OGH 4Ob505/78

OGH4Ob505/787.3.1978

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Isabella E*****, vertreten durch ihren Vater Leopold E*****, dieser vertreten durch Dr. Helfried Krainz, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei M*****, vertreten durch Dr. Peter Wiesauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 21.994,60 s.A. und Feststellung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 11. Oktober 1977, GZ 3 R 137/77-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22. April 1977, GZ 3 Cg 249/74-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.120,72 (einschließlich S 186,72 Umsatzsteuer und S 600,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei betreibt in L***** einen Kindergarten, den die Klägerin besuchte. Am 6. 9. 1973 verletzte sich die Klägerin bei einem Sturz in eine Tür, die teilweise aus Glas bestand. Die Klägerin behauptet, die beklagte Partei treffe ein Verschulden an diesem Unfall, weil die Tür nicht mit bruchsicherem Glas ausgestattet gewesen sei. Die Klägerin begehrte ein Schmerzensgeld von S 40.000,--, Ersatz von Krankenhauskosten in der Höhe von S 84,60 und des Verdienstentganges ihrer Mutter in der Höhe von S 910,-- sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der beklagten Partei für alle künftigen Schäden der Klägerin aus diesem Unfall.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens, da sie am Unfall der Klägerin kein Verschulden treffe.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren bis zu einem Betrag von S 21.994,60 s.A. und dem Feststellungsbegehren statt und wies ein Teilbegehren in der Höhe von S 19.000,-- - insoweit rechtskräftig - ab. Es stellte fest:

Die beklagte Partei unterhielt im Jahr 1973 einen Privatkindergarten in L*****. Für diesen seit 1970 provisorisch errichteten Kindergarten lag keine Bewilligung des Amtes der OÖ Landesregierung vor, jedoch wurde die Errichtung dieses Gebäudes mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Baurechtsamt, vom 6. 7. 1951 genehmigt. Die Bewohnungs- und Benützungsbewilligung gemäß §§ 82 und 89 der Linzer Bauordnung erging mit Bescheid vom 14. 1. 1955. Die genannten Bescheide betrafen ausschließlich die Errichtung des Gebäudes und bezogen sich nicht auf die im Kindergarten im Einzelnen befindlichen Einrichtungsgegenstände wie zB die Art der vorhandenen Türen. Die beiden Flügel der hölzernen Eingangstür zu den Räumen des Kindergartens sind mit vier Glasscheiben aus Rohgussglas (Kathedralglas) im Ausmaß von 42 x 84 cm mit einer Stärke von 3 - 4 mm versehen; die beiden unteren Scheiben sind jeweils etwa 50 cm vom Erdboden entfernt. Durch diese Tür gelangt man in einen Garderoberaum, in dem an beiden Seiten und in der Mitte an der Längsachse Bänke stehen, über denen Garderobehaken angebracht sind. Am 6. 9. 1973 befand sich im Garderoberaum vor dem linken Flügel der Eingangstür - vom Rauminneren aus gesehen - ein Fußabstreifer. Die (am 20. 10. 1969 geborene) Klägerin wurde von ihrer Mutter erstmals am 4. 9. 1973 in den Kindergarten gebracht und an Frau Hartig, einer von der beklagten Partei zur Aufsicht bestellten Kindergärtnerin, übergeben. Zu dieser Zeit waren etwa 40 Kinder in diesem Kindergarten aufgenommen. Am übernächsten Tag, also am 6. 9. 1973, wurde die Klägerin von ihrer 13-jährigen Schwester Adelheid in den Kindergarten gebracht. Die Klägerin wollte allerdings nicht in den Kindergarten gehen, sondern mit ihrem Vater im PKW weiterfahren, wurde aber trotz ihres Sträubens von ihrer Schwester in den Garderoberaum gebracht und dort umgezogen. Als sie mit dem Umkleiden fast fertig war, kam Frau Hartig aus dem Waschraum, während Adelheid den Garderoberaum schnell verließ, damit die Klägerin von ihrem Bestreben, den Kindergarten wieder zu verlassen, abgelenkt werde. Bereits an den ersten Tagen des Aufenthaltes der Klägerin wollte diese ihrer Mutter immer nachlaufen, wobei sie auch schrie und mit den Füßen strampelte. Dieses Verhalten der Klägerin, das im allgemeinen für Neuankömmlinge im Kindergarten typisch ist, war Frau Hartig bekannt. Frau Hartig sah, dass die Klägerin ihrer Schwester nachzulaufen versuchte, und ging, um der Klägerin ein Hinauslaufen auf den Hof durch das Zusperren der Eingangstür zu verwehren, auf der rechten Hälfte des Raumes schnell zur Eingangstür vor. Inzwischen lief die Klägerin auf der linken Hälfte des Raumes und durch den dazwischenliegenden mit Mänteln behängten Garderobeständer verdeckt, ebenfalls nach vorne und kam fast gleichzeitig mit Frau Hartig bei der Eingangstür an. Vor Erreichen der Eingangstür stolperte die Klägerin über den dort befindlichen Fußabstreifer und fiel mit der Hand gegen die rechts unten am linken Türflügel angebrachte Glasscheibe, die dadurch zerbrach. Die Klägerin, die mit der flachen Hand die Glasscheibe berührt hatte, erlitt durch diesen Unfall eine Wunde im Bereich des Grundgliedes des rechten Kleinfingers beugewärts mit Durchtrennung der Beugesehne und zweier Nervenäste. Sie litt unfallkausal 3 ½ Tage an starken Schmerzen, 1 Woche an mittelstarken sowie einschließlich der überschaubaren Restbeschwerden 3 bis 4 Wochen an leichten Schmerzen. Die Periode der leichten Schmerzen wurden im Hinblick auf die Ängstlichkeit des Kindes und die Restbeschwerden bei Kälte angenommen.

Als Folge der Verletzung ist eine 3,5 cm messende längsgerichtete Narbe mit einer geringen Verdickung an der Beugesehne der Hohlhand bis zur Mitte des Kleinfingergrundgliedes rechts vorhanden. Die Beweglichkeit ist nur geringfügig beeinträchtigt. An der Handinnenfläche bzw Außenkante rechts können bei starker Kälte die genähten Nerven noch etwas empfindlich reagieren, was aber keine wesentliche Beeinträchtigung nach sich zieht. Geringe Dauerfolgen sind vorhanden, nicht überschaubare Komplikationen sind aber auszuschließen.

Die genannten, in den leichten Schmerzperioden enthaltenen überschaubaren Restbeschwerden setzen voraus, dass sich die Klägerin insbesondere beim Turnen und bei Kälte schont bzw einen entsprechenden Handschutz trägt und insbesondere Belastungen bei Anstrengungen des Kleinfingers in Kauf nimmt. Bei längerem Schreiben ist der Finger krampfanfällig und auch beim Turnen und bei Kälteeinwirkungen empfindet die Klägerin noch Schmerzen. Eine kosmetische Narbenkorrektur wäre möglich, eine Besserung der bestehenden Narbe, aber nicht unbedingt dadurch zu erreichen. Seitdem der Kindergarten im Jahr 1970 in Betrieb genommen wurde, traten keinerlei Unfälle mit Verletzungsfolgen an der gegenständlichen Glastüre auf.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, dass im vorliegenden Fall § 7 der Verordnung des Ministers für Cultus und Unterricht vom 22. 6. 1872 RGBl Nr 108 anzuwenden sei, wonach die für einen Kindergarten bestimmten Räumlichkeiten einen bequemen und sicheren Zugang und eine vollkommen gesunde Lage haben und für eine ungehemmte Bewegung der Zöglinge ausreichend sein müssen, weil die derzeit geltende Kindergartenordnung zur Unfallszeit noch nicht erlassen gewesen sei. Eine mit Glas versehene Eingangstür entspreche nicht dem Erfordernis ausreichender Sicherheit, weil in einem Kindergarten damit gerechnet werden müsse, dass Kinder wegen der ihnen fehlenden Einsicht keine Vorsicht im Umgang mit Glastüren anwenden. Es müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass Kinder auch gegen den Willen der Aufsichtspersonen den Kindergarten zu verlassen trachten. Da beim Kindergartenerhalter die Kenntnis dieser Umstände vorausgesetzt werden müsse, sei ein Verschulden der beklagten Partei anzunehmen. Darüber hinaus sei eine Haftung der Beklagten auch aus den zwischen ihr und der Mutter der Klägerin abgeschlossenen Vereinbarung, die als Nebenpflicht eine Vermeidung von Verletzungen der Klägerin beinhalte, zu bejahen. Schließlich hafte die Beklagte für das Verhalten der Frau Hartig gemäß § 1313a ABGB. Frau Hartig sei eine Fehlreaktion insofern anzulasten, als sie versuchte, die Glastür zu versperren, anstatt die Klägerin von der Eingangstür fernzuhalten. Ein Mitverschulden der Klägerin komme schon angesichts deren Alters nicht in Betracht. Unter Berücksichtigung der anzunehmenden Schmerzperioden sowie der verbliebenen Dauerfolgen erscheine ein Schmerzengeld von S 21.000,-- gerechtfertigt. Da eine kosmetische Operation allenfalls einmal durchgeführt werden könnte, sei auch das Feststellungsbegehren gerechtfertigt.

Die Berufung der beklagten Partei gegen den stattgebenden Teil des Urteiles des Erstgerichtes blieb erfolglos. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und stellte ergänzend fest, dass es sich bei dem für die Eingangstür des Kindergartens verwendeten Rohgussglas um eine Glasart handelt, die üblicherweise für die Verkleidung von Wohnungstüren und auch von Haustüren verwendet wird, und dass durch Stolpern und Hineinfallen auch ein Kind eine solche Glasscheibe zerbrechen kann. Bei der rechtlichen Beurteilung vertrat das Berufungsgericht zunächst die Auffassung, dass im vorliegenden Fall nicht die Bestimmung des § 7 der Verordnung RGBl 1872 Nr 108 anzuwenden sei, weil das OÖ Kindergarten- und Hortgesetz (OÖLGBl 1973 Nr 1) bereits seit 18. 1. 1973 in Kraft und dadurch zum Unfallszeitpunkt (6. 9. 1973) geltendes Recht gewesen sei, auch wenn die auf Grund dieses Gesetzes erlassene Kindergartenbau- und Einrichtungsverordnung vom 9. 4. 1974 (OÖLGBl 1974 Nr 9) noch nicht in Kraft gewesen sei. Die Verwendung von Rohgussglasscheiben für die Ausstattung von Türen sei auch bei Außerachtlassung der Vorschrift des § 20 Abs 3 dieser Verordnung allein schon wegen der Bestimmung des § 14 OÖ Kindergartengesetz und wegen der allgemeinen Grundsätze über die Verkehrssicherungspflicht nach ABGB rechtswidrig und der Beklagten auch als Verschulden anzulasten. Kinder neigten bekanntermaßen, wie auch die Organe der Beklagten hätten wissen müssen, zu schnellen und unbedachten Bewegungen. Es sei eine Erfahrungstatsache, dass Kinder den Kindergarten gegen den Willen ihrer Aufsichtspersonen zu verlassen trachten können und dass es dabei gerade an Eingangstüren zu Handgemengen kommen könne. Angesichts dieser typischen kindhaften Eigenschaften stelle die Verglasung der Eingangstür eine besondere und für die beklagte Partei bei pflichtgemäßer Überlegung auch erkennbare Gefahrenquelle dar. Dieser Gefahr hätte die Beklagte durch geeignete Maßnahmen wie durch Verwendung eines Sicherheitsglases, auch wenn dazu noch keine gesetzliche Verpflichtung bestand, oder eines Schutzgitters am unteren Teil der Scheiben oder überhaupt durch Verwendung einer anderen Türfüllung Rechnung tragen müssen. Da die beklagte Partei somit ihr mögliche und zumutbare Vorkehrungen zur Beseitigung der Gefahrenquelle unterlassen habe, habe sie die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, wobei sie das Verhalten ihrer Organe gegen sich gelten lassen müsse; das gelte sowohl für ein deliktisches Verhalten als auch für eine Verletzung der sich aus der vertraglichen Beziehung zwischen der beklagten Partei und den Erziehungsberechtigten der Klägerin ergebenden Schutzpflichten hinsichtlich der Klägerin. Ob auch ein schuldhaftes Verhalten der Aufsichtsperson Hartig vorliege, bedürfe keiner Prüfung mehr. Ein Mitverschulden der Klägerin sei vom Erstgericht mit Recht unter Hinweis auf das Alter der Klägerin verneint worden. Die Höhe des vom Erstgericht zuerkannten Schmerzengeldes sei angemessen; das Feststellungsinteresse sei wegen der eingetretenen Dauerfolgen mit Recht bejaht worden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, S 50.000,-- (die Klage war am 9. 8. 1974 eingebracht worden) übersteigt.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder aufzuheben. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die beklagte Partei macht im Wesentlichen geltend, eine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht könne ihr nicht angelastet werden, weil sie den Kindergarten bereits seit dem Jahre 1970 betrieben habe, die Errichtung des Gebäudes und dessen Benützung ordnungsgemäß bewilligt worden sei und nach § 37 Abs 1 des OÖ Kindergartengesetzes, das mit 18. 1. 1973 in Kraft getreten sei, die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Kindergärten als nach den Bestimmungen dieses Gesetzes errichtet gelten. Hinsichtlich der Verglasung der Tür seien keine besonderen Auflagen erteilt worden. Die verwendete Glassorte sei vollkommen geeignet gewesen und habe den Bauvorschriften entsprochen. Die beklagte Partei treffe daher keine Pflichtverletzung. Jedenfalls sei der Schmerzengeldbetrag von S 21.000,-- überhöht; es sei lediglich ein Betrag von S 15.000,-- angemessen. Schließlich sei ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden zu verneinen, weil Folgeschäden mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Zunächst ist auf die wesentliche Feststellung der Untergerichte zu verweisen, wonach ein Verhalten wie das der Klägerin, die - als sie erstmals in den Kindergarten gebracht worden war - ihrer weggehenden Mutter nachzulaufen versuchte, schrie und mit den Füßen strampelte, für Neuankömmlinge in einem Kindergarten typisch ist. Mit Recht hat das Berufungsgericht daraus gefolgert, dass diese Tatsache insbesondere auch den Organen der beklagten Partei bekannt sein musste und dass bei der Einrichtung und Führung des Kindergartens darauf Bedacht zu nehmen war. Zutreffend wurde in diesem Zusammenhang auf die von Lehre und Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht entwickelten Grundsätze verwiesen. Darnach muss jeder, der auf einem ihm gehörenden oder seiner Verfügung unterstehenden Grund und Boden einen Verkehr für Menschen eröffnet, im Rahmen des Zumutbaren auch für die Verkehrssicherheit sorgen und Schädigungen Dritter nach Tunlichkeit hintanhalten (SZ 43/204, JBl 1969, 557, EvBl 1970/191, 1975/3, 1976/50, RZ 1975 180, 1976 75 ua). Diese aus den Schadenersatzvorschriften des Bürgerlichen Rechtes in Verbindung mit dem allgemeinen Gefährdungsverbot des Strafrechtes und dem Ingerenzprinzip abgeleitete (SZ 44/83, EvBl 1970/326, ZVR 1975/159) ohne Rücksicht auf allfällige vertragliche Beziehungen gegenüber jeden befugten Benützer bestehende "Verkehrssicherungspflicht" macht es insbesondere jedem Eigentümer eines Hauses zur Pflicht, alle Gänge und Treppen und sonstigen Teile des Hauses, die zu dessen ordnungsgemäßer Benützung erforderlich sind, in sicherem gefahrlosem Zustand zu erhalten (JBl 1965, 474, EvBl 1970/191, 1974/248). Er hat hiebei die verkehrsübliche Aufmerksamkeit anzuwenden und die notwendige Sorgfalt zu beachten, wenn auch die Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden darf und die Grenzen des Zumutbaren zu beachten sind (JBl 1965 474, 1975 544, EvBl 1974/248, 1976/63, RZ 1975 180 ua). Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht kann durch allenfalls bestehende Sondervorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Baurechtes, immer nur ergänzt, aber nicht ersetzt werden; das Vorliegen entsprechender baubehördlicher oder sonstiger Genehmigungen kann daher den zur Sicherung des Verkehrs Verpflichteten nicht entschuldigen, wenn er auf Grund eigener Kenntnis den Bestand einer Gefahrenquelle weiß oder kennen muss und er ihm mögliche oder zumutbare Maßnahmen zu deren Beseitigung unterlässt (ZVR 1971/10, 2 Ob 181/74, 4 Ob 588/76). Diese Grundsätze gelten auch für den vorliegenden Fall. Die beklagte Partei war daher unabhängig davon, ob die Bestimmungen der Verordnung RGBl 1872 Nr 108 oder jene des OÖ Kindergarten- und Hortgesetzes galten - die übrigens im maßgeblichen Punkt hinsichtlich der Sicherheit des Zu- und Eingangs eines Kindergartens im Wesentlichen übereinstimmen - verpflichtet, die Räume des Kindergartens und alle Zugänge zu diesen so einzurichten und auszustatten, dass sie den besonderen Gegebenheiten bei der Benützung des Kindergartens, insbesondere auch hinsichtlich Sicherheit, gerecht wurden. Die von der Revision bezogene Übergangsbestimmung des OÖ Kindergarten- und Hortgesetzes (§ 37 Abs 1) besagt nur, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehende Kindergärten ohne die für neu zu errichtende Kindergärten vorgeschriebene Bewilligung weiter betrieben werden dürfen, nicht aber, dass der tatsächlich bestehende Zustand allgemein gebilligt und als dem Gesetz entsprechend anerkannt würde. Dies zeigt gerade die Übergangsbestimmung (§ 37 Abs 2), wonach die Bestimmungen des § 14 über die örtliche Lage, bauliche Gestaltung und Einrichtung von Gebäuden, Räumen und sonstigen Liegenschaften, die für Zwecke eines Kindergartens verwendet werden, auf bestehende Kindergärten sinngemäß mit der Maßgabe gelten, dass der den Bestimmungen des Gesetzes entsprechende Zustand so bald als möglich herzustellen ist. Es ändert daher auch die von der Revision bezogene Übergangsbestimmung nichts daran, dass die für den Betrieb des Kindergartens verantwortliche beklagte Partei jede erkennbare Gefahrenquelle im Rahmen des Zumutbaren zu beseitigen hatte.

Das zur Türfüllung verwendete Rohgussglas war nach dem festgestellten Sachverhalt aber von einer solchen Beschaffenheit, dass es auch ein Kind beim Hineinfallen zerbrechen konnte. Mit dem Hineinfallen eines Kindes in die Tür als Folge eines Stolperns oder einer Unachtsamkeit im Zuge eines Gedränges oder eines Versuches, durch die Eingangstür aus dem Kindergarten weglaufen zu können, musste aber insbesondere beim festgestellten typischen Verhalten von Neuankömmlingen durchaus gerechnet werden. Dazu kam, dass die Gefahr eines Stolperns dadurch vergrößert wurde, dass vor dieser Tür mit den Glasscheiben ein Fußabstreifer lag, der verrutschen konnte. Diese Glasscheiben waren daher unabhängig von der Frage, ob die Verwendung der betreffenden Glasart für Türen nach den Bauvorschriften im Allgemeinen zulässig ist, eine Gefahrenquelle in dem von der beklagten Partei betriebenen Kindergarten, deren Beseitigung durch Ersetzung durch ein stärkeres Glas oder durch Anbringung eines ausreichenden Schutzgitters oder überhaupt einer anderen Türfüllung ihr durchaus zumutbar war. Da die beklagte Partei trotzdem die Beseitigung der Gefahrenquelle unterlassen hatte, wurde ihr schon aus diesem Grunde von den Untergerichten mit Recht ein Verschulden am Unfall der Klägerin angelastet. Die Auffassung, dass die beklagte Partei das Verhalten ihrer Organe gegen sich gelten lassen muss und dass ein Eigenverschulden der Klägerin schon wegen ihres Alters ausscheidet, wird nicht mehr bekämpft, sodass es dazu genügt, darauf zu verweisen, dass die Ausführungen der Untergerichte richtig sind. Dasselbe gilt auch hinsichtlich der Höhe des zugesprochenen Schmerzengeldes, da die beklagte Partei diese nur allgemein bemängelt, ohne konkrete Gründe für ihre Auffassung anzuführen. Zur Frage des Feststellungsinteresses hat das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass nach dem festgestellten Sachverhalt Dauerfolgen der Verletzung der Klägerin, wenn auch nur im geringen Ausmaß, geblieben sind, insbesondere die Möglichkeit einer Narbenkorrektur besteht, deren Zweckmäßigkeit noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Die Behauptung der Revision, es könnten Folgeschäden mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ist daher nicht richtig. Das Interesse der Klägerin an der Feststellung der Ersatzpflicht der beklagten Partei für künftige Schäden wurde daher mit Recht bejaht (JBl 1976 315 mwN ua).

Es war somit der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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