OGH 4Ob54/10k

OGH4Ob54/10k20.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Adam, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei „B*****“ ***** GmbH (vormals K***** GmbH, FN 23*****), *****, wegen 35.960,98 EUR, infolge „(Revisions-)Rekurses“ der Einschreiterin K***** Transport GmbH (FN 30*****), *****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. Oktober 2009, GZ 15 R 136/09v-12, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 15. Mai 2009, GZ 22 Cg 119/08f-8, bestätigt und das Verfahren gegenüber der Einschreiterin teilweise für nichtig erklärt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der „(Revisions-)Rekurs“ der Einschreiterin wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin nimmt in ihrer Klage auf Entgelt für Treibstofflieferungen die als K***** GmbH bezeichnete Beklagte in Anspruch. Die in der Klage angeführte Bezeichnung der Beklagten ist die frühere Firma der „B*****“ ***** GmbH (FN 23*****).

Mit vor Klagszustellung ergangenem und unbekämpft gebliebenem Beschluss vom 2. 1. 2009 (ON 3a) bewilligte das Erstgericht den Antrag der Klägerin, die Bezeichnung der Beklagten auf „K***** GmbH“ (FN 30*****; in der Folge: Einschreiterin) zu berichtigen. In der Folge teilte der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten dem Erstgericht schriftlich mit, er habe die Klage versehentlich übernommen, die darin genannte Einschreiterin habe keine Geschäftsbeziehung zur Klägerin. Mit als Klagebeantwortung bezeichnetem Schriftsatz teilte sodann die Einschreiterin mit, es liege ein unzulässiger Parteiwechsel vor, weil sie einer Parteiänderung von der Beklagten auf die Einschreiterin nicht zugestimmt habe.

Das Erstgericht berichtigte sodann auf Antrag der Klägerin die Bezeichnung der Beklagten auf deren aktuelle Firma und sprach aus, dass die Einschreiterin „aus dem Verfahren entlassen“ werde und das Verfahren gegen sie damit beendet sei.

Das Rekursgericht erklärte aus Anlass des Rekurses der Einschreiterin das Verfahren gegenüber der Einschreiterin mit Ausnahme des Verfahrens über die Berichtigung der Parteibezeichnung auf die Beklagte für nichtig und gab dem Rekurs nicht Folge; es sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 ZPO nicht zulässig sei. Schon aus der Klage ergebe sich unzweifelhaft, dass der Anspruch gegen die Beklagte (dort fälschlich mit ihrer früheren Firma bezeichnet) geltend gemacht werde; dies habe auch die Einschreiterin so verstanden. Eine Richtigstellung der Parteienbezeichnung auf das in der Klage gemeinte Rechtssubjekt sei zulässig. Die gegenüber einer vom Kläger nach seinem Vorbringen nicht in Anspruch genommenen „Quasi-Partei“ gesetzten Prozesshandlungen seien nichtig, weil sie, bezogen auf die wirkliche Partei, gegen § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verstießen (RIS-Justiz RS0112754 [T1]).

Rechtliche Beurteilung

Der „(Revisions-)Rekurs“ der Einschreiterin ist jedenfalls unzulässig.

1. Das Rekursgericht hat die Entscheidung des Erstgerichts bestätigt, mit der die Parteibezeichnung der Beklagten gemäß § 235 Abs 5 ZPO auf die aktuelle Firma des in der Klage mit der früheren Firma genannten Rechtssubjekts richtiggestellt wurde. Soweit sich das Rechtsmittel (als außerordentlicher Revisionsrekurs) gegen diesen Punkt der angefochtenen Entscheidung richtet, ist es daher nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig, weil der Ausnahmefall dieser Gesetzesstelle (Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen) nicht vorliegt (RIS-Justiz RS0112314).

2.1. Das Rechtsmittel ist aber auch insoweit jedenfalls unzulässig, als es sich (als Rekurs) auf eine analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO stützt.

2.2. Nach der Rechtsprechung ist die (analoge) Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auf berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschlüsse anerkannt, mit denen - ohne Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen - dem Verfahren ein Ende gesetzt wird, so dass sie ihrem Wesen nach einer Klagezurückweisung gleichkommen (RIS-Justiz RS0043869). Solches gilt bei Verneinung des Fortbestehens eines ehemals unzweifelhaft rechtmäßig begründeten Prozessverhältnisses, etwa wegen wirksamer Klagsrücknahme, streitbeendender Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs, Gesamtrechtsnachfolge einer Prozesspartei in die Rechtsstellung des Prozessgegners uä (vgl RIS-Justiz RS0037404). Diese Rechtsprechung ist allerdings im Anlassfall nicht einschlägig, weil ein mit der Einschreiterin rechtmäßig begründetes Prozessverhältnis nicht vorlag:

2.3. Bereits nach dem Klageinhalt war durch Nennung eines im Firmenbuch eingetragenen Unternehmens (wenn auch mit dessen nach Firmenänderung nicht mehr aktueller Firma) in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise von vornherein klar, gegen welches Rechtssubjekt das Klagebegehren erhoben wurde. Damit fehlt dem einen unzulässigen Parteiwechsel auf die Einschreiterin bewirkenden (ersten) Berichtigungsbeschluss des Erstgerichts (und ebenso dem mit der Einschreiterin als Nichtpartei in der Folge durchgeführten Verfahren) die gesetzliche Grundlage.

2.4. Diesen Umstand hat auch die Einschreiterin erkannt und in ihrem Schriftsatz vom 27. 2. 2009 (ON 6) auf ihre fehlende Zustimmung zum Eintritt in das nicht mit ihr begründete Prozessrechtsverhältnis hingewiesen. Der nunmehr angefochtene Beschluss hat demnach im Hinblick auf die prozessuale Position der Einschreiterin keine den Tatbeständen des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO entsprechende oder gleichzuhaltende Prozesslage geschaffen, weil es sich um keine abändernde Entscheidung zweiter Instanz über die Berichtigung einer Parteibezeichnung handelt, die einen Parteiwechsel zu Folge hat (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 ZPO Rz 102 f mN aus der Rsp).

2.5. Der unrichtige Beschluss des Erstgerichts über die (erstmalige) Berichtigung der Parteienbezeichnung konnte - entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Auffassung - trotz fehlender Anfechtung schon deshalb keine (eine weitere Entscheidung nach § 235 Abs 5 ZPO hindernde) Feststellungswirkung entfalten, weil der zweite Berichtigungsbeschluss über ein inhaltlich neues Begehren abgesprochen hat.

3. Der Ausspruch des Rekursgerichts betreffend die teilweise Nichtigerklärung des Verfahrens mit der Einschreiterin als Nichtpartei ist notwendige Folge der aufgezeigten Rechtslage und ergänzt die (inhaltlich gleichlautenden) Sachentscheidungen der Vorinstanzen über die Berichtigung der Parteienbezeichnung, ändert aber nichts an der Unzulässigkeit des Rechtsmittels.

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