European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00041.14D.0325.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Vorinstanzen wiesen das Begehren der Klägerinnen, Dienstleistungsunternehmen aus den Bereichen der Behindertenhilfe, Jugendwohlfahrt und Altenpflege, das beklagte Land zu verurteilen, in den Abschluss näher bestimmter Leistungsverträge einzuwilligen sowie festzustellen, dass das beklagte Land für sämtliche zukünftige Schäden hafte, die aus der Weigerung des Landes resultieren, mit den Klägerinnen Leistungsverträge zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, unter Hinweis auf die das korrespondierende Sicherungsbegehren der Klägerinnen abweisende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 134/12b) ab. Die Klägerinnen hätten gegenüber dem beklagten Land keinen Anspruch auf Abschluss von Leistungsverrechnungsverträgen mit von den Klägerinnen begehrten Tarifen. Die Voraussetzungen für eine Preisfestsetzung durch einen Dritten oder eine der Vertragsparteien, die im Fall offenbarer Unbilligkeit einer richterlichen Korrektur zugänglich seien, lägen nicht vor. Da die Klägerinnen gegenüber dem beklagten Land keinen Anspruch auf die von ihnen begehrte Verrechnung bestimmter Leistungsentgelte oder den Abschluss eines Vertrags zu bestimmten Bedingungen hätten, bedürfe es auch keiner Prüfung (oder Stellung eines Verordnungsprüfungsantrags gemäß § 89 Abs 1 B‑VG), ob die in der Leistungs‑ und Entgeltverordnung (LEVO 2011) genannten Entgelte und damit diese Verordnung dem StBHG entsprächen.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerinnen vermögen in ihrer außerordentlichen Revision keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Aktenwidrigkeit liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RIS‑Justiz RS0043347). Die unzutreffende Auslegung oder die gänzliche Übergehung von Tatsachenbehauptungen oder sonstigen Parteienvorbringens im Urteil des Berufungsgerichts könnte daher allenfalls eine unrichtige rechtliche Beurteilung begründen (RIS‑Justiz RS0041814 [T8]).
Die Frage, ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, bildet eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung ‑ vom Fall hier nicht vorliegender auffallender Fehlbeurteilung abgesehen ‑ ebenso keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS‑Justiz RS0042828) wie der Beurteilung eines Vorbringens dahin, auf welchen Rechtstitel Klageansprüche gestützt werden (RIS‑Justiz RS0113563 [T1]).
Die Auffassung des Berufungsgerichts, das (ergänzende) Vorbringen der Klägerinnen zu den von ihnen weiter erbrachten Hilfeleistungen und der Verrechnung gegenüber den Verrechnungsstellen des Landes seit dem 1. April 2012 auf Basis der geltenden die Leistungsentgelte festlegenden Verordnung des Landes sei nicht im Sinn der Behauptung eines schlüssigen Vertragsabschlusses unter Vereinbarung der Preisfestsetzung durch einen Dritten zu verstehen, ist vertretbar. Es entspricht gerade nicht dem von den Klägerinnen eingenommenen Standpunkt, sich der Preisfestsetzung durch das Land unterworfen zu haben, vielmehr bestehen die Klägerinnen darauf, für die von ihnen erbrachten Leistungen den Anspruch auf ein höheres, weil aus ihrer Sicht kostendeckendes Entgelt zu haben. Demgegenüber ist das beklagte Land nach den getroffenen Feststellungen eindeutig nur bereit, die Leistungen entsprechend den selbst festgesetzten Tarifen zu erbringen bzw Vertragsanbote anzunehmen, die sich diesen Preisvorstellungen des Landes unterwerfen.
Gerade der von den Klägerinnen betonte Vorbehalt der Nachforderung weiteren ihr gebührenden Entgelts spricht gegen einen Konsens der Streitteile, die Preisfestsetzung einem Dritten oder dem beklagten Land zu überlassen. § 1056 ABGB liefert keine Handhabe dafür, einen potentiellen Vertragspartner zur Änderung seines Anbots zu zwingen (4 Ob 134/12b).
Dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf die von ihnen begehrte Verrechnung bestimmter Leistungsentgelte oder den Abschluss eines Vertrags zu von ihnen bestimmten Bedingungen haben, hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen und ausführlich begründet, weshalb es auch keiner Prüfung bedarf, ob die in der Leistungs‑ und Entgeltverordnung (LEVO 2011) genannten Entgelte und damit diese Verordnung dem Steirischen Behindertenhilfegesetz entsprechen (4 Ob 134/12b).
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