Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.348,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 724,80 Umsatzsteuer), binnen vierzehn Tagen zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin verfügt als größtes steirisches Werbeunternehmen über umfangreiche Berechtigungen, insbesondere auch über die Gewerbeberechtigung des gebundenen Gewerbes eines Werbeberaters. Der gleichfalls ein Werbeunternehmen betreibende Beklagte besitzt die Gewerbeberechtigungen eines Werbegraphikers und eines Werbungsvertreters. Er ist ua als Generalrepräsentant der W***** GmbH beschäftigt. In dem mit dieser Gesellschaft am 30.3.1989 abgeschlossenen Werkvertrag verpflichtete sich der Beklagte als Werbeunternehmer mit ausdrücklicher Zusicherung, über die entsprechenden gewerberechtlichen Befähigungen zu verfügen, als Repräsentant der W*****-Union in ganz Österreich die kontinuierliche Betreuung der bestehenden Kunden und die Ansprache neuer Kunden zu übernehmen, um die Ausweitung des bisherigen Umsatzes in allen Medien der Außenwerbung zu erreichen. Die W*****-Union beschäftigt sich ebenso wie die Klägerin mit dem Aufstellen und Anbringen von Werbeplakaten.
Gemeinsam geworben haben die Klägerin, der Beklagte sowie die W*****-Union lediglich Mitte 1989 mit einem Großplakat und der Einschaltung dieses Sujets als zweiseitige Kleinanzeigenwerbung im Monatsmagazin "K*****". Sonst erstreckten sich die geschäftlichen Beziehungen der Streitteile bloß auf die Vermietung von Werbeflächen sowie die Festlegung der Standorte von Plakaten und die Affichierung von Plakaten der W*****-Union und ihrer Kunden; diese Geschäftsbeziehungen waren äußerst umfangreich. Die Streitteile arbeiteten auch im April 1990 für eine von der Universität Graz durchgeführte Untersuchung über Plakatwerbung in Graz zusammen.
Da es zwischen dem (damaligen) Geschäftsführer der Klägerin Dr.E***** und dem Beklagten sowohl über das Großplakat als auch bei der Veranstaltung der Universität Graz zu Unstimmigkeiten kam, war jener nicht mehr bereit, in irgendeiner Form mit dem Beklagten in der Öffentlichkeit zusammenzuarbeiten; er hat dem Beklagten jedoch weiterhin Werbeflächen vermietet, weil dies das Geschäft der Klägerin ist.
Am 22.5.1990 erschien der Beklagte im Büro Dr.E*****s und legte ihm in Gegenwart des Betriebsleiters der Klägerin Helmut R***** ein Plakat vor, auf dem ua angeführt war "Team of K***** - Wir planen Ihre Plakatkampagne unübersehbar mit A***** - P***** - W*****" und machte den Vorschlag, unter dem Titel "Team of K*****" eine Gemeinschaftswerbung für die Klägerin, die Firma P***** und die W*****-Union durchzuführen, zu welchem Zweck diese Werbeplakate auf Plakatierungsflächen der W*****-Union in Graz angebracht werden sollten. Dr.E***** erklärte dem Beklagten, daß er damit nicht einverstanden sei. Bei einem Telefonat am 23.5.1990 verbot Dr.E***** dem Beklagten im Beisein Helmut R*****s neuerlich, das Plakat mit dem Namen der Klägerin zu affichieren. Trotzdem stellte Dr.E***** am 8.6.1990 fest, daß dieses Plakat auf verschiedenen Plakatflächen in Graz angebracht war. Daraufhin forderte die Klägerin den Beklagten auf, diese Plakate bis spätestens 12.6.1990 zu entfernen. Trotz dieser Aufforderung erschienen weitere Plakate, da der Beklagte in deren Veröffentlichung nur eine branchenübliche Offenlegung von Geschäftsbeziehungen sah.
Die Klägerin brachte daher am 19.6.1990 beim Landesgericht für ZRS Graz Klage zu 8 Cg 201/90 ein, in der sie den dargestellten Sachverhalt schilderte und im einzelnen ausführte, an welchen Stellen sie die beanstandeten Plakate feststellen mußte. Sie begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen in einer Werbung, insbesondere unter dem Titel "Team of K*****", die Firma der Klägerin in welcher Form immer im geschäftlichen Verkehr, auch unter der Kurzbezeichnung "A*****", anzuführen; dies insbesondere auf an Plakatierungstafeln zu affichierenden Plakaten.
In der Folge begehrte die Klägerin - nach Verbindung der Streitsache 8 Cg 201/90 mit dem Verfahren 8 Cg 226/90 - auch die Veröffentlichung des Urteilsspruches in der "K***** Z*****" sowie in der Zeitschrift "K*****". Ferner beantragte sie zur Sicherung des geltend gemachten Unterlassungsanspruches eine inhaltsgleiche einstweilige Verfügung.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag mit Beschluß vom 3.9.1990 statt; das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit Beschluß vom 26.11.1990, 5 R 248,249/90. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24.6.1991 fällte das Erstgericht ein Teilanerkenntnisurteil über das zu 8 Cg 201/90 erhobene Begehren. Dieses Urteil wurde am 3.9.1992 in der "K***** Z*****" und in der Septemberausgabe des Monatsmagazins "K*****" veröffentlicht.
Etwa gleichzeitig mit der Erhebung der Klage (19.6.1990) ließ die Klägerin in verschiedenen Printmedien folgenden Text einschalten:
Diese Mitteilung ließ die Klägerin deswegen veröffentlichen, weil bei ihr - vor allem auf einer Tagung sämtlicher Werbeunternehmen in Graz - zahlreiche Anfragen wegen der vom Beklagten auf dem Plakat behaupteten Zusammenarbeit mit der Klägerin eingelangt waren und sie daher Umsatzverluste befürchtete. Im Hinblick auf die durchwegs negativen Reaktionen der Kunden der Klägerin war die Gefahr von Auftragsrückgängen nicht zu bezweifeln.
Für die Einschaltungen wandte die Klägerin insgesamt 85.664,04 S auf. Die Veröffentlichung erfolgte unter anderem in der "K***** Z*****", der "N***** Z*****" und der "S***** K*****".
Die Klägerin begehrt von der Beklagten S 85.664,04 S s.A. Es sei dringend notwendig gewesen, daß sie alle ihre Kunden und Geschäftspartner über die mangelnde Berechtigung des Beklagten, sie in seine Werbeplanungen einzuspannen bzw als mitarbeitendes Unternehmen darzustellen, zu unterrichten. Bei den Kunden sei nämlich der Eindruck erweckt worden, daß (ua) die Klägerin nur Angehörige seines Teams sei; dies hätte dazu führen können, daß sich Kunden unmittelbar an den Beklagten wenden und diesem den Auftrag erteilen (S 47 f). Da ein Veröffentlichungsbegehren im Prozeß nicht sofort durchsetzbar, ein Schreiben an die vielen Kunden und Mitarbeiter aber unzumutbar und wesentlich teurer gewesen sei, habe sie zur Selbsthilfe greifen müssen, um den Sachverhalt klarzustellen. Ihr stehe daher der Ersatz des Einschaltungsaufwandes zu.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe nicht rechtswidrig gehandelt. Die Zeitungsinserate bildeten keine kausale Schadensfolge. Daß der Klägerin aus der beanstandeten Ankündigung ein Schaden erwachsen sei, sei undenkbar. Der Klägerin stünden nur die - ihr ohnehin zuerkannten - Ansprüche nach dem UWG zu. Auf § 19 ABGB könne sie sich nicht berufen; überdies wäre sie auch nach dieser Bestimmung gehalten, behördliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren zur Gänze (85.664,04 S sA) statt. Der Beklagte habe mit seiner Plakataktion gegen die guten Sitten verstoßen und den Namen der Klägerin unbefugt gebraucht. Da das Verschulden des Beklagten nicht zu bezweifeln sei, hätte die Klägerin Anspruch auf Schadenersatz gehabt. Die Mitteilungen in den Zeitungen seien notwendig gewesen, um einen allfälligen drohenden Schaden abzuwenden. Auch die Aufnahme der Mitteilungen in mehrere Printmedien sei gerechtfertigt, weil durch die Plakataktion des Beklagten ein großer Publikumskreis angesprochen worden sei, der durch die Mitteilung in zwei Zeitungen nicht habe informiert werden können.
Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens von S 33.654,04 sA schuldig, der Klägerin 52.008 S sA zu zahlen und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Wettbewerbsverstoß und der Eingriff des Beklagten in das Namensrecht der Klägerin stünden auf Grund des Teilanerkenntnisurteiles des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 24.6.1991, 8 Cg 201/90 fest. Daß die Eingriffe des Beklagten schuldhaft erfolgten, könne nicht zweifelhaft sein. Der von der Klägerin geltend gemachte Rettungsaufwand gehöre zum positiven Schaden. Durch die wettbewerbs- und somit gesetzwidrige Plakatierung des Beklagten sei die Gefahr entstanden, daß sich potentielle Kunden dem durch seine eigenen Handlungen werbemäßig in den Vordergrund gestellten und nach der Textierung der Plakate federführenden Beklagten direkt zuwendeten, wodurch der Klägerin Umsatzverluste drohten. Die Klägerin sei deshalb und auch im Hinblick auf zahlreiche Anfragen zur Einschaltung von Mitteilungen zwecks sofortiger Aufklärung der beteiligten Verkehrskreise berechtigt gewesen. Bei dieser Sachlage habe sie auf die Verurteilung des Beklagten zur Urteilsveröffentlichung und selbst die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht warten müssen, weil dann eine Abwehr des befürchteten Schadens wegen Zeitablaufs nicht mehr hätte erreicht werden können. Die vorbeugenden Maßnahmen hätten zwar nicht notwendig, wohl aber zweckmäßig sein müssen. Für die allein zweckmäßige Veröffentlichung der Mitteilung in den periodischen Druckschriften "K***** Z*****", "N***** Z*****" und "S***** K*****" sei gemäß § 273 ZPO der Aufwand mit 52.008 S zu bemessen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den bestätigenden Teil dieses Urteils erhobene Revision des Beklagten ist zwar zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; sie ist aber nicht berechtigt.
Daß der Beklagte mit dem von der Klägerin im vorangegangenen Verfahren 8 Cg 291/90 des Landesgerichtes für ZRS Graz beanstandeten Verhalten rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, indem er der Wahrheit zuwider bei dem Publikum den Eindruck erwecken wollte, zwischen der Klägerin und ihm bestünden organisatorische Zusammenhänge, die Klägerin sei Mitglied eines von ihm geführten Teams, wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sieht als Sanktion gegen solche Verstöße die Klage auf Unterlassung (§ 2 UWG) verbunden mit der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung (§ 25 Abs. 3 UWG), auf Beseitigung (§ 15 UWG) und auf Schadenersatz (§ 16 UWG) vor und erleichtert die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung der Unterlassungsansprüche (§ 24 UWG).
Bei öffentlichen Angaben, die wissentlich zur Irreführung geeignet sind, ist überdies Bestrafung (§ 4 UWG) und Urteilsveröffentlichung (§ 25 Abs 1 UWG) vorgesehen.
Von den zivilrechtlichen Behelfen hat die Klägerin auch insoweit mit Erfolg Gebrauch gemacht, als sie ein einstweiliges Unterlassungsgebot sowie ein Urteil auf Unterlassung und Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils erwirkt hat.
Wäre der Klägerin der von ihr befürchtete Schaden - nämlich ein Rückgang an Aufträgen solcher Interessenten, die sich, durch den Beklagten irregeführt, unmittelbar an diesen gewandt hätten - entstanden, hätte die Klägerin Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinnes gehabt (§ 16 Abs 1 UWG).
Der Beklagte meint nun, daß Kosten, die aufgewendet werden, um einen allfälligen Schaden vorbeugend abzuwenden, grundsätzlich nicht ersatzfähig seien; zur Wahrung von Vermögensrechten seien in der Regel nur gerichtliche oder sonstige behördliche Sicherungsmaßnahmen zulässig. Dem kann nicht gefolgt werden:
Nach Lehre (Ehrenzweig2 II/1, 38; Wolff in Klang2, VI 11 und 59;
Koziol, Haftpflichtrecht I 14; Ehrenzweig-Mayrhofer3 II/1, 255;
Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 10 zu § 1293 und Rz 45 zu § 1304) und ständiger Rechtsprechung (GlUNF 3983; GlUNF 4243; SZ 31/55; ZVR 1984/177; SZ 55/115; WBl 1990, 147; AnwBl 1992, 155 uva) ist der "Rettungsaufwand" - das ist der Aufwand, der gemacht wurde, um eine Gefahr abzuwenden - positiver Schaden. Er wäre sogar dann zu ersetzen, wenn er ohne Erfolg geblieben ist (GlUNF 2048; Wolff aaO 11). Freilich ist nur zweckmäßiger Rettungsaufwand zu ersetzen. Als Maßstab für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit hat das Vorgehen zu dienen, das ein vernünftiger Mensch bei gleicher Sachlage beobachtet hätte (Wolff aaO 59; SZ 9/10; EvBl 1960/161; JBl 1989, 46 ua).
In der Regel werden die Interessen desjenigen, der einen Anspruch nach dem UWG hat, durch die in diesem Gesetz vorgesehenen gerichtlichen Maßnahmen ausreichend gewahrt werden können. Das rechtswidrige Verhalten wird dem Beklagten (meist schon durch einstweilige Verfügung) verboten; durch die Veröffentlichung des rechtskräftigen stattgebenden Urteils kann eine durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufene unrichtige Meinung richtiggestellt und verhindert werden, daß diese Meinung weiter um sich greift; das Publikum wird also über einen bestimmten Gesetzesverstoß, der auch in Zukunft noch nachteilige Auswirkungen besorgen läßt, aufgeklärt (ÖBl 1981, 159; ÖBl 1984, 81; ÖBl 1986, 68 uva).
Dann aber, wenn die vom Gegner hervorgerufene Täuschung der Öffentlichkeit (insbesondere nach §§ 2, 4, 7, aber auch allenfalls 9 UWG) für den Betroffenen die Gefahr eines ins Gewicht fallenden, wenn auch im einzelnen im voraus nicht genau abschätzbaren Schadens herbeiführt, zu dessen Abwendung das gerichtliche Unterlassungsgebot, vor allem aber die erforderliche Aufklärung des Publikums durch die Urteilsveröffentlichung zu spät kämen, muß dem Betroffenen das Recht zugebilligt werden, selbst zur Abwendung des drohenden Schadens tätig zu werden und die Öffentlichkeit über den wahren Sachverhalt aufzuklären (SZ 31/55). Ihm steht dann gegen den rechtswidrig und schuldhaft handelnden potentiellen Schädiger der Ersatz des Aufwandes für all jene Maßnahmen zu, die er als zweckmäßig ansehen konnte.
Nach den Feststellungen hat die Klägerin befürchtet, Interessenten könnten sich in der Annahme, die Streitteile gehörten zusammen, ja die Klägerin sei Angehörige eines vom Beklagten geführten Teams, in Zukunft statt an sie unmittelbar an den Beklagten wenden, um ihm Werbeaufträge zu erteilen, so daß ihr Umsatzverluste entstünden. Diese Befürchtung erscheint auch durchaus realistisch. Das von der Kläger gewählte Mittel, nämlich die beteiligten Verkehrskreise durch die Einschaltung in verschiedenen Druckschriften zu unterrichten, war zweifellos das geeignetste und wirksamste (vgl SZ 31/55). Da die von der Klägerin veröffentlichte Mitteilung inhaltlich durchaus richtig war, kann ihr, ganz abgesehen davon, daß in diesem Falle richterliche Hilfe tatsächlich jedenfalls zu spät hätte kommen müssen, unerlaubte, weil eigenmächtige Selbsthilfe (§ 19 ABGB) nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Der Revision mußte somit ein Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)