Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 12.238,38 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.039,73 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Erstklägerin und der Beklagte haben im Jahre 1965 die Ehe geschlossen, welcher die am 18.3.1967 geborene Zweitklägerin entstammt. Der Vater der Erstklägerin, Josef W***, übertrug das von ihm gegründete, nicht protokollierte Feinkost-, Mayonnaise- und Streichkäseerzeugungsunternehmen mit dem Standort in Kapfenberg, Schirmitzbühel 2, mit Übergabs- und Leibrentenvertrag vom 17.1.1967 je zur Hälfte an die Erstklägerin und den Beklagten. Die Ehegatten brachten daraufhin ihre Hälfteanteile zunächst in die von ihnen gegründete "Rudolf und Susanne A*** OHG" ein; mit Gesellschaftsvertrag vom 27.12.1978 errichteten sie sodann die zu HRB 121 des Kreisgerichtes Leoben registrierte "Feinkosterzeugung Rudolf und Susanne A*** Gesellschaft mbH" und brachten in diese Gesellschaft das Unternehmen der offenen Handelsgesellschaft mit allen Aktiven und Passiven ein. Am Stammkapital der Gesellschaft m. b.H. von 1,000.000 S waren zunächst die beiden Gründungsgesellschafter mit Stammeinlagen von 750.000 S (Erstklägerin) und 250.000 S (Beklagter) und ab 1985 gleichteilig mit Stammeinlagen von je 500.000 S beteiligt. In der Folge erwarb die Zweitklägerin einen Geschäftsanteil von 25 %, wobei sie jedoch dem Beklagten ein Optionsrecht auf den Erwerb dieser Stammeinlage in Höhe von 250.000 S einräumte. Seither betragen die Geschäftsanteile der Erstklägerin und des Beklagten 50 bzw. 25 %. Seit dem Beginn der Gesellschaft sind die Erstklägerin und der Beklagte zu kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführern der Gesellschaft bestellt. Die diesbezügliche Bestimmung im Gesellschaftsvertrag lautet:
"Die Gesellschaft wird, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen von ihnen gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten; auch wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, kann einzelnen Geschäftsführern allein Vertretungsbefugnis erteilt werden." (Handelsregister Österreich, Stand: 6.12.1989).
Beide Geschäftsführer haben mit der Gesellschaft am 22.12.1978 auch Dienstverträge abgeschlossen. Weder darin noch im Bestellungsbeschluß ist eine Geschäftsverteilung (Ressortverteilung) zwischen den Geschäftsführern vorgesehen; eine solche ist zwischen ihnen auch nicht ausdrücklich vereinbart worden.
Der Beklagte ist an multipler Sklerose erkrankt, die erstmals im Dezember 1979 anläßlich seines Aufenthaltes in der Nervenklinik Graz als solche diagnostiziert wurde.
Mit der Behauptung, daß der Beklagte wegen seiner schweren Erkrankung zur Ausübung der Geschäftsführertätigkeit unfähig sei und durch seine Maßnahmen die Belange der Gesellschaft ständig gefährde, begehren die beiden Klägerinnen seine Abberufung als Geschäftsführer der Gesellschaft. Der Beklagte sei an den Rollstuhl gefesselt und könne auch nicht mehr schreiben; er leide an so schweren Sprachstörungen, daß erhebliche Verständigungsschwierigkeiten bestünden. Die Krankheit habe auch eine Wesensveränderung mit herabgesetzter Hirnleistung und Verhaltensstörungen mit sich gebracht. Der Beklagte sei nicht mehr in der Lage, realitätsbezogene und praktische Entscheidungen zu treffen. Er setze aber seine Meinung durch, selbst wenn sie für den Betrieb schädlich sei; es komme ständig zu gegenteiligen Entscheidungen. Der Beklagte schikaniere die Erstklägerin, boykottiere deren Weisungen und verweigere die Zustimmung zu betrieblich notwendigen Maßnahmen. Andererseits habe er selbst Maßnahmen getroffen, die für die Erstklägerin nur mit Mühe widerrufbar gewesen seien. Der Beklagte hält dem entgegen, daß seine Krankheit zwar zu Einschränkungen seines Bewegungsapparates geführt habe, seinen Geisteszustand aber nicht beeinträchtige. Er habe durch seinen Einsatz und die Mitarbeit der Erstklägerin das vom Schwiegervater übernommene Unternehmen ausgebaut. Der Erfolg des Unternehmens sei nicht zuletzt auf die Person und die Mitarbeit des Beklagten und dessen Beliebtheit bei den Geschäftspartnern zurückzuführen. Er lese täglich die Post, bespreche sie mit den Mitarbeitern, verhandle mit Lieferanten und Abnehmern und teile regelmäßig seine Meinung über die günstigste Unternehmensführung der Erstklägerin mit. Seine körperlichen Gebrechen hinderten ihn nicht an der Ausübung der Geschäftsführerfunktion, zumal ihm diese ohnehin nur kollektiv mit der Erstklägerin zustehe. Die in den letzten Jahren zwischen ihm und der Erstklägerin entstandenen Schwierigkeiten seien darauf zurückzuführen, daß sich diese nach seiner Erkrankung nicht auf ihre Beistandspflicht als Ehegattin besonnen, sondern sich faktisch von ihm getrennt habe. Der Beklagte müsse sich ausschließlich von bezahlten Pflegern und Hilfspersonen betreuen und versorgen lassen. Er habe das Betriebsergebnis per 31.3.1987 durch eine Bareinzahlung in Höhe von 872.000 S verbessert und stets nur zum Vorteil des Unternehmens gehandelt. Weder in der Klage noch in den Generalversammlungen davor hätten die Klägerinnen jemals konkrete Abberufungsgründe vorbringen können; in der letzten Generalversammlung am 3.3.1988 sei vielmehr von den Gesellschaftern der Jahresabschluß zum 31.3.1987 zur Kenntnis genommen und beiden Geschäftsführern Dank und Anerkennung sowie die Entlastung ausgesprochen worden. Der Beklagte sei als Geschäftsführer keineswegs ungeeignet; vielmehr brachten die gesunden Klägerinnen ihm als Kranken nicht die notwendige Toleranz und Anerkennung entgegen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; es traf noch folgende wesentliche Tatsachenfeststellungen:
Der Beklagte hat die HTL-Maschinenbau absolviert und war 14 Jahre lang bei der V*** in Linz in seinem erlernten Beruf tätig. Er wohnte mit der Erstklägerin im Werkshotel in Linz, wo auch die Zweitklägerin geboren wurde. Nach der Übergabe des (schwieger-)väterlichen Betriebes setzten die Erstklägerin und der Beklagte ihre ganze Energie in diesen Betrieb ein; sie eigneten sich die für die Geschäftsführung erforderlichen Kenntnisse durch Selbst- und Weiterbildung an. Das Unternehmen belieferte Handelsketten, Schulen und Detailkunden in den Bundesländern Steiermark und Kärnten sowie in Osttirol und im Südburgenland. Es gelang nicht nur eine Umsatzsteigerung, sondern es stieg auch die Anzahl der Bediensteten von 20 auf 35.
Im Jahre 1974 kam es infolge eines Ehebruches des Beklagten zu einer schweren Ehekrise, auf Grund deren die Erstklägerin das Vertrauen zu ihm verlor. Sie zog aber die bereits eingebrachte Ehescheidungsklage unter anderem auch im Hinblick auf die Schwierigkeiten einer Vermögensauseinandersetzung wieder zurück. In den folgenden Jahren traten beim Beklagten die ersten Anzeichen einer schweren Erkrankung in Form von Schwächezuständen, Doppelbildern, körperlichem Unbehagen, Gangunsicherheiten und Paraesthesien auf. Nach der erstmaligen Diagnose auf multiple Sklerose nahm der Beklagte weiterhin ärztliche Hilfe in Anspruch; er suchte mehrere Krankenhäuser auf und absolvierte Kuren, doch schritt die Krankheit unaufhaltsam weiter und schränkte seine körperliche Beweglichkeit immer mehr ein, bis er schließlich 1983/1984 in den Rohllstuhl gezwungen wurde. Ungeachtet dessen erzielten aber die Erstklägerin und der Beklagte ein überdurchschnittliches Betriebsergebnis. Während die Anzahl der belieferten Einzelhändler schrumpfte, weitete sich die Lieferquote der Gesellschaft bei den Handelsketten und Großkaufleuten erheblich aus, so daß sich die Belieferung in zunehmendem Maße auf Großabnehmer konzentrierte. Schon damals waren die Erstklägerin und der Beklagte in einzelnen Fragen der Unternehmensführung oft verschiedener Meinung. Sie sprachen aber darüber, hörten sich die Argumente des anderen an und trafen schließlich eine einvernehmliche Entscheidung. Als der Beklagte in den Rollstuhl gezwungen war, löste die Erstklägerin die eheliche Gemeinschaft auf und zog aus der Ehewohnung im Obergeschoß des Betriebsgebäudes aus; sie behielt sich nur einen Raum zur fallweisen Nächtigung vor. Die Ehepartner wurden aus finanziellen Erwägungen von einer Ehescheidung abgehalten. Ihre persönlichen Kontakte beschränkten sich seither im Verlaufe der Jahre auf rein geschäftliche Belange. Schon seit Jahren betritt aber die Erstklägerin das "Chefbüro" des Beklagten nicht mehr. Seither treffen die beiden Geschäftsführer ihre Entscheidungen ohne vorherige gegenseitige Kontaktaufnahme. Anfang 1987 zog auch die Zweitklägerin aus der Wohnung des Beklagten aus und zu ihrem Freund. Seither wird der Beklagte ausschließlich von einem Pfleger und einer Haushelferin versorgt. Die Haushälterin hält die Wohnung instand und bereitet die Mahlzeiten zu. Der Pfleger versorgt den Beklagten. Er bringt ihn täglich mit dem Rollstuhl von den Wohnräumen im ersten Stock in sein Büro im Erdgeschoß und wieder zurück; auch führt er ihn mit dem Rollstuhl durch den Betrieb. Obgleich sich neben dem Chefbüro des Beklagten eine WC-Anlage befindet, benützt dieser im Büro überwiegend die Urinflasche. Er verbringt dort auch auf einer Sitzbank den Mittagsschlaf und hält sich dann von 14.00 bis 16.30 Uhr weiterhin im Büro bzw. Betrieb auf.
Die multiple Sklerose führte beim Beklagten zur Lähmung von Hirnnerven, zu Doppelbildern, Sprach- und Schluckstörungen, zu Teillähmungen von Muskelgruppen bis hin zur kompletten Lähmung der Extremitäten, verbunden mit Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion. Der Krankheitsverlauf war von einer kontinuierlichen Progredienz gekennzeichnet. Innerhalb weniger Jahre kam es zu einer Lähmung sämtlicher Extremitäten und zum Verlust der Geh- und Stehfähigkeit, verbunden mit Bewegungsstörungen der oberen Extremitäten. Dieser Lähmungszustand führte auch zum Verlust der Fähigkeit zum Schreiben und zur selbständigen Nahrungsaufnahme. Der an den Rollstuhl gebundene Beklagte kann sich nicht mehr selbständig aufsetzen oder niederlegen; er bedarf insgesamt einer fortlaufenden Pflege und Hilfe zur Verrichtung der täglichen Lebensnotwendigkeiten. Die Intelligenz des Beklagten ist aber durch die Erkrankung im wesentlichen unbeeinträchtigt geblieben; seine Merkfähigkeit und der Überblick im Betrieb sind ungestört. Insbesondere sein Rechenvermögen ist erstaunlich gut, und er ist in der Lage, Geschäftsvorgänge sofort kritisch und richtig zu analysieren, Fehler zu erkennen und sie zu korrigieren. Seine schwere dysarthrisch-aphonische Sprachstörung ermöglicht zwar in der Normalsituation auch die Verständigung mit einem Fremden über weite Strecken, der Beklagte kann aber komplizierte Sachverhalte an Dritte nur mit Hilfe von Leuten aus seiner Umgebung wiedergeben, die ihn durch jahrelanges Zusammensein relativ gut verstehen. Dieses Angewiesensein auf die Hilfe und Unterstützung Dritter sowie die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft tragen dazu bei, daß der Beklagte in seiner Mitwirkung, ja in seiner bloßen Anwesenheit im Betrieb, die letzte Möglichkeit der Selbstverwirklichung sieht. Bis zum Auftreten der Erkrankung und auch danach bis zum Jahr 1984 wurde zwischen dem Beklagten und der Erstklägerin folgende Aufteilung der Betriebsagenden gehandhabt: Dem Beklagten oblagen die Akquisition, die direkten Einkaufsverhandlungen, die organisatorische Betriebsführung, die technische Innovation und die Verkaufsverhandlungen. Auch nach dem Jahre 1984 führte der Beklagte weiterhin die Aufgaben der Kontrolle, Aufsicht, Kalkulation, der betrieblichen und technischen Organisation sowie der Führung mündlicher Verhandlungen - auch unter Beiziehung eines Dolmetschers - aus. Die krankheitsbedingte massive Behinderung des Beklagten wirkt sich bei der Akquisition nicht so sehr nachteilig aus, weil sich das Verkaufsgeschäft auf Stammkunden verlagert hat; die verbale Kommunikation des Beklagten bei Verhandlungen beschränkt sich damit auf solche Geschäftspartner, mit denen schon längere Zeit eine Geschäftsverbindung besteht. Die organisatorische Betriebsführung hat sich durch die Behinderung des Beklagten nicht geändert; im Hinblick auf seine eingeschränkte körperliche Beweglichkeit kann er darauf aber nur noch eine theoretische Einflußnahme ausüben. Die organisatorische Betriebsführung und die technische Organisation sind vorwiegend intellektuelle Leistungen, die der Beklagte mangels eines bisher eingetretenen Abbaues auf diesem Gebiet erfüllen kann. Seine Sprachstörungen führen lediglich zu Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit und bei der Akquisition von neuen Kunden. Seine Bewegungseinschränkungen bringen Schwierigkeiten im Innen- und Außendienst mit sich; diese Einschränkungen werden aber durch die Beiziehung eines Rollstuhl- und PKW-Fahrers sowie eines Dolmetschers zum Teil wettgemacht. Wesentliche Einzelaufgaben bzw. Einzeltätigkeiten eines Geschäftsführers, in dessen Aufgabengebiet bei der Betriebsgröße, dem Mitarbeiterstand und der Betriebsorgnisation der Gesellschaft die eigenverantwortliche selbständige Betriebsführung, der Warenein- und -verkauf, die Betriebsorganisation, administrative und buchhalterische Aufgaben, die Werbung und Akquisition sowie die Repräsentanz fallen, kann der Beklagte nicht mehr verrichten, so zB konkrete Verkaufsarbeiten, konkrete Repräsentationsaufgaben und diverse Akquisitionsarbeiten. Nach dem beruflichen Anforderungsprofil arbeitet ein Geschäftsführer bis zu einem Drittel der Arbeitszeit im Sitzen und bis zu zwei Dritteln im Stehen und Gehen bei einer in der Regel nur leichten körperlichen Belastung. Besondere Belastungen können aber durch nicht normgemäße Arbeitszeiten oder zeitliche Mehrleistungen sowie fallweise durch besonderen Zeitdruck entstehen.
Beim Beklagten sind die Bewußtseinslage, die Aufmerksamkeit, die Konzentrationsfähigkeit, das Sprachverständnis und die Lesefähigkeit uneingeschränkt erhalten. Auch liegen keine krankhaften formalen oder inhaltlichen Denkstörungen vor; sein Überblick über die Betriebsvorgänge ist gewährleistet. Der Beklagte ist insbesondere in der Lage, alle kalkulatorischen Operationen durchzuführen und alle Produktionsvorgänge von der rein technischen Seite her zu kontrollieren. Der Beklagte läßt sich die zu bearbeitenden Schriftstücke, wie Bankauszüge udgl., vorlegen; er gibt hiezu die nötigen Anweisungen, und erforderlichenfalls wird ihm von der Büroangestellten Edith G*** der Kugelschreiber in die Hand gegeben und bei der Unterschriftsleistung geholfen. Sie hilft ihm auch bei der Abwicklung von Telefonaten, indem sie die Verbindung herstellt und ihm dann den Hörer in die Hand gibt. Bei der Vorlage und Rückstellung von Schriftstücken wird auch der Pfleger eingeschaltet.
Die Bearbeitung eingehender Bestellungen, die Fakturierung und der Schriftverkehr liegen überwiegend in den Händen der Erstklägerin, welche über ein eigenes Büro im Erdgeschoß verfügt; die Zweitklägerin führt die Anordnungen ihrer Mutter aus. Besprechungen mit Kunden oder Lieferanten werden von der Erstklägerin in ihrem Büro ohne Kontaktaufnahme mit dem Beklagten abgehalten. Die Erstklägerin fühlt sich für die 35 bis 40 Beschäftigten und für die Firma allein verantwortlich. Sie bespricht die anstehenden Entscheidungen allenfalls mit der Zweitklägerin, nicht aber mit dem Beklagten, und trifft die Entscheidungen dann allein. Es gibt Tage ohne jeden persönlichen Kontakt zwischen den beiden Geschäftsführern.
Die fehlende Koordination der Anordnungen der beiden Geschäftsführer hat bereits zu Doppelbestellungen, widersprechenden Anordnungen, zu Stornierungen und betrieblichen Unzukömmlichkeiten geführt. Der Beklagte ist bestrebt, Privatbestellungen als Firmenbestellungen zu deklarieren. Er unterfertigt umfangreichere Bestellungen eigenhändig und veranlaßt dann, daß sie der Erstklägerin zur Fertigung vorgelegt werden. Sodann erkundigt er sich beim Geschäftspartner, ob die Bestellung auch erfolgt ist. Mit Schreiben vom 28.5.1986 machte die Steuerberatungsgesellschaft B*** & G*** die Gesellschaft auf eine durch die negative Geschäftsgebarung, die außerordentlich hohen Investitionen, die hohen Reparaturkosten an den Gebäuden und die hohen Entnahmen für private Zwecke hervorgerufene wesentliche Verschlechterung der Vermögens- und Liquiditätssituation aufmerksam. Nachdem am 15.7.1987 der Jahresabschluß zum 31.3.1987 vorlag, erstellte die Steuerberatungsgesellschaft einen Ergebnisvergleich für die Jahre 1985 bis 1987. Aus diesem ging hervor, daß sich der Verlust von 36.000 S im Jahre 1985 auf 1,236.289,62 S im Jahre 1986 erhöht und 1987 auf 635.663,77 S vermindert hatte. Bei einer Besprechung am 10.8.1987 wies der Steuerberater auf die außerordentlich hohen Kosten der Geschäftsführung, insbesondere auf den monatlichen Bruttobezug des Beklagten von 50.000 S, 14mal jährlich, bei verminderter Arbeitsleistung hin.
Die Erstklägerin und der Beklagte erteilten der Zweitklägerin per 19.8.1987 jeweils gemeinsam mit einem von ihnen die Zeichnungsberechtigung für das Geschäftsbankkonto der Gesellschaft. Am 12.1.1988 bestellte der Beklagte bei der Conrad W*** Gesellschaft mbH in Graz ohne vorherige Rücksprache mit der Erstklägerin einen neuen LKW mit Liefertermin Jänner/Februar 1988 zum Preis von 323.700 S gegen Überlassung eines Eintausch-LKWs im Betrag von 24.000 S. Die Klägerin wies die Lieferfirma mit Schreiben vom 15.1.1988 auf die lediglich kollektive Zeichnungsberechtigung des Beklagten hin, und es kam ohne weiteren Schaden zur Stornierung des "Kaufvertrages vom 12.1.1988".
In der Generalversammlung vom 3.3.1988 nahmen die drei Gesellschafter den Jahresabschluß 1987 nach vorheriger Erörterung mit Mag. Helmut G*** zur Kenntnis. Den beiden Geschäftsführern wurde der Dank und die Anerkennung sowie die Entlastung ausgesprochen. Auch die beiden Geschäftsführer entlasteten einander wechselseitig. Den von der Erstklägerin geäußerten Wunsch auf Bestellung der Zweitklägerin als "Sekundärgeschäftsführerin" oder Prokuristin lehnte der Beklagte ab; er erklärte sich aber bereit, der Zweitklägerin während seiner urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit eine Vollmacht zu erteilen, damit sie für ihn als Geschäftsführer einschreiten könne. Der von der Erstklägerin bereits am 23.2.1988 ausgesprochenen Kündigung des Arbeitnehmers Alois K*** verweigerte der Beklagte seine Zustimmung. Das Ansinnen auf Kürzung seines Monatsgehaltes lehnte er ab, war aber damit einverstanden, daß der Geschäftsführerbezug der Erstklägerin seinem Bruttomonatsbezug von rund 50.000 S angeglichen wurde. Am 30.5.1988 stellte der Beklagte auf das Firmengeschäftskonto für die Sonderzahlungen einen Verrechnungsscheck über 75.000 S und einen Überweisungsauftrag "Aconto-Weihnachtsremuneration" über 31.800 S aus, der jedoch nicht durchgeführt wurde.
Mit Schreiben vom 10.6.1988 an die V*** M*** wies der Beklagte ohne Bedachtnahme auf die der Zweitklägerin bereits eingeräumte Zeichnungsberechtigung für das Firmenkonto darauf hin, daß in Hinkunft sämtliche Wechsel, Schecks, Banküberweisungen und Bankaufträge seinen Stempel mit Unterschrift aufweisen müßten. Ohne vorherige Rücksprache mit der Erstklägerin holte der Beklagte von der K*** S*** AG in Wien ein Offert über den Einbau einer Liftanlage vom Erdgeschoß in den ersten Stock des Betriebsgebäudes ein und erteilte auch mit Schreiben vom 18.7.1988 auf der Grundlage des Anbotes dieser Firma den Auftrag zur Durchführung der hiefür erforderlichen Maurerarbeiten. Die Erstklägerin verhinderte jedoch die Absendung dieses Auftragsschreibens, teilte das dem Beklagten mit Schreiben vom 21.7.1988 mit und machte ihn bei der in Rede stehenden Auftragssumme von rund 500.000 S auf die kollektive Zeichnungsberechtigung sowie darauf aufmerksam, daß sie mit der Bestellung nicht einverstanden sei.
Per September 1988 nahm die Erstklägerin einen LKW-Fahrer auf, den sie in ein fixes Beschäftigungsverhältnis übernehmen wollte; der Beklagte willigte jedoch nur zu einer Einstellung als Aushilfsfahrer ein. Er war auch gegen die von der Erstklägerin beabsichtigte Übernahme einer tüchtigen Arbeiterin in das Angestelltenverhältnis. Am 2.9.1988 sprach der Beklagte ohne Zustimmung der Erstklägerin die fristlose Entlassung des seit 1987 als Buchhalter beschäftigten Bernd B*** aus, weil dieser seine Anweisungen nicht befolgt habe. Dies führte zu einem arbeitsgerichtlichen Prozeß, der mit dem Abschluß eines gerichtlichen Vergleiches endete, in welchem sich die Gesellschaft mit Zustimmung der Erstklägerin zur Zahlung von 65.000 S verpflichtete.
Einer Kündigung des seit zwei Jahren im Krankenstand befindlichen Arbeitnehmers Alois K*** verweigert der Beklagte nach wie vor die Zustimmung, so daß der Gesellschaft für das Jahr 1989 acht Wochenlöhne mit Sonderzahlungen anfallen, von denen lediglich 80 % des Wochenlohnes vergütet werden; hinzu kommen noch die vom Arbeitgeber zu leistenden Sozialabgaben und Steuern. Überdies erhöht sich infolge der längeren Beschäftigungszeit der Abfertigungsanspruch dieses Dienstnehmers.
Ab 10.11.1988 fand eine Buch- und Betriebsprüfung der Gesellschaft für die Jahre 1984 bis 1986 statt. In der vom Finanzamt Bruck an der Mur am 13.12.1988 verfaßten Niederschrift über die Schlußbesprechung wurde unter anderem festgehalten, daß wegen der physischen Beeinträchtigung des Beklagten dessen Geschäftsführerbezüge steuerlich in den drei Prüfungsjahren nur mit je 280.000 S brutto anerkannt werden könnten; die darüber hinausgehenden Bezüge von 504.029 S (1984), 612.360 S (1985) und 694.190 S (1986) seien steuerlich nicht abzugsfähig, sondern eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Beklagten. Ein Steuerbescheid ist darüber noch nicht ergangen; der Vertreter des Beklagten hat dem Finanzamt seine schriftliche Stellungnahme zugesagt. Die krankheitsbedingte Isolation des Beklagten und die aus der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft erwachsene Spannung und Rivalität zur Erstklägerin beeinflussen die von ihm zur Selbstbehauptung und Selbstbestätigung getroffenen Entscheidungen nicht immer optimal für den Betrieb. Eine Zunahme der schweren körperlichen Behinderung des Beklagten und seiner Sprachstörung ist nach dem bisherigen Verlauf der Krankheit eher wahrscheinlich als eine Besserung.
Daraus folgerte das Erstgericht noch im Rahmen seiner Tatsachenfeststellungen, daß dem Beklagten derzeit die Eignung zum Geschäftsführer nicht abgesprochen werden könne. Grobe Pflichtverletzungen seien von den Klägerinnen nicht einmal geltend gemacht worden. Der Beklagte sei aber zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht unfähig, weil er aus neurologischer und berufskundlicher Sicht derzeit trotz seiner Erkrankung noch das Anforderungsprofil eines Geschäftsführers weitestgehend erfüllen könne. Bei der Entscheidung nach § 16 Abs 2 GmbHG sei auch das Verhalten der beiden Klägerinnen zu berücksichtigen, welche sich ab der Erkrankung vom Beklagten abgewendet hätten und ihre Entscheidungen ohne Rücksprache mit ihm träfen. Mit der Erteilung der Zeichnungsberechtigung über das Firmenkonto an die Zweitklägerin sei für den Fall einer krankheitsbedingten Abwesenheit des Beklagten Vorsorge getroffen worden. Beide Geschäftsführer träfen nunmehr ihre Entscheidungen allein. Sollte der Beklagte Entscheidungen der Erstklägerin zum Nachteil des Betriebes nicht zustimmen, dann könnten die Klägerinnen dagegen als Mehrheitsgesellschafterinnen in der Generalversammlung Abhilfe schaffen. Derzeit würde schon eine kooperative Verhaltensänderung der Klägerinnen eine ordnungsgemäße Betriebsführung ermöglichen, unbeschadet der krankheitsbedingten Einschränkung des Tätigkeitsbereiches des Beklagten. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Als Grund für die gerichtliche Abberufung eines Geschäftsführers komme auch dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung wegen unverschuldeter Krankheit in Frage. Hiefür reiche sogar eine krankheitsbedingte teilweise Unfähigkeit aus, doch müsse im Einzelfall an Hand des Gesellschaftsvertrages, der Art des Betriebes, der Zahl der Gesellschafter und nach den persönlichen Verhältnissen des Geschäftsführers beurteilt werden, in welchem Umfang für ihn die Geschäftsführertätigkeit geboten wäre. Gerade bei einer Erkrankung müsse auch geprüft werden, ob nicht im Einzelfall auf Grund der Verdienste des Geschäftsführers um den Aufbau des gemeinsamen Unternehmens eine mildere Beurteilung angebracht ist. Danach sei aber den beiden Geschäftsführern für den vorliegenden Familienbetrieb eine Kollektivvertretungsbefugnis eingeräumt worden. Der Beklagte habe bis zu seiner Erkrankung seine ganze Energie im Betrieb eingesetzt, sich die für die Geschäftsführung erforderlichen Kenntnisse durch Selbst- und Weiterbildung angeeignet und maßgeblich zum Aufstieg des Unternehmens von einem Klein- zu einem Mittelbetrieb beigetragen. Nach seiner Erkrankung hätten sich die Familienangehörigen von ihm abgewendet und ihn in geschäftlichen Belangen übergangen, so daß er isoliert und zugleich auf den ihm verbliebenen Aktionsradius im Betrieb fixiert worden sei. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Vereinbarung über eine Ressortzuständigkeit hätten sich im Lauf der Zeit Schwerpunkte für die Geschäftsführertätigkeit der Erstklägerin herausgebildet; der Beklagte habe sich durchwegs auf von ihm zu bewältigende Bereiche beschränkt. Es sei daher eine mildere Beurteilung angebracht, die sein Verbleiben in der Stellung als Geschäftsführer ohne erhebliche Gefährdung der Belange der Gesellschaft zulasse. Die von den Klägerinnen geltend gemachten nachteiligen Entscheidungen des Beklagten hätten ihre Ursache im gestörten persönlichen Kontakt zwischen den beiden Geschäftsführern. Auch die körperliche Bresthaftigkeit des Beklagten, die ihn auf die Hilfe Dritter angewiesen sein lasse, könne die Fortsetzung seiner Geschäftsführertätigkeit für die Klägerinnen nicht unzumutbar machen, solange der Beklagte seine Teilbereiche nach der praktizierten Aufgabenteilung erfülle. Im Hinblick auf die berechtigte Klageabweisung und die Tatsache, daß der Beklagte ohnehin nur ein Kollektivgeschäftsführer sei, bedürfe es auch keiner Erwägung darüber, ob allenfalls gelindere Maßnahmen als die von den Klägerinnen begehrte gänzliche Abberufung vom Gericht überhaupt hätten ergriffen werden können.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerinnen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern oder doch - hilfsweise - dem Beklagten nur die Vertretungsbefugnis und die Zeichnungsberechtigung für die Gesellschaft zu entziehen.
Der Beklagte stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerinnen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Klägerinnen machen im wesentlichen geltend, daß ihr Begehren auf Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft nach den Feststellungen der Vorinstanzen schon deshalb gerechtfertigt sei, weil hiefür auch eine nur teilweise Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ausreiche und eine ausdrückliche Ressortzuständigkeit der beiden Geschäftsführer für bestimmte Aufgabengebiete nicht vereinbart worden sei. Eine mildere Beurteilung sei nicht angebracht, weil die Ehegatten einen blühenden Betrieb übernommen hätten und der Beklagte schon kurz nach Gründung der Gesellschaft erkrankt sei. Das Fortbestehen seiner Geschäftsführertätigkeit sei für die Klägerinnen unzumutbar und bedeute eine erhebliche Gefährdung der Belange der Gesellschaft. Sollte all dies aber doch nicht für eine gänzliche Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft ausreichen, dann hätte eine gelindere, zur Sicherung der Gesellschaft ausreichende Maßnahme angeordnet werden müssen; als solche komme der bloße Entzug der Zeichnungsberechtigung und der Vertretungsbefugnis des Beklagten in Betracht. Diesen Ausführungen ist jedoch folgendes entgegenzuhalten:
Gemäß § 16 Abs 2 GmbHG kann ein Geschäftsführer, der Gesellschafter ist, aus einem wichtigen Grund durch gerichtliche Entscheidung abberufen werden; dabei sind §§ 117 und 127 HGB sinngemäß anzuwenden. Mit dieser durch die GmbHG-Novelle 1980 neu eingeführten Bestimmung sollte die Möglichkeit geschaffen werden, Geschäftsführer auch dann abzuberufen, wenn sich hiefür bei der Beschlußfassung der Gesellschafter nicht die notwendige Stimmenmehrheit erzielen ließ, weil der Geschäftsführer gleichzeitig als Gesellschafter über die Hälfte aller Stimmen verfügte. Durch die sinngemäße Anwendung der §§ 117 und 127 HGB, welche auch dem personalistischen Prinzip des GmbHG entspricht, wird außerdem näher umschrieben, was ein wichtiger Grund ist (SZ 55/86; WBl. 1989, 374). Wenn demnach § 16 Abs 2 GmbHG zwar deshalb eingeführt wurde, um auch die Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern, die über eine Mehrheit oder doch wenigstens über die Hälfte der Stimmen bzw. über eine Sperrminorität verfügen, zu ermöglichen, so schränkt doch der Gesetzeswortlaut die Möglichkeit einer Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grund keineswegs auf diejenigen Fälle ein, in denen er schon allein durch die Ausübung seines Stimmrechtes seine Abberufung durch die Gesellschafter verhindern kann (SZ 60/285). Schon aus diesem Grund sind die vom Berufungsgericht im Anschluß an die Ausführungen Reich-Rohrwigs (in JBl. 1981, 192) angestellten Überlegungen zum allenfalls mangelnden Rechtsschutzinteresse der beiden Klägerinnen als Mehrheitsgesellschafterinnen - abgesehen davon, daß ein solches mangelndes Rechtsschutzbedürfnis nur auf besonderen, hier aber unterbliebenen Einwand des Beklagten überhaupt hätte wahrgenommen werden können - nicht zielführend.
In jedem Fall sind aber nach der gesetzlichen Verweisung auf die Bestimmungen des Rechtes der Personenhandelsgesellschaften die zu §§ 117 und 127 HGB in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf die gerichtliche Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern zu übertragen (SZ 55/86; SZ 60/285). Gemäß §§ 117 und 127 HGB kann einem Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft aus wichtigem Grund die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsmacht durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden. Als Beispiele wichtiger Gründe führt das HGB insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und Vertretung an. Der wichtige Grund muß daher nicht in einem schuldhaften Verhalten des Gesellschafter-Geschäftsführers liegen; vielmehr kann auch unverschuldete dauernde Krankheit oder altersbedingt erheblich verminderte Leistungsfähigkeit genügen (Kastner, Gesellschaftsrecht4, 80, 86; Paschinger, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozeß 125, 132 und Nachtrag 1982, 22; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 153; Auer, Rechtsgrundlagen für den GmbH-Geschäftsführer Rz 81; Torggler-Kucsko in Straube, HGB, Rz 15 zu § 117). Auch in diesem Fall ist aber ein wichtiger Grund im allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn das weitere Verbleiben des Gesellschafters in seiner Stellung als Geschäftsführer nach den Umständen des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen sämtlicher Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern nicht mehr zumutbar ist, weil die Fortdauer der Tätigkeit des betreffenden Gesellschafter-Geschäftsführers die
der Gesellschaft erheblich gefährden würde (Torggler-Kucsko aaO Rz 10, 11; Paschinger aaO Nachtrag 1982, 21 f; Fischer in GroßKomm.
z. HGB3 § 117 Anm. 3, 7 a, 7 b; Heymann-Emmerich, HGB, Rz 5 zu § 117). Bei der Prüfung, ob ein ausreichender Grund gegeben ist, ist auch auf das Verhalten der Mitgesellschafter Bedacht zu nehmen;
ebensowenig dürfen die bisherige Tätigkeit und die Verdienste des Geschäftsführers unbeachtet bleiben (Torggler-Kucsko aaO Rz 13;
Schlegelberger-Geßler, HGB4 Rz 5 zu § 117; Heymann-Emmerich aaO Rz 7). Wohl ist es richtig, daß ein wichtiger Grund nicht nur bei gänzlicher Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und Vertretung, sondern auch bei nur teilweiser Unfähigkeit zur Erfüllung der Geschäftsführerpflichten vorliegen kann; gerade bei diesem Abberufungsgrund wird aber zu prüfen sein, ob nicht im Einzelfall doch eine mildere Beurteilung angebracht ist. So wird etwa mit Recht eine gerichtliche Abberufung grundsätzlich abgelehnt, wenn der nunmehr wegen seines hohen Alters oder einer Krankheit zur Geschäftsführung unfähige Gesellschafter Zeit seines Lebens seine gesamten Kräfte dem gemeinsamen Unternehmen gewidmet hat (vgl. Torggler-Kucsko aaO Rz 15; Fischer aaO Anm. 5; Heymann-Emmerich aaO Rz 6).
Bei der nach den obigen Grundsätzen vorzunehmenden Gesamtschau ergibt sich nun, daß die Vorinstanzen den von den beiden Klägerinnen geltend gemachten wichtigen Grund für die gerichtliche Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft wegen krankheitsbedingter Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und Vertretung mit Recht verneint haben. Der Beklagte ist zwar, seitdem er wegen multipler Sklerose an den Rollstuhl gefesselt ist und unter schweren Sprachstörungen leidet, nicht mehr in allen Belangen zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung fähig. Gerade weil er aber gemeinsam mit der Erstklägerin nur zum kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt wurde und schon vor seiner Erkrankung - wenn auch ohne ausdrücklich vereinbarte Ressortverteilung - eine bestimmte Aufgabenteilung zwischen den beiden Geschäftsführern faktisch gehandhabt worden war, die vom Beklagten weiterhin, wenn auch mit gewissen Schwierigkeiten, wahrgenommen werden kann, fällt seine teilweise Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht entscheidend ins Gewicht. Sie allein vermag die Belange der Gesellschaft noch nicht erheblich zu gefährden oder den beiden Klägerinnen gegenüber die Fortdauer der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten unzumutbar zu machen, zumal die Klägerinnen mit ihm nach wie vor als Ehefrau und Tochter familiär verbunden sind. Der wahre Grund für die festgestellten Unzukömmlichkeiten besteht vielmehr darin, daß die beiden Geschäftsführer nicht mehr wie früher die einzelnen Fragen in der Unternehmensführung miteinander besprechen und einvernehmliche Entscheidungen treffen, sondern daß sich die beiden Klägerinnen seit 1983/84 vom Beklagten völlig abgewendet und ihn mit seiner Krankheit und mit fremden Hilfspersonen völlig allein gelassen haben und seither die beiden Geschäftsführer auch ihre Entscheidungen allein und ohne vorherige Rücksprache treffen, weshalb verschiedene Maßnahmen im Hinblick auf die bestehende Kollektivvertretungsbefugnis nachträglich des öfteren auch zunichte gemacht oder doch blockiert werden. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend erkannt, daß die krankheitsbedingte Teilunfähigkeit des Beklagten zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung in einem milderen Licht gesehen werden muß, weil er jedenfalls seit dem Jahr 1967 seine gesamten Kräfte dem gemeinsamen Unternehmen gewidmet hat. Daß dies auch die Klägerin und davor schon ihre Eltern getan haben mögen, vermag darin nichts zu ändern. Mit Rücksicht darauf und auf die langjährigen intakten persönlichen Beziehungen unter den Gesellschaftern wäre eine Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft sachlich und menschlich nicht vertretbar, ist doch seine berufliche und gesellschaftsrechtliche Stellung als Geschäftsführer das einzige, was ihm bei seiner Krankheit noch verblieben ist und seiner Selbstverwirklichung dient. Für den Fall seiner urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit ist aber der Beklagte ohnehin bereit, der Zweitklägerin entsprechende Vollmachten zu seiner Vertretung zu geben. Bei dieser Sachlage haben die Vorinstanzen zutreffend das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die gerichtliche Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft verneint. Da das Unternehmen der Gesellschaft nur an einem Standort betrieben wird und der Beklagte von vornherein nur kollektivvertretungsbefugter Geschäftsführer ist, kommt auch ein gelinderes Mittel im Sinne einer Teilentziehung seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nicht in Betracht. Die von den Klägerinnen erstmals in der Revision begehrte bloße Entziehung der Vertretungsbefugnis des Beklagten unter Belassung seiner Geschäftsführungsbefugnis ist - ungeachtet der Frage, ob eine solche Maßnahme bei der organschaftlichen Vertretung einer GesmbH überhaupt möglich wäre - von vornherein ungeeignet, Abhilfe zu schaffen, weil sämtliche Geschäftsführungsmaßnahmen weiterhin der Zustimmung des Beklagten bedürften und daher im Innenverhältnis auch Vertretungsakte der Erstklägerin davon abhängig wären. Die im Schrifttum überaus strittige Frage, ob eine derartige bloße Beschränkung statt der beantragten gänzlichen Entziehung durch Abberufung als Geschäftsführer der Gesellschaft ohne entsprechendes Eventualbegehren der Klägerinnen überhaupt hätte angeordnet werden können, kann daher auf sich beruhen (vgl. Torggler-Kucsko aaO Rz 24; Koppensteiner in Straube, HGB, Rz 6 zu § 127; Paschinger aaO Nachtrag 1982, 21; Reich-Rohrwig aaO 161; Fischer aaO Anm. 26 und Anm. 10 zu § 127; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft 152; Heymann-Emmerich aaO Rz 18; Baumbach-Duden-Hopt, HGB28 Rz 2 zu § 117 und Rz 1 zu § 127).
Der Revision mußte aus all diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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