Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Vertrag vom 2. Februar 1988 nahmen die Eheleute Rudolf L***, geboren am 20. April 1916, und Klara L***, geboren am 9. August 1926, den am 17. Dezember 1968 geborenen Robert S*** - einen Sohn ihrer Tochter Karin S***,
geboren am 12. November 1946 - an Kindesstatt an. Die Eltern Robert S*** erklärten sich mit der Adoption einverstanden. Auf Antrag der Vertragsparteien bewilligte das Erstgericht mit Beschluß vom 24. Februar 1988, ON 2, die Annahme an Kindesstatt. Robert S*** habe schon bisher teilweise im Haushalt seiner Großeltern gelebt und seit seiner Kinderzeit in deren landwirtschaftlichem Betrieb mitgearbeitet. Er wolle diesen Betrieb einmal übernehmen, während die Kinder der Wahleltern - Karin S*** und der in der Bundesrepublik Deutschland lebende Sohn Bruno L*** - daran kein Interesse hätten. Im Hinblick auf die große Tradition der Familie L*** hätten die Wahleltern den Wunsch, den Namen L*** für den Hofübernehmer zu erhalten. Die in § 180 ABGB genannten Altersgrenzen würden eingehalten; ein gerechtfertigtes Anliegen für die Adoption im Sinne des § 180 a ABGB liege vor. Ein Versagungsgrund nach § 180 a Abs 2 ABGB sei nicht zu sehen, da der leibliche Sohn Bruno L*** als Speditionskaufmann bereits selbsterhaltungsfähig sei und sein Unterhalt daher durch die Adoption nicht gefährdet werden könne.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Gericht zweiter Instanz dem von Bruno L*** gegen diese Adoptionsbewilligung erhobenen Rekurs nicht Folge. Als leibliches Kind der Wahleltern sei der Rekurswerber zwar zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert; dieses sei aber sachlich nicht gerechtfertigt. Nach § 180 a Abs 2 ABGB sei die Bewilligung der Annahme an Kindesstatt (außer bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1) zu versagen, wenn ein überwiegendes Anliegen eines leiblichen Kindes des Annehmenden entgegensteht, insbesondere dessen Unterhalt oder Erziehung gefährdet wäre; im übrigen seien wirtschaftliche Belange nicht zu beachten, außer der Annehmende handle in der ausschließlichen oder überwiegenden Absicht, ein leibliches Kind zu schädigen. Davon, daß durch die Adoption der Unterhalt des Rekurswerbers gefährdet würde, könne nicht ernsthaft gesprochen werden. Der 37jährige Rekurswerber sei kaufmännischer Angestellter in einem deutschen Industrieunternehmen und mit seinem Einkommen in der Lage, seinen und seiner Familie Unterhalt zu bestreiten. Aus dem von ihm vorgelegten Kaufvertrag vom 30. September 1983 über die Liegenschaft EZ 15 II KG Telfes mit dem Kaufpreis von S 831.000,-- sei ersichtlich, daß sich der Rekurswerber sogar in gehobenen finanziellen Verhältnissen befinden müsse. Auf künftige, ungewisse Ereignisse - wie etwa eine Freisetzung im derzeitigen Betrieb auf Grund eines sukzessiven Personalabbaues - könne nicht Bedacht genommen werden; abgesehen davon würde auch dies noch nicht die Mittellosigkeit des Rekurswerbers und seiner Familie bedeuten, zumal durchaus die Möglichkeit der Aufnahme eines anderen Beschäftigungsverhältnisses bestünde. Daß die Adoption ausschließlich oder überwiegend den Zweck verfolgte, den Sohn der Wahleltern zu schädigen, könne aus den Rechtsmittelausführungen nicht abgeleitet werden. Die von den Wahleltern seinerzeit vorgenommene Übertragung ihres Wohnhauses samt Taxiunternehmen und Reisebüro an ihre leibliche Tochter Karin S*** gegen Zahlung einer Versorgungsrente bedeute keine Schädigung des Rekurswerbers, der später die Liegenschaft seiner Schwester abgekauft und einen Teil der Lasten übernommen habe. Daß die Adoption einzig oder überwiegend den Zweck verfolge, den Rekurswerber in seinen Erbansprüchen zu schmälern, habe das Erstgericht zu Recht verneint; die mit der Adoption verbundene Schmälerung des Pflichtteils des Rekurswerbers sei unbeachtlich. Die Befürchtung Bruno L***, im Fall eines Unterhaltsbedürfnisses des Wahlkindes als Unterhaltspflichtiger herangezogen zu werden, sei rechtlich nicht begründet und bilde keinen Versagungsgrund im Sinne des § 180 a Abs 2 ABGB. Auch die Rechtsmittelausführungen über den landwirtschaftlichen Betrieb der Wahleltern seien nicht zielführend. Ob dieser Betrieb einen Ertrag abwirft, der zur Ernährung einer Person ausreicht, könne dahingestellt bleiben, weil das Wahlkind als gelernter Tischler seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Der Zuerwerb aus der Landwirtschaft - und sei es auch nur der Genuß steuerlicher Vorteile - gereiche aber dem Wahlkind zum Vorteil. Der Rechtsmittelwerber räume selbst ein, daß das Wahlkind schon bisher teilweise im Haushalt der Wahleltern verpflegt worden sei und in der kleinen Landwirtschaft mitgeholfen habe. Mit Rücksicht auf die auch vom Rekurswerber gewürdigte Familientradition diene die Beigebung des Familiennamens der Wahleltern und die beabsichtigte vermögensrechtliche Zuwendung dem Wohl des Wahlkindes. Durch die teilweise Versorgung im Haushalt der Wahleltern habe schon bisher eine Eltern-Kind-Beziehung bestanden. Der Bewilligung des Adoptionsvertrages stehe daher kein gesetzliches Hindernis entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluß wendet sich der - als "Beschwerde" bezeichnete - außerordentliche Revisionsrekurs des ehelichen Sohns der Wahleltern, Bruno L***, wegen Nichtigkeit und offenbarer Gesetz- oder Aktenwidrigkeit mit dem Antrag, die Bewilligung der Annahme an Kindesstatt zu versagen.
Dieses Rechtsmittel ist unzulässig.
Der Rechtsmittelwerber meint, das Verfahren sei nichtig im Sinne des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, weil er, insbesondere vor der Entscheidung erster Instanz, nicht gehört worden sei; ihm sei nicht die Möglichkeit geboten worden, durch die Aufnahme der von ihm angebotenen Beweismittel seinen Standpunkt darzulegen. Im Außerstreitverfahren gelte überdies der Untersuchungsgrundsatz. Durch die Aufnahme der von ihm beantragten
Beweise - Lokalaugenschein, Sachverständigengutachten, Einvernahme des Bürgermeisters der Gemeinde Telfes - wäre bewiesen worden, daß die Wahleltern die Adoption nur deswegen durchführten, um ihn als leibliches Kind zu schädigen bzw. ihn um seine ihm zustehenden Rechte als Erbe zu bringen.
Mit diesen Ausführungen zeigt der Rechtsmittelwerber keine Nichtigkeit auf. Eine Beteiligung des leiblichen Kindes der Wahleltern an dem Verfahren zur Bewilligung der Adoption ist im Gesetz nicht (ausdrücklich) vorgesehen; § 257 AußStrG bezeichnet nur die Vertragsteile, den gesetzlichen Vertreter des Wahlkindes, das Wahlkind ab Vollendung seines 14. Lebensjahres und die im Einzelfall nach dem ABGB Zustimmungs- und Anhörungsberechtigten als Beteiligte. Zu keiner dieser Gruppen zählt der Rekurswerber (§ 181 Abs 1, § 181 a Abs 1 ABGB). Nach ständiger Rechtsprechung wird aber dem leiblichen Kind des (der) Annehmenden zur Geltendmachung seiner durch § 180 a Abs 2 ABGB anerkannten Interessen Beteiligtenstellung und Rekursrecht zugebilligt (SZ 37/138; SZ 42/183; SZ 56/175 ua.). Dem Revisionsrekurswerber war die Möglichkeit, sich zur Geltendmachung seiner Interessen Gehör zu verschaffen, nicht entzogen. Der die Adoption bewilligende Beschluß wurde ihm zugestellt; im Rekurs, für den das Neuerungsverbot nicht gilt (§ 10 AußStrG), konnte er ein Vorbringen erstatten und Anträge stellen, wie er es ja auch tatsächlich getan hat. War er aber vom Verfahren nicht ausgeschlossen, so liegt der Nichtigkeitsgrund des - im Außerstreitverfahren sinngemäß anzuwendenden - § 477 Abs 1 Z 4 ZPO nicht vor (EFSlg 44.423, 49.672 u.v.a.). Daß das Rekursgericht das Sachvorbringen des Rechtsmittelwerbers als rechtlich unschlüssig und seine Beweisanträge daher als unerheblich angesehen hat, kann keinesfalls eine Nichtigkeit, sondern nur allenfalls eine unrichtige rechtliche Beurteilung begründen. Der Revisionsrekurswerber verkennt den Begriff der Aktenwidrigkeit, wenn er die "Feststellungen", daß die vorliegende Adoption nicht ausschließlich oder überwiegend dem Zweck diene, ihn zu schädigen, und daß kein Versagungsgrund nach § 180 a Abs 2 ABGB zu erkennen sei, als aktenwidrig rügt und darauf zurückführen will, daß die von ihm beantragten Beweise nicht aufgenommen wurden. Eine Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung in einem wesentlichen Punkt den Akteninhalt unrichtig wiedergegeben und so ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen hat (EFSlg 44.701, 50.005 u. v.a.); in welchem Belang das Rekursgericht den Akteninhalt unzutreffend wiedergegeben haben sollte, läßt aber der Rechtsmittelwerber nicht erkennen. Da das Rekursgericht keine Tatsachenfeststellungen getroffen hat - bei den im Revisionsrekurs genannten "Feststellungen" handelt es sich in Wahrheit um rechtliche Schlußfolgerungen -, liegt auch nicht der Fall vor, daß für eine Tatsachenfeststellung keine beweismäßige Grundlage vorhanden ist (vgl. ZfRV 1980, 149).
Daß die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes offenbar gesetzwidrig wäre - also die Frage, ob im vorliegenden Fall die Adoptionsbewilligung wegen überwiegender Anliegen des Rekurswerbers zu versagen sei, im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst wäre, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen könne, trotzdem aber eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt worden wäre (SZ 39/103 u.v.a.) - versucht der Revisionsrekurs ungeachtet der ausdrücklichen Erwähnung des Rechtsmittelgrundes der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht einmal darzulegen. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit könnte im übrigen schon begrifflich gar nicht vorliegen, weil es sich bei der Beantwortung dieser Frage in jedem einzelnen Fall um eine Ermessensentscheidung handelt. Im Rekurs hatte der Rechtsmittelwerber zwar behauptet, daß die Annehmenden bei der Adoption in der ausschließlichen oder überwiegenden Absicht gehandelt hätten, ihren leiblichen Sohn zu schädigen (S. 16); die Rechtsmeinung des Gerichtes zweiter Instanz, daß diese Absicht selbst bei Zutreffen der im Rechtsmittel aufgestellten Tatsachenbehauptungen nicht anzunehmen wäre, steht gleichfalls nicht im Gegensatz zum klaren Gesetzeswortlaut. Da sohin keiner der Anfechtungsgründe des § 16 Abs 1 AußStrG vorliegt, war der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.
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