Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin der Tageszeitung "Täglich Alles". Die Erstbeklagte ist Verlegerin der Tageszeitung "Neue Kronen-Zeitung", die Zweitbeklagte ihre persönlich haftende Gesellschafterin. Die Drittbeklagte ist Komplementärin der Krone Verlag GmbH & Co KG, welche im Impressum als Medieninhaberin der "Neuen Kronen-Zeitung" genannt und mit der inhaltlichen Gestaltung der Zeitung betraut ist. Die Drittbeklagte besorgt die Geschäfte der Kommanditgesellschaft.
In der Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 16.11.1992 wird das Gewinnspiel "Krone-Joker" wie folgt angekündigt:
"Lottozahlen verglichen? Lauter 'Nieten'? Und auch auf die Fußballer war kein Verlaß, die Tore fielen ganz anders als auf Ihrem Totoschein? Sogar die Jokerzahl hat so gar keine Ähnlichkeit mit der Ihren?
Bitte, jetzt nur nicht die Ruhe verlieren und den Lotto- oder Totocomputerschein der 46. Runde zerreißen. Denn ab morgen, Dienstag, kann gerade dieser 'alte Zettel' Ihr Ausweis zum Glück sein. Denn ab morgen, Dienstag, haben Sie drei Chancen, beim großen 'Krone'-Joker eine Viertelmillion pro Spieltag zu gewinnen. Mit Ihrem alten, nach der sonntägigen TV-Ziehung vielleicht wertlosen 'Ja' zum Joker.
In der 'Krone' am Dienstag, am Mittwoch und am Donnerstag finden Sie jeweils drei neue Jokerzahlen, die Sie mit Ihrem Joker auf dem Computerwettschein vergleichen sollten. Schauen Sie in die 'Krone' - der Vergleich macht vielleicht gerade Sie reich.
Wenn Sie eine in allen sechs Stellen übereinstimmende Zahl entdeckt haben, dann dürfen Sie zuerst einmal jubeln - dann aber sofort telefonieren. Melden Sie sich bitte unbedingt am gleichen Tag, an dem Sie ihre Zahl in der 'Krone' entdeckt haben, in der Zeit von 9.00 bis 15.00 Uhr am Glückstelefon unter der Nummer (0222) 36 01/3690 DW. Melden sich täglich mehrere Glückspilze, dann wird die Viertelmillion pro Spieltag aufgeteilt. Jackpot gibt es aus rechtlichen Gründen keinen.
Hüten Sie also Ihren 'alten' Lotto- oder Totschein wie einen Schatz - er könnte bares Geld bedeuten ...".
Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb der "Neuen Kronen-Zeitung" ein Gewinnspiel, zB das "Krone-Joker", anzukündigen und/oder durchzuführen, wenn der Gesamtwert der ausgespielten Preise S 300.000 überschreitet, insbesondere an drei verschiedenen Tagen auf Grund desselben Lotto- oder Totoscheins mit derselben Zahlenfolge bei drei Gelegenheiten Preise im Gesamtwert von S 750.000 ausgespielt werden.
Der "Krone-Joker" sei ein zusammenhängendes Gewinnspiel. Jeder der drei Auslosungen liege derselbe Toto-Schein und dieselbe Zahlenfolge zugrunde; jeder Teilnehmer habe somit eine dreifache Gewinnchance. Die an den einzelnen Tagen ausgespielten Preise von je S 250.000 seien zusammenzurechnen, so daß der Gesamtwert der Preise S 300.000 übersteige. Das Gewinnspiel falle somit nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 9 a Abs 2 Z 8 UWG.
Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. An jeden Tag würden andere Nummern veröffentlicht; da sich der oder die Gewinner am selben Tag zu melden hätte(n), an dem seine (ihre) Nummer in der "Neuen Kronen-Zeitung" veröffentlicht wird, werde jeden Tag ein neues Spiel durchgeführt. In den Teilnahmebedingungen werde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es aus rechtlichen Gründen keinen "Jackpot" gebe. "Zugabe" sei die Möglichkeit, an einem Tag S 250.000 zu gewinnen. Seien Teilnehmer leer ausgegangen, dann müßten sie eine neue Ausgabe der Zeitung erwerben, in welcher ein neuer Gewinn von S 250.000 winke. Die Verbindung zwischen den Spielen an den verschiedenen Tagen bestehe nur darin, daß man mit einem Lotto- oder Totoschein daran teilnehmen kann.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Beim "Krone-Joker" handle es sich um drei voneinander unabhängige Gewinnspiele. Der Gesamtwert der ausgespielten Gewinne liege unter S 300.000. Der Kaufanreiz werde von der Möglichkeit ausgelöst, an einem Tag S 250.000 zu gewinnen; darin bestehe auch die Zugabe, die beim Kauf einer Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" gewährt werde. Daß mit einem Lotto- oder Totoschein allenfalls an mehreren Tagen ein Gewinn erzielt werden kann, mache die täglichen Gewinnspiele noch nicht zu einem sich über mehrere Tage erstreckenden Gewinnspiel.
Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Beim Gewinnspiel der Beklagten werde zwar der Gesamtwert der ausgespielten Preise pro Tag auf insgesamt S 250.000 beschränkt; es würden aber für mehrere aufeinanderfolgende Tage gleichartige Gewinnspiele angekündigt, bei denen täglich S 250.000 ausgespielt werden. Mit der Zerlegung in Einzelspiele würde § 9 a UWG umgangen. Das Gewinnspiel der Beklagten sei als einheitliches Gewinnspiel zu betrachten; als solches sei es auch gedacht. Der organisatorische Zusammenhang zeige sich in der Verwendung eines einzigen Teilnahmescheins für sämtliche Spiele. Auf die unter S 300.000 liegende Gewinnchance des einzelnen Teilnehmers an jedem Spieltag sei nicht abzustellen, weil nach dem Wortlaut des Gesetzes der Gesamtwert der ausgespielten Preise maßgebend sei. Mehrere Gewinnspiele lägen nur vor, wenn die Spiele vollständig voneinander getrennt wären.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung "aufzuheben" und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig oder doch unbegründet zurück- oder abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil es zu § 9 a Abs 2 Z 8 UWG idF des Wettbewerbs-DeregulierungsG (WettbDerG) BGBl 1992/147 noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung gibt.
§ 9 a UWG idF des WettbDerG regelt die Zugaben: § 9 a Abs 1 setzt fest, daß auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden kann, wer 1. in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt, oder 2. Unternehmern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt. § 9 a Abs 2 zählt jene Tatbestände auf, für die das Zugabenverbot des Abs 1 nicht gilt. Einer dieser Ausnahmetatbestände ist die Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Preisausschreiben (Gewinnspiel), bei dem der sich aus dem Gesamtwert der ausgespielten Preise im Verhältnis zur Zahl der ausgegebenen Teilnahmekarten (Lose) ergebende Wert der einzelnen Teilnahmekarte 5 S und der Gesamtwert der ausgespielten Preise 300.000 S nicht überschreitet (§ 9 a Abs 2 Z 8 UWG). Durch die UWG-Novelle 1993 BGBl 227 wurde die zuletzt genannte Bestimmung dahin eingeschränkt, daß sie nicht für Zugaben zu periodischen Druckwerken gilt. Diese Einschränkung ist mit 2.4.1993 in Kraft getreten; sie ist daher auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
§ 9 a Abs 2 Z 8 UWG macht die Zulässigkeit des Gewinnspiels von zwei Voraussetzungen abhängig: vom Wert der einzelnen Teilnahmekarten ("fiktiver Lospreis") und vom Gesamtwert der ausgespielten Preise. Der Gesamtwert der ausgespielten Preise wurde deshalb als maßgebendes Kriterium neben dem "fiktiven Lospreis" herangezogen, weil der Gesamtwert der ausgespielten Gewinne die Bedeutung der Zuwendung (Prämie) für den Kaufentschluß maßgeblich beeinflußt und ein zu hoher Gesamtwert dazu führen würde, daß in den Warenvertrieb ein unwirtschaftliches und unsolides Element hineingetragen wird, indem die Spielsucht, das Bestreben, durch Zufall zu gewinnen, zum Antrieb für die Deckung des Bedarfs gemacht wird (RV 338 BlgNR 18. GP 7).
Nach den in der Ankündigung der Beklagten abgedruckten Spielbedingungen hat der Teilnehmer "drei Chancen, beim großen 'Krone'-Joker eine Viertelmillion pro Spieltag zu gewinnen". Als Teilnahmeschein dient der Lotto- oder Totocomputerschein der 46. Runde. Damit wird dem Zeitungskäufer jener Ausgabe, in der das Gewinnspiel angekündigt wird, eine Gewinnchance in Aussicht gestellt, die sich pro Spieltag auf S 250.000 und somit insgesamt auf S 750.000 beläuft. Diese Gewinnchance ist für den Kaufentschluß maßgebend; daher ist der Gesamtwert der ausgespielten Gewinne im Sinne des § 9 a Abs 2 Z 8 UWG mit diesem Betrag zu beziffern. Beim Gewinnspiel der Beklagten wird demnach der zulässige Gesamtwert der ausgespielten Gewinne von S 300.000 überschritten.
Entgegen der Behauptung der Rechtsmittelwerberin folgt daraus nicht, daß die Ankündigung mehrerer Gewinnspiele unzulässig wäre. Mehrere Gewinnspiele liegen aber nur dann vor, wenn nicht der Eindruck erweckt wird, die mit der Teilnahme wahrgenommene Gewinnchance entspreche dem Gesamtwert der, sei es auch an verschiedenen Tagen, ausgespielten Gewinne. Damit erledigt sich auch die Frage, ob gleichartige Gewinnspiele veranstaltet werden dürfen. Auch sie sind zulässig, sofern sie nicht in einer Weise miteinander verknüpft sind, die sie als Einheit erscheinen läßt und zu einem Gesamtwert von ausgespielten Gewinnen führt, der S 300.000 übersteigt.
Ob das Gewinnspiel den Zeitungskäufer veranlaßt, mehrere Ausgaben der Zeitung zu erwerben, ist unerheblich. An der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes ändert es auch nichts, daß die Gewinnchance an den weiteren Spieltagen nur realisiert werden kann, wenn auch an diesen Tagen eine Ausgabe der Zeitung gekauft wird. Die Attraktivität des Spieles bestimmt sich vor allem danach, wie groß die Gewinnchance ist, die mit der Teilnahme gewahrt wird; das ist aber hier der Gesamtwert der an allen drei Spieltagen ausgespielten Gewinne. Das Rekursgericht hat daher das Gewinnspiel der Beklagten zu Recht als unzulässig beurteilt. Das gegen die Beklagten erlassene Unterlassungsgebot wird auch durch die inzwischen erfolgte Gesetzesänderung nicht berührt, weil der Ausnahmetatbestand des § 9 a Abs 2 Z 8 UWG für periodische Druckwerke nunmehr weggefallen ist und insoweit Gewinnspiele generell untersagt sind, wenn die Teilnahmemöglichkeit Zugabencharakter hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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