrist durchsetzen; sie könnte aber dasselbe Ergebnis durch Vereinbarung einer entsprechend hohen Vorfälligkeitsgebühr erzielen. Dem Gesetzgeber kann eine solche in sich widersprüchliche Regelung nicht unterstellt werden. Bei Einhaltung der Frist kann daher keine Vorfälligkeitsgebühr verlangt werden (Graf aaO 14).

Damit ist aber auch ein anderes Problem gelöst: Eine unangemessen hohe Vorfälligkeitsgebühr kann im Einzelfall gröblich benachteiligend und daher (teil-)nichtig sein (§ 879 Abs 3 ABGB). Dieses Problem wird sich aber bei Vereinbarung einer Kündigungsfrist in der Praxis kaum stellen. Denn der Verbraucher kann die Zahlung der Gebühr schon dadurch vermeiden, dass er die Kündigungsfrist einhält. Um die für ihn günstigere Variante zu wählen, muss er nur die jeweiligen finanzielle Folgen miteinander vergleichen.

(iii) Fraglich ist nun, ob eine Vorfälligkeitsgebühr auch dann vereinbart werden kann, wenn die Bank von vornherein auf eine zulässige Befristung verzichtet. Das oben angesprochene Synallagma wäre auch hier gewahrt. Dem besonderen Entgelt für die vorzeitige Rückzahlung stünde nämlich der Verzicht auf die mögliche Befristung gegenüber. Auf den ersten Blick scheint es daher tatsächlich ein übertriebener Formalismus zu sein, zunächst die Vereinbarung einer Kündigungsfrist zu verlangen und nur für diesen Fall ein besonderes Entgelt für die vorzeitige Rückzahlung zuzulassen.

Eine Vorfälligkeitsgebühr dürfte allerdings nicht zum faktischen Wegfall des besonderen Schutzes führen, der dem Verbraucher durch § 33 Abs 8 BWG auch für Kredite zur Schaffung und Sanierung von Gebäuden und für hypothekarisch gesicherte Kredite gewährt wird. Statt eine Kündigungsfrist vorzusehen, bei deren Einhaltung eine vorzeitige Rückzahlung ohne weitere Kosten möglich wäre, könnte die Bank nämlich eine Vorfälligkeitsgebühr in beträchtlicher Höhe vereinbaren. Dadurch könnte die Rückzahlung unwirtschaftlich werden und daher trotz formaler Zulässigkeit unterbleiben. Die Bank könnte so eine faktische Bindung für die gesamte Laufzeit erreichen. Dass das nicht zulässig sein kann, ist offensichtlich. Aus § 33 Abs 8 Satz 4 BWG müsste daher zumindest abgeleitet werden, dass das besondere Entgelt für eine vorzeitige Rückzahlung in einem angemessenen Verhältnis zu der nach dieser Bestimmung möglichen Kündigungsfrist stehen müsste.

Wurde aber keine Kündigungsfrist vereinbart, so wäre dieser Zusammenhang auch für einen aufmerksamen und verständigen Verbraucher kaum erkennbar. Denn es kann ihm im Regelfall wohl nicht unterstellt werden, dass er § 33 Abs 8 BWG kennt und noch dazu richtig auslegt. Für den Verbraucher gäbe es daher keinen konkreten Anlass, die Höhe der Vorfälligkeitsgebühr zu hinterfragen. Schon diese Intransparenz spricht gegen die Auffassung der Beklagten.

Zudem könnte der Verbraucher - anders als bei Vereinbarung einer Kündigungsfrist - nicht zwischen der Einhaltung der Kündigungsfrist und der Zahlung der Vorfälligkeitsgebühr wählen. Will er sich aus dem Kreditverhältnis lösen, müsste er entweder die Vorfälligkeitsgebühr zur Gänze zahlen oder mit der Bank über deren Höhe streiten. Der Ausgang dieses Streits wäre mangels präziser Kriterien für das im Einzelfall zulässige Ausmaß nur schwer vorhersehbar. Auch dadurch wäre der von § 33 Abs 8 BWG angestrebte Verbraucherschutz deutlich beeinträchtigt.

(iv) Zusammengefasst gilt daher Folgendes: Sind Befristung und Vorfälligkeitsgebühr vereinbart, so kann der Verbraucher die für ihn günstigere Variante wählen; eine unangemessen hohe Vorfälligkeitsgebühr schadet daher im Ergebnis nicht. Ist nur eine Befristung vereinbart, so hat der Verbraucher zumindest den Schutz des § 33 Abs 8 Satz 4 BWG; nach Ablauf der danach zulässigen Frist ist er frei. Könnte dagegen eine Vorfälligkeitsgebühr auch unabhängig von einer Kündigungsfrist vereinbart werden, so gäbe es diesen Ausweg nicht. Ein Verbraucher, der sich von einem Kredit lösen will, wäre zunächst der Berechnung der Gebühr durch die Bank ausgesetzt. Er könnte nur - mit letztlich ungewissem Ausgang - deren Höhe bekämpfen. Damit stünde er jedenfalls schlechter als bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Kündigungsfrist.

4. Bei einer Gesamtbetrachtung sprechen daher für den Standpunkt des Klägers systematische Erwägungen (oben 3.2.), weiters wird dadurch der Zweck der Vorschrift besser umgesetzt (oben 3.4.). Als Ergebnis ist daher folgendes festzuhalten: Bei Krediten zur Schaffung und Sanierung von Gebäuden mit einer Laufzeit von zumindest zehn Jahren und bei hypothekarisch gesicherten Krediten (§ 33 Abs 8 Z 1 BWG) können die Parteien zwar ein besonderes Entgelt für die vorzeitige Rückzahlung vereinbaren. Diese Vereinbarung ist aber nur für den Fall zulässig und wirksam, dass der Verbraucher eine nach § 33 Abs 8 Z 1 oder 2 BWG vereinbarte Kündigungsfrist nicht einhält. Der Revision war aus diesen Gründen nicht Folge zu geben. Das mag zwar in Zukunft dazu führen, dass bei solchen Krediten vermehrt Kündigungsfristen vereinbart werden. Wie oben dargestellt, ist dieses Ergebnis aber aus Gründen des Verbraucherschutzes der generellen Zulassung von Vorfälligkeitsgebühren jedenfalls vorzuziehen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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