Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.701,10 bestimmten Kosten des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens (hievon S 1.700,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Begründung
Die Fa. M*** P*** S.p.A. in Ponte di Piave, Italien, wurde mit Fusionsvertrag vom 25.5.1984 in die klagende Partei aufgenommen. Die Fa. M*** P*** S.p.A. ist Inhaberin der international registrierten Wortbildmarken Nr. 461.173 und 467.814, bestehend aus dem Wort "S***" und einem stilisierten, oben offenen vierblättrigen Kleeblatt. Diese Marken, die für Kleidung und Schuhe (Warenklasse 25) eingetragen sind, genießen auf Grund des Madrider Markenabkommens Schutz in Österreich.
Die klagende Partei vertreibt unter ihrem Firmennamen und unter den genannten Marken auch in Österreich Damen- und Herrenkonfektion derart, daß sie mit selbständigen Kaufleuten (= Vertragshändlern) sogenannte Franchiseverträge abschließt. Sie räumt den Vertragshändlern das Recht ein, ein Geschäft mit dem "S***"-Image zu führen und die Produkte der klagenden Partei unter deren Firma und Marke "S***" zu vertreiben. Die Vertragshändler verpflichten sich zur Führung der vorgeschriebenen Geschäftsausstattung (insbesondere der Marke und des Firmennamens "S***" in Leuchtbuchstaben und als Türknauf) und zum ausschließlichen Verkauf von "S***"-Waren (Exklusivbindung). Einen solchen Vertrag schloß die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei, die Fa. M*** P*** S.p.A., am 11.4.1984 auch mit Frau Elisabeth L***. Mit diesem Vertrag, der auf die beklagte GesmbH übergegangen ist, gestattete die Fa. M*** P*** S.p.A. Elisabeth L***, das Firmenzeichen "S***" für das in Wiener Neustadt, Allerheiligengasse 4-6, geführte Geschäft unter der Bedingung zu verwenden, daß dort ausschließlich "S***"-Ware verkauft wird, "außer im Falle einer gelegentlichen Zustimmung", und daß die beklagte Partei in bezug auf die Werbung und die Führung des Geschäftes die Handelspolitik des Franchisegebers akzeptiert, um das festgelegte "S***"-Image zu sichern. Anschließend heißt es in diesem Vertrag: "Wir halten fest, daß das Firmenzeichen unseren Alleinvertrieb darstellt und daß Sie in dem Moment, wo wir unsere Lieferbeziehungen abbrechen, jedwede Rechte auf die Verwendung des "S***"-Firmenzeichens verlieren, ohne daß uns dadurch besondere Kosten entstehen oder von unserer Seite Schadenersatz geleistet wird". In einem Postskriptum enthält der Brief den Vermerk:
"Kündigungsfrist: 12 Monate, d.h. zwei Saisonen."
Mit Schreiben vom 20.5.1986 erklärte die klagende Partei den mit der beklagten Partei bestehenden Händlervertrag ohne Einhaltung der vorgesehenen Kündigungsfrist von 12 Monaten mit sofortiger Wirkung vorzeitig zu lösen, weil die beklagte Partei in ihrem "S***"-Geschäft Fremdware geführt und damit die im Franchisevertrag festgelegten Vereinbarungen verletzt habe. Die klagende Partei kündigte an, die Warenauslieferung für die Frühjahrs- und Sommersaison 1986 einzustellen und stornierte den Auftrag für Herbst und Winter 1986. Sie forderte die beklagte Partei zur Wahrung des in Österreich eingetragenen Markenzeichens auf, die Marke "S***" von ihrem Geschäft sofort zu entfernen. In den "Wiener Neustädter Nachrichten" vom 29.8.1986 warb die beklagte Partei für ihr Geschäft Allerheiligenplatz 4-6 mit der beschriebenen Wort-Bild-Marke "S***".
Die klagende Partei beantragte zur Sicherung ihres gleichlautenden Klagebegehrens, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, ab sofort im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Textilwaren die Verwendung der internationalen Wort-Bild-Marken Nr. 461.173 und Nr. 467.814 sowie des Firmennamens "S***" insbesondere als Leuchtschrift und als Türknauf am Geschäft Wiener Neustadt, Allerheiligenplatz 4-6, sowie in Geschäftspapieren und Verpackungsmaterial und zu Werbezwecken in Printmedien zu unterlassen. Die klagende Partei behauptet, sie habe den Händlervertrag vom 11.4.1984 wegen verbotener Führung von Fremdware durch die beklagte Partei aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst, so daß die beklagte Partei durch die Weiterverwendung des Zeichens "S***" gegen die §§ 1, 2 und 9 UWG verstoße. Die beklagte Partei beantragte, den Sicherungsantrag abzuweisen, und wendete ein, sie habe nur in geringem Umfang (rund S 14.000,-- bei einem jährlichen Umsatz von S 3 Mio.) und zur Deckung eines dringenden Bedarfs Fremdware, nämlich lichtblaue Jeansware, zugekauft, nachdem sie zunächst vergeblich versucht hatte, dunkelblaue Ware der klagenden Partei bleichen zu lassen. Der Gebietsvertreter der klagenden Partei für Österreich, Michael F***, habe dem Zukauf zugestimmt.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.
Es nahm folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt an:
Die beklagte Partei führte in Wiener Neustadt, Allerheiligengasse 4-6, ein Textilgeschäft fort, das bis März 1984 von den Brüdern AL V*** betrieben worden war. Sie übernahm die Räume und einen Teil der Waren dieses Geschäftes, insbesondere verschiedenen Modeschmuck, den sie nach der Geschäftsübernahme abverkaufte. Mit Schreiben vom 14.9.1984 wies die klagende Partei die beklagte Partei darauf hin, daß es ihr laut Franchisevertrag untersagt sei, Fremdware, wozu auch Accessoires wie Modeschmuck gehörten, im Geschäft zu führen. Manfred L*** habe zugesagt, daß diese Ware bereits vor der Herbst-Wintersaison 1984 abverkauft sein sollte, was jedoch nicht der Fall sei. Die klagende Partei müsse daher der beklagten Partei die Lieferung der Herbst- und Winterware so lange vorenthalten, bis sich diese schriftlich zur Entfernung der Fremdware verpflichtet habe. Hierauf gab Elisabeth L*** folgende Erklärung ab: "Hiemit tue ich kund, weiters keine noch so winzige Fremdware, wie Modeschmuck usw. in meinem S***-Geschäft zu führen."
Als die beklagte Partei die Frühjahrs- und Sommerkollektion für das Jahr 1986 bestellte, hatte sie noch große Bestände - rund 3.000 Teile - der Herbst- und Winterkollektion 1985 auf Lager. Die im Februar 1986 ausgelieferte Frühjahrs- und Sommerkollektion der beklagten Partei enthielt, so wie die vorausgegangene Kollektion, ausschließlich dunkle Jeansmodelle. Im Frühjahr 1986 trat eine verstärkte Nachfrage nach hellen Jeansmodellen auf, welche die beklagte Partei nicht befriedigen konnte. Die Ehegatten L*** setzten sich daher mit dem Generalvertreter der klagenden Partei, Michael F***, in Verbindung und wiesen ihn auf das verstärkte Interesse der Kunden an heller Jeanskleidung hin. Mit Schreiben vom 7.3.1986 ließ Michael F*** durch Friederike R***
mitteilen, daß die für Frühjahr und Sommer 1986 bestellten Jeans als Herbst- und Winterlieferung 1986 gelten sollten und die beklagte Partei dieselbe Anzahl dieses Artikels in hellblau geliefert bekommen werde. Michael F*** sicherte den Ehegatten L*** Anfang März 1986 zu, ihnen helle Jeans zu besorgen, doch kam es in der Folge nicht zur Auslieferung dieser Ware, so daß die Ehegatten L*** wiederum urgierten. Sie setzten sich wegen der gestiegenen Nachfrage nach solchen Jeans wiederholt mit Michael F*** in Verbindung, der schließlich erklärte, daß die klagende Partei - wegen einer Änderung des Modetrends - nicht in der Lage sei, helle Jeans auszuliefern. Michael F*** schlug den Ehegatten L*** vor, einen Teil der dunklen Ware bleichen zu lassen. Die Ehegatten L*** versuchten dies in einer Wäscherei in Wiener Neustadt, doch führte dieser Versuch zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis, was Elisabeth L*** Michael F*** mitteilte. Sie fragte ihn, ob es ihr gestattet werde, in geringem Umfang Fremdware einzukaufen; sie müsse entsprechende Umsätze erzielen und benötige unbedingt helle Ware. Michael F*** erwiderte: "In Gottes Namen, kaufen Sie ein paar Teile dazu, aber nur wenige Teile". Er fügte hinzu, daß er der beklagten Partei auf diese Weise entgegenkommen wolle, die Zusage aber gegenüber den offiziellen Stellen in Italien immer ableugnen werde. Hierauf kaufte die beklagte Partei, wie bereits eingangs erwähnt, Ware im Werte von ca. S 14.000,-- ein. Unmittelbar nach dem Erwerb der Ware besuchten Michael F*** und ein Beauftragter der klagenden Partei das Geschäft der beklagten Partei und stellten hiebei fest, daß dort Fremdware vorhanden war. Michael F*** verlangte dann von Elisabeth L***, die besorgt fragte, ob sie auch künftig von der klagenden Partei beliefert werden würde, daß sie ihren Verstoß schriftlich einbekenne, worauf sie den Sachverhalt der klagenden Partei mitteilte und hiebei insbesondere auf die täglichen Anfragen nach heller Jeansware hinwies.
Seit August 1986 beliefert die klagende Partei ein anderes Geschäft in Wiener Neustadt.
Auf Grund dieses Sachverhaltes verneinte das Erstgericht ein wettbewerbswidriges Verhalten der beklagten Partei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge, erließ die beantragte einstweiilge Verfügung gegen gerichtlichen Erlag einer Sicherheit von S 100.000,-- und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Das Rekursgericht war der Ansicht, daß der geltendgemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 48 Abs 2 IPRG nach dem Recht des Staates zu beurteilen sei, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirke; es sei daher österreichisches Wettbewerbsrecht anzuwenden. Auch die Vorfrage, ob die klagende Partei den Vertrag mit der beklagten Partei zu Recht vorzeitig aufgelöst habe, sei nach dem Recht am Sitz der Niederlassung des Franchisenehmers und daher ebenfalls nach österreichischem Recht zu beurteilen. Die beklagte Partei habe sich auf die Zustimmung Michael F*** zum Einkauf von Fremdware nicht berufen können, weil er seiner Erklärung beigefügt habe, er würde die Zusage gegenüber den offiziellen Stellen in Italien immer ableugnen; damit habe er aber unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß dieses Vorgehen nicht dem Willen der klagenden Partei entspreche und er insoweit vollmachtslos handle. Bei der Beurteilung von Franchiseverträgen sei ebenso wie bei Vertragshändlerverträgen das Handelsvertretergesetz analog anzuwenden. Dies gelte auch für die in § 22 HVG demonstrativ aufgezählten Gründe, welche den Geschäftsherrn (hier: Franchisegeber) zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages berechtigten. Gemäß § 22 Z 3 HVG sei die Verletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen ein Auflösungsgrund. Punkt 2. des Händlervertrages, der die beklagte Partei zum ausschließlichen Verkauf von "S***"-Ware verpflichte, sei eine solche wesentliche Vertragsbestimmung, da die Exklusivbindung zu den typischen Pflichten des Franchisenehmers gehöre. Daß selbst ein geringfügiger Verstoß gegen diese Exklusivbindung eine schwere Vertragsverletzung sei, habe die Geschäftsführerin der beklagten Partei erkennen müssen, als sie wegen des Führens von Modeschmuck beanstandet worden sei und versprochen habe, "keine noch so winzige Fremdware in ihrem Geschäft zu führen". Da die beklagte Partei eine wesentliche Vertragsbestimmung verletzt habe, erübrige es sich, auf die Gründe, aus denen ihr im Frühjahr 1986 helle Jeansware gefehlt habe, einzugehen. Die beklagte Partei sei auch bei einem dringenden Bedarf nach dieser Jeansware nicht berechtigt gewesen, sich mit Fremdware einzudecken; sie habe dadurch einen Vertragsbruch begangen. Die klagende Partei habe daher einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages gehabt. Die außerordentliche Kündigung sei wirksam, so daß auch der Wettbewerbsverstoß "im Sinne der §§ 1, 2 und 9 UWG" bescheinigt sei.
Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der beklagten Partei ist zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zu prüfen ist vorweg, ob die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung gemäß § 396 EO außer Kraft getreten ist, was zur Folge hätte, daß ein dennoch erhobenes Rechtsmittel mangels Beschwer zurückgewiesen werden müßte (SZ 42/73; ÖBl 1981, 163; ÖBl 1983, 117 mwN). Gemäß § 396 EO ist die Vollziehung einer bewilligten Verfügung, sofern sie nicht wegen eines angebrachten Rekurses aufgeschoben wurde, unstatthaft, wenn seit dem Tag der Verkündung oder Zustellung des Bewilligungsbeschlusses an die antragstellende Partei mehr als ein Monat verstrichen ist. Die Vollziehung einer in einem Gebot oder Verbot bestehenden einstweiligen Verfügung ist zwar im allgemeinen mit der Zustellung an den Antragsgegner beendet; wurde aber die Vollziehung von einer Sicherheitsleistung durch den Antragsteller abhängig gemacht, dann wird die einstweilige Verfügung erst mit dem Erlag dieser Kaution wirksam (ÖBl 1974, 63; ÖBl 1983, 117). Wird die Sicherheit nicht innerhalb der Monatsfrist des § 396 EO erlegt, dann erlischt die einstweilige Verfügung von selbst, ohne daß es dazu eines gerichtlichen Ausspruchs bedürfte (ÖBl 1983, 117 mwN; Heller-Berger-Stix 2870 f). Im vorliegenden Fall hat zwar die klagende Partei die festgesetzte Sicherheit von S 100.000,-- innerhalb der Monatsfrist des § 396 EO erlegt. Dieser Betrag wurde ihr jedoch antragsgemäß zurücküberwiesen, nachdem auf Antrag der beklagten Partei die Ausführung der vom Rekursgericht angeordneten einstweiligen Verfügung bis zur Entscheidung über ihren Revisionsrekurs gemäß § 524 Abs.2 ZPO gehemmt worden war. Der Oberste Gerichtshof hat in der E ÖBl 1983, 70 ausgesprochen, daß mit der Anfechtung des die Sicherheit betreffenden Teils der Entscheidung des Rekursgerichtes (durch den Kläger) die Wirksamkeit des Ausspruchs über die Kaution bis zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel insofern in Schwebe ist, als die Möglichkeit besteht, daß die auferlegte Sicherheit für den Fall der Berechtigung des Revisionsrekurses des Klägers beseitigt wird. Der Oberste Gerichtshof habe über die Berechtigung des Auftrages zum Erlag einer Sicherheit (sogar) unabhängig davon zu entscheiden, ob dem dagegen erhobenen Rechtsmittel aufschiebende Wirkung (§ 524 Abs 2 ZPO) zuerkannt wird.
Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei ein solches Rechtsmittel nicht erhoben, die Vollziehung der einstweiligen Verfügung wurde jedoch wegen eines von der beklagten Partei angebrachten Revisionsrekurses gemäß § 524 Abs 2 ZPO aufgeschoben. Dies hemmt auch den Ablauf der Monatsfrist des § 396 EO für den Erlag der Sicherheit, weil im Falle einer Berechtigung des Revisionsrekurses der beklagten Partei auch der Ausspruch über die Sicherheit als gegenstandslos beseitigt wird. Die angefochtene einstweilige Verfügung ist daher nicht außer Kraft getreten, so daß der Revisionsrekurs der beklagten Partei zulässig ist. In der Sache selbst ist vorauszuschicken, daß das Rekursgericht zutreffend österreichisches Recht sowohl für die Behandlung der Vorfrage, ob die klagende Partei den Franchisevertrag vorzeitig auflösen durfte, als auch für die Beurteilung der auf einen Verstoß gegen Firmen- und Markenrechte gegründeten Unterlassungsansprüche angewendet hat.
Nach einer Definition des deutschen Bundesarbeitsgerichtes (BAG BB 1979, 325 ff; auch bei Schlemmer, Der Franchisevertrag RdW 1984, 298 ff) wird durch den Franchisevertrag ein Dauerschuldverhältnis begründet, durch das der Franchisegeber dem Franchisenehmer gegen Entgelt das Recht einräumt, bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen unter Verwendung von Name, Marke, Ausstattung usw. sowie der gewerblichen und technischen Erfahrungen des Franchisegebers und unter Beachtung des von diesem entwickelten Organisations- und Werbesystems zu vertreiben, wobei der Franchisegeber dem Franchisenehmer Beistand, Rat und Schulung in technischer und verkaufstechnischer Hinsicht gewährt und eine Kontrolle über die Geschäftstätigkeit des Franchisenehmers ausübt. Dazu tritt beim sogenannten Produktfranchising eine Pflicht des Franchisenehmers zum ausschließlichen Warenbezug vom Franchisegeber (Exeklusivbindung). Charakteristisch für jedes Franchisesystem ist die straffe Organisation; die Franchisenehmer bleiben aber selbständige Unternehmer, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handeln (Schlemmer aaO 298); Putzo in Palandt, BGB Einf. vor § 581 Anm.1 definiert den "Franchising-Vertrag" als einen Vertrag, durch den eine Marke, insbesondere Warenzeichen in Verbindung mit Lizenzen oder Know-how zur Benutzung einer anderen Person überlassen werden (ähnlich auch Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Grundriß, Allg.T 35; Schönherr-Kucsko, Wettbewerbs-, Marken-, Muster- und Patentrecht 2 120).
Auch im vorliegenden Fall liegt das Schwergewicht des Vertrages in der Einräumung von Immaterialgüterrechten an den Franchisenehmer (bei gleichzeitiger straffer Bindung an die Vertriebsorganisation des Franchisegebers), so daß das Dauerschuldverhältnis nach dem Recht des Staates zu beurteilen ist, für den das Immaterialgüterrecht eingeräumt wurde (§ 43 Abs 1 IPRG; Schlemmer aaO 300). Da die Verwendung des Zeichens "S***" für das Detailgeschäft der beklagten Partei in Wiener Neustadt eingeräumt wurde, ist der Vertrag nach österreichischem Recht zu beurteilen. Der von der klagenden Partei infolge Vertragsauflösung unmittelbar aus ihren Firmen- und Markenrechten abgeleitete Unterlassungsanspruch unterliegt ebenfalls österreichischem Recht. Gemäß § 34 Abs 1 IPRG sind das Entstehen, der Inhalt und das Erlöschen von Immaterialgüterrechten nach dem Gesetz des Staates zu beurteilen, in dem eine Benützungs- oder Verletzungshandlung gesetzt wird. Maßgebend ist somit das Recht des Schutzlandes, für dessen Gebiet Schutz begehrt wird (ausführlich SZ 56/107 = ÖBl 1983, 162 mwN). Dem Recht des Schutzlandes unterliegen Entstehung, Erlöschen und Inhalt einschließlich des Schutzes von Immaterialgüterrechten, also sowohl die Berechtigung und ihre Ausübung, als auch der Schutz gegen Verletzung und Mißbrauch (ÖBl 1986, 73 und 131; Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 34 IPRG; derselbe, Grundriß des Internationalen Privatrechts 196). Die vom Rekursgericht (mit demselben Ergebnis) vorgenommene Anknüpfung an § 48 Abs 2 IPRG trifft, was den von der klagenden Partei geltend gemachten maßgeblichen Rechtsgrund des § 9 UWG anlangt, den Kern der Sache nicht, da diese Bestimmung trotz Regelung der Materie im UWG inhaltlich zum Kennzeichenrecht und damit zum Immaterialgüterrecht gehört (vgl. Schönherr aaO 3).
Mit Recht wendet sich die Revisionsrekurswerberin gegen die Ansicht der zweiten Instanz, daß die klagende Partei berechtigt war, das zwischen den Parteien bestehende Dauerschuldverhältnis ohne Beachtung der vereinbarten Kündigungsfrist von 12 Monaten (= zwei Saisonen) aus wichtigem Grund vorzeitig aufzulösen. Das mit dem vorliegenden Franchisevertrag ("Händlervertrag") begründete Dauerschuldverhältnis ist ein gemischter Vertrag (so auch Putzo aaO), der einerseits wesentliche Merkmale des Bestand- und Lizenzvertrages enthält und andererseits wegen der vereinbarten Exklusivbindung große Ähnlichkeit mit einem Händlervertrag hat (Schlemmer aaO 302; vgl. dazu auch Ulmer, Der Vertragshändler [1969]). Schlemmer tritt daher für analoge Anwendung des HVG, insbesondere der Bestimmungen der §§ 21 ff über die vorzeitige Lösung des Vertrages ein. Dem widerspricht die Revisionsrekurswerberin mit dem Argument, es bestehe ein wesentlicher Unterschied zwischen einem im fremden Namen und auf fremde Rechnung tätig werdenden Handelsvertreter und einem Franchisenehmer, der im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handle. Daran ist richtig, daß die vorzeitige Auflösung des Franchisevertrages für den Franchisenehmer die schwerwiegende Konsequenz hat, daß er das verbliebene eigene Warenlager verwerten muß, ohne noch berechtigt zu sein, für diese Markenware mit den ihm seinerzeit eingeräumten Kennzeichen- und Ausstattungsrechten zu werben. Die Frage, ob die analoge Anwendung der §§ 21 ff HVG bis ins einzelne berechtigt ist, spielt aber für den vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle, weil aus den Vorschriften über einzelne Dauerschuldverhältnisse ohnehin durch Rechtsanalogie Regeln abgeleitet werden können, die auf alle Dauerschuldverhältnisse angewendet werden (RZ 1982/53). Das ist besonders für jene Dauerschuldverhältnisse bedeutsam, die im Gesetz nicht typisiert sind, sondern nur auf Grund der herrschenden Vertragsfreiheit von den Parteien vereinbart werden, also für die atypischen und gemischten Dauerschuldverhältnisse. So wurde aus den §§ 1162, 1117 f ABGB ua. der allgemeine Grundsatz abgeleitet, daß Dauerschuldverhältnisse wegen des besonderen Vertrauens, das sie zwischen den Parteien voraussetzen, aus wichtigen Gründen jederzeit gelöst werden können (Koziol-Welser, Grundriß I 7 , 179 f mwN FN 5). In diese Rechtsanalogie sind auch die Regeln der §§ 21 ff HVG miteinzubeziehen. Auch für den Lizenzvertrag ist anerkannt, daß jeder Vertragsteil das unabdingbare Recht hat, den Vertrag aus wichtigem Grund vorzeitig (also vor Ablauf der vereinbarten Dauer und ohne Einhaltung einer etwa vereinbarten Kündigungsfrist) ohne Nachfristsetzung zu lösen (ÖBl 1966, 106; Schönherr aaO 28; derselbe, Praktische Fragen bei der Gestaltung internationaler Patentlizenz- und Know how-Verträge, ÖZW 1981, 71 [74]). Auch ein Franchisevertrag kann daher als Dauerschuldverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit gelöst werden. Der Grund muß aber so wichtig sein, daß es dem Franchisegeber bei Abwägung der beiderseitigen Interessenlage unzumutbar ist, die vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten.
Ein solcher wichtiger Grund kann im Verhalten der beklagten Partei nicht erblickt werden. Freilich kann sie sich auf die Genehmigung des Zukaufes von Fremdware durch den Generalvertreter der klagenden Partei nicht berufen, weil sie, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, aus seiner Erklärung klar entnehmen konnte, daß er keine Vollmacht hatte, dem Zukauf zuzustimmen. Der Verstoß der beklagten Partei war jedoch nicht schwerwiegend: Es muß berücksichtigt werden, daß sie vor dem vertragswidrigen Ankauf von Fremdware alles Zumutbare unternommen hat, um ohne Verstoß gegen die eingegangene Exklusivbindung in den Besitz der dringend benötigten hellen Jeansware zu kommen. Die klagende Partei hatte die Lieferung dieses Artikels versprochen, war aber dann wegen der Änderung des Modetrends nicht in der Lage zu liefern. Wenn die klagende Partei mit ihrem überlegenen internationalen Vertriebssystem diese Änderung des Modetrends nicht rechtzeitig erkennen konnte, kann auch der beklagten Partei nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe sich die Fehleinschätzung der Nachfrageentwicklung selbst zuzuschreiben (wofür im übrigen Bescheinigungsergebnisse fehlen). In der Folge hat sich die beklagte Partei auch noch bemüht, sich die dringend benötigte Ware durch Bleichen von Winterware zu verschaffen. Auch als dies scheiterte, hat sie nicht hinter dem Rücken der klagenden Partei gehandelt sondern versucht, von deren Generalvertreter ausnahmsweise die Genehmigung zum Erwerb von Fremdware zu erlangen, wie es im Händlervertrag vorgesehen ist. Wenn der Generalvertreter der klagenden Partei bei der Erteilung der Genehmigung hiezu auch deutlich erkennen ließ, daß er dazu nicht bevollmächtigt sei, ist bei der Beurteilung der Schwere des Vertragsbruches durch die beklagte Partei doch zu berücksichtigen, daß sich Michael F*** dadurch, daß er einerseits den Zukauf genehmigte, um der beklagten Partei entgegenzukommen, andererseits aber erklärte, er werde diese Zusage gegenüber den offiziellen Stellen in Italien immer ableugnen, zwiespältig verhalten hat. Der Franchisenehmer, der zum ausschließlichen Warenbezug vom Franchisegeber verpflichtet ist, verletzt zwar durch den Ankauf von Fremdware eine wichtige Vertragsbestimmung, weil der Franchisegeber ein besonderes Interesse daran hat, daß der von ihm aufgebaute Ruf seiner Unternehmenskennzeichen vom Franchisenehmer nicht dazu ausgenützt wird, um - womöglich billige und minderwertige - Fremdware leichter absetzen zu können. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls war aber der Verstoß der beklagten Partei gegen die übernommene Exklusivbindung nicht schwerwiegend, hatte sie doch nur in geringem Umfang Fremdware zugekauft, nachdem sie sich nachhaltig bemüht hatte, den dringenden Bedarf nach dieser Ware beim Franchisegeber, bzw. durch Bleichen vorhandener Ware zu decken. Dieses Verhalten der beklagten Partei war objektiv nicht geeignet, das Vertrauen zwischen den Vertragsteilen zu zerstören; die Franchisegeberin wäre vielmehr nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, die Zustimmung zum Zukauf der dringend benötigten Fremdware zu erteilen.
Auch der frühere Verstoß der beklagten Partei gegen das Verbot der Veräußerung von Fremdware spielt für die Beurteilung der klagsgegenständlichen Vertragsverletzung keine wesentliche Rolle. Es handelte sich damals um Modeschmuck, den die beklagte Partei im März 1984 anläßlich der Übernahme des Geschäftes der Brüder AL V*** übernommen hatte. Aus dem Schreiben der klagenden Partei vom 14.9.1981 geht hervor, daß die klagende Partei den Abverkauf dieser Ware duldete und nur beanstandete, daß die beklagte Partei zugesagt hatte, daß die Ware bereits von der Herbst-Wintersaison 1984 abverkauft sein werde, was ihr offenbar nicht gelungen ist. Da ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung des Franchisevertrages nicht vorlag, hat die Auflösungserklärung der klagenden Partei vom 20.5.1986 das Vertragsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung beendet. Daraus folgt, daß die beklagte Partei die ihr mit Franchisevertrag vom 11.4.1984 zur Benützung eingeräumten Kennzeichen der klagenden Partei jedenfalls derzeit noch befugt verwendet.
Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50 ZPO.
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