Spruch:
Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
1. Der Beklagte war Funktionär des klagenden „Österreichischen G*****vereins" und betreute auf werkvertraglicher Grundlage dessen Internetaktivitäten. Im Jänner 2002 ließ er sich die zuvor von einem Schweizer Unternehmen gehaltene Domain „g*****verein.at" registrieren. Der „Generalsekretär" des Klägers war damit einverstanden und strebte keine Änderung der „Eigentumsverhältnisse" an der Domain an. Im Oktober 2004 gestaltete der Beklagte die Homepage des Klägers neu. Sie war nun nicht mehr unter „oest-g*****verein.at", sondern unmittelbar unter „g*****verein.at" eingerichtet. Dafür verrechnete der Beklagte dem Kläger unter dem Titel „Erstellen des Webauftritts www.g *****verein.at" einen Pauschalbetrag.
Nach dem Tod des Generalsekretärs und dem Auftreten von Unstimmigkeiten verlangt der Kläger vom Beklagten die Übertragung der Domain. Dieser ist dazu nur gegen Bezahlung von 5.000 EUR bereit.
2. Die Vorinstanzen haben den Beklagten verpflichtet, gegenüber der österreichischen Domain-Vergabestelle der „Umschreibung" der Domain auf den Kläger zuzustimmen.
Rechtliche Beurteilung
Diese Entscheidung trifft schon aufgrund der vertraglichen Beziehungen zwischen den Streitteilen zu.
2.1. Die Parteien haben zwar anlässlich der Neugestaltung der Homepage keine ausdrückliche Vereinbarung über das rechtliche Schicksal der Domain getroffen. Das bedeutet aber nicht, dass aus dem Vertrag über die Neugestaltung keine Pflicht zur Einwilligung in die Übertragung der Domain abgeleitet werden könnte. Treten nach Abschluss eines Geschäfts Konfliktfälle auf, die von den Parteien nicht bedacht und daher auch nicht ausdrücklich geregelt wurden, dann ist unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (RIS-Justiz RS0017758). Als Mittel einer solchen ergänzenden Vertragsauslegung kommen der hypothetische Parteiwille, die Übung des redlichen Verkehrs, der Grundsatz von Treu und Glauben sowie die Verkehrsauffassung in Betracht (RIS-Justiz RS0017832, insb T1).
2.2. Wird ein EDV-Dienstleister mit dem Erstellen eines Internetauftritts unter einer bestimmten Domain beauftragt, die zum Zeitpunkt der Auftragserteilung für ihn registriert ist, so wird ergänzende Vertragsauslegung im Regelfall ergeben, dass neben dem Erstellen der Inhalte auch die Übertragung der Domain geschuldet wird. Denn vernünftige Parteien würden in einem solchen Fall nicht vorsehen, dass die Domain weiterhin in der Verfügungsberechtigung des Dienstleisters verbliebe und dem Kunden nur - wie hier behauptet - „prekaristisch" zur Verfügung gestellt würde. Eine derartige Regelung stünde im diametralen Gegensatz zu den Interessen des Kunden:
Einerseits würde er in einen Webauftritt investieren, der unter einer bestimmten Domain aufgefunden werden kann. Daher müsste sein Interesse darauf gerichtet sein, diese Domain - etwa durch Hinweise in Geschäftspapieren oder Werbematerial - bekannt zu machen. Andererseits liefe er Gefahr, diese Domain wegen Beendigung des angeblichen „Prekariums" jederzeit zu verlieren. Damit verlöre er aber auch den dafür erworbenen Bekanntheitsgrad, ohne den diesbezüglichen Aufwand ersetzt zu bekommen. Das gilt um so mehr, wenn die konkrete Domain für den Kunden - wie hier - wegen der (teilweisen) Übereinstimmung mit seinem Namen von besonderem Interesse ist. Die bestimmungsgemäße Nutzung der Leistung erfordert daher zumindest im konkreten Fall die Übertragung der Domain. Dem stehen keine schützenswerten Interessen des Dienstleisters gegenüber. Denn der einzige Grund für die Nichtübertragung der Domain wäre die dadurch faktisch bewirkte Kundenbindung. Eine solche Bindung könnte zwar in Bezug auf die Wartung des Internetauftritts vereinbart werden. Redliche Parteien würden aber nicht versuchen, sie verdeckt über das Zurückbehalten der Domain zu begründen. Mit dem möglicherweise berechtigten Interesse eines EDV-Dienstleisters an der Nichtherausgabe des Quellcodes (9 Ob 81/04h = SZ 2005/109) lässt sich diese Fallgestaltung nicht vergleichen.
2.3. Eine bloß „prekaristische" Nutzung der Domain hätte daher ausdrücklich vereinbart werden müssen. Dazu fehlt ein konkretes Vorbringen des Beklagten, der in erster Instanz nur pauschal in Abrede gestellt hatte, aufgrund des Vertrags mit dem Kläger zur Übertragung der Domain - auch nicht gegen Abgeltung allfälliger Aufwendungen - verpflichtet zu sein.
Die Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts stehen diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Denn die Feststellung, der Generalsekretär habe keine Änderung der „Eigentumsverhältnisse" an der Domain angestrebt, bezieht sich auf das Jahr 2002 und ist daher für die Auslegung der Vereinbarung aus dem Jahr 2004 unerheblich. Gleiches gilt für die Negativfeststellung zum Vorliegen eines (ausdrücklichen) Auftrags zum Erwerb der Domain. Auch auf die bisher nicht erörterte Vertretungsbefugnis des Generalsekretärs kommt es nicht an.
3. Besteht der - nicht verjährte - Klagsanspruch schon auf vertraglicher Grundlage zu Recht, kommt es auf die in der Zulassungsbeschwerde aufgezeigten Fragen zum sittenwidrigen Behinderungswettbewerb (Domain Grabbing) nicht an. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
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