OGH 4Ob374/85 (4Ob375/85)

OGH4Ob374/85 (4Ob375/85)29.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Gamerith und Dr. Riedler als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei A B, Schaan/Liechtenstein, vertreten

durch Dr. Rudolf Jahn und Dr. Harald Jahn, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) C D E

M.B.H., Hall in Tirol, Fassergasse 25, 2.) Karl C, Kaufmann, ebendort, beide vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und angemessenen Entgelts (Streitwert im Provisorialverfahren je S 400.000,-) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 9. August 1985, GZ. 4 R 140/85-86, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 18. Juni 1985, GZ. 17 Cg 36/85-80, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im Verfahren 17 Cg 173/80 verbot das Erstgericht zur Sicherung des Anspruches der Klägerin auf Unterlassung von Patentverletzungen mit einstweiliger Verfügung vom 27.11.1980 der beklagten Partei C D F das Feilhalten und Vertreiben von Bohrern,

die für bestimmte, im Spruch des Beschlusses näher bezeichnete Bohrhämmer geeignet sind. Der Klägerin wurde aufgetragen, gemäß § 390 Abs 2 EO für alle der Beklagten durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von 1 Million S Sicherheit zu leisten; gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß die einstweilige Verfügung nicht vollzogen und die schon vollzogene Verfügung auf Antrag der Beklagten aufgehoben würde, wenn letztere eine Sicherheit von 1 Million S zu Gericht erlege (§ 391 Abs 1 EO iVm § 147 Abs 2 PatG).

Im Verfahren 17 Cg 172/80 erließ das Erstgericht auf Antrag der Klägerin am 17.2.1981 eine inhaltsgleiche einstweilige Verfügung gegen den dortigen Beklagten Karl C. Die der Klägerin auferlegte Sicherheitsleistung und der dem Beklagten eingeräumte Befreiungsbetrag wurden hier mit je S 100.000,- bestimmt. Die Klägerin leistete die ihr aufgetragenen Sicherheiten durch Vorlage von Bankgarantien der G H, Filiale

Feldkirch, über 1 Million S (zuletzt Nr. 11.018 vom 24.1.1984 bei ON 64) und S 100.000,- (zuletzt Nr. 10.928 vom 18.10.1983 bei ON 58); diese Bankgarantien wurden vom Erstgericht als hinreichende Sicherheiten entgegengenommen.

Im Verfahren 17 Cg 173/80 legte der Beklagtenvertreter am 13.2.1981 eine Bankgarantie der I Tirol vom 10.2.1981 über 1 Million S mit dem Antrag vor, die einstweilige Verfügung vom 27.11.1980 aufzuheben. Einen gleichartigen Antrag stellte er unter Vorlage einer Bankgarantie desselben Kreditinstitutes vom 24.3.1981 über S 100.000,- am 26.3.1981 auch im Verfahren 17 Cg 172/80. Mit seinen Beschlüssen vom 25.2. bzw. 30.3.1981 gab das Erstgericht diesen Anträgen statt und hob die beiden einstweiligen Verfügungen gemäß § 399 Abs 1 Z 3 EO auf. Ein dagegen von der Beklagten (nur zu 17 Cg 173/80) erhobener Rekurs blieb erfolglos.

Am 20.9.1982 stellte die Klägerin unter Hinweis auf die rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügungen den Antrag, die von ihr vorgelegten Bankgarantien freizugeben und zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters zurückzustellen. Das Erstgericht gab diesem Antrag statt, das Rekursgericht wies ihn ab; dem Revisionsrekurs der Klägerin gab der Oberste Gerichtshof unter Hinweis auf die fortdauernde Anhängigkeit des Hauptverfahrens nicht Folge.

Nachdem die dem Unterlassungsbegehren zugrunde liegenden Patente in der Folge rechtskräftig für nichtig erklärt worden waren, nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.5.1985 beide Klagen unter Anspruchsverzicht zurück; sie beantragte die endgültige Aufhebung der beiden einstweiligen Verfügungen und erklärte ihre Zustimmung zur Ausfolgung der erlegten 'Gegenkautionen' an die Beklagten. Mit Beschluß vom 30.5.1985 gab das Erstgericht dem Antrag der Klägerin auf endgültige Aufhebung der einstweiligen Verfügungen statt; zugleich ordnete es die Ausfolgung der 'Gegenkautionen' an die Beklagten an.

Mit einem am 4.6.1985 beim Erstgericht überreichten Schriftsatz (ON 77) stellten die Beklagten unter Hinweis auf die Zurücknahme der beiden Klagen den Antrag, die von der Klägerin gemäß § 390 Abs 2 EO als Sicherheit erlegten Bankgarantien 'abzuberufen' und der J, Filiale Feldkirch,

den gerichtlichen Erlag der Garantiebeträge von 1 Million S und S 100.000,- aufzutragen.

Die Klägerin sprach sich gegen diesen Antrag aus; gleichzeitig legte sie zwei Erklärungen der J, Filiale

Feldkirch, vom 7.6.1985 vor, wonach die im letzten Absatz der beiden Bankgarantien vom 18.10.1983 und vom 24.1.1984 angeführte Frist von drei Monaten auf jeweils sechs Monate verlängert wurde (bei ON 79). Unter Hinweis darauf, daß den Beklagten nunmehr eine ausreichende Frist zur Geltendmachung allfälliger Ersatzansprüche zur Verfügung stehe, wies das Erstgericht mit Beschluß vom 18.6.1985 (ON 80 S 415 f) den Antrag der Beklagten, die von der Klägerin erlegten Bankgarantien 'abzurufen', ab. Noch vor der Zustellung dieses Beschlusses an die Parteien hatten die Beklagten den Antrag gestellt, der Klägerin gemäß § 394 EO die Zahlung eines Ersatzbetrages von insgesamt S 168.141,02 aufzutragen. über dieses Begehren, welches von der Klägerin dem Grunde und der Höhe nach bestritten worden ist, wurde bisher noch nicht entschieden.

Der Rekurs der Beklagten gegen den Beschluß ON 80 hatte Erfolg:

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß die J, Filiale Feldkirch, aufgefordert wurde, auf

Grund ihrer Garantien vom 18.10.1983 und vom 24.1.1984 die Geldbeträge von S 100.000,- und 1 Million S bei der Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichtes Wien als Verwahrungsgericht gerichtlich zu erlegen; zugleich sprach es aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes jeweils S 15.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei (ON 86). Es obliege der pflichtgemäßen Sorgfalt des Verwahrschaftsgerichtes, allfälligen zeitlichen Befristungen einer als Sicherheit erlegten Bankgarantie durch rechtzeitiges Abberufen dieser Garantie Rechnung zu tragen. Da die beiden Hauptverfahren durch Rücknahme der Klagen unter Anspruchsverzicht beendet und die einstweiligen Verfügungen gemäß § 399 Abs 1 Z 3 EO endgültig aufgehoben worden seien, seien als Sicherheit erlegte Bankgarantien mit einer für diesen Fall bereits in Gang gesetzten Befristung ihrer Gültigkeitsdauer von nur drei, aber auch von sechs Monaten nicht mehr tragbar; den Beklagten müsse vielmehr 'schleunigst' durch Abberufung der Bankgarantien ein bisher nicht bestehendes gerichtliches Pfandrecht an gerichtlich zu erlegenden Barbeträgen verschafft werden, zumal Ersatzansprüche der Beklagten nach § 394 EO nicht nur angekündigt, sondern inzwischen auch schon erhoben worden seien. Daß die jetzt im Akt erliegenden Bankgarantien die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses nicht mehr von dessen Rechtskraft abhängig machen, könne daran nichts ändern. Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluß der ersten Instanz im vollen Umfang wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Voraussetzung für eine sachliche Erledigung jedes Rechtsmittels ist eine - im Zeitpunkt der Entscheidung darüber noch fortbestehende - Beschwer des Rechtsmittelwerbers (SZ 49/22;

SZ 53/86 uva); dieses Erfordernis ist jedoch hier nicht gegeben:

Nach dem Wortlaut der beiden Bankgarantien hatte sich die J, Filiale Feldkirch, verpflichtet, Beträge

bis zu 1 Million S (17 Cg 173/80) bzw. S 100.000,- (17 Cg 172/80) 'binnen 5 Tagen nach Erhalt eines dahingehenden Gerichtsbeschlusses ohne Prüfung des zugrunde liegenden Sachverhalts bei Gericht zu erlegen'. Der anschließende letzte Absatz der beiden Garantieerklärungen in der Fassung der Erklärungen vom 7.6.1985 lautet wie folgt:

'Unsere Garantieverpflichtung erlischt, wenn sie nicht vorher durch einen solchen Beschluß in Anspruch genommen wurde, durch Zustellung eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses über das Erlöschen der von uns mit diesem Schreiben übernommenen Garantieverpflichtung oder sechs Monate nach Zustellung einer rechtskräftigen Endentscheidung in diesem Rechtsstreit oder sechs Monate nachdem uns die Erledigung dieses Rechtsstreites nachgewiesen, oder sechs Monate nachdem eine Klagerückziehung der Beklagten oder ihrem Vertreter zur Kenntnis gelangt ist und uns dieser Umstand nachgewiesen wird'.

Wie bereits erwähnt, hat das Oberlandesgericht Wien als

Rekursgericht mit Beschluß vom 9.8.1985 die

J, Filiale Feldkirch, unter Hinweis auf die Bankgarantien vom 18.10.1983 und vom 24.1.1984 zum gerichtlichen Erlag der dort genannten Beträge von S 100.000,- und 1 Million S aufgefordert. Nach der Aktenlage sind diese Beträge auch tatsächlich am 3.9.1985 bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien eingezahlt und von ihr auf Grund des Verwahrungsauftrages des Erstgerichtes vom 9.9.1985 unter der Bezeichnung

'A AG/FA. C u.a.) in gerichtliche Verwahrung genommen worden. Damit ist aber die Garantieverpflichtung der J, Filiale Feldkirch - welche ihre

Verpflichtung zum Erlag der Garantiebeträge nicht von der Rechtskraft des gerichtlichen Anforderungsbeschlusses abhängig gemacht hatte -, endgültig und irreversibel erloschen; auch ein Erfolg des Rechtsmittels der Klägerin könnte weder zum Wiederaufleben dieser Zusage führen noch eine Verpflichtung des Kreditinstitutes begründen, Zug um Zug gegen Rückstellung der bei Gericht erlegten Beträge seine Garantieverpflichtungen vom 18.10.1983 und vom 24.1.1984 in unveränderter Form zu erneuern. Kann aber ein Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch deren Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht mehr erreichen, dann fehlt es am notwendigen Rechtsschutzinteresse. Eine bloß abstrakt-theoretische Bedeutung der Rechtsmittelentscheidung kann die Beschwer des Rechtsmittelwerbers schon deshalb nicht begründen, weil es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, über nur theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen (SZ 49/22; SZ 53/86; RZ 1974, 47 uva).

Aus diesen Erwägungen war der Revisionsrekurs der Klägerin als

unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO.

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