OGH 4Ob510/93

OGH4Ob510/939.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kristina C*****, vertreten durch Dr.Franz Eckert und andere Rechtsanwälte in Baden, wider die beklagten Parteien 1. Dipl.Ing.Jerome C*****, 2. Livia C*****, beide vertreten durch Dr.Maximilian Eiselsberg und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Vertragsaufhebung (Streitwert S 12,661.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 1.Juli 1992, GZ 2 R 87/92-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 28.Jänner 1992, GZ 5 Cg 81/91-22, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 45.717,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 7.619,62 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war zu 23/100- und der Erstbeklagte zu 77/100-Anteilen Miteigentümer der "Herrschaft Gstatt" mit Liegenschaften in den KG Mitterberg, Öblarn, Sonnberg, Kleinsölk (Bezirksgericht Göbming), Untertal, Rohrmoos (Bezirksgericht Schladming) und Niederöblarn (Bezirksgericht Irdning) sowie Landtafel-Liegenschaften des Grundbuches beim BG für ZRS Graz in den KG Mitterberg, Sonnberg, Öblarn und Kleinsölk, Niederöblarn, Rohrmoos und Untertal sowie von Fischereirechten und Fischereiwässern.

Mit der am 16.3.1987 zu 5 Cg 148/87 beim Kreisgericht Leoben angebrachten, gegen den nunmehrigen Erstbeklagten erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Realteilung, wobei sie auf der Grundlage des von ihr eingeholten Gutachtens des Dipl.Ing.Paul H***** einen bestimmten Teilungsvorschlag erstattete. Zur Wertermittlung zog das Prozeßgericht Sachverständige für Forstwirtschaft, Bewertung von Gebäuden und Fischereirechten bei; die von den Sachverständigen erstatteten Gutachten wurden den Streitteilen jeweils zugestellt.

Am 18.3.1988 beendeten die Klägerin und der Erstbeklagte den Prozeß zu 5 Cg 148/87 des Kreisgerichtes Leoben mit einem Vergleich über die Realteilung der ihnen gehörenden "Herrschaft Gstatt" dahin, daß das Revier Schladming-Untertal mit den dazugehörigen Fischereirechten, das Schloß mit Schloßwald und Umland sowie Fischereirechte im Revier Enns der Klägerin, alle übrigen Liegenschaften aber, somit das Revier Schwarzensee, als Alleineigentum dem Erstbeklagten zufallen sollten. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung schlossen die Klägerin und der Erstbeklagte am 24.10./7.11.1988 einen verbücherungsfähigen Realteilungsvertrag. Mit Notariatsakt vom 28.10.1988 schenkte der Erstbeklagte die nunmehr ihm allein gehörende Liegenschaft gegen Einräumung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes und eines unentgeltlichen lebenslänglichen Wohnrechtes am Haus Öblarn Nr. 34 seiner Gattin, der Zweitbeklagten; diese nahm die Schenkung an.

Im Realteilungsprozeß war die Klägerin nicht nur rechtsfreundlich vertreten; sie wurde auch von Dipl.Ing.Paul H***** fachlich beraten. Die von den beigezogenen Sachverständigen erstatteten schriftlichen Gutachten standen ihr und ihrem Vertreter sowie ihrem Berater über einen Zeitraum von rund zwei Monaten zum Studium zur Verfügung. Der Forst- und der Bausachverständige wurden zur Erörterung des Gutachtens geladen. Der Klägerin wäre die Möglichkeit offen gestanden, in der Verhandlung aufklärende Fragen an die Sachverständigen zu stellen. Die wesentlichen Vergleichspunkte waren zwischen den Streitteilen bzw ihren Vertretern schon vor der Tagsatzung vom 18.3.1988 abgesprochen worden. In dieser Tagsatzung wurde der gesamte Fragenkomplex im Zusammenwirken mit den Sachverständigen und den Parteien eingehend erörtert; dann erst schlossen die Streitteile den gerichtlichen Vergleich und unterschrieben ihn eigenhändig.

Der Erstbeklagte ist seit 1973 in dem Gutsbetrieb tätig und seit 1977 Betriebsleiter. Als Forstfachmann verfügt er über spezielle Kenntnisse, die ihn zweifelsfrei befähigten, die in den Gutachten von den gerichtlich bestellten Sachverständigen vorgenommenen Bewertungen selbst zu beurteilen. Die seit 1979 mit dem Erstbeklagten verehelichte Zweitbeklagte war zwar über die wesentlichen Punkte des abzuschließenden Vergleiches unterrichtet; sie wurde vom Erstbeklagten nach dem Vergleichsabschluß über die damit verbundenen geringfügigen Änderungen in Kenntnis gesetzt. Sie verfügt jedoch über keine speziellen Kenntnisse, die sie in die Lage versetzt hätten, eine eigene Beurteilung vorzunehmen.

Die Klägerin wuchs auf der Herrschaft Gstatt auf. Sie hat sich zeitweise auch später dort aufgehalten, jedoch um die betrieblichen und wirtschaftlichen Belange nie gekümmert.

Beim Vergleichsabschluß waren die Klägerin und der Erstbeklagte mit dem Inhalt voll einverstanden. Sie trafen in der Folge Verfügungen als Eigentümer über die mit dem Vergleich nunmehr in ihrem Alleineigentum stehenden Vermögenswerte. Mit Kaufvertrag vom 17.2.1989 verkaufte die Klägerin aus der Liegenschaft EZ 85 KG Rohrmoos Wald-, Alm-, Wiesen- und unproduktive Grundstücke samt der Jagdhütte und aus der EZ 1548 der Steiermärkischen Landtafel einen Grundstücksstreifen, insgesamt eine Fläche von 115 ha um S 4,600.000. Die Liegenschaft EZ 85 KG Rohrmoos besteht nur noch aus dem Grundstück 1546/3 Wald im Ausmaß von 483 m2. Die Zweitbeklagte verkaufte aus der Herrschaft Gstatt eine Wiese im Ausmaß von rund 2 ha. Vor längerer Zeit erkundigten sich eine Industrievermittlungsagentur bei der Zweitbeklagten, ob die Bahnwiese als Industrieland verkäuflich sei; auch ein weiterer Interessent stellte eine solche Anfrage. Derzeit liegen jedoch keine konkreten Kaufangebote vor.

Die Klägerin begehrt, mit Urteil auszusprechen, daß der Vergleich vom 18.3.1988, 5 Cg 148/87 des Kreisgerichtes Leoben, und der Realteilungsvertrag vom 24.10./7.11.1988 rechtsunwirksam seien und aufgehoben würden, sowie daß die Beklagten schuldig erkannt würden, in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin an 23/100-Miteigentumsanteilen an den im einzelnen aufgezählten, früher im gemeinsamen Eigentum gestandenen Liegenschaften, in die Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes für den Erstbeklagten ob den 23/100-Anteilen der Klägerin an diesen Liegenschaften und in die Einverleibung der Löschung der Dienstbarkeit des lebenslänglichen Wohnrechtes für den Erstbeklagten ob der Liegenschaft EZ 84 KG Öblarn. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Unwirksamerklärung und Löschung der Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Zweitbeklagte sowie des Veräußerungs- und Belastungsverbotes für den Erstbeklagten an den genannten Liegenschaften; als weiteres Eventualbegehren beantragt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 4,421.750 sA. Grundlage des Realteilungsvergleiches seien die im Vorprozeß eingeholten und dort unstreitigen Gutachten gewesen. Nunmehr sei hervorgekommen, daß die Gutachten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten zur Zeit des Vergleichsabschlusses entsprochen hätten. So seien bestimmte, im einzelnen aufgezählte Liegenschaften im Flächenwidmungsplan als Bauland/Industriegebiet ausgewiesen; dennoch habe der Sachverständige eine landwirtschaftliche Widmung angenommen und den Quadratmeter mit S 20 bewertet. Diese unterbewerteten Flächen habe der Erstbeklagte im Wege der Realteilung erhalten. Bestimmte Vermögenswerte hätten in die Schätzung nicht Eingang gefunden. So seien bei der Bewertung der Jagd im Revier Schwarzensee die Erlöse aus der "Rotwildfütterungsschau" - in der Bilanz 1987 mit S 83.000 zuzüglich Umsatzsteuer ausgewiesen - unberücksichtigt geblieben. Die Klägerin sei somit einem wesentlichen Irrtum über die als feststehend angenommene Vergleichsgrundlage unterlegen. Diesen Irrtum habe der Erstbeklagte bewußt und in arglistiger Weise veranlaßt. Selbst wenn Arglist nicht erweislich wäre, habe er doch den Irrtum der Klägerin - durch Unterlassung der erforderlichen Aufklärung - veranlaßt; jedenfalls habe ihm dieser Irrtum offenbar auffallen müssen. Das gleiche treffe auch auf die Zweitbeklagte zu, welche von den wahren Verhältnissen Kenntnis hatte oder jedenfalls hätte haben müsse. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte die Klägerin den Vergleich vom 18.3.1988 und den darauf beruhenden Realteilungsvertrag nicht geschlossen. Sie begehre daher die Rückabwicklung; zumindest habe sie Anspruch auf Wertersatz.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die Aufhebung des gerichtlichen Vergleiches wäre nur wegen listiger Irreführung möglich; die Klägerin sei aber überhaupt keinem Irrtum unterlegen. Bei Zugrundelegung der von den gerichtlichen Sachverständigen erhobenen Werte habe die Klägerin mit dem Vergleich mehr als 23 % des Gesamtwertes der Liegenschaften erhalten. Die von der Klägerin geltend gemachte Bewertungsdifferenz mache nicht einmal 5 % des festgestellten Gesamtwertes von S 396.400 aus. Die Ergebnisse der Sachverständigengutachten entsprächen im übrigen der Sachlage. Das Bestehen der Schaufütterung bedeute überhaupt keinen Vermögenswert, weil den Einnahmen entsprechende Kosten gegenüberzustellen seien; per Saldo werde in Durchschnittsjahren nur ein ausgeglichenes Ergebnis erreicht. Die Klägerin sei über die wahren Verhältnisse unterrichtet gewesen und habe von ihrem Vater, welcher den Betrieb 40 Jahre lang leitete, jede Information erhalten. Soweit die Klage gegen die Zweitbeklagte gerichtet ist, entbehre sie jeder Grundlage.

Der Erstrichter wies das Klagehauptbegehren sowie beide Eventualbegehren ab. Er stellte noch fest, daß die Klägerin vor Abschluß des Vergleiches fachlich bestens beraten war. Rechtlich führte er aus:

Auch der gerichtliche Vergleich unterliege der Anfechtung wegen Irrtums im Sinne des § 871 ABGB; ein Irrtum könne aber den Vergleich nur insoweit ungültig machen, als er die Wesenheit der Person oder des Gegenstandes betrifft (§ 1385 ABGB). Von der arglistigen Irreführung abgesehen, könne ein Vergleich nur dann angefochten werden, wenn der geltend gemachte Irrtum Umstände betrifft, welche die Parteien bei Vergleichsabschluß als sicher, unzweifelhaft oder unstrittig angenommen haben und die sie daher nicht der Streitbereinigung unterwerfen wollten, sofern darüber hinaus die Voraussetzungen für die Irrtumsanfechtung gegeben seien. Bei der in dem hier zu beurteilenden Vergleich vorgenommenen Realteilung seien die Miteigentumsanteile der Streitteile an der Herrschaft Gstatt festgestanden. Die von den Sachverständigen vorgenommene Bewertung möge ausschlaggebend gewesen sein, doch sei das nicht zwangsläufig so; neben der Bewertung könnten auch andere Umstände für den Vergleichsabschluß maßgebend gewesen sein. Jedenfalls habe der Erstbeklagte auf die Entscheidung der Klägerin keinen Einfluß genommen. Es sei auch nicht feststellbar, daß die von den Sachverständigen im Verfahren vorgenommene Bewertung für den Entschluß der Klägerin ausschlaggebend war. In jedem Fall habe ein möglicher Irrtum der Klägerin nicht als sicher, unzweifelhaft oder unstrittig angenommene Umstände - also die Vergleichsgrundlage beim Vergleichsabschluß - betroffen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in der Hauptsache und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme derjenigen, daß die Klägerin bei Vergleichsabschluß "fachlich bestens beraten" war, als das Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Auch nach Beweisergänzung durch Verlesung des Voraktes hätten sich keine konkreten Anhaltspunkte für ein arglistiges Vorgehen des Erstbeklagten oder eine Veranlassung eines Irrtums der Klägerin durch ihn ergeben. Daß dem mit der Jagdbewertung befaßten Sachverständigen Titus G***** vom Erstbeklagten "wesentliche Faktoren bewußt verschwiegen worden" wären, treffe nicht zu und könnte durch die von der Klägerin in erster Instanz dazu geführten Beweise keinesfalls erwiesen werden. Selbst wenn eine Rotwildfütterungsschau und auch die Hege und Fütterung des Wildes für die Bewertung eines Jagdreviers bestimmend sein mögen, handle es sich dabei doch klarerweise um Faktoren, die ausschließlich im Einflußbereich des die Jagd Bewirtschaftenden liegen - die Klägerin schiebe dies auch selbst dem Erstbeklagten zu -, aber nicht in der Beschaffenheit des in der Folge ins Alleineigentum der Klägerin übernommenen Gutes begründet seien. Es stehe ausschließlich in der Macht der Klägerin als nunmehriger Alleineigentümerin, im Jagdrevier Untertal auf diese werterhöhenden Faktoren entsprechend Einfluß zu nehmen. Der Sachverständige habe bei der Bewertung nur von dem zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Befund ausgehen können; er habe sich die Voraussetzungen für diesen Befund durch eigene Beobachtungen beschaffen müssen. Die Streulage des Reviers sei ihm zweifellos bekannt gewesen. Hätte der Erstbeklagte die erforderliche Hege nicht betrieben, dann hätte dies den Wert des Reviers - objektiv gesehen -nur mindern, keinesfalls aber erhöhen können. Der Klägerin sei somit bei der Teilung mit dem Revier Untertal ein allenfalls vernachlässigtes und daher vorerst geringer zu bewertendes Gut zugefallen, dessen Wert sie aber durch entsprechende Maßnahmen nun selbst erhöhen könne. Hätte der Sachverständige das Revier Untertal tatsächlich überbewertet, dann wäre dies nur sein, nicht ein vom Beklagten veranlaßter Fehler gewesen. Hätte der Sachverständige tatsächlich in seinem Gutachten zu Unrecht Personal- und Fütterungskosten in Abzug gebracht, dann hätte dies die Klägerin jederzeit aufgreifen können. Daß sie sich darum nicht rechtzeitig gekümmert hat, habe sie allein sich selbst zuzuschreiben.

Ähnliches gelte für die von der Klägerin behaupteten Fehler der Sachverständigen Ing.Erich M***** und Titus G***** bei der Bewertung verschiedener Flächen in der KG Öblarn mit bloß S 20 je Quadratmeter. Dazu sei auf Grund des Voraktes festzuhalten, daß ein Großteil der laut dem Klagevorbringen als landwirtschaftlich genutzt eingestuften Flächen ohnehin als Bauflächen oder Bauerwartungsland ausgewiesen und bewertet wurde; weiters auch, daß die Klägerin in den von ihr angeführten Flächenwidmungsplan hätte Einsicht nehmen können, so daß es ihr bei entsprechender Aufmerksamkeit ein Leichtes gewesen wäre, die Richtigkeit der Sachverständigengutachten zu überprüfen. Auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere auch auf nachfolgende Liegenschaftsveräußerungen durch die Beklagten, komme es nicht an. Da es ausschließlich Sache der Klägerin gewesen wäre, wie sie sich vor dem Vergleichsabschluß beraten ließ, komme es auf die Feststellung, ob sie gut oder schlecht beraten war, nicht an. Objektiv gesehen, könne eine Benachteiligung der Klägerin durch den Vergleich auch nach ihren eigenen Prozeßbehauptungen nur in einer Wertdifferenz von rund 6,7 % in bezug auf ihren 23/100-Anteil am Gesamtwert des zu teilenden Vermögens liegen, also in einem Bereich, der beim Abschluß eines Vergleiches keineswegs als ungewöhnlich anzusehen sei. Feststellungsmängel lägen nicht vor. Selbst wenn man davon ausgehe, daß der Erstbeklagte über die Raumordnung in seinem Besitz vollständig unterrichtet war, könne daraus keineswegs abgeleitet werden, daß er die erforderlichen Aufklärungen arglistig unterlassen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht, allenfalls an das Berufungsgericht zurückzuverweisen; hilfsweise wird beantragt, dem Klagebegehren stattzugeben.

Die Beklagten beantragen, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zwar zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Fall fehlt; sie ist aber nicht berechtigt.

Nach § 1385 ABGB kann ein Irrtum den Vergleich nur insoweit ungültig machen, als er die Wesenheit der Person oder des Gegenstandes betrifft. Da der Vergleich dem Zweck dient, strittige oder zweifelhafte Rechte einverständlich neu festzulegen (§ 1380 ABGB) und damit die Strittigkeit oder Zweifelhaftigkeit zu beseitigen, kann er nicht angefochten werden, wenn ein Partner beim Abschluß über den wahren Sachverhalt geirrt hat (§ 1387 ABGB), verlöre doch sonst der Vergleich seinen Sinn (Koziol-Welser9 I 288; Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1385; Wolff in Klang2 VI 279 f). § 1385 ABGB ist demnach dahin auszulegen, daß eine Irrtumsanfechtung nur in Betracht kommt, wenn der Irrtum das betrifft, was die Parteien zur Zeit des Vergleichsabschlusses als sicher, also unzweifelhaft und unstreitig angenommen haben (Wolff aaO 280; Koziol-Welser aaO; Ertl aaO, Harrer in Schwimann, ABGB, Praxiskommentar Rz 3 zu § 1385; JBl 1964, 369; SZ 39/57; SZ 40/72; SZ 47/102 ua). Nach herrschender Auffassung müssen aber auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung (§§ 870, 871 ABGB) vorliegen (SZ 47/8; Arb 9209 ua), wobei freilich ein gemeinsamer Irrtum ausreicht (vgl EvBl 1966/352; VersRdSch 1975,193 mit Anm von Baumann; Koziol-Welser aaO; grundsätzlich auch Ertl aaO). Wie weit Harrer darin zu folgen ist, daß das bloße Veranlassen eines Irrtums des Gegners im Sinne des § 871 ABGB für die Anfechtung eines Vergleiches in keinem Fall ausreicht, braucht diesmal nicht untersucht zu werden, weil in dem hier zu beurteilenden Fall eine Veranlassung des Irrtums nur durch Verschweigen erheblicher Umstände, nicht aber durch unrichtige Angaben in Frage käme.

Zutreffend verweist die Klägerin darauf, daß auch durch Unterlassung verursachte Irrtümer zur Anfechtung berechtigen können (SZ 28/103; SZ 46/84; SZ 55/51; SZ 58/69 uva); Voraussetzung dafür ist aber, daß eine nach der Verkehrsanschauung gebotene Aufklärung unterlassen wird (SZ 47/148; SZ 53/13; SZ 58/69 ua). Unterbleibt die pflichtgemäße Aufklärung arglistig, dann kann der dadurch herbeigeführte Vertrag wegen List (§ 870 ABGB), andernfalls nach § 871 ABGB (SZ 58/69 ua) angefochten werden. List setzt eine rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung voraus; sie erfordert die positive Kenntnis, daß der andere (überlistete) Teil irrt und daß der Irrtum einen Einfluß auf den Willensentschluß ausübt (SZ 41/33; JBl 1971, 304; SZ 53/108 ua). Absichtliches Verschweigen eines erheblichen Umstandes bedeutet List, wenn der andere nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten (§ 863 ABGB) oder aus besonderen Gründen verpflichtet ist, den Irrenden aufzuklären (SZ 27/63; SZ 53/108 ua). Daß die Beklagten der Klägerin irgendwelche ihnen bekannten, für den Vergleichsabschluß maßgeblichen Umstände absichtlich in dem Bewußtsein verschwiegen hätten, daß sich die Klägerin in Irrtum befinde, wurde aber nicht bewiesen; schon deshalb scheidet List aus.

Zu prüfen bleibt, ob und wie weit die Beklagten - insbesondere der fachkundige Erstbeklagte - verpflichtet gewesen wären, die Klägerin vor Vergleichsabschluß auf die angeblich vorhandenen Fehler in den Gutachten hinzuweisen. Generelle Aussagen darüber, wann und in welchem Umfang eine Aufklärungspflicht besteht, sind kaum möglich; es kommt hiebei vor allem auf die Übung des redlichen Verkehrs an (Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 870; vgl SZ 52/22; SZ 57/70 ua). In SZ 39/57 hat der Oberste Gerichtshof die Anfechtbarkeit eines Vergleiches, der auf Grund eines durch ein Gutachten ausgelösten Irrtums zustande gekommen war, aus der Erwägung verneint, daß die Partei dabei nicht über den Inhalt des Vergleiches, sondern über eine Frage geirrt habe, die sie nach billiger Verkehrsauffassung auf eigene Gefahr selbst - ohne Aufklärungspflicht des Gegners - zu prüfen hatte. Nach der Meinung des erkennenden Senates besteht beim Abschluß eines Vergleiches grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung des Prozeßgegners (so auch Harrer aaO). Ob eine solche Verpflichtung dann besteht, wenn der Prozeßgegner erkennbar über ganz wesentliche, zur festen Vergleichsgrundlage gehörende Umstände irrt, auf Grund deren er einen für ihn im höchsten Maße nachteiligen Vergleich abzuschließen bereit wäre, braucht hier nicht erörtert zu werden. Schon nach dem Vorbringen der Klägerin ging es ja nicht darum, daß die von den gerichtlichen Sachverständigen ermittelten Werte insgesamt völlig verfehlt gewesen wären; vielmehr hat sich die Klägerin allein darauf berufen, daß einzelne Liegenschaften aus einem Gut, das mit insgesamt fast S 400,000.000 bewertet wurde, in Wahrheit im Hinblick auf eine andere Art der Widmung einen höheren als den von den Sachverständigen geschätzten Wert hätten. Ganz abgesehen davon aber, daß - wie das Berufungsgericht ergänzend festgestellt hat - ein Großteil der nach der Behauptung der Klägerin von den Sachverständigen als landwirtschaftlich genutzt eingestuften Flächen ohnehin als Bauflächen oder Bauerwartungsland bewertet wurden, würde sich die in der Klage geltend gemachte Fehlbewertung nicht so entscheidend auf die vergleichsweise Aufteilung auswirken, daß die Beklagten die Pflicht getroffen hätte, zur Vermeidung eines allfälligen (geringfügigen) Nachteils der Klägerin, die Gutachten selbst sorgfältig zu studieren und die Prozeßgegnerin sodann über Fehler in den Gutachten aufzuklären. In noch höherem Maße gilt das für die nicht berücksichtigten Einnahmen aus der Rotwildfütterungsschau, zumal hier die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen durchaus zutreffen.

Da schon nach dem Vorbringen der Klägerin die Fehler der Sachverständigen nur einzelne von vielen Liegenschaften betroffen haben und nur zu einer - prozentuell gesehen - geringfügigen Benachteiligung der Klägerin geführt haben, mußte den Beklagten auch ein Irrtum der Klägerin beim Vergleichsabschluß gar nicht auffallen, gehört es doch zum Wesen einer vergleichsweisen Realteilung, daß, zur Vermeidung weiterer mit Kosten verbundener Streitigkeiten das gemeinsame Gut mehr oder weniger großzügig nach Zweckmäßigkeitsgrundsätzen aufgeteilt wird. Selbst wenn die Klägerin damit - wie sie behauptet - wertmäßig einen Nachteil von rund S 4,500.000 erlitten hätte, könnte dies angesichts des Gesamtwertes der Liegenschaften nicht so stark ins Gewicht fallen, daß ihr ein redlicher Prozeßgegner einen solchen Vergleichsabschluß nicht zugemutet hätte. Die Sorgfaltspflicht gegenüber dem Prozeßgegner darf auch dann, wenn die Streitteile vorher vertraglich oder durch Miteigentum verbunden waren, nicht überspannt werden; das gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - die Prozeßgegnerin nicht nur durch einen Rechtsanwalt vertreten war, sondern auch einen Sachverständigen zur Seite hatte. Haben aber die Beklagten mangels Aufklärungspflicht den Irrtum der Klägerin gar nicht (durch Unterlassung einer Aufklärung) veranlaßt, dann ist der geltend gemachte Anspruch zu verneinen.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Der Ausspruch über die Kosten desRevisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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