OGH 4Ob355/97b

OGH4Ob355/97b9.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****-Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Ivo Greiter und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Dipl.Ing.Herbert P*****, vertreten durch Dr.Adolf Ortner und Dr.Christian Ortner, Rechtsanwälte in Innsbruck, 2. Ing.Gerhard T*****, vertreten durch Dr.Günther Egger und Dr.Karl Heiß, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 3,245.587,43 sA, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 27.August 1997, GZ 3 R 104/97m-20, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12.März 1997, GZ 15 Cg 125/96a-14, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 31.666,14 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 5.277,69 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Land Tirol vergab als Rechtsträger des Allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhauses (Univ.-Kliniken) Innsbruck im Rahmen eines die Erstellung einer Katastrophenfunkanlage im Bereich der Frauen- und Kopf-Klinik umfassenden Projektes Aufträge an die Beklagten, die diese annahmen. Die Beklagten erbrachten schon im Jahre 1988 Leistungen aufgrund dieser Vereinbarung.

Mit Regierungsbeschluß vom 24.Juli 1990 beschloß die Tiroler Landesregierung, die klagende Gesellschaft mbH zu gründen. Am 3. Dezember 1990 schloß das Land Tirol mit dem Landesbeamten Dr.Klaus M***** den Gesellschaftsvertrag über die Gründung dieser Gesellschaft mbH.

In der Präambel des zwischen dem Land Tirol und der Klägerin abgeschlossenen Vertrags vom 11./14.Jänner 1991 heißt es:

"Mit Regierungsbeschluß vom 24.7.1990 hat die Tiroler Landesregierung beschlossen, die Tiroler Landes-Krankenanstalten-Gesellschaft m.b.H. zu gründen. Ein wesentlicher Grund dafür lag im dringenden Erfordernis nach einer Zusammenfassung der zahlreichen im Bereich der Landesverwaltung vorgegebenen Entscheidungszuständig- keiten als Voraussetzung für eine effiziente Betriebsführung der Landeskrankenanstalten.

Die Gesellschaft hat eine zeitgemäße, bedarfsgerechte medizinische Versorgung in den vier Landeskrankenanstalten für die Tiroler Bevölkerung sicher zu stellen sowie gleichzeitig auch auf die Erfordernisse der medizinischen Lehre und Forschung des am Landeskrankenhaus Innsbruck eingerichteten Klinischen Bereiches der medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck sowie auf die Bereitstellung und Bereithaltung der für deren Forschung benötigten Einrichtungen und Anlagen Bedacht zu nehmen.

Eine Voraussetzung für die Umsetzung dieser Zielvorstellung ist die Übertragung der Rechtsträgerschaft an den vier Landeskrankenanstalten vom Land Tirol auf die Tiroler Landes-Krankenanstalten-Gesellschaft m. b.H. und die Regelung der wechselseitigen Rechte und Pflichten der Vertragspartner."

In Punkt I des Vertrages wurde festgehalten, daß das Land Tirol die Rechtsträgerschaft (ua) am Allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus (Univ.-Kliniken) Innsbruck samt den angeschlossenen Betrieben und Schulen mit Wirkung vom 1.Jänner 1991 auf die Klägerin übertrage.

Der Vertrag sah weiters vor:

"IV.

Umbauten und Sanierungsmaßnahmen

Die Gesellschaft verpflichtet sich, die ihr in Bestand gegebenen und im Eigentum des Landes stehenden Liegenschaften und baulichen Anlagen stets in dem Zustand zu erhalten, der für die Aufrechterhaltung einer zeitgemäßen und zweckentsprechenden Verwendung erforderlich ist. Sie ist verpflichtet, sämtliche Kosten für Umbauten und Sanierungsmaßnahmen zu tragen. Umbauten und Sanierungsmaßnahmen an bestehenden baulichen Anlagen und Gebäuden werden von der Gesellschaft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchgeführt.

V.

Neu- und Zubauten

Neu- und Zubauten inklusive Erstausstattung werden grundsätzlich von der Gesellschaft als Generalunternehmer im Namen und auf Rechnung des Landes hergestellt. Das bedeutet, daß das Land Eigentümer allenfalls zu errichtender Neu- und Zubauten inklusive Erstausstattung ist. Die Gesellschaft verpflichtet sich, Neu- und Zubauten inklusive Erstausstattung jeweils so herzustellen und einzurichten, daß sie für die Zwecke des Betriebes der Krankenanstalten funktionsgerecht sind.

Die so errichteten Neu- und Zubauten inklusive Erstausstattung werden der Gesellschaft ab dem Zeitpunkt der Kollaudierung (Benutzungsbewilligung) vom Land in Bestand gegeben. Ein über den vereinbarten Bestandzins hinausgehender Betrag ist von der Gesellschaft dafür nicht zu entrichten.

Der Gesellschaft ist es gestattet, ihren Auftrag und ihre Befugnisse als Generalunternehmer ganz oder teilweise weiterzugeben. Als Generalunternehmer hat die Gesellschaft auch sämtliche Antragstellungen zur Erlangung von Zuschüssen, insbesondere solche des KRAZAF's und des Bundes vorzunehmen und zu betreiben. Sie ist verpflichtet, das Land auf die Notwendigkeit einer allenfalls notwendigen Antragstellung durch das Land hinzuweisen.

Sollte die Gesellschaft zum Zwecke der Errichtung von Neu-und Zubauten inklusive Erstausstattung beabsichtigen, Liegenschaften zu erwerben, ist das Einvernehmen mit dem Land (der dafür zuständigen Abteilung beim Amt der Tiroler Landesregierung, derzeit Präsidialabteilung IV) herzustellen. Dasselbe gilt für die Anmietung bzw das Leasing derartiger Liegenschaften."

Punkt VII. ("Weitere Pflichten der Gesellschaft") enthält ua folgende Regelungen:

"Da die Gesellschaft den Betrieb der vier angeführten Landeskrankenhäuser fortführt, tritt diese grundsätzlich in sämtliche Rechte und Pflichten des Landes hinsichtlich der diesbezüglich bestehenden Vereinbarungen ein. Ausgenommen sind davon lediglich ausdrücklich in diesem Vertrag angeführte Rechte und Pflichten. Im einzelnen werden folgende Regelungen getroffen:

1. Verträge:

Die Gesellschaft tritt in sämtliche vom Land Tirol im Rahmen des Betriebes der vier angeführten Landeskrankenanstalten abgeschlossenen Verträge mit allen Rechten und Pflichten ein. Die dem Land Tirol bekannten und schriftlich geschlossenen Vereinbarungen sind aufzulisten und wird deren Inhalt der Gesellschaft zur Kenntnis gebracht. Das Land verpflichtet sich, sämtlichen Vertragspartnern den Eintritt der Gesellschaft in diese Verträge mitzuteilen. Sollte ein Vertragspartner mit dem Eintritt der Gesellschaft nicht einverstanden sein und das Land Tirol seinerseits das Vertragsverhältnis, aus welchen Gründen immer, nicht beenden, so wird sich das Land Tirol zur Vertragserfüllung der Gesellschaft bedienen. .....

2. Forderungen:

Sämtliche am 31.12.1990 bestehende unbestrittene Forderungen des Landes im Zusammenhang mit dem Betrieb der vier angeführten Landeskrankenanstalten werden von der Gesellschaft im Namen und auf Rechnung des Landes einbringlich gemacht. Zahlungseingänge werden der Gesellschaft vorschußweise auf die Zuschüsse des Landes zur Verfügung gestellt. Die Verrechnung erfolgt über ein einzurichtendes Verrechnungskonto.

Hinsichtlich bestehender bestrittener Forderungen wird das Land im Einvernehmen mit der Gesellschaft eine Entscheidung über deren Geltendmachung bis spätestens 30.6.1991 treffen. Nach Vorliegen dieser Entscheidung wird einvernehmlich festgelegt, wer diese Forderung allenfalls geltend macht oder ob diese abgeschrieben werden. ..."

Bei Unterfertigung dieses Vertrages gingen die Vertragsteile davon aus, daß alle bestrittenen Forderungen des Landes Tirol bis zum 30. Juni 1991 bekannt seien. Für später hervorkommende bestrittene Forderungen sollte diese Vorgangsweise wie für die bis zum Stichtag bekanntgewordenen Forderungen gelten. Dieser Vertrag wurde von der Tiroler Landesregierung mit Beschlüssen vom 30.Oktober und 13. November 1990 und vom Tiroler Landtag mit Beschluß vom 22.November 1990 genehmigt. Das Land Tirol verständigte die Beklagten vom vorliegenden Vertrag nicht. Es erging auch keine Entscheidung im Einvernehmen zwischen Land und Klägerin über die Geltendmachung der bestehenden bestrittenen Forderungen. Die Klägerin erhob ohne Kenntnis des Landes Tirol die Klage gegen die Beklagten. Der stellvertretende Vorstand der Präsidialabteilung IV des Landes Tirol erfuhr von der Klageführung erst durch die Zustellung einer Zeugenladung und teilte hierauf dem Leiter der Abteilung der Klägerin für Betriebsorganisation und Recht mit, daß diese Sache in Ordnung gehe. Selbst nach Abschluß des Vertrages vom 11./14.Jänner 1991 machte das Land Tirol verschiedenste Forderungen aus vorher geschlossenen Vereinbarungen selbst geltend. Gesonderte Absprachen mit der Klägerin gab es hierüber nicht.

Die Klägerin begehrt, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, ihr S 3,245.587,43 sA zu zahlen. Sie sei im Zusammenhang mit dem Betrieb der Landeskrankenanstalten Rechtsnachfolgerin des Landes Tirol. Dieses habe im Zuge der Verwirklichung des Zivilschutzkonzeptes im Bereich der Frauen-Kopf-Klinik in Innsbruck den Beklagten den Auftrag für die Planung einer Katastrophenfunkanlage erteilt. Nach einer öffentlichen Ausschreibung durch die beiden Beklagten sei auf deren Empfehlung die Herstellung der Anlage mit Beschluß der Tiroler Landesregierung vom 21.Februar 1989 und 19.Dezember 1989 an die Ö***** GmbH in I***** vergeben worden. Diese Anlage sei weder rechtzeitig übergeben worden noch funktionstüchtig. Hauptursache für die Funktionsuntüchtigkeit der Anlage sei die nicht sach- und fachgerechte Planung durch die Beklagten. Auch die Ausschreibungsunterlagen hätten diese nicht fachgerecht erstellt. Sie hätten auch die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers nicht hinreichend geprüft; bei der vertraglich übernommenen Überwachung der Bauausführung und der Abnahme der Teilleistungen seien schwerwiegende Fehler unterlaufen. Die Katastrophenfunkanlage sei daher überhaupt nicht einsetzbar, so daß eine neue Anlage errichtet werden müsse. Dadurch sei der Klägerin ein Schaden in der Höhe des geltend gemachten Klagebetrages entstanden.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert; die Geltendmachung allfälliger Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche aus noch vom Land Tirol in Auftrag gegebenen Arbeiten seien diesem vorbehalten. Die Beklagten hätten die Ausschreibung und Planung ordnungsgemäß erbracht; allfällige Fehler der Ö*****GmbH seien nicht den Beklagten anzulasten. Die Forderungen der Klägerin seien überdies verjährt. Diese habe auch gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen.

Das Erstgericht - welches die Verhandlung auf die Frage der Aktivlegitimation beschränkte - wies das Klagebegehren ab. Der Vertrag vom 11./14.Jänner 1991 enthalte keine rechtsgeschäftliche Zession der Forderung des Landes Tirol aus seinem Vertrag mit den Beklagten an die Klägerin. Die in der genannten Vereinbarung in Aussicht gestellte Entscheidung über die Geltendmachung der bestehenden bestrittenen Forderungen sei nicht getroffen worden. Daraus folge, daß die dem Land Tirol allenfalls zustehende Forderung gegen die Beklagten der Klägerin nicht abgetreten worden sei. Dieser fehle daher die Aktivlegitimation.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf, verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Aktivlegitimation der Klägerin sei zu bejahen. Den Zielvorgaben und ihrem Unternehmenszweck entsprechend sei die Klägerin nach der Generalklausel des Punktes VII des mit dem Land Tirol geschlossenen Vertrages mit Wirkung vom 1.Jänner 1991 in sämtliche Rechte und Pflichten hinsichtlich der diesbezüglich vom Land abgeschlossenen Verträge eingetreten. In diesem Sinn sei der Klägerin mit Landesgesetz vom 22.März 1995 LGBl Nr 45 die Besorgung der dem Land Tirol als Träger von Privatrechten obliegenden Aufgaben hinsichtlich der Landeskrankenanstalten ua im Zusammenhang mit Neu-, Zu- und Umbauten sowie Sanierungsmaßnahmen übertragen worden. Beim rechtsgeschäftlichen Parteiwechsel im Schuldverhältnis gemäß Punkt VII des mehrfach genannten Vertrages, bei welchem die Gesamtheit der wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Schuldverhältnis zwischen dem Land Tirol und dem Beklagten durch einen einheitlichen Akt (Forderungsabtretung und Schuldübernahme) auf eine dritte Person übertragen werde, ohne daß dadurch der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses verändert werde, handle es sich um eine im Gesetz nicht näher geregelte Vertragsübernahme. Eine solche erfordere nach herrschender Meinung, daß alle Beteiligten - also Alt-, Neu- und Restpartei - zustimmten. Die Vertragsübernahme sei nur dann vollständig, also auch gegenüber dem verbleibenden Partner wirksam, wenn auch dieser der Vereinbarung zugestimmt habe. Solange die Zustimmung der verbleibenden Partei - wie hier der Beklagten - fehle, handle es sich um eine unvollständige Vertragsübernahme. In diesem Fall sei hinsichtlich der auf die eintretende Partei übergehenden Rechte Zession, hinsichtlich der Pflichten Erfüllungsübernahme anzunehmen. Die von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzansprüche seien veräußerliche Rechte im Sinn des § 1393 ABGB. Die Zession bedürfe als bloßer Konsensualvertrag zwischen Alt- und Neugläubiger zur Wirksamkeit nicht der Zustimmung des Schuldners. Die im Vertrag vom 11./14.Jänner 1991 vorgesehenen Regelungen in Ansehung bestehender Forderungen des Landes Tirol im Zusammenhang mit dem Betrieb der Landeskrankenanstalten kämen hier schon deshalb nicht zum Tragen, weil diese Regelungen die zum Stichtag 31.Dezember 1990 bestehenden Forderungen betrafen, die mit der Klage geltend gemachte Schadenersatzforderung aber nach dem Klagevorbringen erst im Jahr 1995 - nach dem Vorliegen des Gutachtens der technischen Universität Wien vom 23.Mai 1995 - entstanden sei. Darüber hinaus fehle hierüber auch eine einvernehmliche Regelung im Sinn des Punktes VII Z 2 des Vertrages vom 11./14.Jänner 1991. Das schließe aber nicht die Sachlegitimation der Klägerin aus; vielmehr sei aus diesem Grunde infolge der in der Generalklausel enthaltenen Zession die Sachlegitimation zu bejahen. Hiezu komme, daß der stellvertretende Vorstand der Präsidialabteilung IV des Landes Tirol, nachdem er vom Prozeß erfahren hatte, der Klägerin mitgeteilt habe, daß die Sache in Ordnung ginge. Im Hinblick auf die Vereinbarung vom 11./14.Jänner 1991 sei diese Erklärung im Rahmen des geschäftsordnungsmäßigen Wirkungsbereichs des stellvertretenden Präsidialvorstands der Präsidialabteilung IV erfolgt; zu deren Wirksamkeit sei keine weitere Beschlußfassung der Tiroler Landesregierung erforderlich, so daß in dieser Erklärung eine schlüssige Abtretung der mit Klage geltend gemachten Forderungen an die Klägerin zu erblicken wäre. Die Klägerin sei somit aktiv legitimiert. Da das Erstgericht das Verfahren auf die Frage der Aktivlegitimation beschränkt und darüber hinaus keine zur Beurteilung der Berechtigung des Klagebegehrens erforderlichen Feststellungen getroffen habe, sei die Sache noch nicht spruchreif. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei für zulässig zu erklären gewesen, weil zu der hier bedeutsamen Frage, wieweit bei einer unvollständigen Vertragsübernahme das Element einer Zession zu berücksichtigen sei, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht einheitlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurse beider Beklagter sind nicht berechtigt.

Die Beklagten vertreten die Meinung, daß nach der heute allgemein anerkannten Einheitstheorie im Falle einer unvollständigen Vertragsübernahme auch keine Zession angenommen werden könne. Hieraus folgern sie, daß die Klägerin nicht berechtigt sei, aus dem zwischen ihnen und dem Land Tirol geschlossenen Vertrag abgeleitete Schadenersatzforderungen zu erheben. Hiezu war zu erwägen:

Die "Vertragsübernahme" ist der Wechsel einer Partei eines Schuldverhältnisses, bei dem die Gesamtheit der wechselseitigen Rechte und Pflichten - insbesondere auch die Gestaltungsrechte (zB Anfechtungs- oder Kündigungsrechte) - auf eine dritte Person übertragen wird (Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 8 zu § 1405 f; Ertl in Rummel ABGB2, Rz 2 zu § 1406; EvBl 1975/30 = JBl 1975, 429; SZ 56/140 = EvBl 1984/54 = JBl 1984, 439; JBl 1990, 717 ua). Nach nunmehr herrschender Auffassung wird die Vertragsübernahme nicht mehr als Kombination aus Forderungs- und Schuldübernahme ("Zerlegungstheorie"), sondern als einheitliches Rechtsgeschäft ("Einheitstheorie") verstanden (Mader aaO; Ertl aaO mwN aus der Lehre; JBl 1990, 717). Ein Schuldverhältnis besteht ja nicht nur aus Forderungen und Schulden, sondern enthält auch vertragsbezogene Gestaltungsrechte, wie etwa das Recht zum Rücktritt vom Vertrag (JBl 1990, 717 mwN aus der Lehre). Voraussetzung für eine Vertragsübernahme ist auf jeden Fall die Übereinkunft aller drei beteiligten Vertragsparteien, der verbleibenden "Restpartei", der ausscheidenden "Altpartei" und der eintretenden "Neupartei" (Ertl aaO; EvBl 1973/65; EvBl 1975/30 = JBl 1975, 429; MietSlg 31.196; SZ 56/140; JBl 1990, 717 mwN aus dem Schrifttum). Die Vertragsübernahme ist nur dann vollständig, also auch gegenüber dem verbleibenden Partner wirksam, wenn auch dieser der Vereinbarung zugestimmt hat (EvBl 1975/30; JBl 1990, 717 mwN). Die Zustimmung des Gläubigers als Restpartei ist allerdings nach einem Teil der Lehre und Rechtsprechung nur dann erforderlich, wenn dem Gläubiger noch Rechte aus dem Vertrag zustehen, also die Schuld wenigstens zum Teil noch aufrecht bleibt und nicht voll erfüllt wird (EvBl 1975/30 mwN; Ertl aaO; dagegen Mader aaO, der diese Auffassung als bedenklich bezeichnet). Solange die Zustimmung der Altpartei fehlt, kommt in Ansehung der auf die Neupartei übergehenden Rechte Zession und hinsichtlich der Pflichten Erfüllungsübernahme in Betracht (EvBl 1974/65; Ertl aaO; Mader aaO). Diese Auffassung wurde in der Entscheidung JBl 1990, 717 - welche die Einheitstheorie vertritt - nicht ausdrücklich abgelehnt.

Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob im Fall einer "unvollständigen Vertragsübernahme" doch wenigstens eine Zession der Forderungen des Altgläubigers (oder eine Erfüllungsübernahme des Neugläubigers) zustandegekommen ist, kann nur die Auslegung des Vertrages zwischen Alt- und Neupartei im Einzelfall sein. Es kommt darauf an, ob nach dem erkennbaren Parteiwillen die Altpartei ihre Rechte auf die Neupartei nur unter der Voraussetzung übertragen wollte, daß diese auch die Pflichten der Altpartei zu erfüllen hat; in diesem Fall kann mangels Zustimmung der Restpartei - also bei Nichtzustandekommen der Vertragsübernahme - auch eine Zession nicht angenommen werden. Die Vertragsauslegung kann freilich uU auch zum Ergebnis kommen, daß für die Parteien die Verbindung von Rechten und Pflichten nicht maßgeblich war; in einem solchen Fall ist eine Zession (und andererseits allenfalls eine Erfüllungsübernahme) wirksam zustandegekommen.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die in Punkt VII Abs 1 und Z 1 angeführte Regel, wonach die Klägerin grundsätzlich in sämtliche Rechte und Pflichten des Landes Tirol aus den im Rahmen des Betriebes der Krankenanstalten abgeschlossenen "bestehenden Vereinbarungen" eintritt, auf eine Vertragsübernahme abzielt, soll doch dadurch die Klägerin als Vertragsübernehmerin an die Stelle des aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Landes Tirols treten und dessen gesamte vertragliche Rechtsstellung übernehmen. Mit diesem Vertragspunkt regelten die Vertragsteile die noch nicht abgewickelten Verträge, vor allem Dauerschuldverhältnisse (arg. "bestehende Vereinbarungen"). Ihnen war bewußt, daß die Restpartei mit dem Eintritt der Klägerin einverstanden sein muß, widrigens eben das Land Tirol im Vertragsverhältnis verbleibe (und es dann entweder beenden oder sich zur Erfüllung der Klägerin bedienen werde).

Schon "abgewickelte" Verträge, Verträge also, die beiderseits erfüllt wurden, sind naturgemäß nicht Gegenstand einer Vertragsübernahme. Das gleiche gilt auch für Verträge, die ein Vertragsteil bereits zur Gänze erfüllt hat. In diesem Fall steht dem einen Vertragsteil nur noch eine Forderung zu, der andere hat nur noch eine Verbindlichkeit; es kommt demnach die Übertragung einer Gesamtheit von Rechten und Pflichten nicht mehr in Frage.

Im Hinblick auf diese Rechtslage sieht der Vertrag vom 11./14.Jänner 1991 in Pkt VII auch besondere Regeln für die Forderungen (und auch für die Verbindlichkeiten) des Landes vor. Zum Stichtag bestehende unbestrittene Forderungen des Landes sollte die Klägerin im Namen und auf Rechnung des Landes einbringlich machen; diese Forderungen wurden also nicht abgetreten; vielmehr verblieb die Rechtszuständigkeit beim Land. Für unbestrittene Forderungen sollte das Land bis 30.Juni 1991 im Einvernehmen mit der Klägerin eine Entscheidung treffen; nach den Feststellungen sollte das auch für später hervorkommende Forderungen gelten. Hat also das Land, wenn auch im Einvernehmen mit der Klägerin, über die Geltendmachung der Forderungen zu entscheiden, geht daraus eindeutig hervor, daß auch diese Forderungen nach dem Parteiwillen der Vertragsteile noch Forderungen des Landes waren, insoweit also keine Zession vorlag. Vor der im Vertrag vorgesehenen Entscheidung über die Behandlung der Forderung stand sie jedenfalls noch dem Land zu. Im Zuge der einvernehmlichen Festlegung, wer diese Forderung allenfalls geltend machen solle, bestand dann die Möglichkeit der Abtretung der Forderung vom Land an die Klägerin.

Diese Vertragsbestimmung bezieht sich auf alle Forderungen des Landes "im Zusammenhang mit dem Betrieb" der Landeskrankenhäuser. Das trifft auf die mit der Klage geltend gemachte Schadenersatzforderung zu, geht sie doch auf einen Werkvertrag zurück, den das Land mit den Beklagten über die Planung einer Katastrophenfunkanlage für eine Landeskrankenanstalt geschlossen hat. Daß das Land Eigentümer der Krankenhäuser und damit auch der Funkanlage geblieben ist, ändert nichts daran, daß die aus dem Werkvertrag abgeleitete Schadenersatzforderung unter die Bestimmungen des Pkt VII des Vertrages fällt.

Bei Erhebung der Klage fehlte demnach der Klägerin tatsächlich noch die Aktivlegitimation.

Das Erstgericht hat jedoch festgestellt, daß der stellvertretende Leiter der - hiefür zuständigen (vgl Pkt V des Vertrages) - Präsidialabteilung IV des Landes Tirol nach Kenntnisnahme von der Klageführung gegenüber der Klägerin erklärt habe, daß die Sache in Ordnung gehe. Darin liegt das - nachträglich hergestellte - Einvernehmen zwischen Land und Klägerin darüber, daß diese die Klageforderung geltend mache; dies bedeutet eine schlüssige Abtretung der Forderung an die Klägerin. Entgegen den Rekursausführungen des Erstbeklagten geht diese Erklärung des Landesbeamten weder über den Vertragsinhalt noch über die darin der Klägerin eingeräumten Befugnisse hinaus; vielmehr entspricht sie Pkt VII des Vertrages. Eines Regierungsbeschlusses bedurfte es somit nicht.

Daß sich die Klägerin auf diese nachträgliche Zession nicht berufen hat, hindert nicht die Berücksichtigung der vom Erstgericht getroffenen - überschießen- den - Feststellung. Überschießende Feststellungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zulässig und dann zu beachten, wenn sie in den Rahmen des vom Kläger vorgebrachten rechtserzeugenden Sachverhalts oder einer bestimmten Einwendung des Beklagten fallen (ZVR 1973/7; JBl 1986, 121; MR 1993, 226 uva). Da sich die Klägerin darauf berufen hat, Zessionarin des Landes zu sein, trifft dies auf die Feststellung des Erstgerichtes zu.

Mit Recht hat daher das Berufungsgericht - wenn auch nur seiner hilfsweise herangezogenen Begründung zu folgen ist - die Aktivlegitimation bejaht.

Den Rekursen war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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