Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Erstbeklagten auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ *****
Grundbuch ***** G***** mit den Grundstücken Nr. 788 und Nr. 792/5.
Im Gutsbestandsblatt dieser Liegenschaft ist das Recht des Gehens
über die Grundstücke Nr. 844/3, 851/1, 851/2, 2226 und 2228
jeweils zugunsten der Grundstücke Nr. 788 und 792/5 ersichtlich
gemacht.
Die Beklagten sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** G*****. Zu dieser Liegenschaft
gehören die Grundstücke Nr. 844/3, 851/1, 851/2, 2226 und 2228.
Im Lastenblatt ist gemäß Kaufvertrag vom 2.8.1963 unter C l Nr. 3
a die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über diese Grundstücke zugunsten der Grundstücke Nr. 788 und 792/5 einverleibt.
Mit Kaufvertrag vom 2.5.1994 verkaufte der Zweitbeklagte seine Liegenschaftshälfte der Erstbeklagten. Der Kaufvertrag ist noch nicht grundbücherlich durchgeführt.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß ihr als Alleineigentümerin
der Grundstücke Nr. 788 und Nr. 792/5 der KG G***** sowie allen
ihren Rechtsnachfolgen die Dienstbarkeit des Wegerechtes auf dem
bereits bestehenden Fußweg in Richtung des ehemaligen Schulgebäudes
- ohne Beschränkung lediglich auf den Kirchgang - gegenüber den
jeweiligen Eigentümern der dienenden Grundstücke Nr. 844/3, 851/1,
2228, 2226 und 851/2 in dem Maße zustehe, daß sämtliche Benutzer des
Hauses und deren Besucher den Fußweg ungehindert benutzen können. Die
Klägerin begehrt weiters, die Beklagten schuldig zu erkennen,
"sämtliche Störungshandlungen zur Wahrnehmung des Wegerechtes" zu
unterlassen.
Das Wegerecht sei den Rechtsvorgängern der Klägerin beim Kauf der Liegenschaft eingeräumt worden. Damals habe der Weg bereits bestanden; man habe das zu errichtende Haus nur auf diesem Weg erreichen können. Der Weg sei auch jetzt noch die kürzeste Verbindung zum Dorf. Das Wegerecht sei mehr als dreißig Jahre hindurch ungehindert ausgeübt worden.
Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen.
Das Wegerecht sei nur eingeräumt worden, um es den Rechtsvorgängern
der Klägerin zu ermöglichen, auf kürzestem Weg zur Schule und zur
Kirche zu gelangen. Die in Punkt VII des Kaufvertrages vom 2.8.1963
gewählte Formulierung "........ auf dem bereits bestehenden Fußwege
zur Schule und zur Kirche ......." sei keine bloße
Richtungsbeschreibung. Das Begehren der Klägerin sei bereits zu 2 C 1677/93 a-6 rechtskräftig abgewiesen worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Dem Vater der Klägerin und seinen Rechtsnachfolgern sei "das immerwährende und unentgeltliche Recht eingeräumt worden, über die vorgenannten Grundstücke jederzeit auf dem bereits bestehenden Fußwege zur Schule und zur Kirche zu gehen". Absicht der Parteien sei
es gewesen, lediglich ein Wegerecht für den - durch die Schließung
der Schule hinfälligen - Schulweg und den Kirchgang einzuräumen.
Die Klägerin habe kein uneingeschränktes Wegerecht ersessen. Noch vor Ablauf der dreißigjährigen Ersitzungszeit sei sie darauf hingewiesen worden, daß sie nicht berechtigt sei, den Weg uneingeschränkt zu benützen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S nicht übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei.
Sowohl nach dem Wortlaut der Vertragsbestimmung, mit der das Wegerecht eingeräumt worden sei, als auch nach der Übung des redlichen Verkehrs sei mit "Fußweg zur Schule und zur Kirche" der Zweck des Wegerechtes bestimmt worden. Die Parteienabsicht könne nicht mehr erforscht werden, weil die vertragschließenden Parteien verstorben und andere Beweismittel nicht verfügbar seien. Nach § 484
ABGB seien Dienstbarkeiten einschränkend auszulegen; auch aus diesem Grund sei der Wortsinn der Vertragsbestimmung maßgebend. Die Klägerin habe das behauptete Wegerecht auch nicht ersessen. Sie sei keine redliche Ersitzungsbesitzerin, weil sie noch vor Ablauf der Ersitzungszeit erfahren habe, daß ihr Besitz unrechtmäßig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision ist unzulässig.
Die Klägerin verweist darauf, daß Gegenstand des Verfahrens ein
strittiges Wegerecht ist. In einem solchen Fall sei der Oberste
Gerichtshof nicht an die Bewertung des Streitgegenstandes durch das
Berufungsgericht gebunden.
Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig,
wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden
hat, an Geld oder Geldeswert 50.000 S nicht übersteigt. Besteht der
Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, so
hat das Berufungsgericht gem § 500 Abs 2 Z 1 ZPO in seinem
Urteil auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes
insgesamt 50.000 S übersteigt oder nicht. Dieser Ausspruch ist
unanfechtbar und bindend, wenn das Berufungsgericht dabei nicht
zwingende Verfahrensbestimmungen verletzt hat oder eine Bewertung
überhaupt nicht vorzunehmen war (EvBl 1990/146 mwN; RZ 1992/16 ua).
Bei der Bewertung sind die §§ 54 Abs 2, 55 Abs 1 bis 3, 56
Abs 3, 57, 58 und 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden (§ 500 Abs
3 ZPO erster Satz).
Gegenstand des Verfahrens ist ein Wegerecht, dessen Umfang
festgestellt werden soll und dessen Störung die Beklagten unterlassen
sollen. Bei Feststellungsklagen hat der Kläger den Streitgegenstand
zu bewerten; bei Unterlassungsklagen ist die vom Kläger angegebene
Höhe seines Interesses als Wert des Streitgegenstandes anzusehen (§
56 Abs 2, § 59 JN). Das Berufungsgericht hatte keine der beiden
Vorschriften bei der Bewertung des Streitgegenstandes anzuwenden (§
500 Abs 3 ZPO); für den Anspruch auf Feststellung eines
Wegerechtes und auf Unterlassung von Störungen dieses Wegerechtes besteht auch keine andere zwingende Bewertungsvorschrift. Der Klägerin wäre aber auch nicht geholfen, wenn das Berufungsgericht an die Bewertung des Streitgegenstandes durch den Kläger gebunden wäre, hat sie doch den Streitgegenstand mit 50.000 S bewertet.
Das Berufungsgericht hat mit seinem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S nicht übersteige, keine zwingende Bewertungsvorschrift verletzt. Der Ausspruch ist daher bindend, so daß die Revision als unzulässig zurückzuweisen war.
Der Ausspruch über die Kosten beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
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