Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden teils bestätigt, teils dahin abgeändert, daß die Entscheidung nunmehr lautet:
"1) Die beklagte Partei ist schuldig, ab sofort die Veröffentlichung von Personenbildnissen des Klägers, insbesondere in Arztkleidung und bei der Behandlung von Patienten in seiner Ordination, zu unterlassen, wenn dadurch berechtigte Interessen des Klägers in der Weise verletzt werden, daß bei der Veröffentlichung des Bildnisses über den Kläger folgende oder inhaltsgleiche oder ähnliche Behauptungen aufgestellt werden:
'Abgesprungene Mitarbeiter und Patienten des Tiroler Wunderheilers Leonhard H***** decken nun die - allerdings nicht strafbaren - Tricks des millionenschweren Arztes auf.'
'Der Mann scheint am Ende seiner Kraft zu sein. Rotgeränderte Augen, fahrige Handbewegungen, zittriger Gang.'
'Patienten klagen an. N***** liegen freilich Aussagen vor, die den in deutschen Illustrierten gefeierten "Jesus von Tirol" als schlichten Scharlatan bezeichnen.'
'Enttarnt sind nun auch jene Spezialpräparate, die in H*****s Ordination zur "Nachbehandlung" angeboten werden. Beispiel: Ein Extrakt aus japanischen Meeresalgen für S 250,-- das Gläschen in der Ordination erhältlich. Ein Exmitarbeiter plaudert aus H*****s alchimistischer Praxis: "Wir mußten Salzwasser in Gurkengläser füllen und ungeschwefelte Rosinen zufügen. Die Patienten sollten dann täglich einen Schluck zu sich nehmen".'
'Einziger Erfolg bisher: H***** wurde 1994 zu einer Steuernachzahlung von 15 Millionen Schilling verdonnert.'
2) Die beklagte Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen alle Vervielfältigungsstücke von N***** Nr 16/95 zu vernichten und dem Kläger den Nachweis über die Vernichtung zu erbringen.
3) Der Kläger wird ermächtigt, den klagestattgebenden Teil dieses Urteils binnen 6 Monaten in der Zeitschrift N***** in der Form des Bezugsartikels auf Kosten der beklagten Partei veröffentlichen zu lassen.
4) Das Unterlassungsmehrbegehren, die beklagte Partei auch zur Unterlassung - wie in Punkt 1) - in Ansehung nachfolgender oder inhaltsgleicher oder ähnlicher Behauptungen:
'Alle Patienten erhalten vor dem "Handauflegen" eine Spritze, deren Inhalt bislang unbekannt war. Jetzt schaltete sich die Tiroler Landesregierung ein und ließ den mysteriösen Inhalt im Labor testen.
Ergebnis: Den Patienten wird eine Mischung aus dem Betäubungsmittel Procain und Coffein gespritzt.' "Das Gebräu wirkt ein bißchen so wie Kokain", umschreibt Hartmut G*****, Professor für medizinische Chemie an der Uni-Innsbruck, das "Geheimnis" der Vorbehandlung.'
'Um die Patienten von seiner übersinnlichen "Heilkraft" zu überzeugen, bediente sich H***** jahrelang eines simplen und gleichzeitig genialen Tricks. Er ließ sich Spezialschuhe konstruieren, in denen Batterien eingebaut waren. Über einen integrierten Schalter, den H***** mit der großen Zehe betätigte, wurde die Stromquelle aktiviert.... Ein ehemaliger Mitarbeiter über die technische Finesse: "Der Schuh hat den Effekt, daß H*****s Körper elektrostatisch aufgeladen wurde." Die Folge: Die Hände des "Wunderheilers" konnten im Angesicht seiner verblüfften Patienten Zigarettenasche durcheinander wirbeln, Kompaßnadeln tanzen und Neonröhren auf mysteriöse Art flimmern lassen.'
'Selbst die zahlreichen Geschenke seiner gutgläubigen Patienten verwandelt H***** in bare Münze. Selbstgebrannten Schnaps, ein beliebtes Mitbringsel Südtiroler Patienten, läßt H***** kurzerhand per Trichter einem "Vitamintonikum" zusetzen. Christian B. über 2 Jahre hinweg "Chefapotheker" der wundersamen Ordination: "Wir durften den Patienten nie sagen, daß Alkohol in das Medikament gepanscht wurde." Das vitaminhältige Feuerwasser ging für S 80,-- pro Fläschchen über den Tisch.'
zu verpflichten, wird hingegen abgewiesen.
5) Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei anteilige Barauslagen in der Höhe von 5.320,-- S binnen 14 Tagen zu ersetzen. Im übrigen werden die Kosten des gesamten Verfahrens gegeneinander aufgehoben."
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in H***** und befaßt sich neben der Schulmedizin insbesondere mit Heilmethoden im Bereich der Homöopathie, Esoterik und Metaphysik. Die beklagte Partei ist Eigentümerin und Verlegerin des wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazins "N*****". In der Ausgabe Nr 16/95 vom 20. 4. 1995 veröffentlichte die Beklagte in ihrer Zeitschrift N***** auf den Seiten 60 und 61 einen von Werner K***** gezeichneten Artikel mit dem Titel "Ein 'Wunderheiler' wird entzaubert." Unter anderem sind in diesem Artikel folgende Ausführungen über den Kläger zu lesen:
"Abgesprungene Mitarbeiter und Patienten des Tirolers 'Wunderheilers' Leonhard H***** decken nun die - allerdings nicht strafbaren - Tricks des millionenschweren Arztes auf. Der Mann scheint am Ende seiner Kraft zu sein. Rotgeränderte Augen, fahrige Handbewegungen, zittriger Gang. Patienten klagen an. N***** liegen freilich Aussagen vor, die den in deutschen Illustrierten gefeierten 'Jesus von Tirol' als schlichten Scharlatan bezeichnen. Alle Patienten erhalten vor dem 'Handauflegen' eine Spritze, deren Inhalt bislang unbekannt war. Jetzt schaltete sich die Tiroler Landesregierung ein und ließ den mysteriösen Inhalt im Labor testen. Ergebnis: Den Patienten wird eine Mischung aus dem Betäubungsmittel Procain und Coffein gespritzt. 'Das Gebräu wirkt ein bißchen so wie Kokain', umschreibt Hartmut G*****, Professor für medizinische Chemie an der Uni-Innsbruck, das "Geheimnis" der Vorbehandlung. Um die Patienten von seiner übersinnlichen 'Heilkraft' zu überzeugen, bediente sich H***** jahrelang eines simplen und gleichzeitig genialen Tricks. Er ließ sich Spezialschuhe konstruieren, in denen Batterien eingebaut waren. Über einen integrierten Schalter, den H***** mit der großen Zehe betätigte, wurde die Stromquelle aktiviert. Ein ehemaliger Mitarbeiter über die technische Finesse: 'Der Schuh hat den Effekt, daß H*****s Körper elektrostatisch aufgeladen wurde.' Die Folge: Die Hände des 'Wunderheilers' konnten im Angesicht seiner verblüfften Patienten Zigarettenasche durcheinander wirbeln, Kompaßnadeln tanzen und Neonröhren auf mysteriöse Art flimmern lassen. Enttarnt sind nun auch jene Spezialpräparate, die in H*****s Ordination zur 'Nachbehandlung' angeboten werden. Beispiel: Ein Extrakt aus japanischen Meeresalgen für S 250,-- das Gläschen in der Ordination erhältlich. Ein Exmitarbeiter plaudert aus H*****s alchimistischer Praxis: 'Wir mußten Salzwasser in Gurkengläser füllen und ungeschwefelte Rosinen zufügen. Die Patienten sollten dann täglich einen Schluck zu sich nehmen.' Selbst die zahlreichen Geschenke seiner gutgläubigen Patienten verwandelt H***** in bare Münze. Selbstgebrannten Schnaps, ein beliebtes Mitbringsel Südtiroler Patienten, läßt H***** kurzerhand per Trichter einem 'Vitamintonikum' zusetzen. Christian B. über 2 Jahre hinweg 'Chefapotheker' der wundersamen Ordination: 'Wir durften den Patienten nie sagen, daß Alkohol in das Medikament gepanscht wurde.' Das vitaminhältige Feuerwasser ging für S 80,-- pro Fläschchen über den Tisch. Auch strafrechtlich ist dem 'Wunderdoktor' nicht beizukommen. Der Innsbrucker Staatsanwalt Richard G***** ermittelt seit Jahren. Einziger 'Erfolg' bisher: H***** wurde 1994 zu einer Steuernachzahlung von 15 Millionen (!) Schilling verdonnert."
Im Rahmen dieses Berichts wurden auch zwei Personenbildnisse des Klägers veröffentlicht, und zwar in Arztkleidung bei der Behandlung und Betreuung eines Kranken in seiner Ordination. Der Kläger hat zur Veröffentlichung seiner Personenbildnisse im Zusammenhang mit den dargelegten Vorwürfen gegen ihn keine Zustimmung erteilt. Er wurde dazu auch nicht konkret befragt oder mit den Vorwürfen in dieser Form konfrontiert.
Der für die Beklagte tätige Journalist Werner K***** hatte im Zuge von Recherchen in einer deutschen Zeitschrift einen Bericht über den Kläger gelesen. Dort wurde berichtet, daß der Kläger Philodendronblätter anziehe und unter anderem auch Neonröhren zum Leuchten bringen könne. K***** meinte, dies sei eine gute Geschichte für das Fernsehen, und wandte sich daher in der Folge wegen einer Terminvereinbarung an den Kläger. Nachdem ein Termin zustandegekommen war, begab sich K***** mit einem Filmteam zum Kläger. Es war beabsichtigt, für den Fernsehsender RTL einen Bericht zu machen. Dies wurde dem Kläger auch gesagt. K***** erklärte dem Kläger, daß er freier Journalist sei und die Sache verwertet werde. Davon, daß über den Kläger auch ein Artikel in N***** erscheinen werde, war nicht die Rede. Der Kläger erklärte K***** und dem Filmteam, sie könnten filmen, wo sie wollten. Er führte K***** und das Team auch durch das Haus und zeigte ihnen, wie er einem Patienten die Hand auflegt. Zusätzlich war auch ein Pressefotograf anwesend, der Fotos anfertigte, unter anderem die beiden im genannten Artikel veröffentlichten Fotos des Klägers.
Der Kläger wendet bei der Behandlung seiner Patienten unter anderem Naturheilverfahren, Neuraltherapie, Akupunktur, psychotherapeutische Methoden, Hypnose und Handauflegen an. Er untersucht seine Patienten, um festzustellen, welche Krankheit vorliegt. Dann bespricht er mit den Patienten, welche Behandlung am sinnvollsten erscheint. Er verwendet im Rahmen der Behandlungen auch Injektionen, aber nur, wenn seine Patienten dies wollen. Diese Injektionen sind eine Mischung aus Procain und Coffein.
Bei der Behandlung von Patienten verwendete der Kläger auch Spezialschuhe, in welchen Batterien eingebaut waren. Über einen integrierten Schalter, den der Kläger mit der großen Zehe betätigen konnte, wurde die Stromquelle aktiviert. Dies führte zu einer elektrostatischen Aufladung des Körpers des Klägers sowie dazu, daß seine Hände Zigarettenasche durcheinander wirbeln, Kompaßnadeln tanzen und Neonröhren auf mysteriöse Art flimmern lassen konnte.
Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß der Kläger in seiner Ordination fläschchenweise einen Extrakt aus japanischen Meeresalgen für S 250,-- verkauft. Festgestellt wurde allerdings, daß der Kläger einmal einer deutschen Patientin ein Fläschchen mit dem Etikett "Japanische Meeresalgen" übergab, wobei der Inhalt dieses Fläschchens jedoch nur aus Salz, Wasser und ungeschwefelten Rosinen bestand.
Der Kläger verkaufte in seiner Ordination auch ein Vitamintonikum mit der Bezeichnung "Trivitol", das man in jeder Apotheke kaufen kann. Zusätzlich verkaufte er aber auch dieses Trivitol mit dem Zusatz von selbstgebranntem Schnaps.
Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ab sofort die Veröffentlichung von Personenbildnissen des Klägers, insbesondere in Arztkleidung und bei der Behandlung von Patienten in seiner Ordination zu unterlassen, wenn dadurch berechtigte Interessen des Klägers dadurch verletzt werden, daß bei der Veröffentlichung des Personenbildnisses in Bezug auf den Kläger nachfolgende oder inhaltsgleiche oder ähnliche Behauptungen aufgestellt werden:
a) "Abgesprungene Mitarbeiter und Patienten des Tiroler "Wunderheilers" Leonhard H***** decken nun die - allerdings nicht strafbaren - Tricks des millionenschweren Arztes auf.
b) "Der Mann scheint am Ende seiner Kraft zu sein, rotgeränderte Augen, fahrige Handbewegungen, zittriger Gang."
c) "Patienten klagen an. N***** liegen freilich Aussagen vor, die den in deutschen illustrierten gefeierten "Jesus von Tirol" als schlichten Scharlatan bezeichnen."
d) "Alle Patienten erhalten vor dem "Handauflegen" eine Spritze, deren Inhalt bislang unbekannt war. Jetzt schaltete sich die Tiroler Landesregierung ein und ließ den mysteriösen Inhalt im Labor testen.
Ergebnis: Den Patienten wird eine Mischung aus dem Betäubungsmittel Procain und Coffein gespritzt. "Das Gebräu wirkt ein bißchen so wie Kokain", umschreibt Hartmut G*****, Professor für medizinische Chemie an der Uni Innsbruck, das "Geheimnis" der Vorbehandlung."
e) Um die Patienten von seiner übersinnlichen "Heilkraft" zu überzeugen, bediente sich H***** jahrelang eines simplen und gleichzeitig genialen Tricks. Er ließ sich Spezialschuhe konstruieren, in denen Batterien eingebaut waren. Über einen integrierten Schalter, den H***** mit der großen Zehe betätigte, wurde die Stromquelle aktiviert ...... Ein ehemaliger Mitarbeiter über die technische Finesse: "Der Schuh hat den Effekt, daß H*****s Körper elektrostatisch aufgeladen wurde." Die Folge: Die Hände des "Wunderheilers" konnten im Angesicht seiner verblüfften Patienten Zigarettenasche durcheinanderwirbeln, Kompaßnadeln tanzen und an Neonröhren auf mysteriösen Art flimmern lassen."
f) "Enttarnt sind nun auch jene Spezialpräparate, die in H*****s Ordination zur "Nachbehandlung" angeboten werden. Beispiel: Ein Extrakt aus japanischen Meeresalgen", für S 250,-- das Gläschen in der Ordination erhältlich. Ein Exmitarbeiter plaudert aus H*****s alchimistischer Praxis: "Wir mußten Salzwasser in Gurkengläser füllen und ungeschwefelte Rosinen zufügen. Die Patienten sollten dann täglich einen Schluck zu sich nehmen."
g) "Selbst die zahlreichen Geschenke seiner gutgläubigen Patienten verwandelt H***** in bare Münze. Selbstgebrannten Schnaps, ein beliebtes Mitbringsel Südtiroler Patienten, läßt H***** kurzerhand per Trichter einem "Vitamintonikum" zusetzen. Christian B., über 2 Jahre hinweg "Chefapotheker" der wundersamen Ordination: "Wir durften den Patienten nie sagen, daß Alkohol in das Medikament gepanscht wurde. "Das vitaminhältige Feuerwasser ging für S 80,-- pro Fläschchen über den Tisch."
h) "Einziger "Erfolg" bisher: H***** wurde 1994 zu einer Steuernachzahlung von 15 Millionen (!) Schilling verdonnert."
Ferner stellt er ein Begehren auf Vernichtung sämtlicher Vervielfältigungsstücke von N***** Nr 16/95 und auf Veröffentlichung des klagestattgebenden Urteils in N***** in der Form des Bezugsartikels. Die Veröffentlichung von Personenbildnissen in Verbindung mit einer Berichterstattung, in deren Rahmen die aus dem Spruch ersichtlichen Behauptungen und Vorwürfe erhoben würden, verletze berechtigte Interessen des Klägers im Sinne des § 78 UrhG, dies ungeachtet dessen, ob diese Behauptungen nun wahr seien oder nicht, ob sie nur als Vermutungen bei der Berichterstattung in den Raum gestellt würden oder ob es sich um erwiesene Tatsachen handle. Die aufgestellten Behauptungen seien unzutreffend. Der Kläger habe zwar einem Journalisten der Beklagten die Zustimmung erteilt, in seiner Ordination zu fotografieren, er sei auch zu einzelnen Fragen Rede und Antwort gestanden. Dabei sei von den jetzt inkriminierten Behauptungen aber nicht die Rede gewesen. Eine von ihm im Zusammenhang mit dem Interview erteilte Zustimmung zur Veröffentlichung seines Personenbildnisses erstrecke sich daher nicht auf dessen Veröffentlichung im Zusammenhang mit den nun beanstandeten Textstellen, weil ihm diese nicht bekannt gemacht worden seien.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im wesentlichen ein, die beanstandete Bildberichterstattung sei insgesamt - jedenfalls im Tatsachenkern - wahr. Die Bildnisveröffentlichung verletze damit keine berechtigten Interessen des Klägers. Dieser bediene sich tatsächlich der im Artikel beschriebenen Heil- und Behandlungsmethoden. Überdies sei er aufgrund eigener Aktivitäten eine in der Öffentlichkeit recht bekannte Persönlichkeit, sein Schaffen habe bereits zu einer Vielzahl von nationalen und internationalen Medienberichten geführt. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung seines Fortkommens durch die Bildnisveröffentlichung, der er überdies zugestimmt habe, liege nicht vor. Selbst wenn seine Interessen beeinträchtigt wären, spräche eine Interessenabwägung zugunsten des Veröffentlichungsinteresses der Beklagten, zumal Fragen der Gesundheit der Bevölkerung von allgemeinem Interesse seien.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen, unterließ jedoch detaillierte (von der Beklagten begehrte) Feststellungen aus den beigeschafften medienrechtlichen Strafakten mit der Begründung, daß in diesen Verfahren von anderen (entgegnungsrechtlichen) Grundsätzen auszugehen sei und ein direkter Zusammenhang mit der vorliegenden Bildberichterstattung nicht bestehe. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die festgestellte Bildberichterstattung verletze zweifellos das objektiv berechtigte Interesse des Klägers, nicht in der Öffentlichkeit vor einem breiten Publikum als derjenige erkannt zu werden, dem solche Tricks und Manipulationen (Scharlatanerie) vorgeworfen würden. Dagegen sei er durch § 78 Abs 1 UrhG geschützt, wobei unerheblich sei, ob die ihm unterstellten (nachgesagten) Verhaltensweisen wahr wären oder nicht. Das Interesse des Klägers, nicht "an den Pranger gestellt" zu werden, gehe dem Interesse der Beklagten an der Bildnisveröffentlichung vor.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstands 260.000,-- S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und führte weiters aus, im konkreten Fall sei zu beachten, daß der zum Bildnis abgedruckte Text dem Kläger keine strafbare Handlung vorwerfe, weshalb die §§ 7a und 7b MedG, die auch der Hintanhaltung einer "Medienjustiz" oder eines "Medienprangers" dienten, schon aufgrund ihrer engen Zielrichtung hier nicht "anzuwenden" seien. Trotz des von ihm selbst angestrebten überdurchschnittlichen Bekanntheitsgrades des Klägers könne sein "Aussehen" nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, weshalb mit der Bildnisveröffentlichung eine zusätzliche Prangerwirkung erzielt werde. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der (auch) den Kläger betreffenden Entscheidung MR 1995, 145 - "Wunderarzt" erkannt habe, sei nicht zu sehen, welches besondere Interesse (der Beklagten) an der Bildnisveröffentlichung bestehen sollte. Ob die Veröffentlichung des Lichtbildes eines Arztes im Zusammenhang mit Berichten über seine Tätigkeiten überhaupt in der Lage sei, eine besondere Warnfunktion auszuüben, die an sich ein Informationsinteresse bewirken könne, habe der Oberste Gerichtshof dort offengelassen. Da es im vorliegenden Fall der Beklagten daran gelegen gewesen sei, die Behandlungsmethoden des Klägers zu beschreiben, nicht jedoch ihn einer strafbaren Handlung zu verdächtigen oder zu beschuldigen, die ein Bedürfnis nach Warnung gegenüber der Bevölkerung vor ihm begründen hätte können, werde hier kein, das gegenteilige Interesse des Klägers überwiegendes Interesse der Beklagten an der Bildveröffentlichung begründet. Da es nicht entscheidend sei, ob die dem Kläger in der Veröffentlichung unterstellten Verhaltensweisen den Tatsachen entsprächen oder nicht, sei auch der in der Berufung gerügte sekundäre Verfahrensmangel nicht gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene außerordentliche Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch der Vorinstanz zulässig, weil das Berufungsgericht von der jüngeren Rechtsprechung des erkennenden Senates zu § 78 Abs 1 UrhG abgewichen ist. Die Revision ist auch teilweise berechtigt:
Gemäß § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen nicht veröffentlicht werden, wenn dadurch berechtigte Interessen der Abgebildeten verletzt würden. Im Falle einer Bildberichterstattung - wie im vorliegenden Fall - ist bei der objektiven Prüfung der Schutzwürdigkeit der Interessen des Abgebildeten, auch wenn dieser in der Öffentlichkeit zwar namentlich, nach seinem Beruf oder seiner Funktion bekannt ist, sein Aussehen aber nur einem beschränkten Teil der hierfür interessierten Öffentlichkeit bekannt ist, auch der mit der Bildveröffentlichung zusammenhängende Text zu berücksichtigen (ÖBl 1992, 87 - Lästige Witwe; ÖBl 1993, 39 = ecolex 1993, 736 - Austria Boß; MR 1995, 145 - Wunderarzt; MR 1997, 148 - Abkassierer uva; zuletzt 4 Ob 142/99g). Denn bei nicht allgemein (dem Aussehen nach) bekannten Personen des öffentlichen Lebens wird die (Interessen -)Verletzung durch die Beigabe des Bildes noch verschärft und eine Prangerwirkung erzielt, weil die angegriffene Person erst damit einer breiten Öffentlichkeit auch optisch kenntlich (und wiedererkennbar) gemacht wird. In diesen Fällen kann die Bildnisveröffentlichung nur durch ein im Wege der Interessenabwägung gewonnenes höhergradiges Veröffentlichungsinteresse des Bildnisverbreiters gerechtfertigt sein. Bei dieser nach § 78 UrhG gebotenen Interessenabwägung sind nach der jüngeren Rechtsprechung des erkennenden Senates zur Kriminalberichterstattung auch die im MedG, insbesondere dessen § 7a, zum Ausdruck kommenden Wertungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen (JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine K; MR 1998, 126 - Ing. P.[Korn]; ÖBl 1999, 56 - krankenhausreif geprügelt ua). Diese Rechtsprechungsgrundsätze zur Interessenabwägung nach § 78 UrhG im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über strafbare Handlungen sind nach jüngster Rechtsprechung des erkennenden Senates (4 Ob 142/99g) auch auf die Bildberichterstattung über andere Themen (wie hier: über die "Enttarnung" der Behandlungsmethoden des Klägers) zu übertragen. Dabei ist zusätzlich auch noch der allgemeine Rechtfertigungsgrund des § 6 Abs 2 Z 2 lit a MedG zu berücksichtigen, wonach dann, wenn in einem Medium der objektive Tatbestand der üblen Nachrede hergestellt ist, kein Anspruch auf Entschädigung besteht, sofern die Veröffentlichung wahr ist. Ist demnach die Textberichterstattung für sich allein im Lichte des § 1330 Abs 2 ABGB zulässig, weil nur wahre Tatsachen verbreitet worden sind, dann kann für eine Bildberichterstattung im selben Zusammenhang nichts anderes gelten, weil auch dadurch kein unrichtiger Eindruck vermittelt wird. Ein Bildbericht über einen erweislich wahren Sachverhalt ist demnach auch dann zulässig, wenn er für den Betroffenen nachteilig, bloßstellend oder herabsetzend wirkt; denn soweit es im Persönlichkeitsschutz um den Schutz der Ehre geht, wird - abgesehen von Angriffen auf die menschliche Würde - immer nur die verdiente Ehre geschützt (Berka, Aktuelle Probleme des Persönlichkeitsschutzes im Medienbereich, JRP 1996, 232 ff [245]; in diesem Sinn auch Hanusch, MedG Rz 41 zu § 6; 4 Ob 142/99g). Die Interessenabwägung iSd § 78 UrhG zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten und dem Veröffentlichungsinteresse des Mediums als Ausfluß der freien Meinungsäußerung führt demnach bei Berücksichtigung der Wertungen des MedG zu dem Ergebnis, daß eine ehrverletzende, im Tatsachenkern richtige Äußerung auch durch die Veröffentlichung eines Fotos des Verletzten (durch den Ehrverletzer) illustriert werden darf (4 Ob 142/99g). Die Ausübung des Grundrechts (der Medien) auf freie Meinungsäußerung kann nämlich gewissen Einschränkungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse bestimmter in Art 10 Abs 2 MRK näher aufgezählter Ziele und Werte unentbehrlich sind. Dazu gehören aber auch der Schutz des guten Rufs oder der Rechte anderer, welcher durch den Schutz der Persönlichkeitsrechte im § 78 UrhG verfolgt wird.
Bildveröffentlichungen im Zusammenhang mit rufschädigenden Tatsachenbehauptungen über den Abgebildeten, deren Richtigkeit nicht bewiesen ist, sind durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckt (ähnlich MR 1994, 207 = ÖBl 1995, 233 - Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus; 4 Ob 316/98v).
Im Lichte dieser Ausführungen sind nun - entgegen der von den Vorinstanzen geäußerten, vom Obersten Gerichtshof jedoch nicht geteilten Rechtsauffassung - die vom Kläger als seine Interessen verletzend beanstandeten Textstellen daraufhin zu prüfen, ob sie nach den dazu vorliegenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen - unter Vornahme von "Abstrichen" für journalistische "Aufbereitung" - zumindest im Tatsachenkern wahr sind oder nicht. Dieser Beurteilung ist zunächst voranzustellen, daß für sie die erstgerichtlichen Feststellungen heranzuziehen sind, zumal die Beklagte weder in der Berufung noch in der außerordentlichen Revision konkret ausgeführt hat, aus welchen (vom Erstgericht nicht aufgenommenen) Beweismitteln (Strafakten über medienrechtliche Ansprüche der Parteien) welche weiteren konkreten Feststellungen getroffen hätten werden sollen; diese Feststellungen reichen für die Beurteilung der Richtigkeit (Wahrheit oder Unwahrheit) des jeweiligen Tatsachenkerns auch hin.
Dabei erweisen sich die im Begehren zu lit a-c), f) und h) dargestellten Textpassagen als nicht erwiesen oder als unwahr: Das Erstgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, daß "abgesprungene" Mitarbeiter und Patienten ..... die - nicht strafbaren - Tricks des millionenschweren Klägers aufdeckten. Die Passage über den "katastrophalen" Gesundheitszustand des Klägers ist überhaupt nicht belegt. Daher muß in diesem Zusammenhang nicht geprüft werden, ob damit nicht eine Verspottung des Klägers vorliegt, die einem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich wäre. Ebensowenig sind eine Anklage von Patienten (gegen den Kläger) oder die Aussagen, die den in deutschen Illustrierten gefeierten "Jesus von Tirol" (also den Kläger) als schlichten Scharlatan bezeichneten, festgestellt. Zur Passage über die Enttarnung der Spezialpräparate zur "Nachbehandlung" liegt eine Negativfeststellung des Erstgerichts vor; lediglich in einem Fall hat es festgestellt, daß der Kläger einer deutschen Patientin ein Fläschchen mit dem Etikett "Japanische Meeresalgen" übergab, dessen Inhalt allerdings nur aus Salz, Wasser und ungeschwefelten Rosinen bestand. Diese Feststellungen decken nach Ansicht des erkennenden Senats nicht die dieser Textstelle entnehmbare Aussage, der Kläger habe mit solchen Spezialpräparaten gehandelt. Letztlich hat zwar der Kläger selbst zugestanden (ON 7, AS 57), daß er zu einer Steuernachzahlung verpflichtet worden sei, die Veröffentlichung dieser Textstelle verletzt indessen ungeachtet ihrer allfälligen Richtigkeit die berechtigten privaten geschäftlichen Interessen des Klägers, der eine Verletzung seiner steuerlichen Privatsphäre (des Steuergeheimnisses) gegenüber der breiten Öffentlichkeit nicht hinnehmen muß, auch wenn er von der Steuerbehörde zu einer Steuernachzahlung verhalten worden sein mag. In diesen Punkten ist daher dem berechtigten Begehrens des Klägers auf Unterlassung der Bildnisveröffentlichung sowie auf Beseitigung und Urteilsveröffentlichung - gegen welche beide Klagebegehren in der Revision nichts vorgetragen wird - stattzugeben. Insoweit ist sohin das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Nicht hingegen trifft dies auf die im Begehren zu lit d), e) und g) ersichtlichen Textpassagen zu, weil diese zumindest im Tatsachenkern zutreffend (wahr) sind und der Kläger die mit der Bildnisveröffentlichung zusätzlich verbundene Herabsetzung insoweit nach den obigen Darlegungen auch hinzunehmen hat. In diesem Umfang ist daher mit der teilweisen Klageabweisung vorzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der jeweilige Prozeßerfolg rechtfertigt nach Ansicht des erkennenden Senats die gegenseitige Aufhebung aller Verfahrenskosten. Der Kläger hat gemäß § 43 Abs 1 zweiter Satz ZPO der Beklagten die Hälfte der von dieser verzeichneten Barauslagen zu ersetzen. Er selbst hat Barauslagen nicht verzeichnet.
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