Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S
19.845 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten S 3.307,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Beklagte ist Inhaberin der internationalen Marke "Wirobit" Nr.584969 für die Warenklasse 19 (Dichtungsmittel aus Bitumen). Ursprungsland dieser Marke ist die Bundesrepublik Deutschland. Neben mehreren anderen Vertragsstaaten wurde der Schutz der internationalen Marke auch für Österreich in Anspruch genommen.
Am 15.10.1992 veräußerte die Beklagte den österreichischen Teil dieser Marke an Lotte von W*****; die Beklagte erklärte in dem Vertrag, keine Einwendungen gegen die Gründung einer von ihr unabhängigen Gesellschaft, "zB W***** GmbH mit dem Sitz zB in Kitzbühel" zu haben. Sie verpflichtete sich im Rahmen dieser Vereinbarung auch, in Österreich nicht tätig zu werden. Lotte von W***** übernahm die - korrespondierende - Verpflichtung, in den Gesellschaftsvertrag des zu gründenden Unternehmens die Bestimmung aufzunehmen, daß dieses nicht in der Bundesrepublik Deutschland tätig werden darf.
Die Beklagte warb in der Ausgabe der Zeitschrift "DDH Das Dachdeckerhandwerk" vom 4.7.1994 mit einem halbseitigen Inserat für die Dichtungsmasse "Wirobit", in diesem Inserat ist als Bezugsquelle die Geschäftsanschrift der Beklagten angegeben. Die Zeitschrift "DDH
Das Dachdeckerhandwerk" ist das offizielle Organ des Zentralverbandes des deutschen Dachdeckerhandwerks und Fachzeitschrift der internationalen Föderation des Dachdeckerhandwerks. Ihre Gesamtauflage beträgt 12.000; 480 Exemplare der Ausgabe vom 4.7.1994 gelangten nach Österreich, was der Beklagten vorher jedoch nicht bekannt war. Im Impressum der Zeitschrift wird ua der Preis eines Auslandsabonnements angekündigt.
Daß die Beklagte mit dem Inserat auch Werbung für die Dichtungsmasse "Wirobit" in Österreich machen wollte, wurde nicht als bescheinigt angenommen.
Ob das mit Vertrag vom 15.10.1992 übertragene Markenrecht später der Klägerin übertragen wurde, ist nicht bescheinigt. Zugestanden ist jedoch, daß die Umschreibung des österreichischen Zweiges der internationalen Marke der Beklagten auf die Klägerin "noch nicht vollzogen ist".
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, in Österreich für die Abdichtungsmasse der Marke "Wirobit" zu werben. Grundlage des Vertrages vom 15.10.1992 sei die Absicht gewesen, daß Lotte von W***** oder ein von ihr zu gründendes Unternehmen den Vertrieb von Wirobit in Österreich aufbauen und deshalb die Rechte an der international registrierten Marke in Österreich wahrnehmen werde. Daher habe die Beklagte darin auch die Verpflichtung übernommen, in Österreich nicht (mehr) tätig zu werden. Lotte von W***** habe die mit Vertrag vom 15.10.1992 erworbenen Rechte an der Marke "Wirobit" der von ihr gegründeten Klägerin übertragen. Die beanstandete Zeitungsanzeige erwecke mangels jeglichen Hinweises auf eine Beschränkung den unrichtigen Eindruck, daß die Beklagte an dieser Marke auch Rechte für Österreich habe. Mit diesem Inserat hätten österreichische Dachdeckerunternehmen dazu verleitet werden sollen, die Abdichtungsmasse "Wirobit" direkt bei der Beklagten zu bestellen, um den Absatz der Klägerin zu beeinträchtigen. Diese Vertragsverletzung begründe einen Verstoß gegen § 1 UWG. Das Inserat verletze aber auch § 2 und § 9 UWG, weil es die unrichtige Vorstellung erwecke, daß die Beklagte berechtigt sei, "Wirobit" in Österreich zu vertreiben. Die Klägerin habe bereits das Registrierungsverfahren eingeleitet, so daß sie auch einen Markenrechtsverstoß geltend machen könne. Die Vereinbarung vom 15.10.1992 unterliege weder dem dGWB noch verstoße sie gegen Bestimmungen des EWRA.
Die Beklagte wendete örtliche Unzuständigkeit sowie den Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit ein und beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Sie sei nach wie vor Inhaberin der internationalen Marke Nr.584969. Mit ihrem Zeitungsinserat vom 4.7.1994 habe sie nicht die Absicht verfolgt, in Österreich für "Wirobit" zu werben. Ihr sei nicht bekannt gewesen, daß die deutsche Zeitschrift "DDH Das Dachdeckerhandwerk" auch nach Österreich gelange. Selbst wenn man von der Gültigkeit des Vertrages vom 15.10.1992 ausgehe, stünden der Klägerin keine Unterlassungsansprüche zu. Die Klägerin sei nämlich noch nicht Markeninhaberin und könne daher allfällige aus einem schuldrechtlichen Vertrag abgeleitete Ansprüche nicht gegen die Markeninhaberin geltend machen. Mangels jeglichen irreführenden Hinweises in der beanstandeten Zeitungsanzeige könne die Klägerin den Unterlassungsanspruch auch nicht auf § 2 UWG gründen. Da der Beklagten nicht bekannt gewesen sei, daß die Zeitschrift "DDH Das Dachdeckerhandwerk" auch nach Österreich gelange, sei eine allfällige Vertragsverletzung nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Der am 15.10.1992 in der Bundesrepublik Deutschland zwischen einem dort ansässigen Unternehmen und einer deutschen Staatsbürgerin abgeschlossene Vertrag verstoße gegen § 1 dGWB, weil er für beide Streitteile ein Tätigkeitsverbot vorsehe; er verstoße aber auch gegen die Art 8 ff EWRA, weil er Maßnahmen enthalte, die mengenmäßigen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen gleichkämen; es liege aber auch eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung im Sinne des Art 53 EWRA vor.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Ob die Klägerin Rechte an der Marke "Wirobit" erworben habe, müsse nicht geprüft werden. Die Streitteile stünden jedoch im Wettbewerb. Die Beklagte habe mit der beanstandeten Anzeige vom 4.7.1994 - obwohl unbeabsichtigt - auch in Österreich für ihre Marke geworben. Dadurch habe sie in die vertraglichen Rechte der Klägerin eingegriffen und mit ihrer Werbung gegen § 1 und § 2 UWG verstoßen. Die von der Beklagten eingewendeten Prozeßhindernisse lägen nicht vor.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Auch das Rekursgericht bejahte die Zuständigkeit des Erstgerichtes und das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit. Gemäß § 48 Abs 2 IPRG sei die beanstandete Wettbewerbshandlung nach österreichischem Recht zu beurteilen. Auch die Auslegung des Vertrages vom 15.12.1992, mit dem Immaterialgüterrechte für Österreich übertragen worden seien, unterliege gemäß § 43 Abs 1 IPRG österreichischem Recht.
Ein Verstoß gegen § 2 UWG liege nicht vor, weil das beanstandete Inserat keine Angaben über den Umfang des Markenrechts der Beklagten enthielt. Dieses sei daher auch nicht zur Irreführung über geschäftliche Verhältnisse der Beklagten geeignet.
Ob derjenige, der nur obligatorische Rechte an einer Marke erworben habe, gegen seinen Rechtegeber gemäß § 9 UWG vorgehen könne, müsse nicht untersucht werden. Bei der Lösung der Rechtsfrage komme es auch nicht darauf an, ob der Vertrag vom 15.10.1992 rechtswirksam sei. In diesem Vertrag habe sich die Beklagte schuldrechtlich verpflichtet, ihre internationale Marke in Österreich nicht zu verwenden. Gegen diese Verpflichtung habe die Beklagte mit dem beanstandeten Inserat jedoch nicht verstoßen. Daß die Zeitschrift "DDH Das Dachdeckerhandwerk" auch in Österreich vertrieben werde, habe die Beklagte nicht gewußt und auch aus dem Impressum der Zeitschrift nicht ohne weiteres erschließen müssen. Die Beklagte habe vielmehr annehmen dürfen, daß sich ihre Werbung in dieser Zeitschrift nur an deutsche Kunden, insbesondere Dachdecker, richte. Die Vereinbarung vom 15.10.1992 sei nicht dahin auszulegen, daß die Beklagte nicht einmal in der offiziellen Zeitschrift des deutschen Dachdeckerhandwerks werben dürfe. Die Beklagte habe daher mit der beanstandeten Werbemaßnahme nicht gegen die genannte Vereinbarung verstoßen. Werbung mit Kennzeichen in Zeitschriften, deren Verbreitungsgebiet verschiedene Länder umfasse, würde vom Verkehr dahin verstanden, daß sie nur für diejenigen Länder gedacht sei, in denen die verwendete Kennzeichnung bereits bekannt sei. Die Beklagte habe daher weder gegen § 9 noch gegen § 1 UWG verstoßen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Klägerin gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist - entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung - im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO (iVm §§ 78, 402 EO), zulässig, weil zu der Frage, welche Auswirkung die Werbung mit ausländischen Kennzeichen in international erscheinenden Zeitschriften auf obligatorische Rechte an inländischen Kennzeichenrechten hat, keine Rechtsprechung besteht; er ist jedoch nicht berechtigt.
Zutreffend hat das Rekursgericht den aus unlauterem Wettbewerb abgeleiteten Anspruch nach österreichischem Recht beurteilt, weil sich der behauptete Wettbewerbsverstoß auf den östererreichischen Markt auswirkt (§ 48 Abs 2 IPRG). Wie das Rekursgericht ebenfalls richtig erkannt hat, ist auch der zwischen den Streitteilen geschlossene Vertrag, mit dem ein Markenrecht für Österreich übertragen wurde, nach österreichischem Recht zu beurteilen (§ 43 Abs 1 IPRG). Das Recht dieses Staates bestimmt auch, ob überhaupt ein Immaterialgut besteht, in das eingegriffen wurde (§ 34 Abs 1 IPRG; Fitz-Gamerith, Wettbewerbsrecht 12).
Gegen die beklagte Markeninhaberin könnte die Klägerin einen Verstoß gegen § 9 UWG, sollten ihr die Rechte am österreichischen Zweig der internationalen Marke der Beklagten aus dem Vertrag vom 15.10.1992 weiter übertragen worden sein, mangels vollzogener Umschreibung nicht geltend machen. Das Markenrecht und Lizenzrechte daran gehen, soweit nichts anderes vereinbart worden ist, im Fall des Eigentumswechsels am gesamten Unternehmen auf den neuen Eigentümer über (§ 11 Abs 1 MSchG). Das Markenrecht kann aber auch ohne das Unternehmen übertragen werden (§ 11 Abs 2 MSchG). Solange die Marke nicht umgeschrieben ist, kann das Markenrecht vor dem Patentamt nicht geltend gemacht werden und könne alle Verständigungen, welche die Marke betreffen, mit Wirkung gegen den Erwerber dem als Markeninhaber Eingetragenen zugestellt werden (§ 11 Abs 3 MSchG; vgl dazu PBl 1989, 167 - HAZIENDA). Wird ein Markenrecht ohne Unternehmen übertragen, kann es gemäß § 3 MSchG allerdings nur insoweit erworben werden, als im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthaltene Waren und Dienstleistungen aus dem Unternehmen des Anmelders oder des Erwerbers hervorgehen können. Daß Inhaber einer Marke nur ein einschlägiges Unternehmen sein darf, gilt daher auch für den derivativen Erwerb der Marke (Friedl/Schönherr/Thaler, Patent- und Markenrecht 302, Anm 2 zu § 3 MSchG).
Der Lizenznehmer oder derjenige, der das Markenrecht zwar erworben hat, aber noch nicht im Register eingetragen ist, kann vor Gericht gegen Dritte zwar bereits einschreiten (Friedl/Schönherr/Thaler aaO Anm 8 zu § 11 MSchG; ÖBl 1987,63 - Komfortverschluß mit weiteren Judikaturhinweisen). Auch für die Übertragung einer international registrierten Marke für einzelne Vertragsländer gilt nichts anderes. Art 9ter MMA enthält darüber nur Verfahrensvorschriften. Inhalt und Umfang des Markenschutzes richten sich jedoch nach dem nationalen Recht der Verbandstaaten (Busse/Stark, WZG6, 873 Rz 2 f zu § 9ter MMA).
Daraus ergibt sich aber noch nicht, daß der rechtsgeschäftliche Erwerber eines Markenrechtes vor der Umschreibung Ansprüche aus § 9 UWG gegen den Überträger geltend machen kann. Dem steht nämlich bis dahin das gemäß § 2 MSchG aus der Registrierung erworbene Markenrecht des Überträgers entgegen. Gegen den Überträger des Markenrechts kann daher der Erwerber bis zur Registrierung Unterlassungsansprüche nur aus der mit diesem getroffenen Vereinbarung ableiten.
Mit dem beanstandeten Zeitschrifteninserat hat aber die Beklagte auch den Vertrag vom 15.10.1992 nicht verletzt. Werbung für ein ausländisches Unternehmen in einer im Ausland erscheinenden Fach-Zeitschrift, die auch im Inland Verbreitung findet, wird vom inländischen Verkehr - insbesondere inländischen Fachkreisen in der Regel - mangels entgegenstehender ausdrücklicher oder schlüssiger Hinweise - dahin verstanden, daß sie nur an die Verkehrskreise jenes Landes gerichtet ist, in dem das betreffende Medium erscheint und auch das werbende Unternehmen etabliert und bekannt geworden ist; in einer solchen Werbung wird daher kein Gebrauch des Kennzeichens im gesamten (übrigen) Verbreitungsgebiet dieser Zeitschriften gesehen (vgl Schultz/Süchting in Gloy, HdB des Wettbewerbsrechts 773 Rz 29). Werbung in Medien, die sich zwar im wesentlichen an das Publikum des Erscheinungslandes richtet, infolge ihrer hohen Bekanntheit aber auch - wenngleich nur marginal - im Ausland verbreitet werden (wie zB international bekannte Tageszeitungen), wäre andernfalls unmöglich, wenn der Werbende Zeichenrechte nur im Inland gebrauchen darf; in solchen Fällen wäre auch Rundfunkwerbung in Sendern, die auch im Ausland empfangen werden können, nicht möglich.
Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, daß die beanstandete Werbemaßnahme der Beklagten in der in der Bundesrepublik Deutschland erscheinenden Fachzeitschrift für Dachdecker von den angesprochenen Verkehrskreisen in Österreich (ebenfalls im wesentlichen Dachdecker) nur als für die Bundesrepublik Deutschland bestimmt angesehen wird, so daß darin kein Verstoß gegen die vertraglich übernommene Pflicht der Beklagten, in Österreich (beim Vertrieb von "Wirobit") nicht tätig zu werden, zu erblicken ist. Hat aber die Beklagte nicht vertragswidrig gehandelt, scheidet ein Verstoß gegen die guten Sitten aus. Die Vorfrage, ob die den Wettbewerb zwischen Deutschland und Österreich beschränkende Vereinbarung der Streitteile jeweils im anderen Land (beim Vertrieb von "Wirobit") nicht tätig zu werden, gegen deutsches oder EG bzw EWRA Wettbewerbsrecht verstößt, muß daher hier nicht beurteilt werden.
Wird aber ein solches Inserat nicht als Werbung in Österreich aufgefaßt, dann ist auch das Fehlen eines Hinweises, daß die Beklagte in Österreich keine Rechte an der Marke "Wirobit" besitzt oder ihr ausländisches Markenrecht in Österreich aufgrund einer vertraglich übernommenen Verpflichtung nicht ausüben darf, nicht irreführend, weil diesbezüglich keine Aufklärung erforderlich ist.
Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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