OGH 4Ob526/95(4Ob527/95)

OGH4Ob526/95(4Ob527/95)28.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Angelique S*****, geboren 16.8.1980, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 4.Jänner 1995, GZ 44 R 1041/94-98, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 22. November 1994, GZ 13 P 464/90-94, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag, den Unterhaltsvorschuß für die mj.Angelique S***** auf monatlich S 1.920,-- zu erhöhen, abgewiesen wird.

Text

Begründung

Der mj.Angelique S***** wurden ab 1.7.1982 Unterhaltsvorschüsse gewährt. Mit Beschluß vom 8.8.1994 wurde der Vater verpflichtet, ab 5.8.1993 einen auf monatlich S 1.920,-- erhöhten Unterhaltsbeitrag zu zahlen. Der Beschluß wurde dem Vater am 29.8.1994 zugestellt und blieb unangefochten. Am 15.9.1994 wurde die mj.Angelique S***** in die volle Obsorge der Stadt Wien übernommen, worauf das Erstgericht mit Beschluß vom 23.9.1994 die Unterhaltsvorschüsse per 30.9.1994 einstellte. Am 19.9.1994 beantragte der Unterhaltssachwalter, die Unterhaltsvorschüsse dem erhöhten Unterhaltsbeitrag anzugleichen.

Am 22.11.1994 erhöhte das Erstgericht die Unterhaltsvorschüsse für die Zeit vom 1.9.1993 bis 30.9.1994 auf S 1.920,-- monatlich. Mit rechtskräftigem Beschluß vom 8.8.1994 sei die Unterhaltsleistung des Vaters auf diesen Betrag erhöht worden.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Die Zulässigkeit einer rückwirkenden Erhöhung des Unterhaltsvorschusses sei in der Rechtsprechung unbestritten, wenn im Zeitpunkt der Erhöhung noch ein Vorschuß gewährt worden sei. Als die Unterhaltsleistung des Vaters erhöht worden sei, habe noch ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuß bestanden. Die Nachzahlung von S 420,-- für 13 Monate könne der mj.Angelique S***** genauso zugute kommen, wie ein nachgezahlter Erhöhungsbetrag einem bereits selbsterhaltungsfähigen Kind. Auch Kinder in Heimerziehung könnten vom betreuenden Elternteil bei Besuchen Zuwendungen erhalten. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß der Unterhaltsvorschuß im Zeitpunkt der Entscheidung über die rückwirkende Erhöhung des Unterhaltsvorschusses noch laufen müsse. Bei dieser Auslegung hinge die Berechtigung einer Vorschußerhöhung davon ab, wie rasch das Gericht arbeite.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 19 Abs 2 UVG ist der Unterhaltsvorschuß von Amts wegen oder auf Antrag anzupassen, wenn die Unterhaltsleistung erhöht wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Unterhaltsvorschuß selbst dann mit dem der Unterhaltserhöhung folgenden Monatsersten (dem Monatsersten, auf den die Unterhaltserhöhung fällt) anzugleichen, wenn die letzte Weitergewährung von einem danach gelegenen Zeitpunkt an, aber in ununterbrochener Folge bewilligt worden ist (ÖA 1991, 117; ÖA 1992, 63 mwN). Dadurch soll erreicht werden, daß die Erhöhung des Unterhaltsvorschusses zugleich mit der Erhöhung des Unterhaltsbeitrages wirksam wird.

Die Erhöhung des Unterhaltsvorschusses setzt voraus, daß Unterhaltsvorschüsse zumindest im Zeitpunkt der Antragstellung auf Erhöhung der Vorschüsse überhaupt noch gewährt werden (6 Ob 550/94). Der Gesetzeszweck, den Gleichlauf zwischen Unterhaltsvorschuß und Unterhaltstitel herzustellen, fordert eine Anpassung nur, wenn während des Laufens der Vorschüsse der Unterhaltsbeitrag erhöht wird (276 BlgNR 15.GP 7 und 14).

Im vorliegenden Fall wurde die Erhöhung des Unterhaltsvorschusses in einem Zeitpunkt beantragt, als der Grund für die Einstellung der Unterhaltsvorschüsse bereits eingetreten und aktenkundig war. Die Einstellung der Unterhaltsvorschüsse wurde mit dem folgenden Monatsletzten verfügt, so daß nach dem Erhöhungsantrag keine Unterhaltsvorschüsse mehr zu zahlen waren und auch nicht mehr gezahlt wurden. Selbst wenn daher das Gericht sofort über den Erhöhungsantrag entschieden hätte, wäre damit kein laufender Vorschuß erhöht worden. In einem solchen Fall kann die Erhöhung des Vorschusses nicht mehr dazu führen, daß der Unterhaltsberechtigte über den Vorschuß jenen Unterhaltsbeitrag erhält, den der Unterhaltsverpflichtete leisten muß. Es kommt zu einer Nachzahlung, die im vorliegenden Fall der Mutter zugute käme, die das Kind aber nicht mehr versorgt.

Der vorliegende Fall ist daher nicht anders zu beurteilen als der der Entscheidung 6 Ob 550/94 zugrunde liegende Fall. Eine Erhöhung des Unterhaltsvorschusses ist nicht nur dann ausgeschlossen, wenn die Vorschüsse im Zeitpunkt des Erhöhungsantrages bereits eingestellt sind, sondern auch dann, wenn selbst bei unverzüglicher Entscheidung über den Erhöhungsantrag kein laufender Vorschuß erhöht werden kann, weil nur mehr eine Erhöhung der Vorschußzahlungen für die Vergangenheit und nicht auch eine Erhöhung künftiger Vorschußzahlungen möglich wäre.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

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