OGH 4Ob392/84

OGH4Ob392/8427.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Schobel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C Aktiengesellschaft, D-8000 München 40, Petuelring 130, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr.Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Franz D, Autohändler und Automechaniker, 6800 Feldkirch, Churer-Straße 13, vertreten durch Dr.Gerold Hirn und Dr.Burkard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 400.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 31.Juli 1984, GZ 1 R 176/84-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 26.April 1984, GZ 6 Cg 3650/83-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 12.292,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.030,20 S Umsatzsteuer und 960 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte zunächst den Beklagten schuldig zu erkennen, es sofort zu unterlassen, sich im geschäftlichen Verkehr als 'BMW-Spezialist' zu bezeichnen. Außerdem stellte sie ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Die Klägerin vertreibe die von ihr erzeugten Fahrzeuge unter der in Österreich geschützten Marke und dem Firmenschlagwort BMW im Inland durch ihre Tochtergesellschaft 'BMW Austria Gesellschaft mbH'. Die Fahrzeuge würden nur von autorisierten BMW-Händlern verkauft. Nur diese bekämen Reparaturanleitung, Serviceanweisungen und technische Rundschreiben, die die Reparaturen und die Wartung von BMW-Fahrzeugen, insbesondere im Hinblick auf deren Betriebs- und Verkehrssicherheit, beträfen. An Händler, die der Vertriebsorganisation der Klägerin nicht angehören, würden derartige Unterlagen nicht abgegeben und zwar selbst dann nicht, wenn darum ausdrücklich gebeten werde. Mehrfach jährlich werde überprüft, ob die einzelnen BMW-Händler mit allen erforderlichen Spezialwerkzeugen ausgestattet seien. überdies würden alle Mitarbeiter der autorisierten BMW-Händler, die mit dem Kundendienst beschäftigt seien, von der österreichischen Tochtergesellschaft der Klägerin geschult. Dazu komme eine intensive Beratung der BMW-Vertragshändler, wobei sie über Neuerungen auf dem Gebiet der Wartung und der Reparatur informiert würden. Der Beklagte zähle nicht zu den autorisierten BMW-Vertragshändlern.

Dennoch bezeichne er sich als 'BMW-Spezialist'. Diese Art der Werbung erwecke den unrichtigen Eindruck vertraglicher Beziehungen zur Klägerin.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 6.Februar 1984 wurde dieses Klagebegehren ausgedehnt und beantragt, den Beklagten weiter schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, in der Werbung für sein Unternehmen die Bezeichnung 'BMW' auffällig herauszustellen, insbesondere in der Form, daß in Inseraten die Bezeichnungen 'BMW-Neuwagen, BMW-Gebrauchtwagen, BMW-Reparaturen, BMW-Service, BMW-Spenglerei, BMW-Tuning' oder einzelne dieser Bezeichnungen außerhalb des übrigen Anzeigentextes stehen. Die Klägerin stellte auch diesbezüglich ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Sie brachte vor, der Beklagte suche die im Verfahren erlassene rechtskräftige einstweilige Verfügung dadurch zu umgehen, daß er in der Ausgabe vom 29.September 1983 im 'Feldkircher Anzeiger' für seinen Betrieb mit einem Inserat geworben habe, in welchem er links oben neben dem Foto eines BMW-Personenwagens folgende Worte eingeschaltet habe: 'BMW-Neuwagen, BMW-Gebrauchtwagen, BMW-Reparaturen, BMW-Service, BMW-Spenglerei, BMW-Tuning'.

Der Beklagte beantragte das Klagebegehren abzuweisen und wendete ein, es sei zutreffend, daß er kein autorisierter BMW-Händler sei. Es sei zwar richtig, daß sich der Beklagte im geschäftlichen Verkehr als 'BMW-Spezialist' bezeichne, doch liege darin kein Verstoß gegen Bestimmungen des Wettbewerbsrechtes. Jedem Kunden des Beklagten sei von vornherein klar, daß dieser kein Vertragshändler für BMW-Fahrzeuge sei. Der Beklagte verfüge aber über eine entsprechende Ausbildung und sei sogar BMW-Rennmechaniker gewesen. Auch stehe ihm das entsprechende Spezialwerkzeug zur Gänze zur Verfügung. Er besitze sämtliche Werkstattbücher, verwende ausschließlich Original-BMW-Ersatzteile und beschäftige sich im Rahmen seines Betriebes fast ausschließlich mit Fahrzeugen dieser Marke. Seinen Kunden gegenüber behaupte er nicht, in irgendeinem Vertragsverhältnis zur Klägerin zu stehen, vielmehr gebe er den Kunden zu verstehen, daß er keine Vertragswerkstätte der Klägerin betriebe. Im übrigen sei die Klägerin zur Klagsführung aktiv nicht legitimiert, weil sämtliche in Österreich verkauften Fahrzeuge der Marke BMW von der 'BMW-Austria Gesellschaft mbH' geliefert würden, sodaß nur zu dieser ein allfälliges Wettbewerbsverhältnis bestehen könne.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die Klägerin vertreibt die von ihr erzeugten Kraftfahrzeuge unter der international geschützten blau-weißen BMW-Marke und dem Firmenschlagwort BMW auch in Österreich durch ihre Tochtergesellschaft 'BMW-Austria Gesellschaft mbH Salzburg'. Die Marke genießt Schutz in Österreich. Das Buchstabenzeichen 'BMW' ist warenzeichenrechtlich geschützt; gleichfalls die blau-weiße BMW-Marke. Die von der Klägerin erzeugten Fahrzeuge werden nur an autorisierte BMW-Händler verkauft, nur diese erhalten Reparaturanleitungen, Serviceanweisungen, sowie technische Rundschreiben, die die Reparaturen und die Wartung von BMW-Fahrzeugen, insbesondere im Hinblick auf deren Betriebs- und Verkehrssicherheit betreffen. An Händler, die der Vertriebsorganisation der Klägerin nicht angehören, werden derartige Unterlagen nicht abgegeben, selbst wenn sie darum ausdrücklich ersuchen. Nur ausnahmsweise erhalten behördliche Dienststellen und gelegentlich auch Großabnehmer einzelne bedarfsorientierte Serviceinformationen. Die Klägerin überprüft mehrmals jährlich, ob die einzelnen BMW-Vertragshändler mit allen erforderlichen Spezialwerkzeugen ausgestattet sind. Alle Mitarbeiter der autorisierten BMW-Händler, die den Kundendienst versehen, werden von der 'BMW-Austria Gesellschaft mbH' an mehreren Tagen pro Jahr geschult. Sie werden auch während des gesamten Jahres intensiv beraten und über Neuerungen auf dem Gebiet der Wartung und Reparatur unverzüglich informiert. Diese technischen und auch betrieblichorganisatorischen Schulungen werden ausschließlich mit autorisierten BMW-Händlern veranstaltet, nur diese erhalten überdies von der Klägerin Testgeräte. Die Klägerin läßt durch eigene Mitarbeiter bei den Vertragshändlern deren Reparatur- und Servicearbeiten mehrmals jährlich unangemeldet überprüfen, um zu sehen, ob sie den internen Richtlinien des Herstellers entsprechend vorgenommen wurden. Der Beklagte führt in Frastanz eine Automechanikerwerkstätte, außerdem beschäftigt er sich mit dem Handel von PKWs, insbesondere der Marke BMW. Er besitzt ein Ersatzteillager, das ausschließlich BMW-Originalersatzteile enthält. Für BMW-Fahrzeuge verwendet er ausschließlich derartige Ersatzteile.

Der Beklagte verfügt über die gleichen handwerklichen und technischen Kenntnisse wie ein autorisierter Vertragshändler der Klägerin.

In der Ausgabe der 'Vorarlberger Nachrichten' vom 4.Dezember und 14. Dezember 1982 bot sich der Beklagte im Anzeigenteil als 'BMW-Spezialist' an. Im 'Feldkircher Anzeiger' vom 29.September 1983 war ein ganzseitiges Inserat eingeschaltet, wobei der Beklagte folgende Leistungen anbot:

'BMW-Neuwagen, BMW-Gebrauchtwagen, BMW-Reparaturen, BMW-Service, BMW-Spenglerei und BMW-Tuning'. Außerdem war dort ein Fahrzeug, das als solches der Marke BMW erkennbar ist, abgebildet. Die blau-weiße BMW-Marke ist darauf allerdings nicht ersichtlich.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Leser der Ankündigungen des Beklagten erwarte eine Spzialisierung des Ankündigenden in Bezug auf Reparaturen, das Service, die Verkaufsvermittlung und die Aufbereitung von Kraftfahrzeugen der Marke BMW. Er verbindet damit aber auch eine besondere, sich auf diese Fahrzeuge erstreckende, auf dem letzten Stand der technischen Entwicklung befindliche Fachkunde. Hingegen erwartet der Durchschnittsinteressent nicht eine sogenannte Vertragswerkstätte und daher auch nicht eine besondere Beziehung des Ankündigenden zur Klägerin. Der Beklagte besitze eine dem Stand eines autorisierten Vertragshändlers beinahe gleichkommende, aktuelle Fachkunde hinsichtlich der vorbeschriebenen Tätigkeit bezüglich von BMW-Kraftfahrzeugen. Wie sich der Beklagte diese Kenntnis zu eigen mache, müsse ihm, soweit er nicht in die Rechtssphäre der Klägerin eindringe, freigestellt sein. Insgesamt könne in der Ankündigung des Beklagten, er sei BMW-Spezialist, er verkaufe BMW-Neuwagen, BMW-Gebrauchtwagen, er verrichte BMW-Reparaturen und BMW-Service und er führe eine BMW-Spenglerei sowie ein BMW-Tuning, eine wettbewerbsrechtliche Irreführung im Sinn des § 2 UWG nicht erblickt werden. Soweit die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die internationale Registrierung der 'BMW- Bild- und Buchstabenmarke' auch auf den Sondertatbestand des § 9 Abs 3 UWG stütze, könne sie nicht durchdringen. Der Beklagte vertreibe nämlich keine eigenen Waren unter einer zugunsten der Klägerin geschützten Marke. Ein Kennzeichenmißbrauch durch den Beklagten scheide daher aus.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, welche auf einem mangelfreien Verfahren beruhten und teilte auch dessen Rechtsansicht. Der Fall entspreche vollkommen dem zu 4 Ob 383/83 (ÖBl. 1984, 78) entschiedenen.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Was zunächst die Bezeichnung des Beklagten als 'BMW-Spezialist' anlangt, hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner einen völlig gleichartigen Fall betreffenden Entscheidung 4 Ob 383/83 (ÖBl. 1984, 78) ausgeführt, daß der Leser einer derartigen Ankündigung eine Spezialisierung des Ankündigenden in Bezug auf Reparaturen von Kraftfahrzeugen der Marke BMW und damit besondere auf diese Fahrzeuge sich erstreckende auf dem letzten Stand der Entwicklung befindliche Fachkunde erwartet. Er erwartet hingegen nicht eine sogenannte Vertragswerkstätte und daher nicht die besondere Beziehung des Ankündigenden zu der Firma BMW. Von dieser Ansicht abzugehen, bieten die umfangreichen Hinweise im Revisionsrekurs auf die deutsche Rechtsprechung keinen Anlaß. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß Baumbach-Hefermehl auch in der 14. Auflage Wettbewerbsrecht S 1201 ausführen, die Bezeichnung 'Spezialist für BMW' sei zulässig für Inhaber einer Autoreparaturwerkstatt mit Sonderkenntnissen für BMW-Wagen. Daß der der Entscheidung ÖBl. 1984, 78

zugrundegelegene Fall mit dem vorliegenden nicht ident sei, kann ernstlich nicht behauptet werden. In beiden Fällen bezeichnete sich der Händler als 'BMW-Spezialist'. Ob diese Bezeichnung kleiner oder gleich groß wie der Name des werbenden Händlers gedruckt ist, ist ohne Bedeutung. Alle Ausführungen der Revision über den fachlichen Unterschied der von der Klägerin durch Kurse und schriftliche Informationen auf dem jeweils neuesten Standgehaltenen Vertragsservicestellen und dem Beklagten scheitern aber daran, daß der Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanzen über die gleichen handwerklichen und technischen Kenntnisse wie ein von der Klägerin autorisierter Vertragshändler verfügt und ausschließlich BMW-Originalersatzteile verwendet.

Aber auch das Inserat im Feldkircher Anzeiger vom 29.September 1983 ist weder irreführend noch verstößt es gegen die Kennzeichenrechte der Klägerin.

Der Leser dieses Inserates wird mit der Ankündigung zwanglos die Vorstellung verbinden, der Beklagte handle mit BMW-Neuwagen und Gebrauchtwagen und führe an Fahrzeugen dieser Marke Reparaturen, das Service und Tuning sowie Spenglerarbeiten durch. Daß es sich bei dem Betrieb um eine Vertragswerkstätte der Klägerin handelt ist dieser Anzeige ebensowenig zu entnehmen wie der Bezeichnung des Beklagten als BMW-Spezialist. Daß die Bezeichnung 'BMW-Spenglerei' von den Interessenten dahin verstanden werde, daß es sich um eine von der Firma BMW betriebene Spenglerei handelt, kann im Zusammenhang mit dem übrigen Anzeigentext nicht angenommen werden. Schließlich enthält die Anzeige unübersehbar und wesentlich größer den Namen des Beklagten mit dem Untertitel 'KFZ-Meisterbetrieb'. Von einer Verletzung von Kennzeichenrechten der Klägerin kann daher ebensowenig gesprochen werden wie von einer Irreführung. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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