OGH 4Ob31/14h (RS0129445)

OGH4Ob31/14h20.5.2014

Rechtssatz

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die gesamte gewerbliche Tätigkeit eines Rauchfangkehrers nach Art 2 Abs 2 lit i der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen, weil Rauchfangkehrer auch Aufgaben im Bereich der Feuerpolizei (Feuerbeschau, Gutachten im Rahmen von Bauverfahren etc) wahrnehmen?

2. Wenn Frage 1 verneint wird:

Ist eine Regelung des nationalen Rechts, wonach die Gewerbeberechtigung eines Rauchfangkehrers grundsätzlich auf ein bestimmtes „Kehrgebiet“ beschränkt ist, mit Art 10 Abs 4 und Art 15 Abs 1, Abs 2 lit a und Abs 3 der Richtlinie 2006/123/EG vereinbar?

Normen

AEUV Art267
EG-RL 2006/123/EG - Dienstleistungs-RL Art2 Abs2 liti
EG-RL 2006/123/EG - Dienstleistungs-RL Art10 Abs4
EG-RL 2006/123/EG - Dienstleistungs-RL Art15 Abs1
EG-RL 2006/123/EG - Dienstleistungs-RL Art15 Abs2 lita
EG-RL 2006/123/EG - Dienstleistungs-RL Art15 Abs3

4 Ob 31/14hOGH20.05.2014
4 Ob 3/16vOGH27.01.2016

Beisatz: Der EuGH beantwortete mit Urteil vom 23. Dezember 2015, C-293/14 , Hiebler, diese Fragen wie folgt: <br/>1. Die RL 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass sie auf die Ausübung eines Gewerbes wie des im Ausgangsverfahren fraglichen des Rauchfangkehrers insgesamt anwendbar ist, auch wenn dieses Gewerbe nicht nur die Ausübung privatwirtschaftlicher Tätigkeiten umfasst, sondern auch die Erfüllung von Aufgaben der „Feuerpolizei“.<br/>2. Art 10 Abs 4 und Art 15 Abs 1, Abs 2 lit a und Abs 3 RL 2006/123/EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die die Genehmigung für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes insgesamt auf ein bestimmtes geografisches Gebiet beschränkt, entgegenstehen, wenn diese Regelung nicht in kohärenter und systematischer Weise das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit verfolgt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dies zu prüfen.<br/>3. Art 15 Abs 4 RL 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass er einer solchen Regelung nicht entgegensteht, wenn die Aufgaben der „Feuerpolizei“ als mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in Zusammenhang stehend einzustufen wären, sofern die vorgesehene territoriale Beschränkung für die Erfüllung dieser Aufgaben unter Bedingungen eines wirtschaftlichen Gleichgewichts erforderlich und verhältnismäßig ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dies zu prüfen. (T1)

Dokumentnummer

JJR_20140520_OGH0002_0040OB00031_14H0000_001

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