OGH 4Ob544/73

OGH4Ob544/7326.6.1973

SZ 46/66

Normen

ABGB §1299
ABGB §1300
ABGB §1299
ABGB §1300

 

Spruch:

Der vom Verkäufer einer Liegenschaft nicht nur mit der Errichtung des Kaufvertrages, sondern auch mit der Vertretung in den damit zusammenhängenden steuerlichen Angelegenheiten betraute Rechtsanwalt hat seinen Mandanten auch nach den tatsächlichen Voraussetzungen einer allfälligen Gründerwerbsteuerbefreiung zu fragen und einen im konkreten Fall in Betracht kommenden Befreiungstatbestand - vom Fall offenkundiger Aussichtslosigkeit abgesehen - gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen, widrigenfalls er seinem Mandanten gemäß § 1299 ABGB für den durch die schuldhafte Verletzung dieser Sorgfaltspflicht entstandenen Schaden haftet

OGH 26. Juni 1973, 4 Ob 544/73 (OLG Graz 1 R 148/72, LGZ Graz 24 Cg 107/72)

Text

Der Kläger verlangt von dem beklagten Rechtsanwalt Schadenersatz in der Höhe von 38.930 S samt Anhang. Der Beklagte habe für ihn zwei Kaufvertrage errichtet, für welche der Kläger den eingeklagten Betrag an Gründerwerbsteuer habe zahlen müssen. Erst nachträglich habe der Kläger erfahren, daß für den Erwerb dieser beiden Grundstücke keine Gründerwerbsteuer zu entrichten gewesen wäre, weil es sich um die Beschaffung von Ersatzgrundstücken nach einer vorangegangenen Enteignung gehandelt habe. Da der Beklagte von diesen Umständen zwar gewußt, dennoch aber gegenüber der Steuerbehörde den Befreiungstatbestand des § 3 Z. 6 GrEStG nicht geltend gemacht habe, sei ihm ein juristischer Kunstfehler im Sinne der §§ 1299, 1300 ABGB anzulasten, welcher seine Schadenersatzpflicht begrunde. Das Ersatzbegehren werde darüber hinaus auch auf mangelnde Obsorge des Beklagten bei der Vertretung des Klägers gegenüber dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern Graz aus Anlaß der beiden Kaufverträge gestutzt.

Der Beklagte wendet ein, daß ihm bei Errichtung des ersten Kaufvertrages die Tatsache der Enteignung des Klägers nicht bekannt gewesen sei. Im Zeitpunkt des zweiten Kaufvertrages habe er zwar davon gewußt, aber die Voraussetzungen einer Gründerwerbsteuerbefreiung nicht für gegeben gehalten, weil es an dem Erfordernis der Gleichwertigkeit des gekauften Grundstücks mit den enteigneten Liegenschaften gefehlt habe. Im übrigen habe ihm der Kläger damals gesagt, daß er die gesamte Entschädigungssumme für einen Neubau verwenden wolle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab ihm statt.

Folgender Sachverhalt steht im Revisionsverfahren unbekämpft fest. Der Kläger war ursprünglich Eigentümer der Häuser in G., N-gasse 6, 8, 10, 12, 13, 15, 17, 19 und 23 gewesen. Während er in den an der westlichen Seite der N-gasse gelegenen Häusern Nr. 6, 8, 10 und 12 einen Ledergroßhandel betrieb, hatte er die gegenüberliegenden Häuser Nr. 13, 15, 17, 19 und 23 durchwegs als Lagerräume benützt. Diese ebenerdigen Häuser, welche nur zum Teil einen eigenen Eingang von der Straße her hatten, standen auf sehr kleinen, durchschnittlich nur 3.5 m breiten Parzellen. Anläßlich der 10. Oberstger. Entsch. in Zivilsachen 1973, Band 46.

Erbauung der linksseitigen Überführung der Muruferstraße unter der Hauptbrücke, welche von der Murgasse zum Südtirolerplatz führt, wurden die Häuser Nr. 6, 8, 10 und 12 im Jahre 1966 zugunsten der Stadtgemeinde Graz enteignet. Der Kläger, der dadurch rund 800 m2 Nutzfläche verloren hatte, erhielt eine Entschädigungssumme von rund

6.5 Millionen Schilling, welche allerdings nicht durch Addition des Wertes des Bodens, der Baulichkeiten, des Geschäftsinteresses und des Verdienstentganges berechnet, sondern im Einvernehmen mit dem Magistrat der Stadt Graz pauschal ausgehandelt wurde.

Die Grazer Tageszeitungen hatten schon im Sommer 1965 wiederholt Artikel und Reportagen über die Enteignung und den Abbruch der Häuser des Klägers in der Neutorgasse veröffentlicht.

Im Zuge seiner Bemühungen um den Erwerb von Ersatzgrundstücken wurde dem Kläger von Hubert S das Haus N-gasse 25 zum Kauf angeboten, welches je zur Hälfte im Eigentum von Gertraud S und Brigitte R stand. Nachdem man sich auf einen Kaufpreis von 400.000 S geeinigt hatte schlug Hubert S den Beklagten als Vertragsverfasser vor. Der Kläger war damit einverstanden; er hatte mit dem Beklagten bis dahin keinen persönlichen Kontakt gehabt, obgleich die Kanzlei des Beklagten im Auftrag des Kreditschutzverbandes schon mehrfach Außenstände des Klägers eingetrieben hatte.

Hubert S sagte dem Beklagten, daß der Kläger das Haus Neutorgasse 25 deshalb kaufe, weil er schon das Nachbarhaus besitze. Der Kläger machte den Abschluß des Kaufvertrages von einer Besichtigung des Hauses abhängig und teilte dann seine Zustimmung dem Beklagten telefonisch mit. Auf die gleiche Weise brachte er dem Beklagten auch seine Änderungswünsche zur Kenntnis, welche eine Änderung der Vertragsurkunde erforderlich machten. Weder bei diesen Anlässen noch bei der Unterfertigung des Kaufvertrages am 25. Oktober 1967 im Beisein der Verkäuierinnen wurde über das Motiv des Klägers gesprochen oder der Zweck des Liegenschaftserwerbes genannt. Der Beklagte konnte sich damals an die Enteignungsangelegenheit des Klägers nicht mehr erinnern; er nahm an, daß der Kläger das Haus deshalb kaufe, weil er schon das Nachbarhaus besaß.

Der Kläger war daneben auch bestrebt, die Nutzungsfläche der ihm verbliebenen Häuser N-gasse 13, 15, 17, 19 und 23 zu vergrößern. Der beabsichtigte Zukauf des Hauses N-gasse 11 kam nicht zustande; dagegen konnte der Kläger im Tauschweg auch das Haus N-gasse 21 erwerben. Er ließ sodann die Häuser N-gasse bis 21 abreißen und an ihrer Stelle unter weitgehender Erhaltung der Straßenfassaden einen dreistöckigen Neubau errichten, welche seither die Hausnummern 17 und 19 trägt. Um diesen Neubau zweckmäßig gestalten zu können, benötigte der Kläger aber auch einen 1.5 m breiten und rund 22 m langen, hinter der Häuserzeile N-gasse 11 bis 21 verlaufenden Streifen der zur EZX gehörenden Parzelle Nr. 93, welche im Eigentum des G Franziskanerkonvents stand. Am 2. April 1968 erteilte der Kläger daher dem Beklagten - welchen er schon im Feber desselben Jahres anläßlich seiner Bemühungen um den Erwerb des Hauses N-gasse 11 eingehend über seine Enteignung informiert hatte - den Auftrag zur Errichtung des Kaufvertrages mit dem Franziskanerkonvent über die genannten 33 m2 großen Grundstreifen um den vereinbarten Preis von 99.000 S. Der Kläger kam dabei in die Kanzlei des Beklagten und trug ihm die Angelegenheit vor; er teilte bei dieser Gelegenheit dem Beklagten seine Absicht mit, die Mauer des geplanten Neubaus auf dem zu erwerbenden Grundstreifen um einige Zentimeter an die neue Grenze heranzuschieben, fügte aber hinzu, daß er noch nicht wisse, wie weit ihm das bewilligt werde. Der Beklagte verfaßte sodann einen Vertragsentwurf. Noch vor der Unterfertigung des Vertrages am 9. bzw. 13. Juli 1968 sagte der Kläger zum Beklagten, daß die Breite der beabsichtigten Verbauung mit 1.2 m in den Vertrag eingefügt werden müsse, was daraufhin auch geschehen ist. Der gekaufte Grundstreifen wurde in der Folge tatsächlich bis auf eine Breite von 20 cm verbaut.

Schon am 5. Juli 1968 hatte der Kläger dem Beklagten zugleich mit einem Schreiben, in welchem er auf eine Beschleunigung des Bauvorhabens drängte, eine ausführliche schriftliche Information zugehen lassen, in welcher er u. a. mitteilte, daß er die Entschädigungssumme von 6 Millionen Schilling oder noch mehr für den Ersatzbau ausgeben werde, in welchem er seinen Betrieb unterbringen müsse. Der Beklagte schloß daraus, daß der an den Franziskanerkonvent gezahlte Kaufpreis nicht aus der Entschädigungssumme stamme. Diese Annahme traf aber nicht zu, weil der Kläger für den Neubau nur 3 bis 3.5 Millionen Schilling aufwendete und den Kaufpreis für beide Ersatzgrundstücke aus der Enteignungsentschädigung aufgebracht hatte.

Das Vollmachtsverhältnis zwischen den Parteien hatte sich nicht nur auf die Errichtung der beiden Kaufverträge, sondern auch auf die damit zusammenhängende steuerliche Vertretung des Klägers zur Erlangung der Unbedenklichkeitsbescheinigung erstreckt. Tatsächlich bereitete der Beklagte auch die Abgabenerklärungen vom 30. Oktober 1967 und vom 15. Juli 1968 vor - deren erste er selbst unterfertigte, während er die zweite vom Kläger unterschreiben ließ - und überreichte sie beim Finanzamt. Dabei nahm er für keinen der beiden Kaufverträge eine Gründerwerbsteuerbefreiung in Anspruch, und zwar im ersten Fall deshalb, weil er vom Vorliegen eines Befreiungstatbestandes keine Kenntnis hatte, im zweiten Fall aber deshalb, weil er die vom Gesetz geforderte Gleichwertigkeit zwischen der Entschädigungssumme von 6.5 Millionen Schilling und dem Kaufpreis von 99.000 S nicht für gegeben hielt und außerdem der Meinung war, daß der Kläger die ganze Entschädigungssumme für die Bauführung aufwenden und daher den neuerworbenen Grundstreifen nicht aus dieser Summe bezahlen werde. Dem Kläger wurde in der Folge vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern G mit den Bescheiden vom 12. Dezember 1967 und vom 29. August 1968 für die beiden Kaufverträge Gründerwerbsteuer in der Höhe von 32.000 S und 6930 S vorgeschrieben, welche er am 21. Dezember 1967 und am 10. September 1968 zahlte.

Nachdem Dr. Hans Z am 6. März 1970 die Steuerberatung des Klägers von seinem Vorgänger Walter K übernommen hatte, stellte er bei der Überprüfung der alten Steuervorgänge fest, daß für die Kaufverträge vom 25. Oktober 1967 und vom 9./13. Juli 1968 keine Gründerwerbsteuerbefreiung in Anspruch genommen worden war. Da er der Meinung war, daß der Kläger diese Steuer zu Unrecht gezahlt habe, teilte er dies dem Kläger mit, welcher sodann mit Schreiben vom 3. April 1970 den Beklagten zur Schadensgutmachung aufforderte. Nach einem Antwortschreiben des Beklagten vom 9. April 1970 und einer Erwiderung des Klägers vom 28. April 1970 berichtete schließlich Dr. Z dem Kläger am 27. Mai 1970, daß nach dem Ergebnis einer persönlichen Vorsprache bei der zuständigen Referentin des Finanzamtes eine Rückforderung der seiner Meinung nach zu Unrecht gezahlten Steuerbeträge nicht mehr möglich sei. In einem weiteren Schreiben vom 11. November 1970 gab Dr. Z dem Klagevertreter bekannt, daß er die Rechtsansicht des Beklagten über das Fehlen der Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes nach § 3 Z. 6 GrEStG nach wie vor für unrichtig halte, eine Wiederaufnahme des Steuerverfahrens aber vollkommen aussichtslos sei.

Auf Grund der Reklamation des Klägers erkundigte sich auch der Beklagte beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern G, ob er für den Kaufvertrag vom 9./13. Juli 1968 Gründerwerbsteuerfreiheit hätte in Anspruch nehmen können. Nach einem kurzen Gespräch, in welchem allerdings keine Einzelheiten erörtert wurden, verneinte der zuständige Gruppenleiter, Oberfinanzrat Dr. P, diese Frage, ohne dafür eine Begründung zu geben.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß der Beklagte bei der Errichtung des ersten Kaufvertrages von der Enteignung des Klägers keine Kenntnis gehabt habe. Einem Rechtsanwalt, der sich beim Fehlen auch nur entfernter Anhaltspunkte für eine Steuerbefreiung bei seinem Klienten nicht nach dem Vorliegen relativ selten vorkommender Tatbestände erkundige, könne keine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht angelastet werden. Beim zweiten Kaufvertrag aber seien schon die gesetzlichen Voraussetzungen einer Gründerwerbsteuerbefreiung nicht gegeben gewesen, weil die vom Gesetz geforderte Gleichwertigkeit gefehlt habe.

Demgegenüber verwies das Berufungsgericht in der Begründung seiner dem Klagebegehren stattgebenden Entscheidung darauf, daß die Voraussetzungen des § 3 Z. 6 GrEStG beim Kaufvertrag vom 25. Oktober 1967 unbestrittenermaßen gegeben gewesen seien. Der Beklagte habe damals zwar keine Kenntnis vom Vorliegen dieses Befreiungstatbestandes gehabt, wäre aber, weil er vom Kläger auch mit der Verfassung der Abgabenerklärung beauftragt worden sei, in Anwendung der ihm nach § 1299 ABGB obliegenden Sorgfaltspflicht im Interesse seines Mandanten verpflichtet gewesen, alle mit der Gründerwerbsteuer zusammenhängenden Fragen mit dem Kläger zu erörtern und sich dabei insbesondere auch nach allfälligen Befreiungstatbeständen zu erkundigen. Den durch diese Pflichtverletzung dem Kläger entstandenen Schaden von 32.000 S habe er daher dem Kläger gemäß § 1299 ABGB zu ersetzen. Bei der Errichtung des zweiten Kaufvertrages im Juli 1968 sei dem Beklagten die Tatsache der Enteignung des Klägers bereits bekannt gewesen. An der Gleichartigkeit des vom Franziskanerkonvent erworbenen Grundstreifens mit den enteigneten Grundstücken sei nicht zu zweifeln gewesen; nach der Auffassung des Berufungsgerichtes hätte aber auch die vom Gesetz geforderte Gleichwertigkeit bejaht werden müssen, weil es dabei nicht auf das Verhältnis der Enteignungsentschädigung zum Kaufpreis des Ersatzgrundstücks, sondern allein darauf ankomme, ob der Enteignete zur Wiederherstellung seiner wirtschaftlichen Existenz aus den Mitteln der Entschädigungssumme Ersatzgrundstücke bis zur Höhe des Wertes der enteigneten Liegenschaften gekauft habe, was hier der Fall sei. Der Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, sich mit dieser Frage eingehend auseinander zusetzen, jedenfalls aber in Anbetracht der keineswegs eindeutigen Rechtslage den Befreiungstatbestand vorsichtshalber gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen. Dem Schreiben des Klägers habe der Beklagte nicht entnehmen können, daß der Kläger die gesamte Entschädigungssumme ausschließlich zur Errichtung des Ersatzbaues und nicht auch teilweise zum Ankauf des Ersatzgrundes verwenden werde; er hätte infolgedessen auch diese Frage mit dem Kläger besprechen müssen. Durch die Vernachlässigung der gebotenen Sorgfaltspflicht des Beklagten sei dem Kläger hier ein Schaden in der Höhe der gezahlten Gründerwerbsteuer von 6930 S entstanden, weil die Voraussetzungen des § 3 Z. 6 GrEStG nach der Meinung des Berufungsgerichtes jedenfalls gegeben gewesen seien, der Kläger also bei Geltendmachung des Befreiungstatbestandes durch den Beklagten auch für den zweiten Kaufvertrag keine Gründerwerbsteuer hätte zahlen müssen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Hinsichtlich des Vertrages vom 25. Oktober 1967 wirft der Beklagte der angefochtenen Entscheidung eine unzulässige Überspannung der Haftung eines Rechtsanwaltes vor. Wenn auch der Vertragserrichter bei der Aufnahme der Information alle Umstände zu beachten habe, die normalerweise die Rechts- und Wirtschaftslage der Parteien berührten, und den Beteiligten über alle mit dem Vertrag zusammenhängenden Fragen eine umfassende Rechtsbelehrung erteilen müsse, so könne doch nicht von ihm verlangt werden, daß er die Parteien danach frage, ob nicht außerhalb des üblichen Ablaufs der Ereignisse Umstände vorlägen, die allenfalls bei der steuerrechtlichen Behandlung bedeutsam sein könnten. Der Anwalt müsse hier darauf vertrauen können, daß ihm der Klient von sich aus alles mitteile, was für die wirtschaftliche Durchführung des Vertrages von Belang sei, und habe dann die rechtliche Behandlung des Vertragsinhaltes danach auszurichten. Gerade der Erwerb eines Ersatzgrundstückes für eine enteignete Liegenschaft sei zweifellos ein von der Regel abweichender Ausnahmefall, der eine Information des Beklagten durch den Kläger erfordert hätte. Die unterlassene Geltendmachung des Befreiungstatbestandes nach § 3 Z. 6 GrEStG könne dem Beklagten daher nicht als Verschulden angelastet werden.

Diesen Rechtsausführungen kann jedoch nicht gefolgt werden: Das Berufungsgericht hat zutreffend hervorgehoben, daß der Kläger den Beklagten nicht nur mit der Errichtung des Kaufvertrages, sondern auch mit seiner Vertretung in den damit zusammenhängenden Steuerangelegenheiten zwecks Erlangung der Unbedenklichkeitsbescheinigung betraut hatte. Demgemäß hatte ja der Beklagte auch die beiden Abgabenerklärungen für das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern G vorbereitet, eine davon auch selbst unterschrieben und die andere vom Kläger unterschreiben lassen. Der Kläger konnte bei dieser Sachlage mit Recht erwarten, vom Beklagten über alle mit dem Vertrag und dessen steuerlichen Konsequenzen zusammenhängenden Fragen unterrichtet zu werden. Dabei wäre der Beklagte aber in pflichtgemäßer Wahrung der Interessen seines Mandanten jedenfalls auch verpflichtet gewesen, den Kläger nach den Voraussetzungen einer allfälligen Gründerwerbsteuerbefreiung zu fragen, konnte er doch keineswegs davon ausgehen, daß ihm der Kläger als juristischer Laie die hiefür maßgebenden Umstände aus eigenem mitteilen werde. Daß dem Beklagten eine solche Befragung des Klägers entgegen den Revisionsbehauptungen auch durchaus zumutbar gewesen wäre und keineswegs zu einer unbilligen Erschwerung der Vertragserrichtung geführt hätte, ergibt sich schon daraus, daß von den Befreiungstatbeständen des § 3 GrEStG in seiner damals geltenden Fassung ohnehin praktisch nur derjenige nach Z. 6 in Betracht kam, weil alle anderen nach der gegebenen Sachlage von vornherein ausgeschieden werden konnten, betrafen sie doch hier offenkundig nicht in Betracht kommende Fälle wie den geringfügigen Erwerb bis zu 1000 S, den Erwerb von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden, den Erwerb von Nachlaßgrundstücken durch Miterben zwecks Erbteilung, den Erwerb bei Begründung einer ehelichen Gütergemeinschaft und den Erwerb bei Teilung einer solchen Gemeinschaft. Auch die in § 4 GrEStG angeführten weiteren Steuerbefreiungen für den Bau von Kleinwohnungen, Arbeiterwohnstätten, Eigentumswohnungen, im Zusammenhang mit Maßnahmen der Bodenreform usw. konnten beim Kaufvertrag vom 25. Oktober 1967 augenscheinlich nicht zum Zuge kommen. Es wäre daher für den Beklagten ein leichtes gewesen, sich durch eine kurze Frage an den Kläger nach den Voraussetzungen des einzigen wirklich in Betracht kommenden Befreiungstatbestandes, nämlich desjenigen nach § 3 Z. 6 GrEStG, zu erkundigen. Daß er diese zur Wahrung der Interessen des Klägers gebotene und ihm nach dem Gesagten auch durchaus zumutbare Maßregel unterlassen und eine allfällige Gründerwerbsteuerbefreiung mit dem Kläger überhaupt nicht erörtert hat - obwohl das von ihm ausgefüllte und auch selbst unterfertigte Abgabenerklärungsformular eine eigene Spalte für solche Anträge vorsieht -, hat das Berufungsgericht dem Beklagten mit Recht als schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 1299 ABGB angelastet. Da die übrigen Voraussetzungen des § 3 Z. 6 GrEStG beim Gründerwerb im Oktober 1967 unbestrittenermaßen gegeben waren, der Kläger also bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten die Gründerwerbsteuer von 32.000 S nicht hätte zahlen müssen, hat der Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, dem Kläger diesen Betrag zu ersetzen.

II. Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt aber auch hinsichtlich des Kaufvertrages vom 9./13. Juli 1968 im Ergebnis richtig beurteilt:

§ 3 Z. 6 GrEStG 1955 BGBl. 140 hatte zur fraglichen Zeit - also noch vor der erst am 1. August 1969 in Kraft getretenen Novelle BGBl. 277/1969 - folgenden Wortlaut: "Von der Besteuerung sind ausgenommen: ... 6. der Erwerb von Ersatzgrundstücken für enteignete Grundstücke, wenn als Ersatz gleichwertige Grundstücke derselben Art innerhalb von 3 Jahren, gerechnet vom Zeitpunkt der Enteignung, erworben werden." Da das Gesetz also nichts darüber sagte, auf welche Weise und nach welchen Grundsätzen der hier notwendige Wert- und Artvergleich ("... gleichwertige Grundstücke derselben Art ...") durchgeführt werden sollte (vgl. Dorazil in MGA CrEStG 58 zu § 3 Z. 6), hatte sich in der Folge der Verwaltungsgerichtshof wiederholt mit den Begriffen der Gleichartigkeit und der Gleichwertigkeit im Sinne des § 3 Z. 6 GrEStG zu befassen. Er sprach dabei mehrfach aus, daß der Begriff der Gleichartigkeit nicht eng ausgelegt werden dürfe, weil völlige Gleichartigkeit des enteigneten und des als Ersatz gekauften Grundstücks nur in wenigen Fällen gegeben sein werde, die Bestimmung daher bei wörtlicher Auslegung nur sehr selten anwendbar wäre (VwSlg. 2479 F, 3680 F u. a, ebenso auch Dorazil GrEStG); es komme daher im Einzelfall immer nur darauf an, ob das Ersatzgrundstück seiner Lage und Beschaffenheit nach als Ersatz für das enteignete Grundstück dienen könne und auch tatsächlich dienen werde (VwSlg. 4221 F).

Zum Erfordernis der Gleichwertigkeit hatte der Verwaltungsgerichtshof schon in den Jahren 1961 und 1962 ausgesprochen, daß bei der Gegenüberstellung der Werte des enteigneten Grundstücks und des Ersatzgrundstücks nicht nur von den Verkehrswerten, sondern auch von den beiderseitigen Einheitswerten ausgegangen werden könne, sofern bei deren Ermittlung die gleichen Grundsätze angewendet worden seien (VwSlg. 2498 F u. a.; ebenso Dorazil GrEStG). Der Erwerb eines Ersatzgrundstücks, dessen Wert denjenigen der enteigneten Liegenschaft überstieg, konnte nach der - auch vom Verwaltungsgerichtshof gebilligten (VwSlg.2479 F) - Praxis der Finanzbehörden in einen steuerfreien (bis zur Höhe des Wertes des enteigneten Grundstücks) und einen steuerpflichtigen Teil aufgespalten werden (dazu Dorazil im Ergänzungsband 1970 zur MGA GrEStG, 32); die Neufassung des § 3 Z. 6 GrEStG durch Art. 1 Z. 2 der Novelle 1969 BGBl. 277, nach welcher der Erwerb von Ersatzgrundstücken für enteignete Grundstücke jetzt steuerfrei ist, "soweit gleichwertige Grundstücke (§ 12) erworben werden", hat diese Praxis dann auch ausdrücklich sanktioniert (vgl. die Erl. Bemerkungen zur Novelle 1969, 1223 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XI. GP, abgedruckt im Ergänzungsband 1970 zur MGA GrEStG, 28).

Ob bei Gleichartigkeit des enteigneten und des als Ersatz erworbenen Grundstücks ein geringerer Wert des Ersatzgrundstücks die Steuerbefreiung ausschließt, hatte der Verwaltungsgerichtshof schon im Jahre 1962 zu entscheiden. Er hat diese Frage in seinem Erkenntnis vom 26. November 1962 ÖStZ 1963 Blg. 89 ausdrücklich verneint und zur Begründung darauf verwiesen, daß der Gesetzgeber nur verhindern wolle, daß der Enteignete für die Enteignungsentschädigung - welche den Wert des enteigneten Grundstucks übersteigen könne - ein Grundstück anderer Art oder - bei Gleichartigkeit beider Grundstücke - ein höherwertiges Grundstück steuerfrei erwerbe; begnüge sich der Enteignete dagegen mit dem Erwerb eines gleichartigen, aber im Wert geringeren Grundstücks, dann sei immer noch der vom Gesetzgeber als Beweggrund für die Gewährung der Steuerbefreiung in Aussicht genommene wirtschaftliche Erfolg, wenn auch nicht in vollem Maße eingetreten. Geht man aber von dieser Rechtslage und von dem soeben wiedergegebenen Stand der Rechtslehre und der Rechtsprechung im Jahre 1968 aus, dann muß dem Beklagten auch die unterlassene Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Z. 6 GrEStG in der Abgabenerklärung vom 15. Juli 1968 als schuldhafte Vernachlässigung seiner Sorgfaltspflicht im Sinne des § 1299 ABGB angelastet werden. Der Beklagte war auf Grund des ihm vom Kläger erteilten Mandats verpflichtet, alle zur Wahrung der Interessen seines Auftraggebers notwendigen und zweckmäßigen Schritte zu unternehmen. Da er beim Abschluß des Vertrages vom Juli 1968 die Tatsache der Enteignung des Klägers unbestrittenermaßen bereits kannte, hätte ihn nur die offenkundige Aussichtslosigkeit eines Antrages nach § 3 Z. 6 GrEStG von einer solchen Antragstellung befreit. Davon konnte aber nach den obigen Ausführungen keine Rede sein, weil nicht nur der - allerdings wenig glücklich formulierte - Wortlaut des Gesetzes die hier in Betracht kommende Steuerbefreiung des Klägers keineswegs mit Sicherheit ausschloß, sondern vor allem die klare Absicht des Gesetzgebers für eine Anwendung des Befreiungstatbestandes auch auf den vom Beklagten verfaßten Kaufvertrag sprach und im Einklang damit auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine großzügige Auslegung des § 3 Z. 6 GrEStG verlangt hatte; darüber hinaus hatte aber, wie bereits erwähnt, damals schon ein veröffentlichtes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Steuerfreiheit des Erwerbes auch eines geringerwertigen Ersatzgrundstücks anerkannt. Angesichts dieser Rechtslage lag für den Beklagten zumindest ein rechtlicher Zweifelsfall vor, welcher ihn nach seinem eigenen Zugeständnis in der Revision schon aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht verpflichtet hätte, die in Frage kommende Steuerbefreiung gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen, dies umso mehr, als es nur eines einfachen Hinweises in der Abgabenerklärung bedurft hätte, um das Finanzamt zur amtswegigen Prüfung des Befreiungstatbestandes zu verhalten (vgl. Dorazil in MGA GrEStG 53), und selbst eine allfällige Ablehnung durch das Finanzamt dem Kläger nicht die geringsten zusätzlichen Nachteile gebracht hätte. Da der Beklagte ferner, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, auch dem Schreiben des Klägers keine der Steuerbefreiung entgegenstehende Verwendung der Entschädigungssumme durch den Kläger entnehmen konnte, liegt auch hinsichtlich des Kaufvertrages vom 9./13. Juli 1968 in der unterlassenen Geltendmachung des Befreiungstatbestandes nach § 3 Z. 6 GrEStG durch den Beklagten eine schuldhafte Verletzung seiner ihm gegenüber dem Kläger obliegenden Sorgfaltspflicht.

Damit bleibt nur noch zu prüfen, ob dem Kläger durch die Zahlung der Gründerwerbsteuer von 6930 S ein Schaden in dieser Höhe entstaden ist, für den die Unterlassung des Beklagten kausal war, mit anderen Worten, ob der Kläger bei rechtzeitiger Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nach § 3 Z. 6 GrEStG von der Zahlung der Gründerwerbsteuer tatsächlich befreit gewesen wäre. Dabei kann es entgegen der Meinung des Beklagten keineswegs auf die Ansicht der Referentin oder des Gruppenleiters des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Graz, sondern allein darauf ankommen, ob der Kläger auf Grund der im Jahre 1968 gegebenen Rechtslage Anspruch auf Gründerwerbsteuerfreiheit gehabt hätte. Der OGH bejaht auch diese Frage und schließt sich dabei den überzeugenden Argumenten des Verwaltungsgerichtshofes in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 26. November 1962 ÖStZ 1963 Blg. 89 an. Es stunde mit dem Zweck des Gesetzes, die Auswirkungen einer als notwendig erkannten Enteignungsmaßnahme durch eine Steuerbegünstigung zu erleichtern und dem Enteigneten beim Wiederaufbau seiner wirtschaftlichen Existenz zu helfen (vgl. VwSlg. 2479 F), in offenbarem Widerspruch, wollte man den Ausdruck "gleichwertig" so eng auslegen, daß der Wert des Ersatzgrundstücks denjenigen des enteigneten Grundstücks einerseits erreichen müßte, andererseits aber nicht wesentlich überschreiten dürfte. Die Steuerbegünstigung muß vielmehr ihrem Sinn und Zweck nach auch dann eintreten, wenn sich der Enteignete mit dem Erwerb eines gleichartigen, aber in seinem Wertgeringeren Grundstücks begnügt, zumal ja gleichartige Grundstücke von gleichem Wert nicht immer greifbar sein werden (so auch Ondraczek, Verbesserte und noch verbesserungsbedürftige Gesetzgebungstechnik, ÖJZ 1970, 425; ähnlich Czurda, Komm. z. GrEStG § 3 TZ 179). Mit der Ersetzung des Wortes "wenn" durch das Wort "soweit" in § 3 Z. 6 GrEStG durch die Novelle 1969 hat dann schließlich auch der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, daß er den steuerfreien Erwerb von Ersatzgrundstücken bis zum Einheitswert des enteigneten Grundstücks "und geringwertigerer Ersatzgrundstücke" ermöglichen wollte (so ausdrücklich die Erl. Bemerkungen Zur Novelle 1969, 1223 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XI.

GP).

Da somit nicht nur eine schuldhafte Unterlassung des Beklagten erwiesen ist, sondern auch der Eintritt eines Schadens von 6930 S im Vermögen des Klägers und die Ursächlichkeit des Verhaltens des Beklagten für diesen Schaden feststehen, hat das Berufungsgericht zu Recht dem Kläger auch diesen Betrag aus dem Titel des Schadenersatzes zuerkannt.

Die Revision des Beklagten mußte aus diesen Erwägungen erfolglos bleiben.

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