OGH 4Ob44/14w

OGH4Ob44/14w25.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** GesmbH *****, vertreten durch Mag. Hermann Köck, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei C***** T*****, vertreten durch Dr. Stefan Hoffmann, Dr. Thomas Herzog, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen 18.555,40 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. Dezember 2013, GZ 3 R 188/13g‑53, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 13. September 2013, GZ 5 Cg 93/11t‑47, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.193,71 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 198,95 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte beauftragte die Klägerin, bei seinem Wohnhaus Heizung, Sanitärinstallation und Wohnraumlüftung herzustellen. Bislang bezahlte der Beklagte 25.723,51 EUR an Werklohn.

Die von der Klägerin hergestellte Erdwärmeheizung entspricht nicht dem Stand der Technik, die Verlegung der Flachkollektoren auf unterschiedlichen Höhen wirkt sich negativ auf die Leistung der Anlage aus. Diese ist mit Sicherheit noch ausreichend, aber der Wirkungsgrad ist schlechter als angeboten, was mehr Stromverbrauch bedeutet. Die Mängel sind wirtschaftlich nicht zur Gänze zu beseitigen. Eine Verbesserung wäre aber möglich, die Kosten von 1.000 EUR erfordert. Der Beklagte kann die Anlage zwar betreiben, die Dokumentation ist aber nicht vollständig. Die nachträgliche Beschaffung der fehlenden Unterlagen erfordert einen Aufwand von 612 EUR.

Das Berufungsgericht wies die auf Zahlung des restlichen Werklohns von 18.555,40 EUR gerichtete Klage ab. Der Beklagte dürfe weiter auf Verbesserung bestehen, um vom Kläger weitestgehend die geschuldete Leistung zu erhalten. Um dies durchzusetzen, komme ihm angesichts eines Verbesserungsaufwands von 8,8 % des zurückgehaltenen restlichen Werklohns das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 ABGB zu. Der Gewährleistungsberechtigte dürfe auch nach aktueller Rechtslage bei teilweiser Unbehebbarkeit eine teilweise Verbesserung verlangen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehle, ob der Gewährleistungsberechtigte nach geltender Rechtslage bei teilweiser Unbehebbarkeit eine teilweise Verbesserung verlangen dürfe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, mit der sie ihre (restliche) Werklohnforderung weiter verfolgt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Selbst wenn das Berufungsgericht ‑ zu Recht ‑ ausgesprochen hatte, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0102059; vgl auch RS0108652).

Zu der vom Berufungsgericht als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO bezeichneten Rechtsfrage nimmt die Klägerin nicht Stellung. Ihre Revisionsausführungen befassen sich mit der Beurteilung bestimmter Eigenschaften des Werks als Mangel und behaupten die Unverhältnismäßigkeit der vom Beklagten geforderten Verbesserung, weshalb er den restlichen Werklohn nicht zurückbehalten dürfe.

Die Leistung ist dann mangelhaft iSd § 922 ABGB, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, dh hinter dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RIS‑Justiz RS0018547). Beim Werkvertrag hat der Unternehmer das vertraglich geschuldete Werk herzustellen. Welche Eigenschaften das Werk aufzuweisen hat, ergibt sich in erster Linie aus der konkreten Vereinbarung, hilfsweise aus der Natur und dem (erkennbaren) Zweck der Leistung, letztlich aus der Verkehrsauffassung, sodass das Werk so auszuführen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (RIS‑Justiz RS0021694, RS0021716). Das vom Unternehmer Geschuldete ist daher mittels Vertragsauslegung zu ermitteln (RIS‑Justiz RS0109226). Bestimmen sich die Eigenschaften des Werks nach der Verkehrsauffassung, sind die anerkannten Regeln der Technik des jeweiligen Fachs nach dem im Zeitpunkt der Leistungserbringung aktuellen Stand zu beachten (3 Ob 191/13d mwN).

Die Bestimmung des nach dem Vertrag Geschuldeten sowie die Beurteilung, ob das tatsächlich ausgeführte Werk dem vertraglich Vereinbarten entspricht, hat daher nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu erfolgen. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird daher regelmäßig nicht aufgeworfen, wenn ‑ wie in diesem Fall ‑ dem Berufungsgericht keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung anzulasten ist. Nach den getroffenen Feststellungen entspricht die von der Klägerin hergestellte Anlage nicht dem Stand der Technik und weist einen (gegenüber dem vertraglich Vereinbarten) erhöhten Stromverbrauch auf, mag auch der Umfang dieses Mehrverbrauchs nicht im Detail feststellbar sein. Die Beurteilung des ausgeführten Werks als mangelhaft ist daher jedenfalls vertretbar.

Unbehebbar ist ein Sachmangel nicht nur, wenn er technisch nicht behebbar ist, sondern auch dann, wenn seine Behebbarkeit zwar technisch möglich ist, dies jedoch nur mit unverhältnismäßigem Aufwand bewerkstelligt werden könnte (RIS‑Justiz RS0041462, RS0018744). Auch nach der neuen Rechtslage (§ 932 ABGB idF BGBl I 48/2001) ist die „Unverhältnismäßigkeit“ der Verbesserung iSd § 932 Abs 4 ABGB nicht ‑ wie nach § 932 Abs 2 ABGB ‑ „relativ“ im Verhältnis zu einer konkreten sekundären Abhilfe (Preisminderung) zu beurteilen, sondern wie bisher „absolut“ und gewichtiger. Die „absolute“ Unverhältnismäßigkeit kann daher ‑ wie bisher ‑ bejaht werden, wenn der mit der Verbesserung verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Mangels für den Besteller steht, wobei dabei insbesondere die für den Besteller durch den Verweis auf die bloßen Geldansprüche (Preisminderung) verbundenen zusätzlichen Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen sind. Ist die Beeinträchtigung des Bestellers als wesentlich anzusehen, so werden auch über dem Wert des Werks liegende Kosten für die Verbesserung aufzuwenden sein (8 Ob 108/06z = SZ 2006/184 ua; RIS‑Justiz RS0121684). Wenn der Mangel eher nur ein geringer Nachteil im Gebrauch ist, können schon verhältnismäßig geringe Behebungskosten „unverhältnismäßig“ sein, wenn der Mangel den Gebrauch aber entscheidend beeinträchtigt, dann sind auch verhältnismäßig hohe Behebungskosten noch kein Grund, die Verbesserung abzulehnen (RIS‑Justiz RS0022044). Der Verbesserungsaufwand wird in der Regel dann nicht unverhältnismäßig sein, wenn der aus der Verbesserung erwachsende Vorteil so hoch anzusetzen ist, dass ein redlicher und vernünftiger Verkehrsteilnehmer die Reparatur auch auf eigene Kosten durchführen würde. Der Wert des Werks als solcher ist nicht zwingend die Grenze für die Verbesserungsaufwendungen. Entscheidend ist die konkrete Bedeutung der Behebung des Mangels für den Besteller im Verhältnis zu den für den Unternehmer entstehenden Aufwendungen (6 Ob 134/08m). Für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit des Verbesserungsaufwands ist die konkrete Bedeutung der Behebung des Mangels für den Besteller und seine Beeinträchtigung maßgeblich (5 Ob 107/08h).

Zwar steht im vorliegenden Fall nicht fest, in welchem Ausmaß eine Verbesserung möglich ist, dass eine Verbesserung erreicht werden kann, wurde aber festgestellt. In Anbetracht des relativ geringen Verbesserungsaufwands (1.612 EUR, was 8,8 % des zurückbehaltenen Werklohns von 18.555,40 EUR entspricht) ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Verbesserungsaufwand nicht unverhältnismäßig ist, die Zurückbehaltung des Werklohns aber ‑ entgegen dem Schikaneeinwand der Klägerin ‑ rechtfertigt, gleichfalls vertretbar. Der Oberste Gerichtshof hat bereits das Zurückbehalten des gesamten offenen Werklohns bei einem Verbesserungsaufwand in Höhe von etwas mehr als 5 % gebilligt (4 Ob 501/93).

Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hinwies, hat ihm die Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten gemäß §§ 41 und 50 ZPO zu ersetzen.

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