European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0040OB00545.75.0624.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
A* P*, geboren * 1898, ist am * 1973 unter Hinterlassung ihres Ehegatten, P* P*, sowie zweier volljähriger Töchter, H* H* (geboren * 1921) und H* H* (geboren * 1931) verstorben. P* und A* P* waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ. * KG. *) mit den Grundstücken * Baufläche Wirtschaftsgebäude, * Baufläche, Wohnhaus Nr. * in *, * Wiese und * Garten gewesen. Sie hatten am * 1926 als Brautleute vor dem öffentlichen Notar Franz Schiman in * Ehepakten errichtet, nach deren Punkt 3. sie für den Fall des Ablebens des einen oder des anderen Teiles ihre ehelichen Nachkommen zu Alleinerben einsetzten; gemäß Punkt 4. des Vertrages räumten P* und A* P* einander gegenseitig das Recht ein, „den gesamten beweglichen und unbeweglichen Nachlaß des Vorverstorbenen um den gerichtlich erhobenen oder eidesstättig einbekannten Schätzwert ins Eigentum zu übernehmen“, wobei jedoch der überlebende Teil verpflichtet sein sollte, eine allenfalls vorhandene Nachlaßliegenschaft samt Zubehör einem Kind erster Ehe entgeltlich zu übergeben oder zu hinterlassen.
Während der Witwer P* P* am 21. 5. 1974 vor dem Gerichtskommissär, Notar Dr. Friedrich Pimeshofer, erklärte, das zu seinen Gunsten eingeräumte Aufgriffsrecht in Anspruch zu nehmen, erklärte sich die jüngere Tochter der Erblasserin, H* H*, bei derselben Tagsatzung aus dem Titel des Testamentes vom * 1926 zur Hälfte des Nachlasses mit der Rechtswohltat des Inventars zur Erbin; beide beantragten übereinstimmend die Errichtung der Inventur und die Schätzung des Nachlaßvermögens auf Kosten der Verlassenschaft, H* H*, welche bei dieser Tagsatzung nicht anwesend gewesen war, zeigte dem Gericht am 28. 5. 1974 die Bevollmächtigung des öffentlichen Notars Dr. Franz Süssner aus Gmunden an.
Am 18. 6. 1974 führte der Gerichtskommissär in Anwesenheit des Witwers P* P*, der erblasserischen Tochter H* H* und des ausgewiesenen Vertreters der erblasserischen Tochter H* H* unter Beiziehung der Sachverständigen Baumeister H* L* und Architekt L* B* „über Ersuchen der am Verlaßverfahren beteiligten Personen“ über Inventur und Schätzung des in * gelegenen Nachlaßvermögens durch; dabei wurde (u.a.) das 8.219 m²große, im Grundbesitzbogen als landwirtschaftlich genutzte Grundfläche bezeichnete Grundstück * „infolge geringer Größe und Ertrag“ als Bauhoffnungsland qualifiziert und mit S 60,– je Quadratmeter bewertet.
In der Folge erklärte sich auch H* H* am 21. 10. 1974 aus dem Titel des Testaments vom * 1926 zur Hälfte des Nachlasses mit der Rechtswohltat des Inventars als Erbin. Sie erhob dann durch ihren ausgewiesenen Vertreter am 22. 10. 1974 eine „Erinnerung“ gegen die Schätzung vom 18. 6. 1974, wobei sie sich vor allem gegen die Bewertung des Grundstücks * mit nur S 60,– je Quadratmeter wandte und beantragte, die gesamte Schätzung mit anderen Sachverständigen neu durchzuführen. In ihrem Antrag vom 13. 11. 1974 wiederholte sie das Begehren auf „neuerliche Schätzung der nicht bebauten Grundstücke der Nachlaßliegenschaft durch andere Sachverständige, die wohl mit dem örtlichen Grundstücksmarkt vertraut sind, nicht aber im Gerichtsbezirk wohnen und ihrem Beruf nachgehen“. Zur Begründung verwies sie darauf, daß die unbebauten Nachlaßgrundstücke mit geringem Kostenaufwand aufgeschlossen werden könnten; der örtliche Grundpreis in der Nähe der Nachlaßliegenschaften liege bereits bei S 120,– bis S 150,– je Quadratmeter.
Nach Vernehmung des Bürgermeisters der Gemeinde *, Kammerrat E* A*, faßte das Erstgericht im Sinne eines von H* H* gestellten Antrages den Beschluß, die seinerzeitige Schätzung der Nachlaßliegenschaften durch Zuziehung zweier landwirtschaftlicher Sachverständiger und unter Zugrundelegung des gegenwärtigen Wertes der landwirtschaftlich genutzten Grundflächen zu ergänzen; gleichzeitig wies es den Antrag H* H*s auf Neudurchführung der Schätzung der nicht bebauten Nachlaßgrundstücke durch andere, mit dem Grundstücksmarkt vertraute, jedoch nicht im Gerichtsbezirk wohnhafte Sachverständige bei gleichzeitigem Hinweis auf die Anschlußmöglichkeit für Wasser, Strom und Telefonnetz (Hinweis auf Aufschließungsmöglichkeit als Bauland) ab. In der Begründung dieses Beschlusses wird darauf verwiesen, daß die derzeit landwirtschaftlich genutzten Flächen der Verlassenschaft nach dem Ergebnis der vom Erstgericht durchgeführten Erhebungen weder als Bauland noch als Bauhoffnungsland gewertet werden könnten, weshalb sie unter Zuziehung landwirtschaftlicher Sachverständiger neuerlich geschätzt werden müßten; der Antrag H* H*s auf Heranziehung nicht im Gerichtsbezirk wohnhafter Sachverständiger sei hingegen nicht nur mangels ausreichender Konkretisierung, sondern auch deshalb abzuweisen, weil ihm jede gesetzliche Grundlage fehle.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht den Rekurs der erblichen Tochter H* H* insoweit als unzulässig zurück, als er sich gegen die Anordnung der Ergänzung der Schätzung vom 19. (richtig: 18.) 6. 1974 durch Zuziehung zweier landwirtschaftlicher Sachverständiger und unter Zugrundelegung des gegenwärtigen Wertes der landwirtschaftlich genutzten Grundflächen richtete; im übrigen – also hinsichtlich der Abweisung des Antrages der Rekurswerberin, die Schätzung der nie bebauten Nachlaßgrundstücke durch andere, nicht im Gerichtsbezirk wohnhafte Sachverständige unter Hinweis auf die vorhandenen Aufschließungsmöglichkeiten als Bauland neu durchzuführen – wurde dem Rekurs nicht Folge gegeben. Das Erstgericht habe die Parzelle * zutreffend als landwirtschaftliche Nutzfläche qualifiziert, weil die ganz ungewisse Möglichkeit einer künftigen Verbauung nicht geeignet sei, einem Grundstück schon jetzt die Eigenschaft eines Bauerwartungslandes zu verleihen. Mit Recht habe daher das Abhandlungsgericht den Antrag H* H*s abgelehnt und eine Neuschätzung durch zwei Sachverständige aus dem Landwirtschaftsfach angeordnet. Die letzterwähnte Maßnahme könne aber nach ständiger Rechtsprechung nicht mit Rekurs angefochten werden, weshalb das Rechtsmittel der erblichen Tochter H* H* in diesem Punkt als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird von H* H* insoweit mit (außerordentlichem) Revisionsrekurs angefochten, als ihrem Antrag auf Neudurchführung der Schätzung der nichtbebauten Nachlaßgrundstücke nicht Folge gegeben wurde; der Rekursantrag geht dahin, die Entscheidungen der Untergerichte wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit aufzuheben und im Sinne des Begehrens der Rekurswerberin die „Neudurchführung der Schätzung der nicht bebauten Grundstücke der Nachlaßliegenschaft durch andere, mit dem Grundstücksmarkt vertraute, jedoch nicht im Gerichtsbezirk wohnhafte Sachverständige“ anzuordnen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Da das Rekursgericht den Beschluß der ersten Instanz, soweit er von H* H* überhaupt zulässigerweise bekämpft werden konnte, vollinhaltlich bestätigt hat, kann seine Entscheidung nur aus den in § 16 Abs. 1 AußStrG. erschöpfend angeführten Gründen mit Beschwerde an den Obersten Gerichtshof angefochten werden. Die Rekurswerberin erblickt die von ihr geltend gemachte offenbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung vor allem darin, daß die Untergerichte die Abweisung ihres Antrages auf Neudurchführung der Schätzung mit „Qualifikationen“ begründet hätten, die „in gesetzwidriger Weise, also in denkunmöglicher Anwendung des Gesetzes“ durch das Gericht vorgenommen worden seien, obwohl hiezu – nämlich zur Angabe des gemeinen Wertes der Güter und Fahrnisse – gemäß § 103 Abs. 3 AußStrG. nur die beeideten Schätzleute berufen seien, nicht aber das Verlassenschaftsgericht. Diese Rüge geht schon deshalb fehl, weil die Untergerichte mit ihren Ausführungen zur Qualifikation der strittigen Parzelle als rein landwirtschaftliche Nutzfläche nicht etwa der durch § 103 Abs 3 AußStrG. den „beeideten Schätzleuten“ übertragenen Ermittlung des Wertes dieser Grundfläche vorgegriffen, sondern damit lediglich begründet haben, weshalb die von ihnen für notwendig gehaltene neuerliche Schätzung des Grundstücks gerade unter Zuziehung zweier landwirtschaftlicher Sachverständiger durchzuführen sein werde. Ob aber eine Liegenschaft als landwirtschaftlich genutztes Grünland, als Bauerwartungs-(Bauhoffnungs-)land oder als Bauland anzusehen und dementsprechend zu bewerten ist, ist eine nicht vom Sachverständigen, sondern auf Grund der gesamten Verfahrensergebnisse vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage. Es kann daher keine Rede davon sein, daß die Untergerichte im vorliegenden Fall ihre Kompetenz überschritten und sich eine Entscheidung angemaßt hätten, zu der sie nach dem Gesetz nicht berufen gewesen wären.
Auch die weiteren Ausführungen der Rechtsmittelwerberin lassen weder eine offenbare Gesetz- oder Aktenwidrigkeit des angefochtenen Beschlusses noch eine den Untergerichten unterlaufene Nullität (Nichtigkeit) erkennen: Das durch die rechtliche Beurteilung der Untergerichte gewonnene Ergebnis ist nicht etwa, wie die Rekurswerberin meint, „für jeden Laien leicht erkennbar unrichtig“, sondern eine denknotwendige Schlußfolgerung aus den vor allem auf die Ergebnisse der Tagsatzung vom 16. 1. 1975 gestützten tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes. Davon abgesehen, ist aber die Frage, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, um einer derzeit noch als Grünland genutzten Liegenschaft im Hinblick auf eine mögliche künftige Verbauung die Eigenschaft eines „Bauerwartungslandes“ zuerkennen zu können, in keiner gesetzlichen Vorschrift ausdrücklich geregelt, so daß schon aus diesem Grund von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG. keine Rede sein kann. Daß aber die Wertangabe eines Sachverständigen „nicht als unabänderliches Urteil gelten, sondern durch die Entscheidung anderer Sachverständiger korrigiert werden“ kann, ist, wie gerade die im vorliegenden Fall getroffene Anordnung einer ergänzenden Schätzung durch zwei landwirtschaftliche Sachverständige zeigt, entgegen den Behauptungen der Rekurswerberin auch von den Untergerichten niemals bezweifelt worden.
Da somit keiner der in § 16 Abs. 1 AußStrG. angeführten Beschwerdegründe vorliegt, mußte der (außerordentliche) Revisionsrekurs der erblichen Tochter H* H* als unzulässig zurückgewiesen werden.
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