Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die mj. Sabine und Wolfgang R*** sind die ehelichen Kinder des Wolfgang und der Monika R***. Die Ehe der Eltern ist seit 17. 11. 1986 geschieden; die Kinder befinden sich in der Obsorge der Mutter.
Mit Beschluß vom 26. 6. 1987 setzte das Erstgericht ab 1. 7. 1987 den vom Vater zu leistenden Unterhalt für Sabine mit monatlich S 3.000,- und für Wolfgang mit monatlich S 2.200,- fest. Dieser Bemessung lag das Einverständnis der Eltern auf der Basis eines monatlichen Durchschnittseinkommens des Vaters von S 19.991,50 zugrunde.
Am 13. 1. 1988 bestellte das Erstgericht die Bezirkshauptmannschaft (Jugendamt) Amstetten zum Unterhaltssachwalter für beide Minderjährige. Am 1. 9. 1989 beantragte die Mutter, ab 1. 1. 1988 den monatlichen Unterhalt für Sabine mit S 3.400,- und für Wolfgang mit S 2.500,- festzusetzen; das Jugendamt ist diesem Antrag der Mutter beigetreten (ON 58). Das Erstgericht erhöhte den vom Vater zu leistenden Unterhalt antragsgemäß und wies einen weiteren Antrag der Mutter, den Unterhalt prozentmäßig festzusetzen, ab. Der Vater verdiene seit 1. 1. 1988 monatlich durchschnittlich S 21.848,52; er sei nur für die beiden Minderjährigen sorgepflichtig. Die Unterhaltsbeträge seien ab 1. 1. 1988 mit den Regelbedarfssätzen zu bemessen gewesen. Zwar werde damit die Belastbarkeitsgrenze des Vaters nicht erreicht, doch nähmen die Minderjährigen durch diese Erhöhung dennoch angemessen an den Lebensverhältnissen des Vaters teil. Der Unterhalt könne auch für die Vergangenheit zugesprochen werden. Das Rekursgericht bestätigte (ua) die Unterhaltserhöhung für den Zeitraum vom 1. 7. 1988 bis 31. 5. 1989 und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach Ablauf eines Jahres seit der letzten Unterhaltsfestsetzung stehe die Rechtskraft dieser Entscheidung einer Unterhaltserhöhung regelmäßig nicht entgegen. Die Verhältnisse hätten sich hier seither insoweit geändert, als die Bedürfnisse der Kinder - auch wenn kein Wechsel in eine höhere Altersgruppe vorliege - ebenso gestiegen seien wie die Leistungsfähigkeit des Vaters. Eine Erhöhung sei aber auch deshalb gerechtfertigt, weil durch die letzte Unterhaltsfestsetzung nicht einmal der Durchschnittsbedarf erreicht worden sei. In einem solchen Fall müsse auch eine weniger bedeutsame Veränderung der Verhältnisse zum Anlaß genommen werden, den Unterhalt zu erhöhen. Eine Änderung liege hier schon durch die Vorrückung des Vaters in eine höhere Gehaltsstufe vor. Die Erhöhung sei auch für die Vergangenheit vorzunehmen; die Entscheidung darüber hänge nicht davon ab, wann der Mutter die Erhöhung der Bezüge des Vaters bekannt wurde; der Anspruch auf eine Unterhaltserhöhung für die Vergangenheit werde nur durch die Bestimmungen über die Verjährung begrenzt. Daß der Unterhaltsanspruch - wenngleich nicht voll ausgeschöpft - in der Vergangenheit stets gerichtlich geltend gemacht wurde, bei der Ermittlung des Sachverhaltes kein Irrtum unterlaufen sei und der Unterhaltsberechtigte es dennoch unterlassen habe, die Erhöhung des laufenden Unterhalts zu beantragen, sei kein Grund für die Versagung einer Unterhaltserhöhung für die Vergangenheit.
Gegen diesen bestätigenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes erhebt der Vater einen Revisionsrekurs (inhaltlich) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; er beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, daß der Unterhaltserhöhungsantrag insoweit abgewiesen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Den Rechtsmittelausführungen des Vaters, wonach eine Unterhaltserhöhung für die Vergangenheit dann nicht begehrt werden könne, wenn der Unterhalt durch eine gerichtliche Entscheidung festgelegt wurde, dem Unterhaltsberechtigten alle für die (Neu-)Bemessung relevanten Umstände bekannt waren, und er dennoch keinen Erhöhungsantrag gestellt hat, kann nicht beigepflichtet werden:
Die Rechtskraft einer Unterhaltsfestsetzung steht einem Unterhaltserhöhungsantrag für einen Zeitraum, für den bereits der Unterhalt festgelegt wurde, selbst dann nicht entgegen, wenn der ursprüngliche Antrag nicht als Teilantrag bezeichnet und eine Nachforderung nicht ausdrücklich vorbehalten war (SZ 22/190; SZ 48/113; SZ 49/114; Fasching, LB2 Rz 1516). Wie ein verstärkter Senat des Obersten Gerichshofes - in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (vgl. etwa Koziol, Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit und Regreßansprüche eines Drittzahlers, JBl. 1978, 626 ff Ä631Ü; Pichler, Gedanken zum Unterhalt für die Vergangenheit,
ÖA 1988, 68 ff Ä69Ü - ausgesprochen hat (JBl. 1988, 586 =
EvBl 1988/123 = EFSlg 57.045 = ÖA 1988, 79; auch 6 Ob 580/88)
bildet die Verjährung die einzige Grenze für den Unterhalt für die Vergangenheit. Eine Änderung der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit kann somit auch dann erfolgen, wenn für diese Zeit bereits eine gerichtliche Regelung vorlag, welche aber wegen einer - nicht bloß unbedeutenden - Änderung der Verhältnisse nicht mehr bindend ist (EvBl 1990/50; 5 Ob 520/90). Niemand geht durch bloßes Unterlassen der Geltendmachung eines Anspruches seines Rechtes verlustig (SZ 34/106; SZ 49/127; JBl. 1982, 426); nur die Verjährung bildet regelmäßig die Grenze für die Verfolgbarkeit eines Anspruches. Bloßes Untätigsein genügt auch nicht für die Annahme eines schlüssigen Verzichtes (RZ 1978/41; RZ 1985/57). Andere Umstände, aus denen objektiv zu entnehmen gewesen wäre, daß ein Verzicht ernstlich gewollt wäre (vgl. dazu etwa SZ 44/86), hat aber der Vater nicht behauptet.
Da somit das Rekursgericht zu Recht die grundsätzliche Möglichkeit der Unterhaltserhöhung für den Zeitraum vom 1. 7. 1988 bis 31. 5. 1989 bejaht hat und die Bemessung an sich nicht bekämpft wird, war dem Revisionsrekurs des Vaters ein Erfolg zu versagen.
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