Normen
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Spruch:
Vergleichende Reklame (§ 1 UWG.) durch die Äußerungen: "Von den Ziegeln des Beklagten braucht man weniger", "Die Ziegel des Beklagten decken schöner", "Bei den Ziegeln des Klägers staubt es hinein, sie sind zu jung"
Fehlen der Wiederholungsgefahr
Entscheidung vom 20. Mai 1965, 4 Ob 330/65
I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz
Text
Der Kläger und der Beklagte sind Brüder. Die Streitteile sind seit vielen Jahren verfeindet. Der Beklagte hat nach dem Tod des Vaters der Streitteile dessen Gasthaus und Zementwarenerzeugung übernommen. Der Kläger eröffnete in unmittelbarer Nähe davon ebenfalls eine Zementwarenerzeugung. In beiden Betrieben werden vorwiegend Dachziegel hergestellt. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe anläßlich von wiederholten, in der Klage und im Verfahren vor dem Erstgericht im einzelnen näher dargelegten Vorfällen seine Ziegelwaren im Vergleich zu den Ziegeln des Klägers als die besseren angepriesen, unter einem die Erzeugnisse des Klägers als minderwertig herabgesetzt und dadurch sittenwidrig im Sinne des UWG. gehandelt. Auch habe ein Dienstnehmer des Beklagten Äußerungen in diesem Sinne gemacht, für die der Beklagte einzustehen habe. Der Kläger begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, Äußerungen des Inhaltes zu unterlassen, daß die vom Beklagten erzeugten Dachziegel viel besser und billiger seien als die des Klägers, daß pro Quadratmeter Dachziegel um zwei Stück Dachziegel weniger benötigt werden als bei den Dachziegeln des Klägers, daß man beim Kauf von Dachziegeln des Klägers angeschmiert sei, daß der Kläger jeden anschmiere, daß die vom Kläger erzeugten Dachziegel schlechteres Material aufweisen, daß die vom Beklagten erzeugten Dachziegel viel besser decken würden als die des Klägers, daß der Kläger immer wieder Reklamationen erhalte und Dachziegel austauschen müsse, und daß der Beklagte es zu unterlassen habe, Personen, die Ziegel des Klägers kaufen wollen, davon abzuhalten. Weiters begehrte der Kläger die Befugnis, den Urteilsspruch in zwei Zeitungen zu veröffentlichen. Der Beklagte bestritt das Klagsvorbringen.
Mit dem Ersturteil wurde das Klagebegehren abgewiesen. Das Erstgericht stellte fest, der Beklagte habe sich am 26. September 1963 gegenüber dem Michael H. geäußert, daß seine, des Beklagten, Ziegel schöner deckten als die des Klägers und daß man davon weniger brauche als von den Ziegeln des Klägers. H. sei damals gerade vom Lagerplatz des Klägers gekommen, wo er Dachziegel kaufen wollte und später auch tatsächlich kaufte. Der Beklagte habe ferner dem H. noch erklärt, er würde ihm die Ziegel auch preislich "gerecht" geben. Gegenüber dem Michael K. habe sich der Beklagte dahin geäußert, daß man von seinen Ziegeln weniger brauche als von den Ziegeln des Klägers. K. habe damals beim Kläger Ziegel bestellen wollen, habe diesen aber nicht angetroffen. Als er dann den Beklagten getroffen habe, habe er die Ziegel bei diesem bestellt, weil ihm dessen Ziegel gefielen. Am 3. April 1964 habe der Kraftfahrer des Beklagten Rupert O. - der nicht mehr bei diesem beschäftigt sei - einen Dachziegel (als Muster) auf eine Baustelle in J. bringen sollen. Er habe aber diese Baustelle verfehlt und sei auf die Baustelle des Johann A. außerhalb der Ortschaft J. gekommen. Dort habe er den Ziegel als Muster abgegeben. Eine Feststellung, ob O. sich dabei äußerte, daß die Ziegel des Beklagten besser seien als die des Klägers, daß sie schöner deckten und es bei den Ziegeln des Klägers hineinstaube, weil sie nicht so schön deckten, sowie daß die Ziegel des Klägers zu jung seien, können entfallen, weil jedenfalls nicht erwiesen sei, daß Rupert O. diese Äußerungen im Auftrag des Beklagten machte oder der Beklagte sie wenigstens billigte. Die übrigen in der Klage angeführten Äußerungen des Beklagten seien nicht erwiesen. Der Beklagte habe am 29. Jänner 1964 - also vor Klagseinbringung - ausdrücklich gegenüber dem Kläger erklärt, keinerlei unlautere Wettbewerbshandlungen vorzunehmen. Er habe sich bereits vor Eingehen in die Verhandlung im vorliegenden Rechtsstreit bereit erklärt, einen exekutionsfähigen Vergleich abzuschließen und sich darin zu verpflichten, keine unlauteren Wettbewerbshandlungen gegenüber dem Kläger zu begehen. Da der Beklagte seit Abgabe dieser Erklärungen solche Handlungen auch tatsächlich nicht mehr gesetzt und glaubwürdig erklärt habe, er werde es auch in Zukunft nicht tun, sei eine Wiederholungsgefahr nicht anzunehmen. Es sei daher das Klagebegehren abzuweisen.
Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Klägers das Ersturteil und sprach gemäß § 500 (2) ZPO. aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, 15.000 S übersteige. Das Berufungsgericht gelangte nach Ergänzung des Beweisverfahrens zu den gleichen Feststellungen wie das Erstgericht und stellte zusätzlich fest, es habe sich, als Rupert O. auf die Baustelle A. gekommen sei, O. dahin geäußert, daß die Ziegel des Beklagten besser seien, daß sie schöner deckten, daß man davon nicht so viele brauche, daß es bei den Ziegeln des Klägers hineinstaube und daß diese zu jung seien. Daß die Ziegel des Klägers nichts wert seien, habe O. nicht gesagt. Der Beklagte habe aber bereits vorher (im April 1963) seine Dienstnehmer dahin belehrt gehabt, daß sie keine abfälligen Äußerungen über die Erzeugnisse des Klägers machen dürften. Er habe O., als dieser bei ihm den Dienst antrat (Anfang 1964), ebenfalls in dieser Richtung belehrt. Der Beklagte habe erst in diesem Prozeß erfahren, daß gegen seine Weisung verstoßen worden sei. Ein anderer Fall des Zuwiderhandelns gegen seine Anordnung als der des O. auf der Baustelle A. sei ihm nicht bekanntgeworden. Bei Anbot des exekutionsfähigen Vergleiches sei das Veröffentlichungsbegehren nicht besonders erwähnt worden, weil dieser Teil des Klagebegehrens nicht ausdrücklich erörtert worden sei. Die Ziegel der Streitteile kosteten pro Stück dasselbe. Die Ziegel des Beklagten deckten etwa um 3 bis 4% mehr als die des Klägers. Von den behaupteten Äußerungen seien nach den vorliegenden Feststellungen demnach nur folgende erwiesen:
1. Die Äußerung gegenüber dem H., daß die Ziegel des Beklagten schöner deckten und daß man von den Ziegeln des Beklagten weniger brauche;
2. die Äußerung gegenüber dem K., daß man von den Ziegeln des Beklagten weniger brauche, und
3. die bereits erwähnten Äußerungen des Dienstnehmers O. des Beklagten.
Die Äußerung, daß die Ziegel des Beklagten schöner deckten als die des Klägers, sei ein rein ästhetisches Urteil, das nicht geeignet sei, den Tatbestand einer unlauteren Wettbewerbshandlung zu erfüllen. Die Äußerung, daß man von den Ziegeln des Beklagten weniger brauche als von denen des Klägers, könnte unter Umständen den Tatbestand einer unlauteren Wettbewerbshandlung erfüllen. Grundsätzlich sei es zulässig, auf Unterschiede zwischen den eigenen Waren und denen eines Mitbewerbers hinzuweisen und tatsächliche Vorzüge der eigenen Ware herauszustellen. Die behaupteten Vorzüge müßten aber tatsächlich gegeben sein, und es dürfe hiebei nicht die Ware des Mitbewerbers herabgesetzt werden. Ob eine unlautere Wettbewerbshandlung vorliege, sei immer nach dem Eindruck, der auf das Publikum gemacht werde, zu beurteilen. Die Behauptung, daß die Ziegel des Beklagten etwas mehr deckten als die des Klägers, entspreche im vorliegenden Fall den Tatsachen. Es könne auch nicht die Art und Weise, in der diese Behauptung vorgebracht wurde, als dem Anstandsgefühl der Mitbewerber und der sonstigen Verkehrskreise widersprechend angesehen werden, weil sie das sachlich zulässige Ausmaß der Hervorhebung der Vorzüge der eigenen Ware nicht überschritten habe. Durch die festgestellten Äußerungen des Beklagten gegenüber H. und K. habe der Beklagte nicht gegen das UWG. verstoßen. Was den Vorfall vom 3. April 1964 anlange, so hafte der Beklagte für die Äußerungen seines damaligen Dienstnehmers O. gemäß § 18 UWG. auf Grund reiner Erfolgshaftung. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei auch im Verfahren vor dem Erstgericht nicht etwa ausschließlich auf eine behauptete unmittelbare Täterschaft des Beklagten gestützt worden. Vielmehr sei auch behauptet worden, daß ein Dienstnehmer des Beklagten Äußerungen machte, für die der Beklagte einzustehen habe. Die vom Beklagten gemäß § 18 UWG. zu vertretende Äußerung seines Dienstnehmers O., bei den Ziegeln des Klägers staube es hinein, diese seien zu jung, stellten einen unzulässigen Eingriff in den Wettbewerb dar. Doch sei eine Wiederholungsgefahr zu verneinen. Der Beklagte habe nicht nur vor Klagseinbringung brieflich erklärt, keine unlauteren Wettbewerbshandlungen gegenüber dem Kläger zu setzen, sondern auch im Zuge des Prozesses einen exekutionsfähigen Vergleich angeboten und dieses Anbot auch sogleich erweitert, als vorgebracht wurde, daß Dienstnehmer des Beklagten unlautere Wettbewerbshandlungen begangen hätten. Der Umstand, daß hiebei das Veröffentlichungsbegehren nicht ausdrücklich erwähnt wurde, erscheine im vorliegenden Falle bedeutungslos, weil dies glaubwürdig nur mangels ausreichender Erörterung erfolgt sei. Der Beklagte habe im Berufungsverfahren, als ihm dies vorgehalten wurde, sein Vergleichsangebot auch in der Richtung erweitert. Der Beklagte habe außerdem seine Dienstnehmer ausdrücklich belehrt, daß sie unlautere Wettbewerbshandlungen zu unterlassen hätten. Der einzige Dienstnehmer, der dagegen verstoßen habe, O., sei längst nicht mehr beim Beklagten beschäftigt. Wenn auch das bloße Ausscheiden des Bediensteten aus dem Betrieb die Wiederholungsgefahr nicht schlechthin beseitige, so müsse doch mit Rücksicht auf die Stellung des O., der früher Kraftfahrer war und nunmehr in einem anderen Gewerbezweig tätig sei, eine einigermaßen konkrete Wiederholungsgefahr verneint werden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
... Es muß davon ausgegangen werden, daß nach den Beweisergebnissen von sämtlichen behaupteten und beanstandeten Äußerungen des Beklagten selbst lediglich erwiesen ist 1. die Äußerung gegenüber K., "von den Ziegeln des Beklagten brauche man weniger", und 2. die Äußerung gegenüber H., "die Ziegel des Beklagten deckten schöner, von den Ziegeln des Beklagten brauche man weniger". Das Hervorheben der Vorzüge der eigenen Ware gegenüber anderen auf dem Markt befindlichen Erzeugnissen ähnlicher Art verstößt nur dann gegen die guten Sitten und damit gegen das UWG., wenn dieses Hervorheben gleichzeitig einen Hinweis auf die Minderwertigkeit der Waren oder Leistungen des - wenigstens deutlich erkennbaren - Mitbewerbers enthält (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht S. 66 f., SZ. XXIV 79, SZ XXVII 205, EvBl. 1954 Nr. 173 S. 258, JBl. 1964 S. 424 u. a.). Aus der - nach den Beweisergebnissen auch den Tatsachen gerechten - Äußerung, "von den Ziegeln des Beklagten brauche man weniger", so wie sie dem Michael K. gegenüber selbständig abgegeben wurde, können keine positiven Anhaltspunkte für einen gleichzeitigen Hinweis auf minderwertige Beschaffenheit der Ziegel des Klägers entnommen werden, der nach objektiven Maßstäben geeignet wäre, dem Kläger geschäftliche Nachteile zuzufügen. Anders verhält es sich dagegen mit der gegenüber dem Michael H. abgegebenen Äußerung "die Ziegel des Beklagten deckten schöner" und - mit Rücksicht auf den näheren Zusammenhang, in den sie hier gestellt wurde - auch mit der weiteren Äußerung "von den Ziegeln des Beklagten brauche man weniger". Der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß es sich bei der Bemerkung, daß die eigenen Ziegel "schöner" deckten, bloß um ein rein ästhetisches Werturteil handle, kann nicht beigepflichtet werden. Dem Wort "schöner" kann in dem gebrauchten Zusammenhang nur die Bedeutung von "besser" beigemessen werden. Damit läßt aber diese Bemerkung nach objektiven Maßstäben die Tendenz erkennen, die Ware des Mitbewerbers minderwertiger als die eigene erscheinen zu lassen, was durch die weitere in diesem Zusammenhang gestellte Äußerung, man brauche von den Ziegeln des Beklagten weniger, nur noch unterstrichen werden soll. Desgleichen trifft den Beklagten für das am 3. April 1963 von seinem damaligen Dienstnehmer Rupert O. gesetzte Verhalten, nämlich die Äußerung, "daß es bei den Ziegeln des Klägers hineinstaube, daß Sie zu jung seien" - welche Äußerung jedenfalls unter dem Gesichtspunkte einer sittenwidrigen vergleichenden Reklame verpönt ist-, die Haftung gemäß § 18 UWG.
Doch mangelt es an einer Wiederholungsgefahr. Von einer Wiederholungsgefahr kann man nur dann sprechen, wenn die Besorgnis besteht, der Verletzer werde es bei den bisherigen Eingriffen nicht bewenden lassen, sondern weitere Störungshandlungen setzen. Dabei kommt es nicht nur auf die Art des bereits erfolgten Eingriffes, sondern auch auf die Willensrichtung des Täters an, für die insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung oder während des Rechtsstreites wichtige Anhaltspunkte bieten kann (Hohenecker - Friedl, a. a. O. S. 86). Bei dem Vorfall mit Michael H., der sich am 26. September 1963 abspielte, handelt es sich um den einzigen, vom Beklagten selbst begangenen Verstoß, der zwar gesetzlich verpönt, seinem Grade und seiner Bedeutung nach aber nicht als besonders schwerwiegend angesehen werden kann. Zu dem vom Beklagten zu verantwortenden Verhalten seines Dienstnehmers O. aber steht fest, daß dieser Dienstnehmer gegen ein ausdrückliches Verbot des Beklagten handelte, das von seinen übrigen Dienstnehmern auch respektiert worden ist. Dieses Verbot, das Verhalten des Beklagten seit dem Vorfall mit H. sowie schließlich die bereits vor Klagseinbringung seit dem 29. Jänner 1964 und dann insbesondere noch in diesem Rechtsstreit anhaltend bekundete Bereitschaft, eine ausdrückliche Verpflichtung zu übernehmen, wettbewerbswidrige Handlungen gegenüber dem Kläger zu unterlassen, ja sogar diesbezüglich einen exekutionsfähigen Vergleich zu schließen, zeigen, daß die Willensrichtung des Beklagten ernstlich dahin geht, unter vorbehaltsloser Anerkennung des Standpunktes des Klägers sich persönlich jedweder unlauteren Wettbewerbshandlung gegenüber dem Kläger zu enthalten und auch dahin zu wirken, daß die Dienstnehmer des Beklagten gegenüber dem Kläger Wettbewerbsverstöße unterlassen. Im konkreten Falle ist daher eine Wiederholung von wettbewerbswidrigen Handlungen durch den Beklagten selbst oder seine Dienstnehmer nicht anzunehmen. Damit aber fehlt dem Klagebegehren die rechtliche Grundlage.
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