Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 2.719,20 (darin S 247,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin und Herausgeberin der Zeitschrift 'Festspiel Illustrierte', welche seit 1982 alljährlich zu den Salzburger Festspielen erscheint und auch inhaltlich dieser Veranstaltung gewidmet ist.
Der Beklagte war bis 1983 als Mitarbeiter bzw. Chefredakteur bei der Klägerin beschäftigt. Seit 1984 ist er Medieninhaber und Herausgeber der in diesem Jahr erstmals erschienenen Zeitschrift 'Festspiele Salzburg'.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung (ua) die verwechselbare Verwendung der Zeitschriftentitel 'Festspiele' und 'Festspiel-Illustrierte' ab sofort zu untersagen. Der Beklagte habe den Titel, die Aufmachung und die Gestaltung ihrer Zeitschrift - welche ebenso wie ihr Titel 'Festspiel Illustrierte' vor allem im Raum Salzburg Verkehrsgeltung erlangt habe - bewußt nachgeahmt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen im geschäftlichen Verkehr herbeigeführt. Sein Verhalten verstoße gegen §§ 1, 9 UWG, aber auch gegen § 80 UrhG.
Der Beklagte hat sich gegen den Sicherungsantrag ausgesprochen. Verwechslungen der beiden Zeitschriften seien schon auf Grund ihrer verschiedenen Titel ausgeschlossen; auch sonst habe er beim Titelblatt seiner Zeitschrift sowie überhaupt bei deren graphischer Gestaltung jede Anlehnung an das Erzeugnis der Klägerin vermieden. Von einer Verkehrsgeltung der Zeitschrift der Klägerin könne gleichfalls keine Rede sein.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung und nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Die Zeitschrift der Klägerin hatte bisher in jedem Jahr ein etwas anderes Format. Im ersten Jahr (1982) schienen am oberen Rand des Titelblattes das Wort 'JEDERMANN' (in weißen Blockbuchstaben auf gelbem Grund) sowie, dieses Wort teilweise überdeckend, die Worte 'Festspiel Illustrierte' (in Schreibschrift) auf; außerdem waren - jeweils in wesentlich kleinerer schwarzer Druckschrift - links oberhalb des Titels die Worte 'Unabhängiges Kulturmagazin' und rechts unterhalb des Titels die Worte 'Salzburger Journal' zu lesen (Beilage 4). Die 1983 erschienene Ausgabe trug als Titel abermals die Worte 'Festspiel Illustrierte' (in Schreibschrift) und links darüber in wesentlich kleineren schwarzen Blockbuchstaben die Worte 'INTERNATIONALES FESTSPIELMAGAZIN' (Beilage D). Der Titel der Ausgabe für 1984 besteht aus den Worten 'FESTSTPIEL' und 'ILLUSTRUERTE' jeweils in hellroten Blockbuchstaben. Dabei reicht das Wort 'FESTSPIEL' quer über die gesamte Breite des Titelblattes, während das links darunter befindliche, nur etwa halb so groß geschriebene Wort 'ILLUSTRIERTE' nur bis zur Mitte des Blattes reicht. Unterhalb des Titels finden sich noch - in viel kleineren weißen Blockbuchstaben - die Worte 'INTERNATIONALES MAGAZIN'; in der linken unteren Ecke des Titelblattes sind außerdem die Worte 'Festspiel Illustrierte' zu lesen, und zwar in der gleichen Schreibschrift wie 1982 und 1983
(Beilage B). Die Zeitschrift der Klägerin kostete in jedem Jahr S 35.--.
Die Zeitschrift des Beklagten, deren Preis S 40,-- beträgt, ist gleich groß wie das 1983 erschienene Heft der Klägerin und unterscheidet sich im Format nur geringfügig von der neuesten Ausgabe der Zeitschrift der Klägerin (1984). Sie trägt den Titel 'FESTSPIELE SALZBURG' (in dunkelblauen Blockbuchstaben), wobei das erstgenannte Wort die ganze Breite des Titelblattes einnimmt, während das darunter befindliche, nur halb so groß gedruckte Wort 'SALZBURG' von der Mitte des Blattes bis zum rechten Rand reicht (Beilage C).
Beide Zeitschriften beschäftigen sich thematisch mit den Veranstaltungen der Salzburger Festspiele. Sie enthalten kulturelle Artikel, Künstler-Portraits und Künstler-Interviews, eine Vorschau sowie Besprechungen der neuesten Produktionen auf dem Schauspiel-, Opern- und Konzertsektor. Außerdem weisen beide Zeitschriften in der Mitte einen Programmteil auf. Die Zeitschrift der Klägerin hatte einen solchen Spielplan schon 1983 enthalten; er ist 1984 in Format und äußerer Beschaffenheit gleich geblieben. Der Programmteil der Zeitschrift des Beklagten unterscheidet sich in Format und Gestaltung von dem der Klägerin.
Die Zeitschrift der Klägerin wird der Österreichischen Nationalbibliothek übermittelt und auch im Zeitungsalmanach angeführt; sie ist 'auf dem Markt gut eingeführt und bekannt'. Von diesen Feststellungen ausgehend, bejahte das Erstgericht einen Verstoß der Beklagten gegen § 9 Abs 1 UWG. Die Titel der beiden Zeitschriften seien nahezu gleich, die Unterschiede in der äußeren Gestaltung geringfügig und bei flüchtiger Betrachtung nicht zu erkennen. Der Gesamteindruck lasse zumindest auf einen gemeinsamen Herausgeber schließen. Auch dem Zusatz 'Salzburg' fehle jede Unterscheidungskraft, weil sich beide Zeitschriften mit den Salzburger Festspielen beschäftigten. Mit der Bezeichnung seiner neuen Zeitschrift habe der Beklagte darüber hinaus auch zur Irreführung geeignete Angaben im Sinne des § 2 UWG gemacht. Sittenwidrige Nachahmung im Sinne des § 1 UWG sei dagegen mangels konkreter Anhaltspunkte für ein Verschulden des Beklagten nicht anzunehmen; für eine Anwendung des § 80 UrhG fehle es an einem 'Werk' im Sinne des Urheberrechtsgesetzes.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Während das Wort 'Festspiele' dem allgemeinen Sprachgebrauch angehöre, weise die Bezeichnung 'Festspiel Illustrierte' nur auf den Inhalt der betreffenden Zeitschrift hin.
Das an diesen Ausdrücken bestehende absolute Freihaltebedürfnis schließe einen Zeichenschutz nach § 9 UWG selbst bei Annahme einer Verkehrsgeltung aus. Davon abgesehen, fehle es auch an der Verwechslungsgefahr, zumal gerade bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln schon geringe Abweichungen eine solche Gefahr hintanhalten könnten. Bei dieser Sachlage sei ein Verstoß gegen § 1 oder § 2 UWG ebenso zu verneinen wie eine Zeichenverletzung nach § 9 Abs 1 UWG oder eine Verletzung des Titelschutzes nach § 80 UrhG. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben (richtig: abzuändern) und die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig (ÖBl.1984, 48; ÖBl.1984, 104 ua); er ist aber nicht berechtigt.
Eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens sieht die Klägerin in der 'ersatzlosen Streichung entscheidungswesentlicher Feststellungen' der ersten Instanz durch das Rekursgericht. Diese Rüge ist nicht stichhältig: Ob die Zeitschriften der Parteien zufolge der 'sehr ähnlichen Konzeption ihrer Titelseiten' verwechselbar ähnlich sind, ist ebenso eine Frage der rechtlichen Beurteilung wie die - vom Erstgericht rechtsirrig dem Bereich der Tatsachenfeststellungen zugeordnete - Frage, ob das Rekursgericht den Artikel der 'Wochenpresse' vom 31.7.1984 (Beilage J) 'entgegen dem Wortsinn ausgelegt' und deshalb eine Verwechslung der beiden Zeitschriften abgelehnt hat. Im übrigen wäre jedoch das Rekursgericht nach ständiger Rechtsprechung im Provisorialverfahren an die Beweiswürdigung der ersten Instanz nicht gebunden und deshalb auch berechtigt gewesen, einen von der Tatsachengrundlage des erstgerichtlichen Beschlusses abweichenden oder sie ergänzenden Sachverhalt als bescheinigt anzunehmen.
Auch die Rechtsrüge der Klägerin ist nicht berechtigt. Das von ihr verlangte Verbot einer verwechselbaren Verwendung des Zeitschriftentitels 'Festspiele' kann schon deshalb nicht erlassen werden, weil der Beklagte einen solchen Titel - in Alleinstellung - gar nicht gebraucht hat; davon abgesehen, hat das Rekursgericht zutreffend erkannt, daß das Wort 'Festspiele' ein Ausdruck des allgemeinen Sprauchgebrauches ist, an dessen Verwendung ein absolutes, jede Monopolisierung zugunsten eines einzelnen Unternehmers ausschließendes Freihaltebedürfnis besteht. Ob das gleiche auch für die Bezeichnung 'Festspiel Illustrierte' gilt, auch dieser - nur auf den Inhalt der Zeitschrift hinweisenden - Wortverbindung also die notwendige Unterscheidungskraft und damit die zeichenrechtliche Schutzfähigkeit nach § 9 Abs 1 UWG, § 80 UrhG abgesprochen werden muß, kann im Sinne der zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses auf sich beruhen. Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach erkannt hat (SZ 41/20 = ÖBl.1968, 68 = EvBl 1968/302;
SZ 41/116 = ÖBl.1969, 22; ÖBl.1969, 136; ÖBl.1982, 98), können bei Zeitungs- oder Zeitschriftentiteln - insbesondere dann, wenn sie sich aus sprachüblichen Gattungsbezeichnungen zusammensetzen - schon kleine Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen ausschließen, weil gerade bei solchen Titeln nur beschränkte Ausweichmöglichkeiten bestehen und sich das Publikum selbst bei akustischem Gleichklang oder bei Verkehrsgeltung eines Kurztitels daran gewöhnt hat, auch kleine Unterschiede genau zu beachten. Davon ausgehend, hat das Rekursgericht die Gefahr einer Verwechslung der hier konkurrierenden Zeitschriftentitel 'Festspiel Illustrierte' und 'Festspiele Salzburg' mit Recht verneint und dabei vor allem auf den abweichenden Wortlaut dieser beiden Titel verwiesen, welcher angesichts des rein deskriptiven Charakters der Bezeichnung 'Festspiel Illustrierte' und der dadurch bedingten geringen Kennzeichnungskraft dieser Wortkombination die Gefahr von Verwechslungen durch das angesprochene Publikum - auch in der Richtung der Annahme eines gemeinsamen Herausgebers - ausschließt. Der Verwendung einer ähnlichen Schriftgröße und Schrifttype sowie einer ähnlichen Aufmachung der Titelseiten kommt demgegenüber ebensowenig ausschlaggebende Bedeutung zu wie dem im wesentlichen gleichen Format, Inhalt und Leserkreis der beiden Druckerzeugnisse. An diesem Ergebnis kann entgegen den Rechtsmittelausführungen der Klägerin auch der Umstand nichts ändern, daß beide Zeitschriften nur einmal im Jahr erscheinen; er erschwert vielmehr eine Gewöhnung des Publikums an die Zeitschrift der Klägerin und damit eine entsprechende Stärkung der - an sich nur sehr geringen - Unterscheidungskraft des Titels ihrer Zeitschrift.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochten Beschlusses.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO.
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