Spruch:
§ 55 Abs. 3 EheG (i. d. F. des BG BGBl. 303/1978) normiert einen von den Voraussetzungen der beiden vorhergehenden Absätze unabhängigen, absolut wirkenden Scheidungstatbestand, welcher allein auf die sechsjährige Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft abgestellt ist
Keine Anwendung des § 45a Abs. 2 ZPO bei einem erfolglosen Rechtsmittel des beklagten Ehegatten
OGH 25. September 1979, 4 Ob 524/79 (OLG Wien 13 R 2040/78; LGZ Wien 4 Cg 159/75)
Text
Die Parteien haben am 27. November 1957 vor dem Standesamt Wien-Brigittenau die Ehe geschlossen. Es war beiderseits die zweite Ehe, nachdem die erste Ehe der Klägerin durch den Tod des Mannes, die erste Ehe des Beklagten durch Scheidung aufgelöst worden war. Der Ehe entstammen keine Kinder; Ehepakte sind nicht errichtet worden. Beide Teile sind österreichische Staatsbürger, ihr letzter gemeinsamer Aufenthaltsort war Wien.
Mit ihrer am 21. April 1972 Überreichten Scheidungsklage hatte die Klägerin zunächst wegen schwerer Eheverfehlungen des Beklagten (§ 49 EheG) die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten verlangt; dieser hatte das Klagevorbringen bestritten und die Abweisung des Scheidungsbegehrens beantragt.
Nachdem das Verfahren vom 25. Oktober 1972 bis 26. März 1975 geruht hatte, stützt die Klägerin in der Folge ihr Scheidungsbegehren auch auf § 55 EheG; der Beklagte erhob Widerspruch und stellte jedes Verschulden an der Zerrüttung der Ehe in Abrede.
In der Verhandlungstagsatzung vom 14. September 1978 brachte die Klägerin vor, daß sie ihr Scheidungsbegehren jetzt nur noch auf § 55 Abs. 3 EheG (neue Fassung) stütze. Die Parteien stellten außer Streit, daß die eheliche Gemeinschaft seit sechs Jahren aufgehoben ist; der Beklagte erklärte jedoch weiterhin, daß er nicht geschieden werden wolle, und beantragte für den Fall einer Scheidung den Ausspruch des Alleinverschuldens der Klägerin an der Zerrüttung der Ehe. Daraufhin gab der Klagevertreter als richtig zu, daß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe die Klägerin treffe.
Das Erstgericht gab dem Scheidungsbegehren statt und sprach aus, daß das Verschulden die Klägerin treffe. Die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten sei seit mehr als sechs Jahren aufgehoben, die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten. Da gemäß § 55 Abs. 3 EheG dem Scheidungsbegehren somit jedenfalls stattgegeben werden müsse, sei der Widerspruch des Beklagten nicht zu prüfen gewesen. Der Verschuldensausspruch grunde sich auf § 61 Abs. 3 EheG im Zusammenhang mit dem Anerkenntnis der Klägerin.
Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes habe der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 55 Abs. 3 EheG einen neuen, absolut wirkenden Scheidungstatbestand geschaffen, welcher bei mehr als sechsjähriger Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nicht nur die in § 55 Abs. 2 EheG vorgesehene Prüfung des Verschuldens an der Ehezerrüttung und der beiderseitigen Lebensumstände, sondern auch die im ersten Absatz dieser Gesetzesstelle normierte Verpflichtung des Gerichtes, sich davon zu überzeugen, ob die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft zu erwarten ist, ausschließe. Da die tiefgreifende, unheilbare Zerrüttung der Ehe hier vielmehr schon kraft Gesetzes anzunehmen sei - was einer unwiderlegbaren Rechtsvermutung gleichkomme -, bedürfe es entgegen der Meinung des Beklagten keiner weiteren Feststellungen über die Zerrüttung der Ehe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Beklagte hält auch in dritter Instanz an seiner Auffassung fest, daß der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 55 Abs. 3 EheG den Richter lediglich seiner Verpflichtung enthoben habe, nach Ablauf der dort bestimmten Frist die Beachtlichkeit des Widerspruches zu prüfen und sich dabei mit der Härteklausel des Abs. 2 auseinanderzusetzen; auch bei mehr als sechsjähriger Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft dürfe aber dem Scheidungsbegehren nur dann stattgegeben werden, wenn das Gericht die objektive Zerrüttung der Ehe geprüft und festgestellt habe. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanzen widerspreche dem Zerrüttungsgrundsatz und damit der Grundlage des gesamten Scheidungsrechtes. Der erkennende Senat kann dieser Auffassung nicht folgen:
Gemäß § 55 Abs. 1 EheG (i. d. F. des Art. II Z. 2 des BG vom 15. Juni 1978, BGBl. 280, über Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts, Eherechts-Änderungsgesetz - EheRÄndG) kann jeder Ehegatte dann, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit drei Jahren aufgehoben ist, "wegen tiefgreifender unheilbarer Zerrüttung der Ehe" deren Scheidung begehren; nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle ist aber dem Scheidungsbegehren dann nicht stattzugeben, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, daß die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft zu erwarten ist. Mit der zuletzt genannten Bestimmung wollte der Gesetzgeber sicherstellen, daß bei der Entscheidung über ein nach dreijähriger Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft gestelltes Scheidungsbegehren der Frage der Wiederherstellbarkeit der zerrütteten Ehe besonders Rechnung getragen und aus dem Scheitern der Ehe - insbesondere dann, wenn sich ein Ehegatte der Scheidung widersetzt - nicht voreilig geschlossen wird, daß die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wiederherzustellen und die Ehe daher zu scheiden sei. Demgemäß hat das Gericht sorgfältig zu prüfen, ob im Einzelfall ungeachtet der mehr als dreijährigen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nicht dennoch mit der Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft zu rechnen ist. Trifft dies zu, dann ist die Scheidungsklage abzuweisen (Bericht des JA über die RV zum EheRÄndG, 916 BlgNR, XIV. GP 2 ferner 7 f. zu § 55 EheG, abgedruckt bei Ent - Hopf, Das neue Eherecht, 74 f.).
Kommt das Gericht bei dieser Prüfung zu dem Ergebnis, daß zufolge tiefgreifender und unheilbarer Zerrüttung der Ehe die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten ist, dann kann sich der beklagte Ehegatte noch immer gegen die Scheidung zur Wehr setzen, sofern den klagenden Ehegatten das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft: Gemäß § 55 Abs. 2 EheG (gleichfalls i. d. F. des EheRÄndG) ist nämlich dem Scheidungsbegehren auf Verlangen des beklagten Ehegatten auch dann nicht stattzugeben, wenn der Ehegatte, der die Scheidung begehrt, die Zerrüttung allein oder überwiegend verschuldet hat und den beklagten Ehegatten die Scheidung härter träfe als den klagenden Ehegatten die Abweisung des Scheidungsbegehrens; bei dieser Abwägung ist auf alle Umstände des Falles, besonders auf die Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft, das Alter und die Gesundheit der Ehegatten, das Wohl der Kinder sowie auch auf die Dauer der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, Bedacht zu nehmen. Anders als nach der bis zum Inkrafttreten des EheRÄndG (1. Juli 1978; Art. XXIII Abs. 1 leg. cit.) geltenden Fassung des § 55 Abs. 2 EheG - welche den Widerspruch dann für unbeachtlich erklärt hatte, "wenn die Aufrechterhaltung der Ehe bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe und des gesamten Verhaltens beider Ehegatten sittlich nicht gerechtfertigt" war - hat das Gericht also jetzt auf Verlangen des beklagten Ehegatten die gesamten - materiellen wie immateriellen - Lebensumstände der Ehegatten einander gegenüberzustellen und unter Berücksichtigung der vom Gesetz beispielsweise angeführten Umstände - Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft, Alter und Gesundheit der Ehegatten, Wohl der Kinder, Dauer der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft - abzuwägen, ob den beklagten Ehegatten nach der besonderen Lage des jeweiligen Einzelfalles die Scheidung härter träfe als die Verweigerung der Scheidung den klagenden Ehegatten (so der bereits zitierte Bericht des JA auf S. 8, abgedruckt bei Ent - Hopf a. a. O.).
Den vorstehend zitierten Abs. 1 und 2 des § 55 EheG (i. d. F. des EheRÄndG) ist durch Art. I des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1978, BGBl. 303, über eine Änderung des Ehegesetzes - und zwar gleichfalls mit Wirkung vom 1. Juli 1978 (Art. II leg. cit.) - ein 3. Absatz angefügt worden, nach welchem dem Scheidungsbegehren "jedenfalls stattzugeben (ist), wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit sechs Jahren aufgehoben ist". Nicht nur die "eigentümliche Bedeutung" (§ 6 - ABGB) des hier gebrauchten Wortes "jedenfalls", sondern vor allem auch die Bedachtnahme auf die Systematik und den Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung - welche die in Rede stehende Bestimmung entgegen dem Vorschlag der Regierungsvorlage (289 BlgNR, XIV. GP) nicht in jenen (zweiten) Absatz des § 55 EheG aufgenommen hat, der das Widerspruchsrecht des beklagten Ehegatten regelt, sondern daraus unter gleichzeitiger Umformulierung einen eigenen (jetzt den dritten) Absatz gebildet hat - lassen nach Ansicht des erkennenden Senates keinen Zweifel an der Absicht des Gesetzgebers, mit dieser Vorschrift einen von den Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 des § 55 EheG unabhängigen, absolut wirkenden Scheidungstatbestand zu normieren. Hätte nämlich diese Bestimmung, wie der Beklagte meint, tatsächlich nur den Zweck gehabt, das im zweiten Absatz geregelte Widerspruchsrecht des beklagten Ehegatten mit sechs Jahren zu befristen, ohne darüber hinaus auch die allgemeinen Voraussetzungen des Abs. 1 zu berühren, dann wäre es doch wohl nahegelegen, diese Regelung - wie dies auch die Regierungsvorlage vorgeschlagen hatte - in den zweiten Absatz des neu gefaßten § 55 EheG aufzunehmen und dabei die Absicht einer bloßen Befristung des Widerspruchsrechtes durch eine entsprechend klare Formulierung - etwa "Ein Widerspruch ist unzulässig, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit sechs Jahren aufgehoben ist" oder auf ähnliche Weise; vgl. auch die Fassung der Regierungsvorlage:
"Nach diesem Zeitpunkt ist ein Widerspruch unzulässig" - unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen. Daß der dritte Absatz des neuen § 55 EheG nicht durch das Eherechtsänderungsgesetz selbst eingeführt, sondern auf Grund eines Initiativantrages des Justizausschusses (917 BlgNR, XIV. GP) vom Nationalrat erst nachträglich (nämlich am 30. Juni 1978) in einem eigenen Bundesgesetz (BGBl. 303/1978) beschlossen worden ist, kann daran nichts ändern, weil es auch bei dieser - durch den Widerstand der großen Oppositionspartei gegen eine derartige "Scheidungsautomatik" ausgelösten - Vorgangsweise ohne jede Schwierigkeit möglich gewesen wäre, eine solche Befristung auch nachträglich dem zweiten Absatz des § 55 EheG - als Schlußsatz -anzufügen. Der Gesetzgeber hat jedoch offenbar bewußt nicht diesen Weg beschritten, sondern die in Rede stehende, dem bisherigen Recht fremde Fristenregelung in einen eigenen Absatz aufgenommen, welcher mit keinem Wort auf das im vorangehenden Absatz normierte Widerspruchsrecht des beklagten Ehegatten Bezug nimmt, sondern vielmehr durch das Wort "jedenfalls" klar zum Ausdruck bringt, daß der hier normierte Scheidungstatbestand unabhängig von den Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 allein auf die sechsjährige Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft abgestellt sein soll.
Im Zusammenhang der Gesamtregelung des § 55 EheG kann demnach der dritte Absatz dieser Gesetzesstelle im Sinne der zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils nur dahin verstanden werden, daß damit jene Voraussetzungen, unter denen nach den vorhergehenden Absätzen eine Scheidung trotz dreijähriger Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft unzulässig sein soll - nämlich die Aussicht auf Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft (Abs. 1 Satz 2) und die Berechtigung eines Widerspruches des nicht oder nur minder schuldigen Ehegatten (Abs. 2) -, nach sechsjähriger Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nicht mehr zu prüfen, dem Scheidungsbegehren hier vielmehr "jedenfalls" stattzugeben ist. Daraus folgt aber, daß nach dem Ablauf der in § 55 Abs. 3 EheG vorgesehenen Frist von sechs Jahren nicht nur die im zweiten Absatz für den Fall eines Widerspruches des beklagten Ehegatten vorgeschriebene Prüfung des Verschuldens an der Zerrüttung der Ehe sowie die Abwägung der beiderseitigen Lebensumstände, sondern auch die Verpflichtung des Richters entfällt, sich im Sinne des ersten Absatzes davon zu überzeugen, ob nach den Umständen des Falles die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft zu erwarten ist; § 55 Abs. 3 EheG kommt damit, wie das Berufungsgericht gleichfalls richtig erkannt hat, in seiner Auswirkung tatsächlich einer - unwiderlegbaren - Rechtsvermutung gleich, wonach bei mehr als sechsjähriger Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft die tiefgreifende unheilbare Zerrüttung der Ehe ohne weitere Prüfung schon nach dem Gesetz anzunehmen ist. Die gegenteiligen Ausführungen Aichers (Die Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft (§ 55 EheG) und ihre unterhaltsrechtlichen Folgen, in: Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/1978, herausgegeben von Rolf Ostheim (Wien 1979) 81 ff. (91 f.) bei und in FN 49; ebenso in: Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht, herausgegeben von Hans Floretta (Salzburg 1979) 83 ff. (102 f.) bei und in FN 72 a) können angesichts des klaren Gesetzeswortlautes nicht überzeugen.
Daß nur die hier vertretene Auffassung tatsächlich dem Willen des Gesetzgebers gerecht wird, ist insbesondere auch der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 55 EheG zu entnehmen:
Noch die Regierungsvorlage zum Eherechtsänderungsgesetz (289 BlgNR, XIV. GP) hatte im dritten Satz des (damaligen) Abs. 3 eine Verpflichtung des Gerichtes vorgesehen, im Fall der Beachtlichkeit des Widerspruchs des beklagten Ehegatten das Verfahren "bis zu dem Zeitpunkt auszusetzen, zu dem seit der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft fünf Jahre verstrichen sein werden"; nach diesem Zeitpunkt sollte "ein Widerspruch unzulässig" sein. Bei den Beratungen im Justizausschuß des Nationalrates - welcher die ursprünglich als § 55 Abs. 1 vorgesehene Neuregelung der einvernehmlichen Scheidung in einen neuen § 55a verwies - erhielten dann einerseits die Abs. 1 und 2 des § 55 EheG ihre nunmehrige, von der Regierungsvorlage zum Teil erheblich abweichende Fassung; gleichzeitig legte aber der Justizausschuß mit Initiativantrag vom 6. Juni 1978 (917 BlgNR, XIV. GP, abgedruckt bei Ent - Hopf a. a. O., 75 f.) dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines neuen § 55 Ab s. 3 EheG vor, welcher vom Nationalrat zunächst mit Beschluß vom 15. Juni 1978 und dann - nach einem Einspruch des Bundesrates - endgültig mit Beharrungsbeschluß vom 30. Juni 1978 angenommen wurde (BGBl. 303/1978). Schon in dem erwähnten Bericht und Antrag des Justizausschusses wurde aber ausdrücklich hervorgehoben, daß immer dann, wenn die "schon lange Zeit der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft" zeige, daß die Ehe "nur noch der Form nach aufrecht" ist, "der Gesetzgeber die Verantwortung nicht auf den Richter überwälzen und die Betroffenen der Unsicherheit über ihre weitere rechtliche Lage aussetzen" dürfe. Sechs Jahre seien in dieser Beziehung" eine mehr als ausreichende Zeitspanne"; sei die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit sechs Jahren aufgehoben, dann sei die Ehe auf Klage eines Ehegatten jedenfalls zu scheiden. In einem solchen Fall sei eine Abwägung der Lebensumstände der beiden Ehegatten nicht mehr sinnvoll; es liege vielmehr im wohlverstandenen Interesse beider Ehegatten, daß ihnen Sicherheit über ihre neue Lebenslage gegeben wird.
In die gleiche Richtung weisen aber auch verschiedene Debattenbeiträge von Mitgliedern des Justizausschusses bzw. des zuständigen Unterausschusses im Zuge der Behandlung dieser Materie im Plenum des Nationalrates: So wies etwa der stellvertretende Vorsitzende des Unterausschusses, der Abgeordnete Blecha, ausdrücklich darauf hin, daß es "des begrenzten Zeitraums" bedürfe, "weil der Gesetzgeber klar sagen müsse, innerhalb welcher Zeit er meint, daß entweder die Wiederherstellbarkeit der Ehe sich vollziehen muß oder ganz besondere berücksichtigungswürdige Gründe trotz unheilbarer Zerrüttung anerkannt werden" (S. 9358 des stenographischen Protokolls der 96. Sitzung des Nationalrates, XIV. GP, vom 15. Juni 1978). Bundesminister für Justiz Dr. Broda stellte im Zuge seiner Wortmeldung bei derselben Sitzung die Frage, welchen Sinn es haben solle, "jetzt hier die Betroffene ... weiter auf Jahre in Unsicherheit, in Spannung zu halten" und der immer wieder vergeblichen Hoffnung auszusetzen, daß der Richter - "welcher dann, nach sechs Jahren, nichts mehr tun könne" - diesen Zustand verlängere (S. 9381 desselben stenographischen Protokolls). Auch die Abgeordnete Dr. Seda - gleichfalls ein Mitglied des zuständigen Unterausschusses - lehnte eine "unbestimmte Abwägungsklausel" und damit das Fortbestehen eines Zustandes der "Rechtsunsicherheit" ausdrücklich ab (S. 9820 des stenographischen Protokolls der 99. Sitzung des Nationalrates, XIV. GP, vom 30. Juni 1978), und auch der Vorsitzende des Unterausschusses, Abgeordneter Dr. Broesigke, sprach in seiner Wortmeldung vom selben Tag von einer "sechsjährigen absoluten Grenze" (S.9828 dieses Protokolls). Auch diese Äußerungen von Mitgliedern der zuständigen parlamentarischen Gremien bestätigen den Willen des Gesetzgebers, mit der Sechsjahres-Frist des § 55 Abs. 3 EheG eine absolute Grenze zu setzen, nach deren Ablauf dem Scheidungsbegehren eines Ehegatten unter allen Umständen "in jedem Fall") stattzugeben ist, ohne daß dabei noch weitere, insbesondere die in Abs. 1 und 2 angeführten, Umstände zu prüfen wären.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. § 45a Abs. 2 ZPO (i. d. F. des Art. V EheRÄndG) - wonach bei einer Scheidung nach § 55 EheG dann, wenn das Scheidungsurteil einen Ausspruch über das Verschulden an der Zerrüttung enthält, der schuldige Ehegatte dem anderen die Kosten zu ersetzen hat - ist bei einem erfolglosen Rechtsmittel des beklagten Ehegatten nicht anwendbar (SZ 35/46 = EvBl. 1962/353 u. a., zuletzt - und zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Neufassung des § 45a ZPO - 7 Ob 567/79, 1 Ob 659, 661/79; ebenso auch der Bericht des Justizausschusses zur RV des EheRÄndG, 916 BlgNR, XIV. GP, 29 f., abgedruckt bei Ent - Hopf a. a. O., 201 f.).
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