Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
"1. Die innerhalb von zwei Jahren vor Konkurseröffnung erfolgte Zahlung von 60.000 S durch die S*****-GmbH an die beklagte Partei ist den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam;
2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 60.000 S samt 4 % Zinsen seit 21.4.1989 und die mit 29.858,80 S bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten 4.240 S Barauslagen und 4.269,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 24.049,20 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 10.800 S Barauslagen und 2.208,20 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen der S*****-GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin, kurz "GS") wurde am 19.4.1988 zu S 20/88 des Kreisgerichtes L***** der Konkurs eröffnet; zwei Tage später - am 21.4.1988 - folgte die Konkurseröffnung über das Vermögen der H***** KG (im folgenden: "KG"); in beiden Fällen wurde der Kläger zum Masseverwalter bestellt.
Der deutsche Staatsbürger Dr.Richard H***** war ab 27.12.1985 sowohl alleinvertretungsbefugter Komplementär der KG als auch alleiniger Geschäftsführer der GS, welche 1980 für den Betrieb des von der KG erworbenen Hotelkomplexes "S*****" in I***** samt dazugehörigen Einrichtungen gegründet worden war. Der Hotelkomplex, zu dem diverse Restaurants, eine Appartementvermietung, ein Gutsbetrieb, ein Reitstall samt Reithalle und ein Golfplatz gehören, war von der KG mit Fremdkapital - einem Kredit der "I*****", später der B***** Gesellschaft für Beteiligungen mbH - erworben worden. Beide Gesellschaften (GS und KG) waren wirtschaftlich voneinander abhängig. Die "marktwirksamen" Leistungen wurden von der GS erbracht; die KG stellte ihr unbewegliches Vermögen gegen Pachtzins - ihre einzige Einnahme - zur Verfügung, und zwar mit Ausnahme des Golfplatzes, welcher an die 1983 eigens gegründete G***** AG (im folgenden: "AG") verpachtet wurde, nur der GS. Auch die für den Umbau des Golfplatzes notwendigen Zahlungen von 10 Millionen S leistete die GS; dafür wurde ihr 1986 eine Forderung gegen die KG von 1,5 Millionen S zugestanden (gutgebucht). In diesem Jahr waren beide Gesellschaften bereits insolvent. Die KG hatte ihre Pachtzinsforderungen gegenüber der GS am 26.2.1986 an die B***** Gesellschaft für Beteiligungen mbH abgetreten.
Während der Dauer des Bestehens beider Gesellschaften (bis zur Konkurseröffnung) leistete die GS laufend Zahlungen für die KG. Bei der Abrechnung der beiderseitigen Verbindlichkeiten wurden auch die abgetretenen Pachtzinsforderungen der KG gegenüber der GS weiter berücksichtigt. Laut Verrechnungskonto betrugen die Verbindlichkeiten der GS gegenüber der KG Ende 1981 rund 17,7 Millionen S, Ende 1982 nur noch 5,6 Millionen S, Ende 1983 noch 3,1 Millionen S und Ende 1984 nur noch rund 573.000 S. Der Jahresabschluß 1985 wies bereits wieder eine Forderung der GS gegenüber der KG von 3,6 Millionen S auf, welche sich bis 31.12.1986 - auch unter Berücksichtigung der Forderung aus dem Golfplatzumbau - auf ca 7,6 Millionen S erhöhte, zum 31.12.1987 auf 6,3 Millionen S verminderte und im Zeitpunkt der Konkurseröffnung immer noch 4,7 Millionen S betrug.
Mit Vertrag vom 4./13.4.1984 verpachtete die Beklagte - rückwirkend ab 1.1.1984 - Grundstücke im Ausmaß von ca 11 ha aus der in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaft EZ *****, Grundbuch I*****, an die KG (zum Golfbetrieb) gegen einen jährlichen Pachtschilling von 60.000 S zuzüglich Umsatzsteuer. Als vorzeitiger Kündigungsgrund wurde (ua) ein dreimonatiger Rückstand des Pachtzinses und dessen Nichtzahlung innerhalb einer 30-tägigen Nachfrist vereinbart.
Am 21.5.1984 wurden in Ansehung des Golfplatzes nachstehende Verträge geschlossen:
1) Die KG verpachtete die von der Beklagten gepachteten und eigene Grundstücke - rückwirkend ab 1.1.1984 - an die AG gegen einen jährlichen Pachtzins von 100.000 S. Der AG wurde die Verpflichtung zur Pachtzinszahlung an die Beklagte überbunden.
2) Die AG verpachtete die Golfanlage samt den darauf befinflichen Bauten und Anlagen ab 15.5.1984 an den gemeinnützigen Verein "Golfclub S*****", welcher auch anderen Golfclubs die Spielmöglichkeit einzuräumen und entsprechende Verträge abzuschließen hatte. Die sogenannten "Greenfees" sollten nicht zu den Einnahmen des Subpächters gehören.
3) Der "Golfclub S*****" vereinbarte mit der Gemeinschuldnerin, daß diese die Verpflichtung zur Pflege und Instandhaltung des Golfareals (einschließlich der Grundstücke der Beklagten) übernehme und im Rahmen des Platzmanagements für einen reibungslosen Ablauf des Spielbetriebes sorge. Als Gegenleistung hiefür wurde ihr das Recht auf Einhebung der sogenannten "Greenfees", d.s. die Erlöse aus dem Verkauf von Berechtigungskarten zum Spielen, eingeräumt.
Mit Schreiben vom 11.6.1987 forderte der öffentliche Notar Dr.B***** namens der Beklagten die KG zu Handen Dris.H***** zur Zahlung des seit Jahresbeginn fälligen Pachtzinses 1987 unter gleichzeitiger Setzung einer Nachfrist von 30 Tagen bei sonstiger Auflösung des Pachtverhältnisses auf. Offenbar auf Anweisung Dris.H***** wurden daraufhin am 23.7. (richtig gemäß Beilagen E und 2: 6.) 1987 vom Konto Nr.017665 der GS bei der Sparkasse I***** 60.000 S abgebucht und an die Beklagte überwiesen. Auf dem Überweisungsauftrag war neben der GS auch die KG als Auftraggeber angeführt.
Über das genannte Konto der GS, auf dem ihr ein Rahmenkredit von 3 Millionen S eingeräumt worden war, war - neben anderen Personen - auch Dr.Richard H***** zeichnungsberechtigt. Für den der GS eingeräumten Rahmenkredit hat die KG mit Pfandbestellungsurkunde vom 15.7.1987 die - grundbücherlich auch durchgeführte - Sachhaftung durch Einräumung einer Haupt- und von Simultanhypotheken auf allen ihr gehörigen Liegenschaften übernommen.
Mit der am 17.4.1989 eingebrachten Klage ficht der Masseverwalter die am 23.6.1987 aus dem Konto der GS geleistete Zahlung des Pachtzinses an die Beklagte als unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 29 Z 1 KO an. Damit sei eine Schuld der damals bereits zahlungsunfähigen KG getilgt worden. Die GS habe aber der KG nichts geschuldet und durch die Zahlung nur eine Forderung erhalten, die wirtschaftlich nichts wert gewesen sei, weshalb sich die Anfechtung auch gegen die Beklagte als befriedigte Gläubigerin richte. Der Kläger stellt daher das Begehren,
1. die Zahlung des Betrages von 60.000 S innerhalb von zwei Jahren vor Konkurseröffnung an die Beklagte durch die GS sei den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam;
2. die Beklagte sei schuldig, dem Kläger 60.000 S sA zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Als Auftraggeber der Geldüberweisung scheine neben der GS auch die KG auf. Es liege daher keine unentgeltliche Zuwendung der GS vor, weil die KG selbst ihre Schuld gegenüber der Beklagten tilgen wollte. Im übrigen habe Dr.H***** aus dem Konto der GS laufend Zahlungen - gleichgültig welche Gesellschaft sie betrafen - vorgenommen. Für den der GS auf dem Konto eingeräumten Kontokorrentkredit habe die KG mit ihren Liegenschaften die Pfandhaftung übernommen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die angefochtene Verfügung über das Konto der GS sei nicht deren Verfügung gewesen, zumal aus dem Konto laufend Zahlungen geleistet worden seien, welche die KG und andere Gesellschaften betroffen hätten, und überdies die KG auch für den über dieses Konto der GS eingeräumten Rahmenkredit die Pfandhaftung übernommen habe. Schließlich habe die Zahlung des Bestandzinses auch dazu gedient, den Betrieb des Golfplatzes aufrechtzuerhalten, für den die GS verantwortlich gewesen sei und aus dem sie Einnahmen erzielt habe. Wenn jemand durch die Zahlung einen Vermögensvorteil erhalten habe, dann sei dies möglicherweise die KG gewesen, keinesfalls aber die Beklagte, welche ja Gläubigerin der KG war.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstrichters, weil hier ein nicht zu übersehendes eigenes Interesse der GS an der Aufrechterhaltung der Pacht und damit des Golfplatzbetriebes, welcher im Fall der Nichtzahlung des Pachtzinses gefährdet gewesen wäre, bestanden habe.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung.
Die Beklagte beantragt in der ihr gemäß § 508 a Abs 2 ZPO freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der außerordentlichen Revision wegen deren Unzulässigkeit; hilfsweise stellt sie den Antrag, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen der Meinung der Beklagten zulässig, weil die angefochtene Entscheidung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht im Einklang steht; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Voraussetzung einer "Schenkungsanfechung" nach § 29 Z 1 KO ist eine unentgeltliche Verfügung (Rechtshandlung) des Gemeinschuldners. Nach Lehre und Rechtsprechung ist eine Verfügung dann unentgeltlich, wenn der Handelnde dafür kein Entgelt oder nur ein Scheinentgelt erhält, also einer Zuwendung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes keine wirkliche Gegenleistung gegenübersteht (SZ 56/30; JBl 1984, 495; SZ 62/182; ecolex 1992, 697 ua); entgeltlich ist hingegen jede Leistung, für die eine Gegenleistung - nicht notwendig vom Gläubiger, sondern auch von einem Dritten (SZ 56/30; SZ 58/209) - erbracht wird. Die Entgeltlichkeit setzt eine konditionale oder kausale Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung voraus (RdW 1990, 49); sie liegt vor, wenn nach den Intentionen der Beteiligten die Leistung die Natur eines Entgelts haben soll. Ob etwas als Gegenwert gemeint ist, darüber entscheidet der Parteiwille (SZ 58/209; RdW 1990, 49); dafür, ob es an einem Gegenwert fehlt, ist aber der objektive Sachverhalt maßgebend. Die Beantwortung der Frage, ob eine entgeltlich oder eine unentgeltliche Verfügung vorliegt, ist nach den Umständen im Zeitpunkt ihrer Vornahme zu entscheiden (SZ 56/30; SZ 62/182).
Im vorliegenden Fall bestreitet die Beklagte gar nicht, daß auch die Zahlung einer fremden Schuld eine unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 29 Z 1 KO sein kann (JBl 1984, 495). Sie meint jedoch, daß nicht die GS die Überweisung verfügt habe, sondern die KG selbst zumindest auch Auftraggeberin der Überweisung gewesen sei. Dabei übersieht sie, daß das betreffende Konto bei der Sparkasse I***** ausschließlich ein solches der GS war; es diente der Abwicklung des der GS eingeräumten Rahmenkredits von 3 Millionen S. Daß auch die KG über das Konto verfügungsberechtigt gewesen wäre, wurde nicht einmal behauptet und läßt sich auch den Feststellungen nicht entnehmen. Dr.H***** als Zeichnungsberechtigter konnte demnach nur für die GS über das Konto verfügen, was auch zur Folge hatte, daß die hier in Rede stehende Überweisung des Pachtzinses aus dem Vermögen der GS stattfand. Damit hatte aber die GS ohne eigene rechtliche Verpflichtung eine Schuld der KG gezahlt. Daher kommt die Beklagte als befriedigte Gläubigerin der KG hier ausnahmsweise als Anfechtungsgegnerin in Betracht, weil die von der GS getilgte Pachtzinsforderung im Hinblick auf die damals schon eingetretene Insolvenz der KG "wirtschaftlich nichts (mehr) wert" war; die Beklagte hätte ohne die Zahlung der GS ihre Pachtzinsforderung für das Jahr 1987 gegen die zahlungsunfähige KG nicht durchsetzen können (ecolex 1992, 697 mwN).
Maßgebend für den Erfolg der Anfechtung ist dann aber nur noch, ob im Verhältnis zwischen der leistenden GS und der KG als Schuldnerin der Beklagten die Zahlung des Pachtzinses eine "unentgeltliche Zuwendung" war (JBl 1984, 495 mwH). Ein mit der Leistung der GS verknüpfter Gegenwert ist hier entgegen der Meinung der Vorinstanzen und der Beklagten nicht zu sehen. Ihr "Interesse" am Fortbestehen des Pachtverhältnisses zwischen der KG und der Beklagten, damit sie das Golfplatzmanagement weiter besorgen und dafür die "Greenfees" einheben konnte, war nur ein Motiv für die Zahlung, aber kein mit ihr verknüpfter Gegenwert. Dasselbe gilt für die wechselseitige wirtschaftliche Abhängigkeit der beiden Gesellschaften und für den Umstand, daß die GS auch sonst laufend Zahlungen für die KG geleistet hat. Daraus läßt sich in objektiver Hinsicht kein mit der Pachtzinszahlung der GS verknüpfter Gegenwert ableiten, waren doch beide Gesellschaften bereits seit 1986 insolvent. Dazu kommt, daß die KG der GS zum Zeitpunkt der Zahlung bereits mehr als 6 Millionen S schuldete! Worin bei dieser Sachlage selbst nach den Intentionen der Beteiligten eine Gegenleistung der KG liegen sollte, bleibt unerfindlich. Gerade im Hinblick auf diesen hohen Schuldenstand der KG ist es auch nicht verwunderlich, daß sie - wenngleich knapp nach der angefochtenen Zahlung - die Pfandhaftung für den der GS von der Sparkasse I***** gewährten Rahmenkredit von 3 Millionen S übernommen hatte. Daß diese hypothekarische Sicherstellung des Rahmenkredites nach der Einschätzung der Parteien etwa gerade das Äquivalent für die Pachtzinszahlung der GS in Höhe von 60.000 S sein sollte, hat die Beklagte auch nicht behauptet. Die Annahme eines derartigen Parteiwillens wäre lebensfremd; er läßt sich auch den Feststellungen nicht entnehmen.
Bei der Pachtzinszahlung der GS für die zahlungsunfähige KG handelte es sich somit im Verhältnis zwischen diesen beiden Gesellschaften um eine unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 29 Z 1 KO; in Stattgebung der Revision war daher dem Anfechtungsbegehren des Klägers stattzugeben.
Der Ausspruch über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf § 41 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO.
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