OGH 4Ob49/98d

OGH4Ob49/98d24.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann G*****, vertreten durch Dr. Walter Lenfeld, Rechtsanwalt in Landeck, wider die beklagten Parteien 1.) Alfred M*****, 2.) E*****-Email Christine S*****, vertreten durch Waldbauer Paumgarten Naschberger Rechtsanwälte Partnerschaft in Kufstein, wegen S 500.000.-, infolge außerordentlicher Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Dezember1997, GZ 2 R 248/97f-78 , den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach dem festgestellten Sachverhalt sind für die beträchtlichen Umsatzrückgänge des Klägers beim Vertrieb von Astdübeln ab 1993 mehrere Faktoren ursächlich, darunter auch der Umstand, daß die Zweitbeklagte ab dem zweiten Halbjahr 1992 unter Zuhilfenahme einer durch Verstoß gegen § 11 UWG nachgebauten Produktionsanlage ebenfalls Astdübel erzeugt und mit ihren Produkten Kunden des Klägers zu niedrigeren Preisen als der Kläger beliefert hat. Der Kläger war dadurch einerseits genötigt, seine bisherigen Preise herabzusetzen, um Kunden zu halten, andererseits reduzierten Kunden des Klägers ihre Bestellmengen beim Kläger und deckten ihren restlichen Bedarf bei der Zweitbeklagten, oder sie setzten ihre Bestellungen beim Kläger völlig aus. Damit steht fest, daß das Auftreten der Zweitbeklagten als Konkurrentin des Klägers auf dem Markt für Astdübel eine Mitursache für Umsatzeinbußen des Klägers war. Dem Kläger ist damit der Beweis eines von den Beklagten verursachten Schadens dem Grunde nach gelungen. Einer Feststellung, in welchem Ausmaß die Zweitbeklagte am Schadenseintritt beteiligt war, bedurfte es im Hinblick auf die Bestimmung des § 1302 ABGB nicht: Lassen sich - wie hier - bei einer Haftung mehrerer Schädiger die von jedem verursachten Anteile am Gesamtschaden nicht bestimmen, so haftet jeder Schädiger solidarisch für den gesamten Schaden (Koziol/Welser I10 462; SZ 60/55 ua). War damit der Grund der Forderung nicht mehr strittig, durfte das Erstgericht § 273 Abs 1 ZPO bei Festsetzung der Schadenshöhe anwenden (SZ 23/224; JBl 1956, 180).

Richtig ist zwar, daß ein Umsatzrückgang dann nicht notwendig mit Ertragseinbußen verbunden ist, wenn der erzielte Verkaufspreis unter den Produktionskosten liegt (Unterkostenverkauf); ob das Unternehmen insgesamt positiv bilanziert, spielt in diesem Zusammenhang hingegen keine Rolle. Die Beklagten haben aber einen derartigen Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung dem gewöhnlichen Verhalten eines im Leistungswettbewerb stehenden Unternehmens widerspricht, nicht behauptet oder bewiesen. Die Vorinstanzen durften daher ausgehend von dem Erfahrungssatz, daß ein im Leistungswettbewerb stehendes Unternehmen seine Verkaufspreise regelmäßig kostendeckend kalkuliert, den Umsatzverlust des Klägers als maßgeblichen Faktor für die Ausmittlung der Schadenshöhe gem. § 273 Abs 1 ZPO heranziehen (vgl. dazu SZ 60/269 und SZ 25/161).

Ob es dem Kläger allenfalls gelungen ist, die Umsatzeinbrüche bei seinen bisherigen Kunden durch Aquisition neuer Kunden (teilweise) zu kompensieren, war deshalb nicht näher zu prüfen, weil nicht unterstellt werden kann, daß der Kläger neue Kunden nicht auch ohne den Markteintritt der Zweitbeklagten gewonnen hätte; daß dies den Kläger aber an die Grenzen seiner Produktionskapazitäten geführt hätte und er deshalb keine Ertragssteigerungen mehr hätte lukrieren können, wäre von den Beklagten zu behaupten und zu beweisen gewesen.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes steht auch in keinem Widerspruch zu der von ihm zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Nach der Entscheidung SZ 26/189 ist Voraussetzung eines auf § 9 Abs 2 UWG gestützten Schadenersatzanspruches der Nachweis eines dem Verletzten tatsächlich entstandenen Schadens, der der Höhe nach gem. § 273 ZPO nach Feststellung aller maßgeblichen Gesichtspunkte zu ermitteln ist; die angefochtene Entscheidung steht mit diesen Grundsätzen in Einklang. Nichts zu gewinnen ist für die Revisionswerberin auch aus den Entscheidungen ÖBl 1960, 4 und ÖBl 1962, 69: Erstere hatte unter anderem einen Rechnungslegungsanspruch zum Gegenstand, der im Hinblick auf die allgemeinen schadenersatzrechtlichen Normen, auf welche auch in Wettbewerbsangelegenheiten zurückzugreifen sei, für unberechtigt erachtet wurde; zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten sei die Bestimmung des § 273 ZPO heranzuziehen. Die zweite Entscheidung hielt es für unbedenklich, den auf Grund eines Verstoßes gegen § 1 UWG zu ermittelnden Gewinnentgang des Klägers der Höhe nach unter Anwendung des § 273 ZPO mit dem Gewinn des Beklagten gleichzustellen; diese Entscheidung steht damit ebenso wie die zuletzt in der Revision zitierte Entscheidung SZ 25/161, wonach der Beweis eines Umsatzrückganges zur Begründung eines Schadenersatzanspruches nach § 16 UWG genüge, mit den im Berufungsurteil vertretenen Grundsätzen in Einklang.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte