Spruch:
Eine Klage, mit der Terminsverlust nach § 13 KSchG geltend gemacht wird, kann nur dann zu einem dem Klagebegehren stattgebenden Versäumungsurteil iS des § 396 ZPO führen, wenn der klagende Unternehmer nicht allein den Verzug des Verbrauchers, sondern auch die weiteren Voraussetzungen des § 13 KSchG - insbesondere die dort vorgeschriebene qualifizierte Mahnung des Verbrauchers - behauptet hat
OGH 3. 4. 1984, 4 Ob 503/84 (OLG Linz 3b R 13/83; KG Steyr 1 Cg 249/83)
Text
Die klagende Bank verlangt vom Beklagten 109 943.60 S sA. Sie habe dem Beklagten ein Darlehen gewährt, welches vereinbarungsgemäß in monatlichen Raten bei sonstigem Terminsverlust rückzahlbar gewesen sei. Der Beklagte sei mit der Rückzahlung der Darlehensraten in Verzug geraten, sodaß zufolge des dadurch eingetretenen Terminsverlustes die Forderung zum 25. 5. 1983 mit dem Klagebetrag unberichtigt aushafte.
Da zur ersten Tagsatzung am 30. 6. 1983 der Beklagte nicht erschienen war, beantragte der Klagevertreter die Fällung eines Versäumungsurteils; der Erstrichter behielt sich die Beschlußfassung über diesen Antrag vor.
Mit Versäumungsurteil vom 12. 7. 1983 wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Nach dem bisherigen Akteninhalt müsse angenommen werden, daß die Klägerin den Darlehensvertrag als Unternehmer und der Beklagte diesen Vertrag als Verbraucher iS des Konsumentenschutzgesetzes abgeschlossen hätten, also ein Verbrauchergeschäft iS der §§ 1 ff. KSchG vorliege. Damit dürfe aber der vereinbarte Terminsverlust nur unter den Voraussetzungen des § 13 KSchG geltend gemacht werden. Da die Klägerin die entsprechenden Tatsachen, insbesondere die vom Gesetz vorgeschriebene qualifizierte Mahnung des Beklagten, nicht behauptet habe, sei das Klagebegehren unschlüssig und deshalb mit (negativem) Versäumungsurteil abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Es war gleich dem Erstgericht der Meinung, daß infolge Fehlens von Behauptungen über eine mindestens sechswöchige Fälligkeit einer Darlehensrate sowie einer qualifizierten Mahnung des Beklagten der Klageanspruch aus dem Tatsachenvorbringen der Klägerin nicht abgeleitet werden könne; das Klagebegehren sei daher gemäß § 396 ZPO mangels Schlüssigkeit zu Recht abgewiesen worden.
Der Oberste Gerichtshof gab der außerordentlichen Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Entscheidung über das Rechtsmittel der Klägerin hängt von der Beantwortung der Rechtsfrage ab, ob bei einem Verbrauchergeschäft iS des § 1 KSchG, wie es die Vorinstanzen hier unbekämpft angenommen haben, die vom Unternehmer zur Geltendmachung des Terminsverlustes eingebrachte Klage nur dann schlüssig ist (§ 396 ZPO), wenn sie auch entsprechende Behauptungen über den Eintritt jener tatsächlichen Voraussetzungen enthält, von denen § 13 KSchG die Ausübung dieses Rechtes abhängig macht (Erbringung der eigenen Leistungen des Unternehmers, mindestens sechswöchiger Leistungsverzug des Verbrauchers, qualifizierte Mahnung). Diese - von der Rechtsprechung bisher nicht behandelte - Frage kann über den konkreten Fall hinaus auch für andere gleichartige Rechtsstreitigkeiten bedeutsam werden; ihr muß daher entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes sehr wohl erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung (§ 502 Abs. 4 Z 1 ZPO) zugebilligt werden.
Die sohin zulässige Revision der Klägerin ist jedoch nicht berechtigt. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, muß das Gericht bei der ihm gemäß § 396 ZPO obliegenden Schlüssigkeitsprüfung selbständig beurteilen, ob die nach der angeführten Gesetzesstelle für wahr zu haltenden Tatsachenbehauptungen des Klägers ausreichen, um das Klagebegehren als berechtigt zu erkennen. Soll das auf Antrag des erschienenen Klägers zu fällende Versäumungsurteil dem Klagebegehren stattgeben, dann muß schon die Klage alle für das Begehren notwendigen rechtserzeugenden Tatsachen enthalten; ist das Vorbringen und damit in der Folge auch die Sachgrundlage gemäß § 396 ZPO unvollständig, dann ist das Klagebegehren mangels Schlüssigkeit abzuweisen (Fasching III 621 f., § 396 ZPO Anm. 7). Nach § 226 Abs. 1 ZPO sind die rechtserzeugenden Tatsachen in der Klage kurz und vollständig anzugeben; daraus folgt, daß das Fehlen einer ausdrücklichen Behauptung (nur) dann nicht schadet, wenn sich die betreffende Tatsache schlüssig aus dem übrigen Tatsachenvorbringen des Klägers ergibt (Fasching aaO 36 f.; § 226 ZPO Anm. 7).
Aus der von der Revision in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung SZ 24/147, nach welcher mit der klageweisen Geltendmachung einer Forderung zumindest schlüssig auch deren Fälligkeit behauptet wird, ist für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen. Gemäß § 13 KSchG darf der Unternehmer das ihm vertraglich vorbehaltene Recht des Terminsverlustes nur ausüben, wenn er selbst seine Leistungen bereits erbracht hat, zumindest eine rückständige Leistung des Verbrauchers seit mindestens 6 Wochen fällig ist sowie der Unternehmer den Verbraucher unter Androhung des Terminsverlustes und unter Setzung einer Nachfrist von mindestens zwei Wochen erfolglos gemahnt hat. Der bloße Verzug des Verbrauchers reicht also hier zur Geltendmachung des vereinbarten Terminsverlustes nicht aus; das Gesetz läßt vielmehr die Ausübung dieses Rechtes nur unter weiteren Voraussetzungen, darunter insbesondere einer qualifizierten Mahnung des Verbrauchers, zu. Diese rechtserzeugenden Tatsachen hat der Unternehmer gemäß § 226 Abs. 1 ZPO schon in der Klage anzuführen. Fehlt es an entsprechenden Behauptungen, dann kann der Klageanspruch aus den vorgebrachten Tatsachen nicht abgeleitet werden; das Klagebegehren ist in diesem Fall gemäß § 396 ZPO mangels Schlüssigkeit mit (negativem) Versäumungsurteil abzuweisen.
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