Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.198,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 927,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin gibt seit Juni 1985 die Zeitung "T*** S***" heraus. Diese Zeitung ist durch die Zusammenlegung der beiden Fachzeitungen "S***" und "T*** A***" entstanden. "T*** S***" war bis Ende 1985 das offizielle Organ des beklagten Vereines. Der Beklagte veranstaltet Pferderennen in der Krieau im Wiener Prater. Bis 1979 gab er das Veranstaltungsprogramm seiner Rennen (Datum des Renntages, Anzahl und Beginnzeit der einzelnen Rennen, Namen der Traber und der Fahrer, Aufstellung der Pferde) der seit mehr als 100 Jahren bestehenden Zeitung "S***" zur Veröffentlichung bekannt, danach auch der Zeitung "T*** A***" und
schließlich - bis Ende 1985 - der Zeitung "T*** S***". Die Zusammenarbeit mit "T*** A***" war von Jahr zu Jahr verlängert worden. Der Zeitung "S***" hatte der Beklagte die Nennungen immer bekanntgegeben, ohne daß es eine (Vertrags-)Verlängerung von Jahr zu Jahr gegeben hätte.
Die Klägerin wurde am 22.September 1983 in das Handelsregister Wien eingetragen. Ihre persönlich haftende Gesellschafterin, die Z*** "S***" Gesellschaft mbH, ist dort seit 27. November 1953 protokolliert.
Mit Schreiben vom 14.Juni 1983 lehnte der Beklagte das ihm von "T*** A***" am 25.Mai 1983 gemachte schriftliche Angebot ab, "ein Exklusivrecht für T*** A*** zur Veröffentlichung der Nennungen bzw. des Programmes der Veranstaltungen des W***
T***-V***" einzuräumen; dazu sei er aus prinzipiellen Gründen nicht in der Lage.
An einem Wochenende im Jänner 1984 erschien weder die Zeitung "S***" noch die Zeitung "T*** A***". Die Herausgeber der beiden Zeitungen wollten damit ihr Mißfallen darüber ausdrücken, daß der Beklagte die Nennungen einer dritten Zeitung, nämlich dem "S*** F***", bekanntgegeben hatte; "T*** A***" wollte überdies darauf hinweisen, daß der im Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung bestehende Schwebezustand nicht aufrechterhalten werden könne. Dem Beklagten entging durch das Nichterscheinen der beiden Zeitungen rund eine halbe Million Schilling, weil die Wetter keine Informationen über die Pferde erhalten hatten und der Wettumsatz daher drastisch zurückgegangen war.
Der Beklagte war dennoch nicht bereit, die Bekanntgabe der Nennungen an "S***-F***" einzustellen. Die Zeitung "T*** A***" einigte sich mit der Zeitung "S***-F***" dahin, daß sie jenen Teil der Zeitung druckte, in dem die Nennungen standen.
Der Beklagte versicherte zwar, er denke nicht daran, an der Bekanntgabe der Nennungen an "T*** A***" etwas zu ändern; er war aber nicht bereit, diese Zusage schriftlich festzuhalten. Am 21.Februar 1984 ersuchte "T*** A***" den Beklagten - "um innerbetrieblich dringend notwendige Investitionen rechtfertigen zu können" - "um die langfristige (mindestens jedoch auf die Dauer von zwei Jahren) Zusicherung von:
1. Übermittlung des Nennungsergebnisses für die vom WTV in der Wiener Krieau veranstalteten Trabrennens zum jeweils frühest möglichen Zeitpunkt.
2. Verkaufsmöglichkeit einer Fachzeitung für den Pferderennsport auf dem Gelände des WTV (Krieau), für die Walter Z*** OHG, Eigentümer, Herausgeber und Verleger von T*** A***". Der Beklagte lehnte diesen Vorschlag am 1.März 1984 ab, bestätigte aber, daß "T*** A***" bis zum Jahresende 1984 die Nennungen vom Generalsekretariat erhalten und auch die Zeitungen bis zu diesem Zeitpunkt auf dem Trabrennplatz-Krieau verkaufen könne. Auf schriftliche Anfrage des Beklagten vom 3.Dezember 1984 ersuchte "T*** A***" am 14.12.1984 "um eine Verlängerung der ursprünglich mit 1984-12-31 befristeten Vereinbarung bezüglich der Weiterleitung der Nennungsergebnisse sowie des Verkaufsrechtes unserer Publikationen auf dem Rennplatz Krieau".
Als im Juni 1985 die Zeitungen "S***" und "T*** A***" zusammengelegt wurden, sicherte der Generalsekretär des Beklagten, Kurt K***, Walter Z*** zu, daß die Zusammenarbeit, wie sie zwischen dem Beklagten und "T*** A***" während einiger Jahre eingehalten worden war, auch mit der neuen Zeitung weitergeführt werde. Die gleiche Zusicherung machte der Präsident des beklagten Vereins, Dr. Herbert P***, gegenüber Andree S*** und Franz S*** als Vertretern der Klägerin. Er erklärte jedoch nicht, daß die Klägerin die Nennungen "immer" erhalten werde, und ersuchte unter Hinweis auf das Nichterscheinen der beiden Zeitungen im Jänner 1984, daß die Klägerin ihre Monopolstellung nicht ausnütze. Der Beklagte wolle sicher sein, daß die Zeitungen erschienen; dies sicherten ihm die Verteter der Klägerin zu.
Mit Schreiben vom 14.Oktober 1985 lehnte der Beklagte das Ansuchen der "T***-S*** GmbH" ab, sich ihr gegenüber für einen Zeitraum von mindestens 3 Jahren zu verpflichten, die Nennungen für die Rennveranstaltungen durchzugeben und die Zeitung als offizielles Organ des Beklagten erscheinen zu lassen. Am 20.November 1985 teilte er der "T***-S*** GmbH & Co KG" mit, er sei nicht in der Lage, ihr ab dem 1.Jänner 1986 die Nennungen für die Rennen bekanntzugeben; der Verkauf ihrer Zeitung sei ab diesem Zeitpunkt auf dem Trabrennplatz nicht mehr möglich, weil ab 1.Jänner 1986 der Beklagte eine eigene Zeitung herausgeben werde. Die Zusage des Beklagten über die Bekanntgabe der Nennungen habe nur bis Jahesende 1985 bestanden; im Gegensatz zu früheren Jahren sei keine Verlängerung zugesagt worden.
Mit Brief vom 10.Dezember 1985 an "Andree A***, per Adresse Unternehmen T***-S***" teilte der Beklagte mit, daß einstimmig beschlossen worden sei, ab 1.Jänner 1986 einen Verkauf "Ihrer Zeitung" in der Krieau zu untersagen. Was die Nennungen anlange, sei ebenso einstimmig beschlossen worden, "daß Sie diese einen Tag nach dem betreffenden Nennungs-Schluß....ab 8.00 Uhr früh im Generalsekretariat" des Beklagten abholen könnten. Die "T***-S*** GmbH & Co KG" wandte sich am 10.Dezember 1985 mit Briefen an Traber-Trainer und an Mitglieder des Beklagten mit dem Ersuchen, ihren Einfluß geltend zu machen, um die Existenz von "T***-S***" weiterhin zu sichern und - was die Mitglieder betraf - ihre Auffassung und Haltung auch gegenüber der Vereinsleitung zu überprüfen. Dr. P*** habe eine nochmalige Überprüfung der Frage zugesichert und eine Information bis 9. Dezember 1985 versprochen, aber nicht erteilt.
Mit der Behauptung, sie könne ihre Zeitung nicht mehr absetzen, wenn sie das Veranstaltungsprogramm des Beklagten erst einen Tag nach Nennungsschluß erfahre und ihre Zeitung nicht auf dem Rennplatz vertreiben dürfe; die Beklagte verletze mit ihrer nunmehrigen Vorgangsweise nicht nur ihre vertraglichen Pflichten, sondern fördere ganz bewußt den Wettbewerb der "Österreichischen Traberzeitung" und wolle die Klägerin durch "Liefersperre", "Lieferverzögerung" und "Aussperrung" in sittenwidriger Weise zu Zwecken des Wettbewerbes wirtschaftlich vernichten, begehrt die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihr das Veranstaltungsprogramm sämtlicher Renntage auf dem Trabrennplatz in der Krieau im Wiener Prater, bestehend aus dem Datum des Renntages, der Anzahl und den Beginnzeiten der einzelnen Rennen, den Namen der Traber und der Fahrer sowie der Aufstellung der Pferde, jeweils am Tag des Nennungsschlusses bekanntzugeben (Punkt a) und den Vertrieb von "T*** S***" auf dem Trabrennplatz in der Krieau nicht zu behindern (Punkt b). Seit Jänner 1986 erscheine die Zeitung "T*** S***" nicht mehr mit ihrem früheren Inhalt, sondern sie enthalte nur noch Nachrichten für die Galopper. Der Klägerin sei es nicht möglich, die Zeitung vor dem Eingang zum Trabrennplatz zu verkaufen, weil dieser Platz auf einem großen Areal liege, das zur Gänze dem Beklagten gehöre. Der Umsatz auf dem Trabrennplatz bilde einen wesentlichen Teil des Gesamtumsatzes; ohne diesen Umsatz sei die Zeitung nicht mehr lebensfähig.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Er sei der Klägerin gegenüber nie die "fortwährende Verpflichtung" eingegangen, ihr das Veranstaltungsprogramm bei Nennungsschluß mitzuteilen und ihr den Vertrieb der Zeitung auf dem Rennplatz zu gestatten. Die Klägerin habe im Schreiben vom 10.Dezember 1985 nicht nur unrichtige Behauptungen aufgestellt, sondern auch versucht, die Mitglieder des Beklagten und die Trainer zur Stellungnahme gegen den Beklagten zu veranlassen. Aus diesem Grund habe der Beklagte die sofortige Auflösung des angeblichen Vertrages ausgesprochen; die Fortsetzung eines solchen Dauerschuldverhältnisses sei ihm nicht zuzumuten. Obwohl er der Klägerin seit 1986 das Veranstaltungsprogramm nicht mehr bekanntgebe, erscheine dennoch die Zeitung "T*** S***" regelmäßig. Der Klägerin wäre es auch möglich, die Zeitung vor den Toren zum Areal des Beklagten zu verkaufen.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es noch fest:
Der Beklagte nahm den Inhalt der Schreiben der Klägerin vom 10. Dezember 1985 zum Anlaß, die sofortige Auflösung des Vertrages - für den Fall, daß ein solcher Vertrag im gerichtlichen Verfahren angenommen werden sollte - auszusprechen, weil ihm die Fortsetzung der Erbringung unentgeltlicher Leistungen zugunsten der Zeitungen "S***", "T***" "T*** S***" oder sonstiger Unternehmen, an denen Franz S***, Walter Z*** oder Andree A***
beteiligt sind, nicht mehr zumutbar sei.
Im beklagten Verein war schon vorher immer wieder darauf hingewiesen worden, daß sich wegen der Monopolstellung der Zeitung "T*** S***" Vorfälle wie im Jänner 1984 wiederholen könnten; außerdem gab es in der Zeitung "T*** S***" Berichte über Funktionäre des Beklagten, die als herabsetzend empfunden wurden. Der Beklagte beschloß, sich an der "W*** T***-Z***" zu beteiligen, und erwarb einen Geschäftsanteil von 10 % an der N*** GmbH & Co KG, die Medieninhaberin der "W*** T***-Z***" ist. Zwischen dem Beklagten und der genannten Kommanditgesellschaft wurde eine Vereinbarung geschlossen, in der sich die letztere dazu verpflichtete, Beleidigungen und Herabsetzungen von Funktionären in ihrer Zeitung zu unterlassen.
Die Zeitung "T*** S***" erscheint zwar noch, enthält aber nur noch Nachrichten über den Galoppersport. Als Zeitung nur für die Galopper ist "T*** S***" nicht lebensfähig. Kann die Zeitung nicht weitererscheinen, so sind damit auch der Klägerin die Grundlagen ihrer Existenz entzogen.
Die Klägerin hat etwa 50 bis 70 % der Auflage der Zeitung "T*** S***" auf dem Trabrennplatz verkauft. Dieser Platz hat zwei Eingänge; bei einem Eingang kann man nur durchgehen, beim anderen auch durchfahren. Die Kassen sind etwa 300 bis 400 m von den Eingängen entfernt aufgestellt. Bei diesen Eingängen kann jeder durchgehen; es wird nicht kontrolliert, ob er eine Karte für die Veranstaltung hat. Könnte die Zeitung "T*** S***" unmittelbar vor den Eingängen zu den Kassen (Drehkreuz) vertrieben werden, so könnte ein Absatz erzielt werden, der ihr Weiterbestehen ermöglicht. Das Areal unmittelbar vor den Eingängen zu den Kassen ist jedoch Areal des Beklagten.
Nach der Satzung des Beklagten ist nur die Geschäftsführung, vertreten durch ein Mitglied des Präsidiums und ein Mitglied des Direktoriums, berechtigt, für den Beklagten Erklärungen abzugeben; der Generalsekretär hat keine solche Befugnis.
Daß der Beklagte der Klägerin gegenüber vertraglich die Verpflichtung übernommen hätte, ihr das Programm der Renntage mit Nennungsschluß bekanntzugeben und ihr den Vertrieb ihrer Zeitung auf dem Trabrennplatz zu gestatten, konnte nicht festgestellt werden. Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß sich die Klägerin nicht auf einen Vertrag stützen könne; zu prüfen bleibe aber, ob der Beklagte sittenwidrig gehandelt habe. Die Verweigerung eines Vertragsabschlusses sei sittenwidrig, wenn jemand eine tatsächliche Monopolstellung habe und sie grundlos oder aus mißbilligenswerten Gründen ausnütze, um einen anderen überhaupt von einer bestimmten Güterbewegung auszuschließen oder ihn nur unter Bedingungen zuzulassen, die unangemessen oder für den Betroffenen unerträglich seien und daher unsittlich erschienen. Werde durch das Nichtkontrahieren in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zugefügt, so bestehe die Rechtspflicht zur Schadensverhütung durch Kontrahieren. Dies gelte aber nur für jene Fälle, in denen es um die Lieferung von Bedarfsgütern des täglichen Lebens oder um die Befriedigung allgemeiner Bedürfnisse gehe. die Information und die Berichterstattung über sportliches Geschehen zählten zu diesen allgemeinen Bedürfnissen. Der Beklagte allein sei in der Lage, das Programm der Renntage Zeitungen so früh bekanntzugeben, daß eine zeitgerechte Veröffentlichung möglich sei; ihm komme insofern eine Monopolstellung zu.
Der von der Klägerin herausgegebenen Zeitung und damit der Klägerin selbst würden die Grundlagen ihrer Existenz entzogen, wenn sie das Veranstaltungsprogramm des Beklagten nicht zeitgerecht bringen könne. Als Zeitung mit Nachrichten nur für Galopper sei "T*** S***" nicht lebensfähig.
Auf Grund seiner Monopolstellung sei der Beklagte somit grundsätzlich verpflichtet, der Klägerin das Programm der Renntage zeitgerecht bekanntzugeben. Seine Weigerung werde nicht dadurch gerechtfertigt, daß ihm durch das Nichterscheinen der beiden Zeitungen "T*** A***" und "S***" im Jänner 1984 eine halbe Million Schilling entgangen sei. Der Beklagte habe nicht einmal behauptet, daß das Verhalten der Klägerin Anlaß zu der Befürchtung gegeben hätte, die Vorkommnisse vom Jänner 1984 könnten sich wiederholen. Ein Weiterbeliefern der Klägerin mit dem Veranstaltungsprogramm würde solche Ereignisse nicht wahrscheinlicher, sondern unwahrscheinlicher machen; je größer nämlich die Zahl der Publikationen sei, die das Veranstaltungsprogramm bringen, desto sicherer könne der Beklagte mit einer zeitgerechten Veröffentlichung rechnen. Im übrigen habe der Beklagte auch noch nach dem Jänner 1984 der Klägerin weiterhin sein Programm mitgeteilt.
Die Weigerung des Beklagten werde auch nicht durch die Rundschreiben der Klägerin vom 10.Dezember 1985 gerechtfertigt. Bei diesen Rundschreiben handle es sich um eine Reaktion auf die vorher erklärte Weigerung des Beklagten, das Veranstaltungsprogramm zeitgerecht bekanntzugeben; als Abwehrmaßnahme seien sie milder zu beurteilen. Der Beklagte habe weder behauptet noch bewiesen, daß in "T*** S***" erschienene Berichte über Funktionäre des Beklagten tatsächlich herabsetzend gewesen wären. Da er somit nicht berechtigt gewesen sei, der Klägerin die rechtzeitige Bekanntgabe des Veranstaltungsprogramms zu verweigern, habe er seine Monopolstellung in sittenwidriger Weise ausgenützt.
Das Gleiche gelte für das Verbot, die Zeitung "T*** S***" auf dem Trabrennplatz zu vertreiben. Auch in Ansehung der Erlaubnis zum Vertrieb einer Zeitung auf dem Trabrennplatz komme dem Beklagten eine Monopolstellung zu. Ein Vertrieb der Zeitung vor den Eingängen zum Areal des Beklagten sei dem Vertrieb auf dem Trabrennplatz auch nicht annähernd gleichwertig. Auf Grund des Verbotes würde sich der Verkauf der Zeitung der Klägerin auf 30 bis 50 % der früheren Auflage beschränken; damit würden der Klägerin die Grundlagen ihrer wirtschaftlichen Existenz entzogen. Auch mit dem Verbot, die Zeitung der Klägerin auf dem Trabrennplatz zu vertreiben, habe somit der Beklagte seine Monopolstellung sittenwidrig ausgenützt. Das Berufungsgericht wies die Klage ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Ersturteiles als das Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Rechtlich führte es aus:
Die Klägerin habe sich nicht auf den Rechtsgrund des § 1 UWG beschränkt; vielmehr sei zu prüfen, ob eine Liefersperre, eine Lieferverzögerung oder eine Aussperrung vom Zeitungsvertrieb ein sittenwidriges Verhalten auch im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB bilde. Auf die Frage des Wettbewerbsverhältnisses müsse daher nicht eingegangen werden. Der festgestellte Sachverhalt sei unter dem Aspekt einer Kontrahierungsverpflichtung des Beklagten zu beurteilen. Eine vertraglich begründete Verpflichtung sei auszuschließen; es sei daher allein zu prüfen, ob der Beklagte sittenwidrig gehandelt habe:
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestehe überall dort ein Kontrahierungszwang, wo die praktische Übermacht eines Beteiligten ihm sei bloß formaler Parität die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gebe. Werde durch Nichtkontrahieren in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zugefügt, so bestehe die Rechtspflicht zur Schadensverhütung durch Kontrahieren. Der Anspruch komme erst mit seiner Geltendmachung zur Wirkung. Der zum Vertragsabschluß Verhaltene verletze seine Verpflichtungen dann, wenn er sich in irgendeiner Form weigere, den Vertrag nach Maßgabe seiner Verpflichtung abzuschließen. Die Rechtsprechung habe die Fälle eines Kontrahierungszwanges unter anderem dahin eingeschränkt, daß es sich um die Lieferung von Bedarfsgütern des täglichen Lebens und um die Befriedigung allgemeiner Bedürfnisse handeln müsse. Nach Baumbach-Hefermehl (Wettbewerbsrecht14, 633) gehörten zu den Leistungen des allgemeinen Bedarfs auch kulturelle Einrichtungen (Theater, Museen, Bibliotheken). Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sei auch die Information und die Berichterstattung über sportliches Geschehen zu den allgemeinen Bedürfnissen zu rechnen. Der Beklagte habe auf dem Gebiet der Information der am Trabrenngeschehen interessierten Öffentlichkeit insofern eine Monopolstellung, als nur er in der Lage sei, das gesamte Veranstaltungsprogramm so rechtzeitig den Medien mitzuteilen, daß eine zeitgerechte Publikation möglich sei. Bei Prüfung der Frage, ob der Beklagte seine Monopolstellung grundlos oder aus mißbilligenswerten Gründen ausnütze, um die Klägerin von der rechtzeitigen Information auszuschließen, sei vorweg zu beachten, daß der Beklagte das Rennprogramm der Klägerin bisher jeweils am Tag des Nennungsschlusses unentgeltlich bekanntgegeben hatte. Ob die einseitige Beendigung dieser faktisch - ohne vertragliche Verpflichtung - gehandhabten Praxis durch den Beklagten sittenwidrig sei, müsse nach folgenden Kriterien beurteilt werden:
Die Protestaktion der Klägerin vom Jänner 1984 sei zwar erlaubt gewesen; der Klägerin sei jedoch kein Recht zugestanden, die Weitergabe der Nennungen durch den Beklagten an Dritte zu unterbinden, weil keine Exklusivität bestanden habe. Wenn auch eine unmittelbare Reaktion des Beklagten, der dadurch einen Schaden in der Höhe von rund einer halben Million Schilling erlitten habe, nicht festgestellt worden sei, so sei es eine durchaus legitime Entscheidung des Beklagten, sich an einer anderen Zeitung - der "W*** T***-Z***" - zu beteiligen; auch bestünden berechtigte wirtschaftliche Interessen des Beklagten, das Bestehen dieser Zeitschrift zu sichern. Der Beklagte habe der Klägerin das Recht eingeräumt, um 8.00 Uhr früh des nächsten Tages das Veranstaltungsprogramm abzuholen. Wesentlich sei nun die Frage, ob der Klägerin ein Recht auf Gleichbehandlung mit der Konkurrenzzeitschrift ("W*** T***-Z***") zustehe. Selbst wenn es zutreffen sollte, daß das Konkurrenzblatt bereits auf dem Markt sei, wenn sie erst das Programm bekomme, rechtfertige dies nicht den Anspruch der Klägerin, der es ja ohne weiteres freistehe, diesen Informationsnachteil durch die redaktionelle Gestaltung des Blattes, die bei jeder Konkurrenzsituation von ausschlaggebender Bedeutung sei, wettzumachen. Daß dies unmöglich wäre, ergebe sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen nicht; daraus könne auch nicht abgeleitet werden, daß die wirtschaftliche Existenz der Klägerin in ihrer Grundlage berührt werde. Der Anspruch der Klägerin auf unentgeltliche Bekanntgabe des Rennprogramms am Tag des Nennungsschlusses sei daher zu verneinen.
Bei Prüfung des zweiten von der Klägerin geltend gemachten Anspruches sei von der Feststellung auszugehen, daß die Klägerin etwa 50 bis 70 % der Auflage der Zeitschrift "T*** S***" auf dem Trabrennplatz verkauft habe. Obgleich bei einem Vertrieb der Zeitschrift auf dem Areal des Beklagten unmittelbar vor den Kassen ein Absatz erzielt werden könnte, der ihr Weiterbestehen ermöglichen würde, sei auch hier darauf zu verweisen, daß sich der Vertrieb der Zeitschrift nicht nur auf den Verkauf auf dem Trabrennplatz beschränke, sondern auch auf die Zusendung an Abonnenten und den Verkauf in einschlägigen Verschleißstellen erstrecke. Der Klägerin bleibe es nach wie vor unbenommen, ihre Zeitung durch Kolporteure unmittelbar vor den Eingängen zum Trabrennplatz zu vertreiben; auch sei es ihr ohne weiteres zuzumuten, durch entsprechende redaktionelle Gestaltung eine entsprechende Auflage zu sichern. Die Art und Weise, wie der Beklagte sein "Hausrecht" als Veranstalter von Pferderennen ausübe, bedeute kein unerlaubtes Ausnützen einer Monopolstellung.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Daß der Beklagte - jedenfalls seit Ende des Jahres 1985 - nicht vertraglich verpflichtet ist, der Klägerin zum ehestmöglichen Zeitpunkt sein Veranstaltungsprogramm mitzuteilen und ihr den Vertrieb ihrer Zeitung auf seinem Gelände zu gestatten, ergibt sich eindeutig aus dem festgestellten Sachverhalt und ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Zu untersuchen bleibt, ob der Beklagte den Forderungen der Klägerin nicht dennoch entsprechen muß, weil seine Weigerung, sich der Klägerin gegenüber vertraglich zu binden, gegen die guten Sitten verstößt. Dies ist zu verneinen:
Im Schuldrecht gilt grundsätzlich - als Ausdruck des allgemeinen Gedankens der Privatautonomie - das Prinzip der Vertragsfreiheit. Darunter fällt vor allem die Abschluß- oder Eingehungsfreiheit, dh, daß es im Belieben der Parteien steht, ob und mit wem sie kontrahieren wollen (vgl. nur Koziol-Welser8 I 192). Diese Freiheit wird in den Fällen des "Kontrahierungszwanges" ausnahmsweise durchbrochen (Koziol-Welser aaO; Larenz, Schuldrecht14 I 42 f; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht14, Rz 256 zu § 1 dUWG). In einigen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes wurde ausgesprochen, daß ein Kontrahierungszwang in der Regel nur dort besteht, wo er gesetzlich vorgesehen ist oder es sich um Bedarfsgüter des täglichen Lebens handelt, die an jedermann abzugeben sind (SZ 33/74; ÖBl 1971, 12 ua). Schon die Entscheidung ZBl.1929/320 hatte aber ganz allgemein gesagt, daß die Ausnützung einer wirtschaftlichen Machtstellung gegen die guten Sitten verstoße, wenn ihr Zweck an und für sich unsittlich sei, die angewendeten Mittel ihrer Natur nach unerlaubt seien oder nach der Art ihrer Anwendung gegen die sittlichen Anschauungen der beteiligten Kreise verstießen. In der Folge hat der Oberste Gerichtshof - unter Berufung auf die grundlegenden Lehren Nipperdeys (Kontrahierungszwang und diktierter Vertrag 61) und auf Bydlinsky (Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes 170), ausgesprochen, daß überall dort Kontrahierungszwang anzunehmen sei, wo faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität ihm die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gebe (SZ 44/138; SZ 46/54 ua; Krejci in Rummel, ABGB, Rz 83 zu § 879).
Nach § 4 NahversorgungsG sind zwar Unternehmer grundsätzlich bei der Auswahl der Letztverkäufer frei; Unternehmer, die üblicherweise an Letztverkäufer liefern, können jedoch zum Vertragsabschluß verpflichtet werden, wenn durch die Nichtbelieferung eines Letztverkäufers die Nahversorgung gefährdet oder die Wettbewerbsfähigkeit des Letztverkäufers bei derjenigen Warengattung, zu der die nicht gelieferte Ware gehört, wesentlich beeinträchtigt wird. § 5 desselben Gesetzes verpflichtet gewerbliche Letztverkäufer von Waren, die den notwendigen Bedürfnissen des täglichen Lebens dienen, an Verbraucher von ihren Vorräten an diesen Waren eine Menge zu verkaufen, die Verbrauchern üblicherweise abgegeben wird.
Eine Abschlußpflicht wird in Lehre und Rechtsprechung auch für solche Unternehmen bejaht, die von der "öffentlichen Hand" betrieben werden, um eine Versorgungsaufgabe wahrzunehmen, für deren Erfüllung nach heutiger Auffassung die Allgemeinheit zu sorgen hat (Larenz aaO 48; Koziol-Welser aaO 111; SZ 52/52; JBl 1981, 260 ua). In der Lehre wird Kontrahierungszwang auch für öffentliche Bibliotheken, Museen, Galerien und Ausstellungen angenommen (Larenz aaO 48; Baumbach-Hefermehl aaO Rz 259 zu § 1 dUWG), jedenfalls hinsichtlich des Personenkreises, für den diese Einrichtungen bestimmt sind, und in den Grenzen des jeweils Möglichen (Larenz aaO 48). Bydlinsky (AcP 1980, 41) geht noch weiter und stellt die Regel auf, daß ein Unternehmer, der die Leistung bestimmter Sachen oder Dienste öffentlich in Aussicht gestellt hat, einem zum angesprochenen Personenkreis gehörigen Interessenten, wenn diesem zumutbare Ausweichmöglichkeiten fehlen, die zur Befriedigung seines Bedarfs nötige einschlägige Leistung und den sie vorbereitenden Vertragsschluß ohne sachlich gerechtfertigte Gründe nicht verweigern darf, wenn es sich um den Normalbedarf oder den Notbedarf handelt. Der Ansicht der Vorinstanzen, daß bei Anwendung dieser Grundsätze der Beklagte in Ansehung der Bekanntgabe seines Veranstaltungsprogramms als "Monopolist" anzusehen sei, der Leistungen des allgemeinen Bedarfes anbietet, kann nicht gefolgt werden. Zwar dient die Abhaltung sportlicher Veranstaltungen ebenso einem allgemeinen Bedürfnis wie diejenige kultureller Veranstaltungen; ob allerdings Einrichtungen zur Abhaltung solcher Veranstaltungen auch dann, wenn sie nicht von der öffentlichen Hand betrieben werden, einem Abschlußzwang unterliegen, mag schon zweifelhaft sein. Dies bedarf aber hier keiner näheren Untersuchung, weil dem Beklagten ja nicht vorgeworfen wird, er habe jemandem den Zutritt zu seinen sportlichen Veranstaltungen verwehrt. Hier geht es vielmehr nur um die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, sein Veranstaltungsprogramm zum frühestmöglichen Zeitpunkt dem klagenden Zeitungsunternehmen unentgeltlich bekanntzugeben. Eine solche Mitteilungspflicht einer Person kann aber gewiß nicht darauf gegründet werden, daß diese Person allein in Kenntnis irgendeiner Tatsache ist. Die Mitteilung eines Vorhabens - wie es ein Veranstaltungsprogramm ist - kann nicht der Lieferung eines "lebenswichtigen Gutes" oder einer Leistung des "allgemeinen Bedarfs" gleichgehalten werden, zu deren Erbringung ein Unternehmer nach dem oben Gesagten allenfalls verpflichtet sein kann. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen hätte letztlich zur Konsequenz, daß jeder Medieninhaber unter Berufung auf ein allgemeines Informationsbedürfnis einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf ehebaldigste Unterrichtung durch jedwede Institution (z.B. eine politische Partei) hätte, sofern diese allein von irgendwelchen Vorkommnissen Kenntnis hat. Eine solche Verpflichtung des Beklagten könnte auch dann nicht bejaht werden, wollte man der oben wiedergegebenen Ansicht Bydlinskis folgen, hat doch der Beklagte niemals öffentlich die Erteilung von Informationen über sein Programm in Aussicht gestellt; überdies zählt diese Information weder zum Normal- noch zum Notbedarf.
Ist aber eine Rechtspflicht des Beklagten, die Klägerin zu dem von ihr gewünschten Zeitpunkt über seine Vorhaben zu unterrichten, zu verneinen, so war es - wie es dem Wesen der Vertragsfreiheit und der Marktwirtschaft entspricht - allein dem Verhandlungsgeschick der Klägerin überlassen, die Beklagte dazu zu bewegen, ihr jeweils im Einzelfall rechtzeitig die Nennungen mitzuteilen, oder gar, sich dazu im vorhinein vertraglich zu verpflichten.
Auch für eine Pflicht des Beklagten, der Klägerin den Vertrieb ihrer Zeitung auf seinem Gelände zu gestatten, ist kein Rechtsgrund zu erkennen. Aus dem Umstand, daß der Beklagte allein über sein Gelände verfügen kann, läßt sich diese Pflicht nicht ableiten. Daß nicht jeder, der als Eigentümer, Mieter oder dgl. allein über ein Gelände bestimmt, das er für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung gestellt hat, verpflichtet ist, bei sonstiger Sittenwidrigkeit jedem, der dort Waren verkaufen will, Zutritt zu gewähren, liegt auf der Hand. Auch der Beklagte ist in seiner Entscheidung darin frei, ob er der Klägerin (oder einem anderen Unternehmer) den Vertrieb von Waren auf seinem Gelände gestattet oder untersagt.
Da der Klägerin sohin auf Grund des Gesetzes kein Anspruch gegen den Beklagten zusteht und es ihr auch nicht gelungen ist, mit ihm zu einer vertraglichen Einigung zu kommen, hat das Gericht zweiter Instanz das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Revision mußte demnach erfolglos bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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