Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen; der Kläger hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Leiter der Abteilung 4 des Amtes der Kärntner Landesregierung ("Finanzabteilung"). In dieser Funktion war er auch mit Angelegenheiten der Sanierung des Zellstoffwerkes Magdalen (Zellstoff Villach Gesellschaft mbH) befaßt. Da dieser komplizierte Förderungsfall mit dem eigenen Personal nicht zu erledigen war, betraute das Land Kärnten zwei außenstehende Fachleute, Dr.G***** und Dr.R*****, mit der Erstellung eines Sanierungskonzeptes. In der Folge setzte der Kärntner Landtag wegen des Verdachts von Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe öffentlicher Gelder an die Zellstoff Villach GmbH einen Untersuchungsausschuß ein (Ausschuß "Magdalen"). Da der Untersuchungsausschuß Widersprüche zwischen dem Vortrag des Landeshauptmannstellvertreters Frühbauer in der Regierungssitzung vom 2.7.1987 und dem Rohbericht des Dr.G***** vom 22.7.1987 über die wirtschaftliche Lage des Zellstoffwerkes feststellte, forderte der Kärntner Landtag am 25.9.1990 die Kärntner Landesregierung auf, gegen den Kläger als den Leiter der Finanzabteilung sowie einen weiteren Landesbeamten, Dipl.Ing.Karl F***** Disziplinaranzeige zu erstatten. Hierauf leitete die Kärntner Landesregierung (Disziplinarausschuß) gegen die beiden Beamten Erhebungen nach § 111 Abs 1 Krnt DRG ein. Die Ermittlungen gegen den Kläger erstreckten sich auch auf eine angebliche Diskrepanz zwischen der dem Untersuchungsausschuß übermittelten Kopie des Referatsbogens über die Regierungssitzung vom 2.7.1987 und dem damals tatsächlich eingebrachten Originalreferatsbogen, auf welchem Landeshauptmannstellvertreter Frühbauer eine handschriftliche Korrektur vorgenommen hatte, welche in der Kopie nicht enthalten ist.
Der Disziplinarausschuß der Kärntner Landesregierung erstattete dazu am 15.1.1991 folgenden, dem Beklagten als dem damaligen Landeshauptmann vorgelegten Bericht:
".......
Zur Beilage 40 des Berichtes des Untersuchungsausschusses ist zu bemerken, daß es sich hiebei um den fotokopierten Akt der Abteilung 4 Zl Fin-120/78/87 handelt. Festgestellt wurde im Rahmen der Ermittlungen jedoch, daß diese fotokopierte 'Beilage 40' mit dem Originalakt der Abteilung 4, Zl Fin-120/78/87, nicht übereinstimmt. Tatsache ist auch, daß der vom Untersuchungsausschuß kopierte Referatsbogen in der Regierungssitzung am 2.Juli 1987 nicht eingebracht wurde; eingebracht wurde hingegen der im Original von Landeshauptmann-Stellvertreter Frühbauer handschriftlich korrigierte Aktenvorgang (siehe Beilage).
Die Notwendigkeit zur Korrektur des gegenständlichen Referatsbogens hatte sich für Landeshauptmann-Stellvertreter Frühbauer deshalb ergeben, da die angeforderten Unterlagen von Dr.G***** und Dr.R***** vom 30.Juni 1987 doch noch übermittelt worden waren und Landeshauptmann-Stellvertreter Frühbauer am selben Tage noch die Regierungsmitglieder hievon verständigt hatte.
Aufgrund der Aktenlage ergibt sich somit, daß alle Regierungsmitglieder den Bericht von Dr.G***** und Dr.R***** am 30. Juni 1987 zur Verfügung gehabt hatten und demnach alle damals vorliegenden Informationen weitergegeben worden waren.
Ein diesbezüglicher Vorwurf kann daher Dr.Sch***** (= Kläger) nicht treffen.
.............".
Da sich somit weder bezüglich dieser Diskrepanzen zwischen dem Originalreferatsbogen und der Kopie noch auch sonst Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung durch den Kläger ergaben, lehnte die Kärntner Landesregierung (- zuständig ist gemäß § 111 Abs 1 Krnt DienstRG der Vorstand der für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilung -) die Erstattung einer Disziplinaranzeige gegen den Kläger ab.
Von diesem Sachverhalt machte der Beklagte am 1.2.1991 in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit Mitteilung.
Nachdem der Beklagte bekanntgegeben hatte, daß gegen den Kläger und gegen Dipl.Ing.F***** keine Disziplinaranzeige erstattet wurde, äußerte er sich wie folgt:
"Das lasse ich nicht gelten. Ich habe den Verdacht, daß ein Akt gefälscht worden ist, weil im Original plötzlich ein Handvermerk ist, der in der Kopie des Untersuchungsausschusses fehlt." Diese Erklärung wiederholte der Beklagte auch in einem ORF-Interview, welches in den Kärntner Landesnachrichten am 1.2.1991 im Mittagsjournal ausgestrahlt wurde; dort äußerte sich der Beklagte wörtlich wie folgt: "Und nun haben wir alle diese Akten kopiert im Zuge des Untersuchungsausschusses. Die Disziplinarkommission stellt fest, daß die fotokopierten Beilagen, die im Ausschuß eingereicht worden sind, eigentlich falsch sind, weil der Originalakt in der Abteilung 4 mit der Zahl so und so nicht übereinstimmt. Das heißt, es besteht für mich auch hier der Verdacht, daß man im nachhinein, nachdem kopiert worden ist, auf dem Originalakt diese handschriftlichen Vermerke Frühbauers und die handschriftlichen Vermerke des zuständigen Beamten angefügt hat, die notwendig waren, um auch entsprechende Entlastungen vorzunehmen, denn letztlich hat ja die Finanzabteilung selbst die Akten dem Ausschuß zur Verfügung gestellt, und hat ja eigentlich wissen müssen, was sie kopiert, und es kann ja nicht nur eine Kopie unvollständiger sein als das Original."
Zur Sicherung des Anspruches auf Unterlassung unrichtiger und persönlichkeitsverletzender Angaben begehrt der Kläger, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, die Äußerung, daß "innerhalb der Finanzabteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung Akten manipuliert und bei einer Regierungsvorlage im nachhinein Fälschungen am Original durchgeführt" worden seien, oder gleichsinnige Äußerungen abzugeben.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages, weil der Kläger von den Äußerungen nicht (erkennbar) betroffen sei. Die Diskrepanzen zwischen dem Originalakt und der Fotokopie hätten den Verdacht irgendwelcher Aktenmanipulationen nahegelegt. Die Öffentlichkeit habe ein Recht zu erfahren, daß der Beklagte seine Pflichten als Landeshauptmann wahrnehme. Die einstweilige Verfügung ziele daher auf ein Rede- und Aufklärungsverbot ab.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, weil der Kläger durch die allgemein gehaltenen Verdächtigungen des Beklagten, daß beim Fotokopieren von Akten in der Finanzabteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung Unregelmäßigkeiten unterlaufen seien, nicht persönlich betroffen wurde.
Das Rekursgericht verbot dem Beklagten im Zusammenhang mit der Erwähnung des Umstandes, daß gegen den Kläger wegen der Vorkommnisse bei der Zellstoff Villach Gesellschaft mbH ("Projekt Magdalen") keine Disziplinaranzeige gemäß § 111 Krnt DRG erstattet wurde, die Äußerung, daß innerhalb der Finanzabteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung Akten manipuliert und durch nachträgliches Anbringen handschriftlicher Vermerke auf dem Original einer Regierungsvorlage gefälscht wurden, oder sinngleiche Äußerungen abzugeben.
Es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Richte sich eine Ehrenbeleidigung gegen einen Personenkreis, der mit einer Kollektivbezeichnung umschrieben wird, dann sei jeder betroffen, der dieser Personenmehrheit angehört. Der Personenkreis müsse allerdings einigermaßen überschaubar und begrenzbar sein. Das treffe auf die "Finanzabteilung" des Amtes der Kärntner Landesregierung zu. Der Kläger sei daher vom Vorwurf der "Fälschung" persönlich betroffen, zumal der Beklagte die beanstandeten Äußerungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der kritisierten Ablehnung der Erstattung einer Disziplinaranzeige gegen den Kläger gemacht habe. Der Beklagte habe den Verdacht geäußert, daß ein Akt gefälscht worden sei und damit weit über das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit hinaus konkrete Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB aufgestellt. Unter diese Gesetzesstelle falle auch eine in die Form einer Vermutung gekleidete Tatsachenbehauptung. Durch die Äußerung des Verdachtes einer Aktenfälschung habe der Beklagte aber auch ein negatives Werturteil über die betroffenen Personen gefällt und damit den Tatbestand des § 1330 Abs 1 ABGB verwirklicht. Der Beeinträchtigte könne sich in einem solchen Fall sowohl auf Abs 1 als auch Abs 2 des § 1330 ABGB stützen. Sei aber eine Rufschädigung zugleich eine Ehrenbeleidigung im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB, dann habe der Betroffene bezüglich der Ansprüche nach Abs 2 nur die Tatsachenverbreitung zu beweisen; den Wahrheitsbeweis habe der Beklagte zu erbringen. Vorwürfe, wie sie der Beklagte erhoben habe, dürften nicht dazu führen, daß der Bezichtigte mit dem Beweis der Unwahrheit und Schuldhaftigkeit belastet wird.
Auch die Wiederholungsgefahr sei gegeben. Der Beeinträchtigte habe auch ohne Vorliegen der für den Widerruf und die Veröffentlichung nach § 1330 Abs 2 ABGB normierten Voraussetzungen einen Unterlassungsanspruch. Nach § 1330 Abs 2 ABGB sei auch der wirtschaftliche Ruf einer Person absolut geschützt. Da dem Geschädigten bei einem Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte nicht nur Vermögensnachteile drohten, die durch Geld ausgeglichen werden können, habe er bei einer solchen Verletzung einen Abwehranspruch, der bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden könne.
Der Beklagte bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Sicherungsbegehren des Klägers abgewiesen werde.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil die Frage, ob ihm ein Rechtfertigungsgrund zugutekommt, von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO ist, zumal der dritte Satz des § 1330 Abs 2 ABGB keine abschließende Regelung der Rechtfertigungsgründe enthält (SZ 62/186 = MR 1990, 20 (Korn); SZ 63/110).
Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber hält daran fest, daß der Kläger von den beanstandeten Äußerungen nicht betroffen war; diese Frage hänge von der Beurteilung der Grenzen zwischen Individual- und Kollektivbeleidigung ab. Auf diese Frage ist jedoch nicht einzugehen. Nach dem bescheinigten Sachverhalt kann kein Zweifel bestehen, daß der Kläger durch die beanstandeten Äußerungen konkret und individuell betroffen war, hat doch der Beklagte am 1.2.1991 bei einer Pressekonferenz (vor dem Eingang zur Staatsanwaltschaft Klagenfurt) mitgeteilt, daß die Disziplinaruntersuchung gegen den Kläger und Dipl.Ing.F***** eingestellt (bzw: die Einleitung abgelehnt) worden sei, und in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser (im wesentlichen) wahren Tatsachenbehauptung erklärt, daß "er das nicht gelten lasse, weil er den Verdacht habe, daß ein Akt gefälscht worden ist, weil im Akt plötzlich ein Handvermerk ist, der in der Kopie des Untersuchungsausschusses fehlt.". Diese Behauptung konnte von der Öffentlichkeit nur dahin verstanden werden, daß der Beklagte an der Entscheidung des Disziplinarausschusses der Kärntner Landesregierung die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Kläger abzulehnen, Kritik üben wollte und im Gegensatz zu dieser Entscheidung der Meinung sei, daß der Verdacht der Fälschung oder Manipulation von Akten weiterhin bestehe und der Kläger an diesem Vorgang beteiligt oder mindestens dafür verantwortlich gewesen sei. In dem am 1.2.1991 ausgestrahlten ORF-Interview, in welchem der Beklagte seine Erklärungen wiederholte, kam dieser Zusammenhang neuerlich zum Ausdruck. Da Äußerungen niemals isoliert, sondern stets in ihrem Gesamtzusammenhang zu werten sind (Korn-Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 40; MR 1990, 184), war es auch richtig, daß das Rekursgericht dem Beklagten die Äußerung, daß in der Finanzabteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung Akten manipuliert und durch nachträgliche Eintragungen handschriftlicher Vermerke im Original einer Regierungsvorlage gefälscht wurden, (nur) im Zusammenhang mit der Erwähnung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gegen den Kläger verboten wurde, weil sich nur aus diesem Zusammenhang die unmittelbare Betroffenheit des Klägers ergibt. Das Verbot ist dadurch auch nicht unbestimmt geworden.
Die beanstandete Äußerung war - ihre Unwahrheit
vorausgesetzt - eine Ehrenbeleidigung im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB und zugleich (sofern nicht der Tatbestand des § 297 StGB in Betracht kam) eine strafbare Handlung gegen die Ehre im Sinne des § 111 StGB. Für die Anwendbarkeit des § 1330 Abs 1 ABGB ist allerdings die strafgesetzliche Tatbestandsmäßigkeit einer Ehrenbeleidigung nicht Voraussetzung (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1330 mwN). Außerdem war aber die Behauptung des Beklagten auch geeignet, den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen des Beeinträchtigten im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB zu gefährden. Wenn der Tatbestand des Abs 1 und gleichzeitig auch einer der Tatbestände des § 1330 Abs 2 ABGB erfüllt ist, kann der Beeinträchtigte die Rechte auch aus § 1330 Abs 2 ABGB geltend machen (Korn-Neumayr aaO 46 und 65; MR 1991, 20; MR 1991, 18, im Gegensatz zur früheren Rsp). Da das Recht der Ehre ein Persönlichkeitsrecht im Sinne des § 16 ABGB ist, das gegen jedermann Schutz genießt, steht dem Betroffenen, wenn die Gefahr einer Verletzung seiner Ehre droht, bei Wiederholungsgefahr auch ohne Vorliegen der für den Widerruf und die Veröffentlichung in § 1330 ABGB normierten Voraussetzungen ein Unterlassungsanspruch zu (SZ 56/63 = EvBl 1983/91 mwN; SZ 56/124 = EvBl 1984/60 = ÖBl 1984, 18; MR 1988, 158).
Ist die Rufschädigung nach § 1330 Abs 2 ABGB zugleich eine Ehrenbeleidigung im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB, dann hat der Betroffene nach der vom Obersten Gerichtshof mit der Entscheidung MR 1981, 18 übernommenen Ansicht Reischauers (in Rummel aaO Rz 17 zu § 1330) auch bezüglich der Ansprüche nach § 1330 Abs 2 ABGB nur die Tatsachenverbreitung zu beweisen (zuletzt 4 Ob 31/92; s dazu auch Korn-Neumayr aaO 45 f und 64 ff), da es im Hinblick auf die Würde der Person (§ 16 ABGB) und die Regelung des § 112 StGB ein Wertungswiderspruch wäre, den einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung oder eines unehrenhaften oder gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens im Sinne des § 111 StGB Bezichtigten mit dem Beweis der Unwahrheit und der Schuldhaftigkeit der herabsetzenden Äußerungen zu belasten. Das muß jedenfalls dann gelten, wenn die Rufschädigung nach § 1330 Abs 2 ABGB den Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 StGB erfüllt, bei welcher der Täter gemäß § 112 StGB mit dem Wahrheitsbeweis oder dem Beweis des guten Glaubens belastet wird.
Ein näheres Eingehen auf diese Frage (s dazu vor allem Korn-Neumayr aaO 65) erübrigt sich aber, weil entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers die Unwahrheit der behaupteten Tatsachen jedenfalls für das Provisorialverfahren bescheinigt ist. Aus dem von den Vorinstanzen ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Bericht des Disziplinarausschusses der Kärntner Landesregierung, welcher auch dem Beklagten bekannt war, geht ja in aller Deutlichkeit hervor, daß von der "Fälschung" oder Manipulierung eines Aktes durch nachträgliches Anbringen handschriftlicher Vermerke keine Rede sein kann (s auch den Bericht des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 5.3.1991, welcher nach minutiösen Erhebungen in dieser Angelegenheit zu dem Ergebnis kam, "daß die am 1.Februar 1991 öffentlich aufgestellten Vermutungen, wonach bei den den Magdalen-Untersuchungsausschuß übermittelten Aktenkopien innerhalb der Finanzabteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung Manipulationen, ja nachträgliche Fälschungen vorgenommen worden seien, grundlos sind.".
Der Beklagte hat mit der beanstandeten Äußerung auch weder eine Rechtspflicht erfüllt noch ein Recht ausgeübt. Gewiß kann es einem Landeshauptmann nicht verwehrt werden, Vorgänge im Bereich des Amtes der Landesregierung, dessen Leiter er ist, an die Öffentlichkeit zu tragen, sofern dem nicht besondere gesetzliche Bestimmungen (Amtsgeheimnis; Verschwiegenheitspflicht; Datenschutz etc) entgegenstehen. Ob der Beklagte mit der Bekanntgabe von Tatsachen, die ein Disziplinarverfahren betreffen, gesetzliche Verschwiegenheitspflichten (vgl § 130 Krnt DRG) verletzt hat, kann auf sich beruhen, weil er die Öffentlichkeit nicht im Sinne der Erhebungen des Disziplinarausschusses der Kärntner Landesregierung informiert, sondern mit dem Bericht vom 15.1.1991 nicht in Einklang zu bringende Vermutungen aufgestellt und erkennbar (auch) gegen den Kläger gerichtete Verdächtigungen erhoben hat, die schon deshalb nicht durch ein grundsätzlich anzuerkennendes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit gedeckt angesehen werden können. Ein Fall der Erörterung einer im öffentlichen Interesse (einer Gebietskörperschaft) liegenden Angelegenheit, die in dem zu ihrer Entscheidung gesetzlich vorgesehenen Gremien zu diskutieren und zu beraten war - wie er der Entscheidung SZ 62/186 = MR 1990, 20 (Korn) - zugrunde lag, ist hier nicht gegeben, hat doch der Beklagte die Äußerungen im Rahmen einer Pressekonferenz im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Einstellung des Disziplinarverfahrens (!) gegen den Kläger gemacht.
Auch die Berufung des Beklagten auf das verfassungsgesetzlich verankerte Recht der freien Meinungsäußerung (Art 13 StGG; Art 10 MRK) gehlt fehl. Das Recht, durch Wort, Schrift und Druck oder durch bildliche Darstellung seine Meinung zu äußern, steht gemäß Art 13 Abs 1 StGG unter einem (unbeschränkten) Gesetzesvorbehalt. Nach Art 10 Abs 2 MRK steht das Recht auf freie Meinungsäußerung und Freiheit zur Mitteilung von Nachrichten nach Abs 1 dieser Norm zwar nur unter einem eingeschränkten Gesetzesvorbehalt, weil die Ausübung dieser Freiheiten durch Gesetz nur zur Wahrung bestimmter in Abs 2 aufgezählter wichtiger Rechtsgüter und nur so weit beschränkt werden darf, als es zur Wahrung dieser Rechtsgüter unentbehrlich ist; zu diesen Rechtsgütern gehört aber auch der Schutz des guten Rufes und der Rechte anderer. Daß der gute Ruf des Klägers durch die unwahren herabsetzenden Tatsachenbehauptungen des Beklagten leiden konnte, ist aber nicht zu bezweifeln (MR 1989, 219).
Der Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, daß er bloß Verdächtigungen ausgesprochen hat. Unter § 1330 Abs 2 ABGB fällt jede Mitteilung, die dem anderen schaden kann, auch wenn sie in der Form einer Vermutung ausgesprochen wird (SZ 27/298), wäre doch bei anderer Auslegung § 1330 Abs 2 ABGB gegen geschickte Formulierungen wirkungslos (Reischauer aaO Rz 14 zu § 1330; Korn-Neumayr aaO 58). Im übrigen war aber auch die nicht in die Form eines bloßen Verdachtes gekleidete Äußerung des Beklagten "die Disziplinarkommission stellt fest, daß die fotokopierten Beilagen, die im Ausschuß eingereicht worden sind, eigentlich falsch sind, weil der Originalakt in der Abteilung 4 mit der Zahl so und so nicht übereinstimmt", in dieser allgemeinen Formulierung mißverständlich und irreführend.
Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO und §§ 78, 402 EO.
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