Normen
AktG §35
AktG §36
HGB §13
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §23
AktG §35
AktG §36
HGB §13
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §23
Spruch:
Die Aktiengesellschaft kann unter der Firmenbezeichnung der Zweigniederlassung (§ 13 (3) HGB., § 35 (3) AktG. 1965) geklagt werden, ohne daß sich dadurch ihre einheitliche Rechtspersönlichkeit verändern würde.
Die Firmenbezeichnung der Zweigniederlassung kann in allen Rechtsfällen gewählt werden, an denen die Zweigniederlassung in irgendeiner Weise beteiligt ist.
Entscheidung vom 5. September 1967, 4 Ob 331/67.
I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Die Klage, mit der begehrt wird, der beklagten Partei in deren Firmennamen die Benützung des Wortes "Kaufhof" zu untersagen, stützt sich auf die Bestimmungen des Unlauteren Wettbewerbs Gesetzes. Die beklagte Partei hat bei der ersten Tagsatzung den Mangel ihrer Partei- und Prozeßfähigkeit mit der Begründung eingewendet, es hätte an Stelle der Zweigniederlassung die Hauptniederlassung geklagt werden müssen.
Das Erstgericht erachtete diese Einrede für zutreffend und wies die Klage zurück. Im Handelsregister des Landesgerichtes Linz sei zu HRB X die Firma Großversandhaus R.-Aktiengesellschaft, Linz. H.-Straße, und zu HRB Y als deren Zweigniederlassung die Firma Großversandhaus R.-Aktiengesellschaft, Kaufhof Zweigniederlassung Linz, Linz, N.- Straße 115, protokolliert. Die Klage richte sich gegen die Zweigniederlassung, die jedoch keine Rechtspersönlichkeit besitze und deshalb nicht Prozeßpartei sein könne.
Infolge Rekurses der klagenden Partei wurde der erstgerichtliche Beschluß von der zweiten Instanz dahin abgeändert, daß der Antrag der beklagten Partei auf Zurückweisung der Klage wegen Mangels der Partei- und Prozeßfähigkeit der beklagten Partei abgewiesen wurde. Es sei zwar richtig, daß einer Zweigniederlassung keine Rechtspersönlichkeit zukomme und diese mangels rechtlicher Eigenständigkeit auch nicht Prozeßpartei sein könne. Träger der Rechte und Verbindlichkeiten sei auch hinsichtlich der Niederlassung die Aktiengesellschaft geblieben. Dies ändere aber nichts daran, daß die Zweigniederlassung im Rechtsverkehr unter einer eigenen Firma auftreten und unter dieser Firma klagen und geklagt werden könne. Auch in diesem Falle sei die Aktiengesellschaft selbst und nicht die Zweigniederlassung Partei des Rechtsstreites. Partei bleibe nach wie vor das hinter der Firma stehende Rechtssubjekt. Dies müsse im vorliegenden Fall umsomehr gelten, als der Rechtsstreit um den Firmenzusatz "Kaufhof" gehe, der nur im Firmenwortlaut der Zweigniederlassung enthalten sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die beklagte Partei führt aus, es sei unbestritten, daß eine Zweigniederlassung im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit Verpflichtungen eingehen und hinsichtlich dieser Verpflichtungen geklagt werden könne. Im vorliegenden Falle begehre die Klage aber die Unterlassung der Führung eines Bestandteiles des Firmennamens der Zweigniederlassung. Im Falle des Obsiegens der Klägerin könne nur die Aktiengesellschaft, nicht aber die Zweigniederlassung für die Berichtigung des Firmenwortlautes Sorge tragen. Der Klagsanspruch betreffe also einen solchen gegen die Aktiengesellschaft und nicht gegen die Zweigniederlassung im wirtschaftlichen Rahmen der Zweigniederlassung. Im Falle der örtlichen Verschiedenheit der Haupt- und der Zweigniederlassung könne ein Anspruch gegen die Firma der Zweigniederlassung bei einem vom Gericht der Hauptniederlassung verschiedenen Gericht nur dann erhoben werden, wenn sich der Sachverhalt, auf den sich die Klage stütze, aus dem Betrieb der Zweigniederlassung ableiten lasse.
Es ist richtig, daß die Aktiengesellschaft und nicht deren Zweigniederlassung für die Änderung des Firmenwortlautes der Zweigniederlassung zu sorgen hätte. Der Klagsanspruch richtet sich gegen die Aktiengesellschaft, die allein Rechtsträgerin ist und mangels rechtlicher Eigenständigkeit der Zweigniederlassung allein Prozeßpartei sein kann (vgl. OGH. v. 4. September 1958, HS. 1045 - 147; v. 16. Jänner 1957, HS. 1045 - 115; SZ. VII 406), gleichgültig, ob es sich um die Frage der Bezeichnung der Firma der Zweigniederlassung oder um andere Streitfragen handelt, und gleichgültig, ob diese Fragen mit der Haupt- oder mit der Zweigniederlassung im Zusammenhang stehen.
Die Aktiengesellschaft kann, wie sich aus den § 13 (3), 30 (3), 50
(3) HGB., § 35 (3) letzter Halbsatz AktG. 1965 (gleichlautend wie im AktG. 1937) und § 36 (2) zweiter Halbsatz Aktiengesetz 1965 (gleichlautend wie im AktG. 1937) ergibt, unter verschiedenen Firmenbezeichnungen geklagt werden, ohne daß sich dadurch ihre einheitliche Rechtspersönlichkeit verändern würde. Die Firmenbezeichnung der Zweigniederlassung kann in allen Rechtsfällen gewählt werden, an denen die Zweigniederlassung in irgendeiner Weise beteiligt ist, wie im vorliegenden Rechtsstreit. Nach dem Sinn der gesetzlichen Bestimmung über die Zulässigkeit einer eigenen Firmenbezeichnung der Zweigniederlassung (zusammenfassende Bezeichnung der Rechtsbeziehungen einer Zweigniederlassung) muß jede rechtliche Anknüpfung an die Zweigniederlassung als ausreichend angesehen werden ("nur für die auf die Zweigniederlassung bezüglichen Angelegenheiten": Demelius in Staub - Pisko, AHGB.[3] I, S. 1870; "aus den im Geschäftsbereich einer Zweigniederlassung begangenen unerlaubten Handlungen": RGR.-Kommentar zum HGB.[3] I, S. 240). Der gegenteiligen Meinung der beklagten Partei kann nicht gefolgt werden.
Auch wenn die Aktiengesellschaft, wie hier, zu Recht unter dem Firmennamen der Zweigniederlassung geklagt wird, hat die Aktiengesellschaft durch ihren Vorstand und nicht die Leitung der Zweigniederlassung im Prozeß einzuschreiten (so auch Gadow - Heinichen, Großkommentar zum Deutschen Aktiengesetz[2], S. 214 ff.; Godin - Wilhelmi, Deutsches Aktiengesetz[7] I S. 208; Hämmerle, Handelsrecht, S. 148, 201 f.; Losert - Schiemer - Stadler, Aktiengesetz 1965, S. 46). Weil die Zweigniederlassung als solche nicht Trägerin von Rechten und Pflichten sein, vielmehr die Aktiengesellschaft allein Parteistellung haben kann, würde es im vorliegenden Fall der Aktiengesellschaft als Partei bzw. deren Vorstand obliegen, dem Klagebegehren zu entsprechen. Die von der beklagten Partei vorgelegte Vollmacht ist ordnungsgemäß von zwei Vorstandsmitgliedern der Aktiengesellschaft unterfertigt. Ein Mangel der Partei- oder der Prozeßfähigkeit ist daher nicht gegeben.
Auch der weitere Hinweis der beklagten Partei, im Falle der örtlichen Verschiedenheit der Haupt- und der Zweigniederlassung könne eine Klage bei dem Gericht der Zweigniederlassung nur dann erhoben werden, wenn sich der Sachverhalt, auf den sich die Klage stütze, aus dem Betrieb der Zweigniederlassung ableiten lasse, ist unzutreffend. Denn § 23 UWG. erklärt ausdrücklich jenes Gericht für zuständig, in dessen Bezirk die Niederlassung liegt, auf die sich die wettbewerbswidrige Handlung bezieht, ohne daß es sich immer um eine wettbewerbswidrige Handlung im Betrieb der Niederlassung handeln müßte (vgl. auch § 87 (2) JN., dazu Fasching I, S. 437, Anm. 3). Deshalb konnte gerade im vorliegenden Fall das für die Zweigniederlassung örtlich zuständige Gericht angerufen werden.
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