OGH 4Ob324/65

OGH4Ob324/6511.5.1965

SZ 38/79

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §7
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §7

 

Spruch:

Ein Wettbewerbsverhältnis muß sich nicht nur auf gemeinsame Abnehmer (Kunden) beziehen, es kann auch zwischen Wettbewerbern bestehen, die den gleichen Lieferantenkreis haben. Abfällige Äußerungen zu einem gemeinsamen Lieferanten (§ 7 UWG.)

Entscheidung vom 11. Mai 1965, 4 Ob 324/65

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien

Text

Beide Parteien vertreiben Fischereigeräte. Die Fabrik für Angelgeräte Louis G. & Söhne in I. in Deutschland, deren Generalvertreter für Österreich die klagende Partei, die Fa. Fritz St., ist, schrieb am 3. Juli 1961 an die beklagte Partei folgenden Brief:

"Sie werden sich noch erinnern, daß wir anläßlich Ihres ersten Besuches in I. eine Belieferung Ihrer Firma ablehnten, da wir mit der Firma St. hinsichtlich des Verkaufes unserer Erzeugnisse in Österreich bestimmte Abmachungen getroffen hatten. Herr St. hat nun in der Zwischenzeit ausfindig gemacht, daß wir auch Ihre Firma beliefern. Die von Ihnen seinerzeit zum Ausdruck gebrachten Argumente veranlaßten uns dann auch, Ihre Firma direkt zu beliefern, denn wir sahen damals nicht ein, daß unsere Absatzmöglichkeiten durch das Verhalten der Firma St. Ihnen gegenüber nicht voll ausgenützt wurde. Wir wären Ihnen nun zu sehr großem Dank verpflichtet, wenn Sie das seinerzeitige Verhalten der Firma St. mit wenigen Sätzen noch einmal schriftlich wiedergeben könnten, damit wir gegenüber Herrn St. eine Rechtfertigung in Händen haben. Wenn wir uns recht erinnern, lehnte es Herr St. seinerzeit ab, Ihnen z. B. die Ringe 7001 bzw. 7002, zu liefern ... Wir hoffen zuversichtlich, daß Sie uns in dieser Angelegenheit behilflich sein können, ohne daß es Schwierigkeiten gibt, zwischen Ihnen, Herrn St. und uns ..."

Das Antwortschreiben der beklagten Partei vom 17. Juli 1961 lautet:

"... Vor allem bestätige ich Ihnen gerne, daß ich mich bereits seit

dem Jahre 1953 bemüht habe, mit Ihnen ins Geschäft zu kommen, Sie

mich jedoch an Ihren Generalvertreter für Österreich, Herrn St.,

verwiesen haben ... Erst anläßlich einer persönlichen Aussprache mit

Ihrem s. g. Herrn B. auf der Spoga in Köln fanden Sie sich bereit, mich zu beliefern, da ich Ihnen erklärte, daß es Herr St. abgelehnt hat, die von mir aus Ihrem Erzeugungsprogramm gewünschten Karabiner und Rutenringe zu liefern. Herr St. erklärte mir damals per Telephon, daß er nur die in seiner Liste enthaltenen Karabiner und Ringe führe und andere Arten nicht zu haben wären. Er könne auch solche nicht beschaffen. Hiermit ist meines Erachtens bereits ein Bruch des mit Ihnen geschlossenen Vertretungsvertrages gegeben und brauchen Sie sich daher an diesen nicht mehr zu halten. Ich sende Ihnen dieses Schreiben in Doppel, damit Sie Herrn St. eine Durchschrift davon senden können. Wenn Sie meinen, daß es eventuell Schwierigkeiten zwischen Herrn St. und mir geben kann, so möchte ich Ihnen versichern, daß mir dies nichts ausmacht, da Herr St. ja immer bestrebt ist, mit vielen in Unfrieden zu leben."

Die klagende Partei erblickt in diesem Schreiben der beklagten Partei eine sittenwidrige Wettbewerbshandlung und stellt das Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr herabsetzende und bloßstellende Äußerungen gegen die klagende Partei oder deren Alleininhaber Dr. Fritz St. von der Art der Äußerung: "Herr St. ist ja immer bestrebt, mit vielen in Unfrieden zu leben", zu unterlassen.

Das Erstgericht hat der Klage stattgegeben, weil es nach durchgeführten Beweisverfahren nicht den Beweis als erbracht angesehen hat, daß Dr. Fritz St. immer bestrebt sei, mit vielen in Unfrieden zu leben, also streitsüchtig sei. Dr. Fritz St. sei zwar mehr als der Durchschnitt anderer Leute auf die Wahrung seiner Rechte und auf die Abwehr rechtswidriger Eingriffe in seine Sphäre bedacht, entschließe sich vielleicht auch leichter als der Durchschnitt anderer Personen zu einem Prozeß, es gehe ihm aber um die Erhaltung und Verteidigung seiner Rechte und nicht um Streit. Er habe nur in einzelnen Fällen keinen Anlaß gehabt, anzunehmen, daß seine Rechte bedroht seien. Die von der beklagten Partei hinsichtlich seiner Person aufgestellte wahrheitswidrige Behauptung sei in Wettbewerbsabsicht erfolgt und geeignet, die Interessen der klagenden Partei zu schädigen.

Die Berufung der beklagten Partei gegen das Ersturteil blieb erfolglos. Das Berufungsgericht hat das Verfahren für mangelfrei befunden, die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen, das Ersturteil bestätigt und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die beklagte Partei bringt zunächst vor, daß ihrer Äußerung jede Wettbewerbsabsicht gefehlt habe. Eine solche sei nach den Umständen des Falles ausgeschlossen, weil die Äußerung nicht gegenüber einem Kunden, sondern gegenüber einem Branchenkollegen erfolgte. Äußerungen von Mitbewerbern untereinander fielen niemals unter § 7 UWG. Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden. Handeln zum Zwecke des Wettbewerbes liegt schon vor, wenn dadurch der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden soll (Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht[9] I S. 163).

Abgesehen davon, daß nach den Erfahrungen des Lebens bei abfälligen Äußerungen über einen Mitbewerber die Vermutung zwingend dafür spricht, daß sie in Wettbewerbsabsicht geäußert wurde (SZ. XXV 18, Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht S. 20, und Baumbach - Hefermehl, a. a. O. S. 169), läßt die beklagte Partei ihre Wettbewerbsabsicht deutlich schon dadurch erkennen, daß sie der Firma Louis G. & Söhne den unerbetenen Rat erteilte, sie sei an den Generalvertretungsvertrag mit der klagenden Partei nicht mehr gebunden. Daraus ergibt sich, daß sie die klagende Partei als Generalvertreter ausspannen wollte. Daß nur der Wettbewerb in bezug auf die gemeinsamen Abnehmer (Kunden) durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geschützt sei, ist unrichtig. Ein Wettbewerbsverhältnis kann auch zwischen Wettbewerbern bestehen, die den gleichen Lieferantenkreis haben (Baumbach - Hefermehl, a. a. O. S. 164).

Weiter wird gerügt, daß das Berufungsgericht den Äußerungen der Zeugen Beachtung abgesprochen habe, in Branchenkreisen sei bekannt, daß man mit dem Kläger schon bei der kleinsten Kleinigkeit eine Klage bekomme, der Kläger interveniere bei der Innung so oft, daß dort eigene Briefordner für seine Eingaben bestehen, daß die Leute mit ihm möglichst keinen Kontakt haben wollen, daß er Geschäftsleute mit Briefen bombardiere, daß ihm verboten sei, zwei oder drei Betriebe zu betreten, daß er für einen ziemlich schwierigen Mann gehalten werde, der im Ruf stehe, man bekomme mit ihm schnell Rechtshändel, daß seine Korrespondenz spitz und mehrdeutig sei und daß er immer wieder mit Branchenkollegen in Österreich und Deutschland wegen belangloser Dinge Streit suche. Bei diesen Ausführungen übergeht die Revision, daß die Untergerichte abgelehnt haben, derartige Feststellungen aus den Aussagen der vernommenen Zeugen zu treffen, so daß diesbezüglich die Revision nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist. Auch der Hinweis auf die "Auffassung der Branchenkreise über den Kläger" geht fehl, weil die Auffassung der Branche nur Bedeutung für die Frage hat, ob ein sittenwidriges Verhalten im Wettbewerb vorliegt, § 7 UWG. hingegen ausdrücklich fordert, daß der Verbreiter einer herabsetzenden Äußerung die Wahrheit seiner Behauptung beweisen muß, um nicht von den Rechtsfolgen des § 7 UWG. getroffen zu werden.

Wenn schließlich noch ausgeführt wird, daß kein zur Exekutionsführung hinreichender Titel vorliege, weil ein Unterlassungsbegehren nicht ganz allgemein herabsetzende und bloßstellende Äußerungen mit einer beispielhaften Ergänzung zum Gegenstand haben könne, so kann auch diesen Rechtsausführungen nicht gefolgt werden. Die klagende Partei hat die von der beklagten Partei zu unterlassenden herabsetzenden und bloßstellenden Äußerungen, nämlich Äußerungen von der Art, Dr. Fritz St. sei immer bestrebt, mit vielen in Unfrieden zu leben, so deutlich konkretisiert, daß das Urteil nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes zur Exekutionsführung geeignet ist.

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