OGH 4Ob523/89

OGH4Ob523/894.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Elisabeth (auch Erszebet) D*** geb.V***, verstorben am 23.Mai 1982, zuletzt wohnhaft in Wien 1., Tiefer Graben 8-10/4/31, infolge Revisionsrekurses der Geschwister Paul S***, Ronald S*** und Diane G***, geb.S***,

alle wohnhaft 1353 Finn Terr, Fair Lawn, N.J.07410 USA, alle vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 19. Oktober 1988, GZ 43 R 779,827/88-175, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2.September 1988, GZ 2 A 437/82-171, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Elisabeth D*** ist am 23.5.1982 in Wien gestorben. Ihre letztwillige Verfügung vom 1.11.1980 enthält unter anderem nachstehende Anordnungen:

".....Ich hinterlasse meine voll ausbezahlte Eigentumswohnung zur lebenslangen Benützung meiner Freundin Frau Martha B***.....Nach ihrem Ableben übergeht das volle Eigentumsrecht wie Verfügungsrecht an die drei Kinder Paul, Ronald und Diana S***" (im folgenden auch: Geschwister S***).....

"Ich verfüge über meine Zweitwohnung, die auch eine Eigentumswohnung ist jedoch noch nicht völlig ausbezahlt ist und die in Baden liegt, im Folgenden: Das Eigentumsrecht übergeht an meine Freundin, Frau Eva E***..."

Die Geschwister S*** sowie Eva E***, Martha B*** und Franziska W*** gaben auf Grund dieser Verfügung, gestützt auf § 726 ABGB, widersprechende Erbserklärungen ab. Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 26.4.1988, 4 Ob 536/88 - auf den, was die nähere Darstellung des Sachverhaltes betrifft, verwiesen wird - wurde die Klägerrolle im Erbrechtsstreit Eva E***, der Verlassenschaft nach Martha B*** und Franziska W*** zugeteilt. Schon am 1.2.1988 hatte Eva E*** vorgebracht, daß "dieses allfällige Klagsverfahren" (nämlich der Erbrechtsstreit) zu der ihr vermachten Wohnung in Baden "keinerlei Bezugspunkte" habe; sie stellte daher den Antrag, das Eigentumsrecht an der oben angeführten Wohnung auf sie zu übertragen (ON 154). Das Erstgericht übermittelte eine Gleichschrift dieses Antrages (auch) an den Vertreter der Geschwister S*** mit dem Auftrag, hiezu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen (ON 156). Dieser Auftrag wurde dem Vertreter der Geschwister S*** am 7.März 1988 zugestellt; sie gaben jedoch keine Stellungnahme ab. Am 30.8.1988 beantragte Eva E*** die Erlassung einer Amtsurkunde, in der bestätigt werde, daß ihr Eigentumsrecht an der vermachten Eigentumswohnung in Baden (nämlich an 1040/87.510-tel Anteilen an der Liegenschaft EZ 194 KG Rauhenstein, Gerichtsbezirk Baden) nach Rechtskraft dieser Amtsurkunde einverleibt werden könne.

Das Erstgericht erließ die beantragte Amtsurkunde, ohne die Geschwister S*** (oder andere Beteiligte) noch einmal zur Stellungnahme aufzufordern.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Geschwister S*** nicht Folge.

Die Geschwister S*** bekämpfen die Entscheidung des Rekursgerichtes mit außerordentlichem Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG. Sie machen als einzigen Rechtsmittelgrund Nichtigkeit (Nullität) geltend und beantragen, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Amtsurkunde ersatzlos aufgehoben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Revisionsrekurswerber machen geltend, daß sie vor Erlassung der Amtsurkunde nicht gehört worden seien, obwohl diese ein anfechtbarer Beschluß sei. Das Übergehen einer Verfahrenspartei, in deren Rechte durch die Erlassung einer Amtsurkunde eingegriffen werde, begründe Nullität iS des § 16 AußStrG.

Die Behauptung der Revisionsrekurswerber, sie seien im Verfahren übergangen worden, ist zum Teil aktenwidrig, weil der von Eva E*** gestellte Antrag, ihr das Eigentumsrecht an der Eigentumswohnung in Baden zu übertragen, dem Vertreter der Geschwister S*** mit dem Auftrag zugestellt wurde, binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen. Der Grundsatz des Parteiengehörs fordert aber nur, daß der Partei ein Weg eröffnet werde, auf dem sie ihre Argumente für ihren Standpunkt sowie überhaupt alles vorbringen kann, was der Abwehr eines gegen sie erhobenen Anspruches dienlich ist. Rechtliches Gehör ist der Partei auch dann gegeben, wenn sie sich nur schriftlich äußern konnte oder geäußert hat (7 Ob 669/78; EFSlg 49.985; 55.699; 8 Ob 600/88 uva). Da der (nur formell unzureichende) Antrag der Eva E***, ihr das Eigentumsrecht an der vermachten Wohnung zu übertragen, im Ergebnis materiell die gleichen Auswirkungen wie der spätere Antrag auf Ausstellung einer Amtsurkunde hat, ist den Revisionsrekurswerbern schon dadurch ausreichend Gelegenheit gegeben worden, sich als erbserklärte Erben zu dem Begehren der Legatarin entsprechend zu äußern. Dazu kommt aber noch, daß eine Nichtigkeit durch Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht mehr vorliegt, wenn der Betreffende zwar im erstinstanzlichen Verfahren übergangen wurde, aber Gelegenheit hatte, im Rekurs den eigenen Standpunkt vorzubringen (SZ 46/93; EFSlg.47.266, 49.984; 55.690). Von dieser Möglichkeit haben die Revisionsrekurswerber ohnehin Gebrauch gemacht und im Rekurs ihre sachlichen Einwendungen gegen die Erlassung der Amtsurkunde vorgetragen, die von der zweiten Instanz geprüft, aber nicht als gerechtfertigt angesehen wurden.

Nichtigkeit iS des § 16 AußStrG liegt daher nicht vor, so daß das Rechtsmittel der Revisionsrekurswerber zurückzuweisen ist.

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