Spruch:
Das Vorliegen eines Exekutionstitels nach § 61 KO oder § 53a AO führt zur Zurückweisung der Klage
Im Vorbehalt des Kreditgebers, bei einer Änderung der Geldmarktverhältnisse einen geänderten Zinssatz festzusetzen, liegt eine ausreichend bestimmte Gestaltungsbefugnis, die ihn berechtigt, den Zinssatz entsprechend der allgemeinen Geldmarktsituation den jeweils für gleichartige Kredite verlangten üblichen Sätzen anzupassen
OGH 30. März 1982, 4 Ob 522/82 (OLG Wien 15 R 144/81; LGZ Wien 39 f Cg 423/80)
Text
Die klagende Partei gewährte dem Erstbeklagten, der seinerzeit einen Fleischhauereibetrieb führte, mit Übereinkommen vom 27. 10. 1975 zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute einen Kontokorrentkredit in der Höhe von 1 100 000 S bis 31. 10. 1976. Für diesen Kredit übernahm die Zweitbeklagte die Haftung als Bürgin und Zahlerin. Mit Übereinkommen vom 19. 1. 1977 wurde der Kredit auf 1.5 Mill. S erhöht und die Laufzeit bis 31. 10. 1977 erstreckt. Die Zweitbeklagte übernahm auch für den erhöhten Kreditbetrag die Haftung als Bürgin und Zahlerin.
Die klagende Partei begehrte von den Beklagten zuletzt Zahlung des aus diesem Kreditverhältnis offenen Restsaldos von 829 895 S samt 11.5% Zinsen zuzüglich 4.5% Überziehungsprovision vom 20. 9. 1980 bis 18. 11. 1980 und 13% Zinsen zuzüglich 4.5 % Überziehungsprovision seit 19. 11. 1980 und brachte vor, daß laut Kreditvertrag in Verbindung mit den jeweiligen Geldmarktzinsen der Verzugszinsensatz seit 19. 11. 1980 von 11.5% auf 13% erhöht worden sei. Die Überziehungsprovision sei gleichbleibend mit 4.5% hinzuzurechnen.
Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens und wendeten mangelnde Fälligkeit der Kreditforderung ein. Die geltend gemachten Zinsen seien überhöht, da bei Abschluß des Vertrages im Oktober 1975 nur ein Zinssatz von 8.75% pro anno vereinbart worden sei. Die beklagten Parteien hätten Gesamtteilzahlungen in Höhe von 1 250 000 S geleistet, sodaß nur mehr eine Kapitalsforderung von 440 000 S aushafte.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende Feststellungen:
Bei Abschluß des Kontokorrentkreditvertrages vom 27. 10. 1975 wurden den Beklagten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen ausgefolgt. Vorbehaltlich der Änderung der Geldmarktverhältnisse wurde zwischen den Parteien ein Zinssatz von 8 3/4% vereinbart. Der Erstbeklagte verpflichtete sich - unter anderem - zur Bezahlung einer Überziehungsprovision von 1/8promill pro Tag für den Fall der Überschreitung des vereinbarten Kreditrahmens. Im Zuge der Erhöhung des Kredites auf 1.5 Mill. S am 19. 1. 1977 vereinbarten die Streitteile, daß sämtliche Sicherheiten und Bedingungen laut Übereinkommen vom 27. 10. 1975 vollinhaltlich aufrecht bleiben sollten.
Die Abrechnung des Kontos erfolgte vierteljährlich zu Quartalschluß im nachhinein. Die Beklagten erhoben gegen die ihnen vierteljährlich übermittelten Quartalsabrechnungen niemals Einwendungen. Aus diesen Abrechnungen sind insbesondere die angelasteten Zinsen ersichtlich.
Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27. 10. 1977, Sa 64/77, wurde über das Vermögen des Erstbeklagten das Ausgleichsverfahren eröffnet. Die klagende Partei meldete die zum 27. 10. 1977 unberichtigte Forderung aus dem gegenständlichen Kontokorrentkredit im Betrag von 1 696 865.77 S im Ausgleichsverfahren an. Diese Forderung wurde sowohl vom Erstbeklagten als Ausgleichsschuldner als auch vom Ausgleichsverwalter anerkannt. Dieser bestritt in der Ausgleichstagsatzung am 23. 1. 1978 das Stimmrecht der klagenden Partei zur Gänze, da für die Forderung Sicherheiten in Form von Bürgschaften und Hypotheken, die vom Vater des Ausgleichsschuldners bestellt worden waren, bestanden. Die klagende Partei erlangte im Ausgleichsverfahren keine Befriedigung.
Unter Berücksichtigung der vom Erstbeklagten geleisteten Teilzahlungen von 200 000 S (19. 10. 1978), von 750 000 S (19. 4. 1979) und 300 000 S (10. 6. 1979) und der weiteren Zinsen und Spesenbelastung ergab sich zum 19. 9. 1980 ein Schlußsaldo von 829 895 S, der dem Erstbeklagten schriftlich bekanntgegeben wurde.
Die Zinssatzentwicklung, welche dem Erstbeklagten jeweils schriftlich mit gesondertem Schreiben bekanntgegeben wurde, stellte sich seit 1. 10. 1977 wie folgt dar: 1. 10 1977 bis 31. 10. 1977 8.25%, 1. 11. 1977 bis 30. 6. 1978 9.25%, 1. 7. 1978 bis 27. 2. 1979 8.75%, 28. 2. 1979 bis 31. 12. 1979 8%, 1. 1. 1980 bis 31. 3. 1980 10.5%, 1. 4. 1980 bis 31. 8. 1980 11.5%, 1. 9. 1980 bis 18. 11. 1980 12.5% und ab 19. 11. 1980 13%. Der Beklagte erhob gegen die jeweils bekanntgegebene Erhöhung des Zinssatzes niemals Einwände. Die Erhöhung der Kreditzinsen wurde durch die Geldmarktsituation erforderlich.
Das Erstgericht nahm Fälligkeit der Kreditsumme an, weil diese bis längstens 31. 10. 1977 zur Verfügung gestellt worden und eine Verlängerung nicht erfolgt sei. Die klagende Partei sei berechtigt, Zinsen in der Höhe von zuletzt 13% zu verrechnen. Zwar seien im Kreditvertrag vom 27. 10. 1975 nur 8 3/4% Zinsen vereinbart worden, doch habe sich die klagende Partei eine Erhöhung des Zinssatzes bei einer Änderung der Geldmarktverhältnisse vorbehalten. Diese sei eingetreten, sodaß die Beklagten den den Marktververhältnissen angepaßten Zins zu bezahlen hätten. Abgesehen davon hätten die Beklagten durch Unterlassung einer Reklamation gemäß Punkt 10 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen den angezeigten Zinssatzänderungen zugestimmt. Von den Beklagten könne weder dieser Zinssatz noch der bekanntgegebene und unbeanstandet gebliebene Schuldsaldo von 829 895 S bekämpft werden.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, legte sie seiner Entscheidung zugrunde und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Es sei zulässig, den Zinssatz an bestimmte Bemessungsgrößen zu koppeln, um einen Wertsicherungseffekt zu erzielen. Die im vorliegenden Fall getroffenen Vereinbarungen lösten zwar keine automatische Erhöhung des Zinssatzes aus, berechtigten aber den Gläubiger, ähnlich der in der deutschen Lehre und Praxis bekannten Rechtsfigur des Leistungsvorbehaltes zur einseitigen (Neu-)Festsetzung der Leistung. Dies sei zulässig, solange nicht Maßstäbe von Treu und Glauben in gröbster Weise verletzt würden und die Unrichtigkeit der Preisfestsetzung einem sachkundigen und unbefangenen Beurteiler sofort auffallen mußte. Im vorliegenden Fall habe die klagende Partei die Zinsfestsetzung nicht nach Belieben, sondern nur vorbehaltlich einer Änderung der Geldmarktverhältnisse durchführen dürfen. Unter diesem verhältnismäßig scharf umrissenen Begriff werde in der Nationalökonomie die organisierte Gesamtheit von Einrichtungen und Vorgängen verstanden, durch die die Nachfrage nach Krediten und das Angebot von Beteiligungen zum Zusammentreffen mit dem Angebot von Krediten und der Nachfrage nach Beteiligungen gebracht werde, wobei die Preisbildung (Zins) stattfinde und der bestmögliche Marktausgleich erfolge. Richtgröße für die innerhalb eines gewissen Ermessensrahmens mögliche Neufestsetzung der Zinsen sei der für vergleichbare Schuldner bei anderen österreichischen Kreditinstituten gewährte Zinssatz. Die Annahme des Erstgerichtes, daß der von der klagenden Partei verrechnete Zinssatz sich stets in dieser Größenordnung bewegt habe, sei unbedenklich. Die eingetretene Änderung der Geldmarktverhältnisse könne auch nicht als geradezu unvorhersehbar angesehen werden. Ein Verbot des ultra alterum tantum sei in der österreichischen Rechtsordnung nur in der abgeschwächten Form des § 1335 ABGB enthalten, der hier außer Betracht bleiben könne.
Der Oberste Gerichtshof erklärte aus Anlaß der Revision der Beklagten das Verfahren gegen den Erstbeklagten in Ansehung eines Betrages von 678 746.31 S für nichtig und wies die gegen ihn gerichtete Klage in diesem Umfang zurück. Im übrigen gab er der Revision nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Da die Vorinstanzen feststellten, daß die klagende Partei die Klagsforderung (mit dem am 27. 10. 1977 aushaftenden Betrag von 1 696 865.77 S) im Ausgleichsverfahren des Erstbeklagten anmeldete, war zunächst von Amts wegen die Zulässigkeit der Klage hinsichtlich des allenfalls im Insolvenzverfahren für die Forderung der klagenden Partei geschaffenen Exekutionstitels zu prüfen. Soweit eine in das Anmeldungsverzeichnis eingetragene Forderung weder vom Schuldner noch vom Ausgleichsverwalter bestritten, noch ihr das Stimmrecht aus einem ihren Bestand, ihre Höhe oder die Höhe ihres Ausfalls berührenden Gründe aberkannt wurde, kann nach rechtskräftiger Bestätigung des Ausgleiches auf Grund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis gegen den Schuldner zur Hereinbringung des nach dem Ausgleiche bei fristgerechter Erfüllung geschuldeten Betrages gleichwie auf Grund eines Urteiles Exekution geführt werden (§ 53a Abs. 1 AO). Diese Vollstreckungswirkung kam der in das Anmeldungsverzeichnis eingetragenen, sowohl vom Erstbeklagten als Ausgleichsschuldner als auch vom Ausgleichsverwalter anerkannten Forderung zu. Eine Aberkennung des Stimmrechts erfolgte im Ausgleichsverfahren nicht, da sich gemäß § 44 Abs. 2 AO eine Stimmrechtsentscheidung über die Forderung der klagenden Partei erübrigte (vgl. dazu Bartsch - Pollak[3] II 391, 446 und 988). Auch die Bestimmung des § 53a Abs. 2 Satz 2 AO, wonach § 53a Abs. 1 AO auf andere Forderungen, die vom Ausgleichsverfahren nicht berührt werden (wozu gemäß § 46 Abs. 1 AO die Ansprüche der Absonderungsgläubiger gehören) keine Anwendung findet, stand im vorliegenden Fall der Entstehung eines Exekutionstitels nicht entgegen, da die (die Stimmrechtsbestreitung auslösenden) Sicherheiten, die die klagende Partei in Form von Bürgschaften und Hypotheken zur Sicherung der angemeldeten Forderung besaß, nicht vom Ausgleichsschuldner, sondern von dessen Vater bestellt wurden. Absonderungsgläubiger ist aber nur, wer Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus bestimmten Sachen des Gemeinschuldners (bzw. des Ausgleichsschuldners) und nicht eines Dritten hat (§§ 48 Abs. 1 KO, 63 Abs. 1 AO; Bartsch - Pollak[3] I 291; Petschek - Reimer - Schiemer 541; Bartsch - Heil, Grundriß des Ausgleichs- und Konkursrechts 33; 3 Ob 146, 147/76). Die klagende Partei hat somit für die gegen den Erstbeklagten bis zum Anmeldungstag im Ausgleichsverfahren aufgelaufene Forderung einen Exekutionstitel "zur Hereinbringung des nach dem Ausgleiche bei fristgerechter Erfüllung geschuldeten Betrages", also nur im Umfang der Ausgleichsquote von 40%, erworben (Bartsch - Pollak[3] II 447; Petschek - Reimer - Schiemer 819; SZ 10/118). Einem auf § 61 KO oder 53 a AO beruhenden Exekutionstitel kommt nach der in Lehre und Rechtsprechung herrschenden Ansicht nicht nur die Urteilswirkung der Vollstreckbarkeit, sondern auch der Rechtskraft zu (Bartsch - Pollak[3] II 446; Petschek - Stagel, Zivilprozeß 169; Petschek - Reimer - Schiemer 597, 819; Petschek, Die Feststellung von Forderungen gegenüber dem Schuldner im Konkurs- und Ausgleichsverfahren, ZBl. 1925, 244; SZ 9/17; SZ 19/156; SZ 23/145; SZ 28/233; SZ 28/266; JBl. 1969, 562 mit Anmerkung von Sprung; SZ 44/111 und 160; 4 Ob 136/80 ua.). Das Vorliegen eines mit derartigen Wirkungen ausgestatteten Exekutionstitels stellt damit ein Prozeßhindernis gleich dem der entschiedenen Sache dar, was in entsprechender Anwendung des § 240 Abs. 3 ZPO in jeder Lage des Verfahrens zur Zurückweisung einer Klage bezüglich desselben Anspruchs durch Beschluß führen muß (Fasching III 170 und 697; SZ 26/233; 4 Ob 136/80). In Lehre (Jelinek, § 53a AO - Bedeutung und Wirkungen ÖJZ 1970, 5 ff. und 34 ff.; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 123) und Rechtsprechung (SZ 39/64) wurde allerdings auch der Standpunkt vertreten, daß der Titel nach § 61 KO und § 53a AO außer der Vollstreckbarkeit keine Urteilswirkungen entfalte und damit das Anerkenntnis der Forderung im Konkurs (Ausgleich) res iudicata nicht begrunde (SZ 39/64). Sowohl die Entscheidung SZ 39/64 (im gleichen Sinn auch schon SZ 10/192) als auch Jelinek und Holzhammer nehmen aber - jener freilich nur im Regelfall - das Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage an, wenn für die damit geltend gemachte Forderung bereits ein Exekutionstitel besteht. Nun ist zwar umstritten, ob das Vorhandensein eines Rechtsschutzbedürfnisses eine selbständige Prozeßvoraussetzung ist, deren Fehlen allein schon zur Zurückweisung der Klage führt (vgl. dazu ausführlich Fasching III 6 f.). Aus der Regelung des § 61 KO und des § 53a AO folgt aber, daß die Rechtsordnung hier das mangelnde Rechtsschutzbedürfnis ausdrücklich und qualifiziert behandelt und dem durch Rechtskraft eines Urteils hervorgerufenen mangelnden Rechtsschutzbedürfnis gleichstellt (Fasching III 170). Auch der Mangel des Rechtsschutzbedürfnisses allein müßte daher hier zur Zurückweisung der davon betroffenen Teile des Klagsanspruches (und nicht zur Sachabweisung) führen. Die gegen den Erstbeklagten gerichtete Klage ist daher mit dem Teilbetrag von 678 746.31 S, für den die klagende Partei bereits einen Exekutionstitel besitzt, in sinngemäßer Anwendung des § 240 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen.
Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens machen die Beklagten im übrigen geltend, daß sich das Berufungsgericht mit der Frage der Kaufmannseigenschaft der Zweitbeklagten nicht befaßt habe; da die Zweitbeklagte nie Kaufmann gewesen sei, gelte für sie Art. 8 Nr. 7 EVHGB (wonach § 1335 ABGB bei Handelsgeschäften nicht anzuwenden sei) nicht. Der damit in Wahrheit geltend gemachte, unter dem Gesichtspunkt des Revisionsgrundes des § 503 Z 4 ZPO zu prüfende Feststellungsmangel liegt jedoch nicht vor. Daß sich der Erstbeklagte als Kaufmann nicht auf die Schutzbestimmung des § 1335 ABGB berufen kann, räumen auch die Revisionswerber ein. Die Zweitbeklagte haftet aber als Bürgin und Zahlerin grundsätzlich so wie der Erstbeklagte als Hauptschuldner. Auch bezüglich rückständiger Zinsen ist ihre Haftung nicht eingeschränkt, da sie sich ausdrücklich für die Einbringlichkeit der gesamten Kreditforderung samt Zinsen und Spesen verbürgte (§ 1353 Satz 1 ABGB). Im übrigen liegen aber die Voraussetzungen der - von Amts wegen anzuwendenden (SZ 10/50) - Bestimmung des § 1335 ABGB nicht vor. Vermindert sich nämlich durch Rückzahlung die Kapitalschuld, sodaß der Zinsenrückstand, der bisher die Höhe der Hauptschuld noch nicht erreicht hatte, nunmehr - wie die Revisionswerber in der Berufung errechneten - den Rest (der Hauptschuld) übersteigt, so kommt § 1335 ABGB nicht zur Anwendung (Wolf in Klang[2] VI 182).
Die Revisionswerber bestreiten in ihrer Rechtsrüge nicht, daß die von den Parteien getroffene Vereinbarung, wonach sich die klagende Partei vorbehielt, bei einer Änderung der Geldmarktverhältnisse die von den beklagten Parteien zu entrichtenden Kreditzinsen mit einem geänderten Zinssatz festzusetzen, den Charakter einer - zulässigen - Wertsicherungsvereinbarung habe, halten aber den nur "verhältnismäßig scharf umrissenen Begriff der Geldmarktverhältnisse" für zu wenig bestimmt, um als Wertmesser geeignet zu sein. Sie folgern daraus, daß bei der Berechnung der Verzugszinsen von dem ursprünglich vereinbarten Zinssatz von 8 3/4% auszugehen gewesen wäre. Die Zinssatzerhöhung liege weit über der Erhöhung des Verbraucherpreisindex.
Diese Ausführungen vermögen nicht zu überzeugen. Entscheidend ist nicht, daß der Begriff der Geldmarktverhältnisse in der Nationalökonomie nur als "verhältnismäßig scharf umrissen" und nicht als vollkommen eindeutig bestimmt gilt. Maßgebend ist, wie die Vereinbarung, mit der sich die klagende Partei eine einseitige Änderung des Zinssatzes bei einer Veränderung der Geldmarktverhältnisse und damit eine "Preisbestimmung" für den Fall geänderter Verhältnisse vorbehielt, nach den bei Verträgen geltenden Auslegungsregeln zu verstehen ist. Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß diese Vereinbarung nach der Absicht der Parteien, also nach dem Geschäftszweck und nach der Übung des redlichen Verkehrs, nur dahin gehend verstanden werden kann, daß die klagende Partei berechtigt sein sollte, den zu verrechnenden Zinssatz entsprechend der allgemeinen Geldmarktsituation den jeweils für derartige Kredite in Österreich verlangten üblichen Sätzen (vgl. § 2 AusbeutungsVO) anzupassen. So wurde die Vereinbarung von den Parteien auch jahrelang praktiziert, wobei es auch zwischenzeitig zu Zinsherabsetzungen und erst als Folge der gerichtsbekannten allgemeinen starken Steigerung der Soll- und Habenzinsen in den letzten Jahren stufenweise zu dem nunmehr verrechneten Satz von 13% kam. Der Erstbeklagte hat den Zinsänderungen, die ihm gesondert bekanntgegeben wurden, bis zuletzt nicht widersprochen. Daß die damit eingetretene Anhebung im Vergleich zum Ausgangspunkt (8 3/4%) den auf dem Kapitalmarkt eingetretenen Veränderungen des Zinsniveaus für derartige Kredite entspricht, wurde von den Vorinstanzen festgestellt. Das einem Kontrahenten durch das Recht der Preisfestsetzung eingeräumte Gestaltungsrecht unterliegt zwar der Inhaltskontrolle durch das Gericht dahin gehend, ob der Gestaltungsberechtigte die ihm schon durch den Vertrag selbst gesetzten Grenzen überschritten hat oder das Ergebnis offenbar unbillig ist (vgl. JBl. 1980, 151). Auf Grund der Feststellung der Vorinstanzen, daß sich die Erhöhung im Verhältnis der am Geldmarkt eingetretenen Veränderungen bewegte, kann eine Überschreitung des der klagenden Partei eingeräumten Gestaltungsrechtes nicht erkannt werden. Auf die sogenannte "Überziehungsprovision" ist bei diesem Vergleich nicht Bedacht zu nehmen, da sie auch beim ursprünglich vereinbarten Zinsniveau zu den Zinsen für den Fall einer Überschreitung des Kreditrahmens hinzukam und die Beklagten gegen die Zulässigkeit einer solchen Klausel als solche nichts vorbrachten. Der Hinweis der Revision auf den Verbraucherpreisindex ist verfehlt, da dieser auf ganz anderen wirtschaftlichen Grundlagen als der "Preis für Fremdkapital" beruht.
Auf eine durch den gerichtlich bestätigten Ausgleich eingetretene teilweise Befreiung von seinen Verbindlichkeiten (§ 53 Abs. 1 AO) hat sich der Erstbeklagte nicht berufen.
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