OGH 4Ob534/90

OGH4Ob534/9024.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard M***, Prokurist, Wien 13., Auhofstraße 206/8, vertreten durch Dr. Walter Jaros, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N*** L*** FÜR S***

UND Z***, Wien 1., Löwelstraße 16, wegen Feststellung und Duldung (Streitwert S 350.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 16.Februar 1990, GZ 12 R 282/89-15, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 17.November 1989, GZ 26 Cg 278/89-2, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies die auf Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschlusses des Klägers aus dem beklagten Verein (Punkt 1) und auf Duldung sämtlicher Tätigkeiten des Klägers als Vereinsmitglied (Punkt 2) gerichtete Klage sowie den zur Sicherung des zu Punkt 2 des Urteilsantrages erhobenen Anspruches gestellten Antrag auf Erlassung einer inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung a limine zurück. Solange der Kläger den im Statut vorgesehenen Instanzenzug nicht ausgeschöpft habe, sei er nicht berechtigt, wegen seines Ausschlusses aus dem Verein die ordentlichen Gerichte anzurufen; damit sei notwendigerweise auch der Sicherungsantrag zurückzuweisen. Davon abgesehen, könnte aber ein Feststellungsbegehren auch nicht durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden; das könne auch nicht dadurch umgangen werden, daß eine sich aus der gewünschten Feststellung ergebende Verpflichtung in ein auf Duldung gerichtetes Begehren gekleidet werde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers gegen die Zurückweisung der Klage Folge und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund auf; den Beschluß auf Zurückweisung des Sicherungsantrages bestätigte es mit der Maßgabe, daß der Sicherungsantrag abgewiesen werde. Weiters sprach das Rekursgericht qus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es treffe zwar zu, daß der Kläger den Vereinsausschluß erst nach dem Ausschöpfen des vereinsinternen Instanzenzuges vor einem ordentlichen Gericht bekämpfen könne. Dieser zivilrechtliche Einwand begründe jedoch kein Prozeßhindernis; es fehle vielmehr an einer materiellen Voraussetzung des Anspruches, was nur - nach mündlicher Verhandlung - zur Abweisung der Klage führen könne. Da es somit aber auch an der Bescheinigung des Anspruches fehle, habe das Erstgericht den Sicherungsantrag im Ergebnis zutreffend abschlägig erledigt, so daß dieser Teil des erstgerichtlichen Beschlusses mit der vorgenommenen Maßgabe zu bestätigen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß vom Kläger erhobene "außerordentliche" Revisionsrekurs ist unzulässig.

I. Soweit der Kläger den abändernden Teil der Rekursentscheidung bekämpft, ist ihm entgegenzuhalten, daß das Rekursgericht seinem Rechtsmittel in diesem Umfang zur Gänze Folge gegeben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage aufgetragen hat. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (SZ 49/22; SZ 53/86; ÖBl 1987, 51; EvBl 1988/100 uva; Heller-Berger-Stix 648; Fasching IV 13 f und LB2 Rz 1709 ff). Die Beschwer muß nach nunmehr herrschender Auffassung zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (JBl 1963, 432;

ÖBl 1983, 117; EvBl 1988/100; Nowak in JBl 1962, 512 f;

Heller-Berger-Stix aaO). Sie ist grundsätzlich nur dann zu bejahen, wenn der Rechtsmittelwerber formell beschwert ist, also durch die angefochtene Entscheidung nicht alles erhalten hat, was er begehrt hat. Dabei ist nur der Spruch der Entscheidung im Vergleich mit dem Antrag, über den entschieden wurde, maßgebend. Eine bloß aus den Gründen einer dem Antrag des Rechtsmittelwerbers im Spruch voll stattgebenden Entscheidung abgeleitete Beschwer reicht nicht aus (SZ 7/353 uva; Fasching LB2 Rz 1716). Die vom Rekursgericht ausgesprochene Begründung, daß es derzeit an den materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Bekämpfung des Vereinsausschlusses fehle, kann daher der Kläger in diesem Stadium des Verfahrens nicht bekämpfen.

II. Soweit sich das Rechtsmittel aber gegen die Bestätigung der Abweisung des Sicherungsantrages richtet, ist es gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (idF der WGN 1989 BGBl 343) iVm §§ 78, 402 EO unzulässig. Im Rahmen der Erledigung des Sicherungsantrages liegt ein voll bestätigender Beschluß vor. Daran ändert auch nichts, daß die Entscheidung über die Klage und den Sicherungsantrag in einem einheitlichen Beschluß gefällt wurde. Bestätigend ist der Beschluß des Rekursgerichtes aber auch ungeachtet des Umstandes, daß das Erstgericht den Sicherungsantrag dem Wortlaut nach zurückgewiesen hat, hat es doch für seine Entscheidung in Wahrheit einen Abweisungsgrund herangezogen. Es liegt demnach nur ein unbeachtliches Vergreifen im Ausdruck vor.

Der Revisionsrekurs ist aber auch nicht etwa deshalb zulässig, weil das Rekursgericht den gemäß § 526 Abs 3, § 500 Abs 2 Z 2 ZPO vorgeschriebenen Ausspruch, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist, unterlassen hat. Der Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 2 ZPO bindet weder die Parteien noch die Gerichte (§ 500 Abs 3 Satz 2 ZPO); auch sein Fehlen hat auf die Rechtsmittelbefugnis keinen Einfluß. Ebensowenig ist der Oberste Gerichtshof an einen - hier gar nicht zulässigen - Ausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebunden (§ 526 Abs 2 ZPO). Eines Ausspruches im Sinne des § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO hätte es im vorliegenden Fall gar nicht bedurft, weil das Rekursgericht dem Rekurs des Klägers gegen den a limine gefaßten Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes zur Gänze stattgegeben hat und dem Beklagten dagegen nach ständiger Rechtsprechung (JB 61 neu) kein Rechtsmittel zusteht.

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