Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens aufgetragen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Über das Vermögen des Dr. Helmut S*** wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 6. September 1989, GZ 6 S 97/89-2, das Konkursverfahren eröffnet und Dr. Herbert H*** zum Masseverwalter bestellt. Mit dem am 15. Oktober 1990 in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 31. Juli 1990 wurde der Konkurs nach rechtskräftiger Bestätigung des am 26. Jänner 1990 angenommenen Zwangsausgleiches gemäß § 157 Abs. 1 KO aufgehoben.
Mit der Behauptung, daß der Beklagte ihm als Mieter der Büro- und Lagerräume top 1 a seines Hauses in Wien 1., Vorlaufstraße 5, den Mietzins für die Monate September und Oktober 1989 im Gesamtbetrag von S 37.946,26 schulde, weshalb das Bestandverhältnis gemäß § 1118 ABGB für aufgelöst erklärt werde, begehrte der Kläger mit seiner am 18. Oktober 1989 eingebrachten Klage die Verurteilung des Beklagten zur Räumung der genannten "Geschäftslokalität". Die Klage und die Ladung zu der für den 20. November 1989 anberaumten ersten Tagsatzung wurden dem Masseverwalter ausgehändigt (§ 78 Abs. 2 KO). Mit Schriftsatz vom 9. November 1989 gab Dr. Herbert H*** die Konkurseröffnung und seine Bestellung zum Masseverwalter bekannt und beantragte die "Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 7 KO. Der Kläger stellte mit Schriftsatz vom 13. November 1989 den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gegen den Masseverwalter als Beklagten.
Mit Beschluß vom 16. November 1989 wies das Erstgericht die Klage unter Abberaumung der ersten Tagsatzung zurück und den Fortsetzungsantrag des Klägers ab.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die erst nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner erhobene Räumungsklage betreffe sein zur Konkursmasse gehörendes Vermögen. Der Masseverwalter sei mit seinem Unterbrechungsantrag nicht in den entgegen § 6 Abs. 1 KO anhängig gemachten Rechtsstreit eingetreten, möge er sich auch im Rubrum seines Schriftsatzes als "nunmehriger Beklagter" bezeichnet haben.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag auf Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen unter Berichtigung der Parteibezeichnung auf Beklagtenseite auf den Masseverwalter.
Die freigestellte Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 1 ZPO zulässig, weil der vom Rechtsmittelwerber aufgeworfenen und vom Rekursgericht nicht weiter verfolgten Frage, wer in Wahrheit Beklagter einer nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner gerichteten, auf § 1118, zweiter Fall, ABGB gestützten Räumungsklage ist und ob der Mangel der Prozeßfähigkeit des Gemeinschuldners durch Benennung des Masseverwalters heilbar ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Es entspricht allerdings der herrschenden Lehre und Rechtsprechung (Heil, Insolvenzrecht Rz 78; Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4 Rz 194; JBl. 1973, 93; GesRZ 1989, 45 ua), daß eine entgegen § 6 Abs. 1 KO nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner selbst erhobene Klage, die sein zur Konkursmasse gehörendes Vermögen betrifft, unter Nichtigerklärung des Verfahrens ab Anordnung der Klagezustellung zurückzuweisen ist. Dabei wurde aber - soweit überblickbar - noch nie die Frage gestellt oder gar beantwortet, ob in solchen Fällen nicht vielleicht doch auch eine amtswegige Richtigstellung der Parteibezeichnung oder ein zur Behebung des Mangels der Prozeßfähigkeit des Gemeinschuldners zu erteilender Auftrag gemäß § 6 Abs. 2 ZPO in Betracht käme. Die Entscheidung MietSlg. 27.796 hat zwar ausgesprochen, daß der Gemeinschuldner, gegen den sich die gerichtliche Aufkündigung richtete, prozeßunfähig ist; sie mußte sich aber mit den hier aufgeworfenen Fragen nicht mehr näher auseinandersetzen, weil dort der Masseverwalter ohnehin Einwendungen dagegen erhoben hatte. Hiezu hat der erkennende Senat folgendes erwogen:
Ein gegen den Gemeinschuldner erhobenes Begehren auf Räumung eines Bestandobjektes, das er im Rahmen seines Unternehmens gemietet hat, betrifft sein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen und ist daher eine Konkursforderung (MietSlg. 30.909, 39.862). Mit der Räumungsklage wird also ein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen iS des § 6 Abs. 1 KO beansprucht. Eine solche Konkursforderung ist aber weder anmeldungspflichtig noch Gegenstand der Prüfung, weil der Anspruch nicht aus der Masse zu befriedigen, sondern auf andere Weise - im Wege einer Räumungsexekution nach § 349 EO - durchzusetzen ist (Heil aaO Rz 162). Bestandverträge werden überdies durch die Konkurseröffnung grundsätzlich nicht berührt; sie gelten einschließlich aller Nebenbestimmungen weiter. Anstelle des Gemeinschuldners ist gemäß § 23 KO der Masseverwalter - kraft Gesetzes - eingetreten und verfügungsberechtigt (Heil aaO Rz 112; Bartsch-Heil aaO Rz 243;
MietSlg. 28.711, 34.890, 34.891; SZ 56/112; JBl. 1987, 53;
RZ 1989/62). Daher sind etwa auch Bestandzinsforderungen für die Zeit ab Konkurseröffnung Masseforderungen iS des § 46 Abs. 1 Z 4 KO (SZ 49/36; SZ 56/112 mwH).
Für die Beurteilung der Prozeßfähigkeit des Gemeinschuldners ist von der Bestimmung des § 6 KO auszugehen. Danach fehlt (iVm § 1 Abs. 1 KO) dem Gemeinschuldner die aktive und passive Prozeßfähigkeit im Masseprozeß (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 350; Heil aaO Rz 78; Bartsch-Heil aaO Rz 154; MietSlg. 27.796, 28.709). Soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind, erhält aber die Konkursmasse ein ex lege vertretungsbefugtes und -verpflichtetes Organ in der Person des Masseverwalters (Fasching aaO Rz 341 und 421; Heil aaO Rz 74; Bartsch-Heil aaO Rz 191).
Daraus folgt für den vorliegenden Fall, daß die Voraussetzung einer Unterbrechung nach § 7 Abs. 1 KO schon deshalb nicht vorlag, weil die Räumungsklage erst nach der Konkurseröffnung eingebracht wurde. Dem Gemeinschuldner gegenüber ist auch ein Verfahren nicht eingeleitet worden; die Klage wurde vielmehr - entsprechend der Verfügung des Konkursgerichtes - gemäß § 78 Abs. 2 KO bereits dem Masseverwalter ausgefolgt. Da sich die Klägerin auch nicht auf eine außergerichtliche Mahnung berufen hat, hat die Zustellung der Klage die nach § 1118 ABGB erforderliche Mahnung ersetzt
(MietSlg. 37.184 ua). Ebenso wurde die Auflösungserklärung erst in der Klage abgegeben, weshalb auch sie nicht vor deren Zustellung wirksam werden konnte (Würth in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 1118 mwH). Schließlich stützte der Kläger den qualifizierten Mietzinsrückstand auf Zinsperioden, die fast zur Gänze in die Zeit nach der Konkurseröffnung fallen. Dennoch muß hier die Frage, ob die Räumungsklage unter diesen Umständen Kraft des gesetzlichen Eintrittes des Masseverwalters in den Bestandvertrag nach ihrem objektiven Inhalt entgegen ihrer Bezeichnung im Klagerubrum nicht gegen den Gemeinschuldner, sondern bereits gegen den Masseverwalter gerichtet war (§ 235 Abs. 5 ZPO), oder ob daran noch berechtigte Zweifel bestehen, weil der Kläger ganz offensichtlich von der vorangegangenen Konkurseröffnung keine Kenntnis hatte und andernfalls vor einer Klageerhebung gegen den Masseverwalter noch dessen Einvernehmen gesucht hätte, nicht entschieden werden. Im vorliegenden Fall ist nämlich der Mangel der Prozeßfähigkeit des beklagten Gemeinschuldners jedenfalls mit dem Einlangen des Fortsetzungsantrages des Klägers gegen den Masseverwalter als gesetzlichen Vertreter der Konkursmasse iS des § 6 Abs. 2 ZPO beseitigt worden. Schon aus diesem Grund erweist sich die Zurückweisung der Klage als verfehlt. Mit der zwischenzeitigen rechtskräftigen Aufhebung des Konkurses ist aber wieder der ehemalige Gemeinschuldner anstelle des Masseverwalters getreten. In Stattgebung des Revisionsrekurses waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Das Erstgericht wird das gesetzliche Verfahren gegen den Beklagten einzuleiten haben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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