OGH 4Ob305/77 (4Ob304/77)

OGH4Ob305/77 (4Ob304/77)8.2.1977

SZ 50/22

Normen

Urhebergesetz §78
Urhebergesetz §78

 

Spruch:

Die Veröffentlichung des Bildnisses einer Person im Rahmen einer Fernsehberichterstattung, welche die Tendenz erkennen läßt, den Abgebildeten ohne Anführung konkreter Tatsachen in den Verdacht unehrenhafter, wenn nicht sogar strafbarer Handlungen zu bringen, verletzt berechtigte Interessen im Sinne des § 78 UrhG

Der Informationsauftrag des ORF ist nur innerhalb der durch die Gesetze gezogenen Grenzen zu befolgen. Auch bei einer Berichterstattung im Fernsehen dürfen die Grenzen des Zulässigen nicht weiter gezogen werden als bei anderen Veröffentlichungen; dem Betroffenen stehen auch hier die in § 78 UrhG vorgesehenen Rechte im vollen Umfang zu

OGH 8. Feber 1977, 4 Ob 304, 305/77 (OLG Wien 1 R 261, 262/76; LGZ Wien 40 b Cg 215/76)

Text

Der Kläger behauptet, der Zweitbeklagte (ORF) habe am 30. März 1976 die Sendung "Horizonte" ausgestrahlt, deren Leiter und Präsentator der Erstbeklagte sei und deren zweiter Teil sich mit der sogenannten Bauring-Affäre beschäftigt habe. In dieser Sendung sei das Lichtbild des Klägers zweimal verschieden lang ausgestrahlt worden, wobei die Ausstrahlung von einem, in einem hämischen und eindeutig auf Herabsetzung gerichteten Ton vorgebrachten Text begleitet gewesen sei, dem insgesamt entnommen werden könne, daß es den Beklagten ausschließlich darauf angekommen sei, in aufreizender Weise und unter völlig unrichtiger Darstellung der Tatsachen eine knallige Reportage zu bringen und keineswegs die Öffentlichkeit objektiv zu informieren. Besonders diskriminierend seien einige nur auf Effekthascherei unter persönlicher Herabwürdigung des Klägers gerichtete Behauptungen, die im Zusammenhang mit der Ausstrahlung oder unmittelbar vorher oder nachher gebracht worden und eindeutig tatsachenwidrig seien, worin dem Kläger vorgeworfen wurde, sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften gehalten zu haben. Dazu gehörten die Behauptungen, daß die als "Briefkastenfirma" abqualifizierten Sitzgesellschaften im Fürstentum Liechtenstein keine Steuern zu zahlen hätten, wobei der Kläger als "Herr über tausend Briefkästen" in einem Atemzug aber auch als "österreichischer Konsul" bezeichnet worden sei. Weiters werde unter Verschweigung der Verschwiegenheitsverpflichtung des Klägers als Rechtsanwalt darauf hingewiesen, daß der Kläger schon anläßlich einer vorhergegangenen "Horizonte-Sendung", bei der das Lichtbild des Klägers gleichfalls ausgestrahlt worden sei, die Auskunft darüber verweigert habe, wer der Besitzer der A-Gesellschaft sei, und damit die Erklärung verknüpft, daß nun einige neue Details aus dem Spiel der Verdächtigen gebracht würden, wodurch dem Kläger unterschwellig vorgeworfen werde, an irgendwelchen betrügerischen Machinationen teilgenommen zu haben. Die zweite Ausstrahlung des Bildes sei im Zusammenhang mit dem Text erfolgt, die Verwaltungsräte in Liechtenstein seien bei den Honoraren nicht kleinlich, verschwiegen sie aber diskret. Damit werde in herabwürdigender Weise zum Ausdruck gebracht, daß ein Großteil der nach der Darstellung der Zweitbeklagten hin- und hergeschobenen Millionen als Honorar beim Kläger hängengeblieben sei.

Der Kläger beantragt, die Beklagten u. a. schuldig zu erkennen, jede Veröffentlichung des Bildes oder von Bildern des Klägers im Zusammenhang mit Sendungen über die sogenannte Bauring-Affäre und das Strafverfahren gegen die Beteiligten, insbesondere die Organe der Bauring Wien GmbH und Architekt Herbert U, sowie im Zusammenhang mit der früheren Stellung des Klägers als Verwaltungsrat der A-Etablissement Vaduz zu unterlassen. Zur Sicherung Unterlassungsanspruches beantragte der Kläger eine einstweilige Verfügung, mit der den Beklagten aufgetragen werden soll, die Ausstrahlung seines Bildes im Fernsehen im Zusammenhang mit Fernsehsendungen über die sogenannte Bauring-Affäre und die anhängigen Strafverfahren gegen Organe der Bauring Wien GmbH sowie gegen Architekt Herbert U und im Zusammenhang mit seiner früheren Rechtsstellung als Verwaltungsrat der A-Etablissement Vaduz zu unterlassen. Die Beklagten sprachen sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Sie gaben im wesentlichen zu, die behauptete Sendung und in dieser auch das Bild des Klägers zweimal ausgestrahlt zu haben. Die erste Bildausstrahlung sei von einem Text begleitet gewesen, im dem der Kläger als "Konsul in Vaduz" bezeichnet worden sei, der als "Herr über viele Briefkästen" nicht sagen wollte, wer der Besitzer der A sei. Die zweite Bildausstrahlung sei im Zusammenhang mit dem Text erfolgt, wonach "Verwaltungsräte bei den Honoraren nicht kleinlich seien, sie aber diskret verschwiegen". Die Behauptung eines hämischen und eindeutig auf Herabsetzung gerichteten Tones treffe weder für die Gesamttendenz der Sendung zu noch für die dem Bild des Klägers unterlegten Textpassagen. Die Behauptungen der Beklagten in der Sendung seien wahr und im übrigen nicht geeignet, den Kläger herabzuwürdigen oder seine berechtigten Interessen zu verletzen. Im übrigen sei eine Interessenabwägung vorzunehmen, weil ein umfassendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit und eine entsprechende Informationsverpflichtung des ORF vorliege. Dieses Interesse habe den Interessen des Klägers vorzugehen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die beiden Horizonte-Beiträge vom 12. November 1975 und vom 30. März 1976 untersuchten primär die Rolle des Architekten U bei der sogenannten Bauring-Affäre und das Verhalten der für die Gestionen des Baurings angeblich Verantwortlichen. Bei der Finanzierung von Bauprojekten auf Ibiza spielte eine B-AG eine nicht unwesentliche Rolle. Dieser Aktiengesellschaft gab - nach den Worten des Sprechers in der Sendung vom 12. November 1975 - im Oktober 1973 die Wiener I-Bank einen 10-Millionen-Franken-Kredit, für den der Bauring die Bürgschaft übernahm. Der Sprecher weiter: "Aus der Schweiz wanderte ein großer Teil des Geldes nach Liechtenstein, und zwar zu der hier untergebrachten Briefkastenfirma A-Etablissement. Zur Zeit der Geldtransanktion war der österreichische Honorar-Konsul in Vaduz, Dr. X, Verwaltungsrat dieser A, sprich: ausführendes Organ ungenannter A-Eigentümer.

Im eleganten Bürohaus des Dr. X wird auch jetzt noch die A von X-Mitarbeitern repräsentiert. Als die "Horizonte" Auskünfte wollten, waren alle zuständigen Herren leider verreist. (Über eine TV-Kamera kann man sehen, wer Einlaß begehrt.) Von der A weiß die Öffentlichkeit nichts. Im Telefonbuch ist sie nicht eingetragen, und auch Dr. X praktiziert in seiner Eigenschaft als ehemaliges A-Organ die in Liechtenstein zum Treuhändergeschäft gehörende Diskretion. Die Vaduzer A wollte mit der B zusammen jene Fremdenverkehrsprojekte verwirklichen, für die der 10-Millionen-Franken-Kredit gewährt worden war. Mit dem Geld wurde allerdings bis heute kein einziges Appartement gebaut. Aus Liechtenstein wurden nämlich Millionen zu einem Wiener Geldinstitut überwiesen. Die W-Bank erhielt von der A auf ein Konto in Deutschland Anfang 1974 rund 6.3 Millionen D-Mark eingezahlt. Das ist ungefähr soviel, wie die A vorher von der B bekam, und nur etwas weniger, als die B von der Wiener I-Bank kassiert hatte. Ein schönes Ringelspiel - wo liegt allerdings der Sinn".

Zu dem vorstehend gesperrt gedrucktem Text wurde das Bild des Klägers, eine Reproduktion einer völlig einwandfreien Fotographie, gezeigt. Die A wird in der Folge im Zusammenhang mit den Geldtransaktionen noch einmal erwähnt, ohne daß der Name des Klägers genannt wird.

In der Sendung am 30. März 1976 enthüllte der Erstbeklagte als Sprecher, daß Architekt U gestanden habe, wahrer Eigentümer der B gewesen zu sein und noch zu sein. Er sagte weiter: "Es wird nun Sache des Staatsanwaltes bzw. des Richters sein, festzustellen, ob die Tarnung erfolgte, um strafbare Handlungen zu begehen. Diesen Feststellungen soll in keiner Weise vorgegriffen werden. Die B allerdings war ja nur eine Station in diesem Millionen-Ringelspiel. Wir haben darüber schon im November des Vorjahres berichtet - heute nun einige neue Details aus diesem Spiel der Verdächtigen".

Ein anderer Sprecher setzte fort:

"Von der B waren die Wiener Millionen sofort nach Liechtenstein geflossen. Empfänger war hier das Etablissement A, eine Briefkastenfirma, die ihrem Status nach keine Steuern zu zahlen braucht. Untergebracht ist die A im schmucken Bürohaus des österreichischen Konsuls in Vaduz, bei Dr. X. Der Herr über viele Briefkästen wollte den Horizonten allerdings nicht sagen, wer der Besitzer der A ist. Auch alle anderen zuständigen Herren im Bürohaus blieben im Vorjahr schweigsam und waren nicht zu sprechen. Die A, die als Firmen-Dornröschen jahrzehntelang geschlafen hatte, wurde nur für das Geschäft mit der B wachgeküßt. Ein Eingeweihter verriet es: Der Prinz heißt Herbert U. Er kaufte 1973 die A. streng diskret, versteht sich; A und B verkehrten miteinander, als gehörten sie nicht beide in den gleichen Stall. Hochoffiziell schickte man etwa eine Ausgabenaufstellung von Vaduz nach Luzern.

Als der A-Prinz U verhaftet wurde, wollte er vom Etablissement nichts mehr wissen; er habe es für jemand anderen gekauft und zwar für eine J-Holding. Der Chef vieler Strohmänner will also selbst nur Strohmann gewesen sein. Bereitwillig bestätigte J-Organ und Elfenbeinküsten-Konsul Dr. W in Schaan diese Version des Wiener Architekten.

Zu vorstehend gesperrt gedrucktem Text wurde das in der Vorsendung verwendete Bild des Klägers gezeigt.

In der Sendung am 30. März 1976 wurde das Bild des Klägers ein zweites Mal gezeigt, und zwar zu nachfolgendem gesperrt gedrucktem Text:

"Bei diesem Unprodukt" von Millionen-Karussell hat bisher Produktionsleiter R für die Vorbereitung eines Grundstückkaufes in Santa Eulalia rund 1 Million Schilling verdient. Felix M auf Ibiza hat für die Reservierung von Grundstücken rund 3 Millionen Schilling eingenommen. U kassierte 1 Million an Architektenhonorar und übernahm 700 000 S zur Verrechnung. Verwaltungsräte in Liechtenstein sind auch nicht kleinlich bei ihren Honoraren, verschweigen sie aber diskret.

Die I-Bank dürfte mehr als 10 Millionen einnehmen.

Die W-Bank kassierte 4 Millionen Schilling. Man braucht nicht lange nachzudenken, um herauszufinden, wer diese Beträge letztlich zu begleichen haben wird es ist der "Besitzer" des Baurings, der Wiener Steuerzahler. Und wenn dieser brave Bürger Pech hat, summieren sich die Verluste aus der Transaktion auf etwa 25 Millionen Schilling."

Anschließend daran wurde das Musikstück "Schön ist so ein Ringelspiel" gebracht.

Vorn Erstbeklagten wird nach einem mit Architekt U geführten Gespräch noch aufgezeigt, daß dieser als B mit U als A einen Vertrag abgeschlossen und Millionen nach Vaduz überwiesen hat; U als A legte diese Millionen auf ein Sperrkonto und verschaffte dadurch U als H in Wien einen Kredit: Das Geld lief also im Kreis und blieb doch immer bei U. Darüber hinaus wurde der A, insbesondere aber des Klägers, keine Erwähnung getan.

Die Sendung vom 30. März 1976 wurde am 4. April 1976 als Wiederholung neuerlich ausgestrahlt.

Das Erstgericht hatte den Eindruck, daß der Text keineswegs in einem hämischen und eindeutig auf Herabsetzung gerichteten Ton vorgebracht worden sei, sondern daß sich der jeweilige Sprecher vielmehr eines feststellenden sachlichen Tones befleißigt habe. Es folgerte daraus, daß gegen den Kläger keinerlei konkrete Vorwürfe erhoben worden seien. Es sei lediglich die Vermutung in den Raum gestellt worden, in dem "Ringelspiel" als Verwaltungsrat der A nicht unbeteiligt oder zumindest darüber unterrichtet gewesen zu sein. Die Berichterstattung habe nie die Linie des Tatsachenberichtes und der Aktivität verlassen. Der Kläger sei durch die Ausstrahlung seines Bildes nicht herabgewürdigt worden, weil lediglich das Aussehen des Mannes gezeigt wurde, der Verwaltungsrat einer an der Geldtransaktion beteiligten Handelsgesellschaft war. Jedenfalls führe eine objektive Interessenabwägung zwischen der Aufgabe der Beklagten, die Öffentlichkeit über die an den geldlichen Transaktionen direkt oder indirekt beteiligten Personen zu informieren und dazu Stellung zu nehmen, gegenüber dem Interesse des Klägers, in diesem Zusammenhang nicht genannt und nicht im Bild gezeigt zu werden, dazu, daß dieses Interesse des Klägers nicht schutzwürdig sei. Der behauptete Unterlassungsanspruch sei daher nicht bescheinigt.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es ging davon aus daß bei der Prüfung des erhobenen Unterlassungsanspruches nicht das veröffentlichte Bild allein, sondern die ganze Art der Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem Rahmen, in den das Bild gestellt wurde, und insbesondere der beigegebene Text berücksichtigt werden müßten. Die im Text enthaltene Erwähnung der Verweigerung der Bekanntgabe der Besitzer der A und der Verschweigung der Honorare von Verwaltungsräten sei, für sich betrachtet, objektiv nicht herabsetzend, wohl aber die Bezeichnung des Klägers als "Herr über viele Briefkästen". Schon die Bezeichnung "Briefkastenfirma" werde eine Gedankenverbindung mit dem negativen Begriff "Scheinfirma" hervorrufen. Die Bezeichnung des Klägers einerseits als "österreichischer Konsul in Vaduz" und andererseits als "Herr über viele Briefkästen" werde daher den Eindruck unreeller, wenn nicht gesetzwidriger Tätigkeit erwecken. Dieser Eindruck müsse im vorliegenden Fall geradezu zwangsläufig dadurch herbeigeführt werden, daß im unmittelbar vorangegangenen Text von strafbaren Handlungen im Zusammenhang mit finanziellen Transaktionen die Rede ist und die ganze Sendung unter dem Motto "Neue Details aus diesem Spiel der Verdächtigen" gestanden sei. Durch die enge Verbindung dieser Feststellung mit der Ausstrahlung des Bildes des Klägers sei der Kläger ohne Anführung konkreter Tatsachen eindeutig strafbarer Handlungen verdächtigt worden. Bei der Erwähnung, daß "Verwaltungsräte in Liechtenstein bei ihren Honoraren nicht kleinlich seien, sie aber diskret verschweigen", müsse berücksichtigt werden, daß unmittelbar vorher darauf hingewiesen worden sei, daß mehrere Personen "bei diesem unproduktiven Millionenkarussell" Millionenbeträge verdienten, so daß durch den erwähnten Hinweis der Eindruck erweckt worden sei, auch der Kläger habe durch Teilnahme an diesen unreellen, wenn nicht sogar strafbaren Transaktionen Honorare in erheblichem Ausmaß bezogen. Der Kläger sei somit unehrenhafter oder strafbarer Handlungen verdächtigt und bildlich angeprangert worden. Dadurch seien schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt worden. Ein diese Interessen des Klägers überwiegendes Interesse der Beklagten an der Information des Öffentlichkeit durch bildliche Darstellung des Klägers müsse verneint werden. Der Informationsauftrag des ORF-Gesetzes schaffe keine Grundlage für Eingriffe in gesetzlich geschützte Rechte Dritter, da er nur in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtsordnung erfüllt werden dürfe. Die Veröffentlichung des Bildes des Klägers habe im vorliegenden Fall nicht der Warnung der Öffentlichkeit vor weiteren strafbaren Handlungen, sondern der Befriedigung der Neugierde und der Sensationslust der breiten Öffentlichkeit gedient. Damit sei die Grenze notwendiger und zulässiger Information der Öffentlichkeit überschritten worden. Der vom Kläger erhobene Unterlassungsanspruch sei daher ohne Rücksicht darauf, ob dem Kläger im Zusammenhang mit der sogenannten Bauring-Affäre tatsächlich strafbare Handlungen nachgewiesen werden könnten oder nicht, bescheinigt, so daß die zu seiner Sicherung beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen gewesen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dem Hinweis der Beklagten, der Erstrichter habe "den gesamten Zusammenhang" und die Tendenz der beiden gegenständlichen Fernsehsendungen besser beurteilen könne als das Rekursgericht, weil er die Sendungen selbst gesehen habe, muß entgegengehalten werden, daß dies nur für die Frage zutreffen könnte, ob der Text der Sendungen - so wie behauptet wurde - in einem hämischen und eindeutig auf Herabsetzung gerichteten Ton vorgetragen wurde. Das hat das Erstgericht verneint, aber auch das Rekursgericht nicht angenommen. Insoweit stellt sich daher die vom Revisionsrekurs aufgeworfene Frage, ob das Rekursgericht von der Beweiswürdigung des Erstgerichtes abgehen durfte, überhaupt nicht. Ob aber durch die Veröffentlichung des Bildes des Klägers im Rahmen dieser Sendungen berechtigte Interessen des Klägers im Sinne des § 78 UrhG verletzt wurden, ist eine Rechtsfrage, die nach objektiven Maßstäben zu lösen ist. Hiebei ist die Veröffentlichung des Bildes im Zusammenhang mit dem beigegebenen Text zu beurteilen (ÖBl. 1972 47; ÖBl. 1972, 49; ÖBl. 1973, 138; ÖBl. 1974, 97; 4 Ob 318/75, 4 Ob 38/76 u. a.).

§ 78 UrhG verbietet, daß Bildnisse von Personen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Dadurch soll jedermann gegen einen Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, insbesondere dagegen, daß er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt oder sein Bild auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt. Das Gesetz legt den Begriff "berechtigte Interessen" nicht näher fest, weil es bewußt einen weiten Spielraum offenlassen wollte, um den Verhältnissen des Einzelfalles gerecht werden zu können (SZ 28/205; ÖBl. 1974, 97; 4 Ob 38/76 u. a.). Um eine Verletzung berechtigter Interessen des Abgebildeten im Sinne dieser Gesetzesstelle annehmen zu können, ist es keineswegs erforderlich, daß dieser strafbarer Handlungen verdächtigt wurde; es genügt durchaus, wenn der Abgebildete der Begehung von Handlungen verdächtigt wird, die dem Anstandsgefühl des Dargestellten und seiner Umgebung, deren Wertung er ausgesetzt ist, widersprechen, so daß der Abgebildete befürchten muß, die Veröffentlichung seines Bildes werde zu Mißdeutungen seiner Persönlichkeit Anlaß geben (ÖBl. 1973, 138).

Das hat das Rekursgericht mit Recht deswegen angenommen, weil einerseits die Stellung des Klägers als "österreichischer Konsul in Vaduz" hervorgehoben und andererseits im unmittelbaren Anschluß daran berichtet wird, daß "der Herr über viele Briefkästen" nicht sagen wollte, wer der Besitzer der A sei. Wird weiter berücksichtigt, daß die Sendung, in der dieser Text und dazu das Bild des Klägers verbreitet wurden, daß "heute nun einige neue Details aus diesem Spiel der Verdächtigen" berichtet werden, mußte gerade deswegen, weil auch das Bildnis des Klägers ausgestrahlt wurde, der Eindruck entstehen, auch dieser gehöre zu den "Verdächtigen" und auch er habe sich zumindest unseriös verhalten. Gerade deswegen, weil auch das Bild des Klägers gezeigt wurde, wurde bei der vom Revisionsrekurs behaupteten Differenzierung zwischen den eigentlichen Verdächtigen und jenen Personen, die nur sachlich und zufällig Berührungspunkte mit solchen hatten, ohne selbst an zumindest unseriösen Praktiken teilgenommen und diese auch subjektiv bewußt gefördert zu haben, die Tendenz unverkennbar, den Kläger als zur Gruppe der Verdächtigen gehörig hinzustellen. Mit Recht hat das Rekursgericht in diesem Zusammenhang hervorgehoben, daß er auch die Wendung, Verwaltungsräte in Liechtenstein seien auch nicht kleinlich bei ihren Honoraren, verschwiegen sie aber diskret - zu deren Vortrag zeitweise neuerlich das Bild des Klägers gezeigt wurde - nicht allein, sondern im Zusammenhang mit den weiteren in unmittelbarer Nähe gestandenen Textstellen beurteilt werden muß, wonach mehrere Personen bei diesem unproduktiven Millionenkarussell Millionenbeträge verdient haben. Auch dadurch wurde zumindest unterschwellig der Verdacht aufgedrängt, daß der Kläger bewußt an den angeprangerten Praktiken unseriös verdient habe. Der Kläger wurde daher in den gegenständlichen Sendungen nicht in einer Art erwähnt, die erkennen ließ, daß er nur im Interesse der Vollständigkeit und der Verständlichkeit des Berichtes genannt wird. Die Erwähnung des Klägers ließ unverkennbar die Tendenz erkennen, es als wahrscheinlich hinzustellen, daß auch der Kläger zu jenen Personen gehört, die der Begehung unseriöser oder gar strafbarer Handlungen verdächtigt sind. Der Hinweis des Revisionsrekurses darauf, daß etwa auch Verteidiger bei einem Gericht über einen Strafprozeß erwähnt werden, ohne daß dies als Verletzung der berechtigten Interessen dieser Verteidiger gewertet werden könnte, ist daher nicht richtig. Im übrigen ist zu bemerken, daß nicht ersichtlich ist, warum es bei der Erwähnung von Verteidigern im Rahmen eines Berichtes über einen Strafprozeß erforderlich sein sollte, in diesem Zusammenhang auch zu betonen, daß sie ein Honorar erhalten oder gar, daß dieses "nicht kleinlich sei. Sollten mit der Sendung tatsächlich Handlungen des Klägers aufgezeigt werden, die den Kläger als zum Kreis der Verdächtigen gehörig erscheinen ließen, dann hätten die dafür, aber auch die dagegen sprechenden Umstände konkret und den Tatsachen entsprechend berichtet werden müssen, so daß der angesprochene Interessent durch den Bericht veranlaßt wird, sich eine Meinung und ein Urteil auf Grund der Prüfung der bekanntgegebenen Tatsachen und nicht auf Grund der gewählten, in eine bestimmte Richtung drängenden Aufmachung des Berichtes zu bilden. Der Revisionsrekurs ist daher durchaus im Recht, wenn er meint, daß es für das Vorliegen einer Verletzung berechtigter Interessen des Klägers im Sinne des § 78 UrhG nicht entscheidend ist, ob über einen objektiv bestehenden Zusammenhang mit den berechtigten Straftaten oder sonstigen unehrenhaften Verhaltensweisen der Verantwortlichen in der sogenannten Bauring-Affäre berichtet wurde, sondern ob die Mitteilung von Tatsachen mit einer bestimmten Tendenz versehen wurde (ÖBl. 1972, 49; ÖBl. 1970, 155; ÖBl. 1964, 129). Dem Revisionsrekurs kann aber nicht gefolgt werden, wenn er weiter der Auffassung ist, daß im vorliegenden Fall die Berichte keine Tendenz, den Kläger einer unehrenhaften oder strafbaren Handlung zu verdächtigen, gehabt hätten. Diese Tendenz und damit eine Verletzung schutzwürdiger Interessen des Klägers, der ohne Anführung konkreter und nachweisbarer Tatsachen unehrenhafter oder strafbarer Handlungen verdächtigt wurde, wurde vielmehr vom Rekursgericht auf Grund des Inhaltes der Sendung bei einer den Zusammenhang und die Gesamtgestaltung berücksichtigenden Betrachtung mit Recht bejaht. Zu dem Einwand des Revisionsrekurses, daß es widerspruchsvoll sei, wenn ein Bericht, in welchem ohne Anführung konkreter Tatsachen ein bestimmter Verdacht anklingt, als Verletzung berechtigter Interessen des Betroffenen angesehen werde, eine solche Verletzung berechtigter Interessen aber bei einem Bericht konkreter Tatsachen verneint werde, ist darauf zu verweisen, daß im letzteren Fall die Erfüllung eines echten Informationsbedürfnisses den Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen, nicht genannt zu werden, haben kann.

Bei Verletzung berechtigter Interessen des Abgebildeten muß nämlich dann, wenn sich derjenige, der das Bild verbreitet, seinerseits auf ein Interesse an diesen Vorgängen beruft, eine Interessenabwägung vorgenommen werden (SZ 28/205; SZ 44/104; ÖBl. 1961, 36; ÖBl. 1961, 78; ÖBl. 1969, 21; ÖBl. 1974, 97; 4 Ob 318/75 u. a.). Sie fällt aber im vorliegenden Fall, in dem die Beklagten den Kläger ohne Anführung konkreter, überprüfbarer Tatsachen verdächtigen, zugunsten des Klägers aus. Die Berufung der Beklagten auf den im ORF-Gesetz (BVG vom 10. Juli 1974, BGBl. 397, über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunkes) festgelegten Informationsauftrag ist nicht zielführend, weil dieser nur innerhalb der durch die Gesetze gezogenen Grenzen zu befolgen ist und daher für sich allein keine Rechte begrunden kann. Im ORF-Gesetz sind keine Bestimmungen über die Art der Durchführung des Informationsauftrages, insbesonders über etwaige Eingriffsmöglichkeiten in die durch die Gesetze geschützten Rechtssphären dritter Personen, enthalten (JBl. 1976, 490). Durch die Art der Berichterstattung, nämlich die bereits hervorgehobene Tendenz, den Kläger ohne Anführung konkreter Tatsachen in den Verdacht unehrenhafter Handlungen zu bringen, wobei durch die Veröffentlichung des Bildes des Klägers diese Tendenz verstärkt wurde, wurden aber gesetzlich geschützte Interessen des Klägers verletzt. Ob dies auch bei einer wirklich sachlichen und objektiven Berichterstattung zu bejahen gewesen wäre und ob in diesem Fall die Interessenabwägung auch zugunsten des Klägers ausspiele, ist nicht zu prüfen, weil nur die tatsächlich vorgenommene Berichterstattung Gegenstand des Rechtsstreites ist. Ebensowenig ist wesentlich, ob der Kläger durch sein Verhalten selbst Anlaß zu Bedenken und Vermutungen gegeben bat, weil dieser Umstand jedenfalls nicht diese Art der Berichterstattung rechtfertigte. Die tatsächlich gewählte Art der Berichterstattung ging jedenfalls über die Grenze zwischen zulässiger Berichterstattung und einem Eingriff in die rechtlich geschützten Interessen einer freien Persönlichkeit hinaus (SZ 28/205; ÖBl. 1961, 36; ÖBl. 1964, 129 u. a.). Diese Grenze muß auch bei einer Berichterstattung im Fernsehen beachtet werden, da das Gesetz keine Sonderregelung für diese Art der Verbreitung eines Bildnisses kennt. Gerade bei einer Berichterstattung im Fernsehen kann durch die Ausstrahlung eines Bildes der gesprochene Text eine besondere Eindringlichkeit und Wirkung, aber auch einebesondere, offen oder versteckt ausgedrückte Tendenz erhalten. Im vorliegenden Fall lassen Inhalt und Aufmachung des Berichtes erkennen, daß die Veröffentlichung des Bildes des Klägers dazu diente, ihn eines vor allem mit Rücksicht auf seine berufliche und sonstige Stellung in der Öffentlichkeit unehrenhaften Verhaltens verdächtig erscheinen zu lassen, ohne jene Tatsachen richtig und ausreichend mitzuteilen, die für oder gegen diesen Verdacht sprachen. Damit diente die Veröffentlichung nicht mehr der Befriedigung eines echten Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit (Rehm in JBl. 1962, 8; ÖBl. 1964, 129; 4 Ob 318/75). Die besondere Art der Berichterstattung im Fernsehen kann jedenfalls nicht dazu führen, daß hiebei - wie anscheinend der Revisionskurs meint - die Grenze der zulässigen Berichterstattung weiter und die des Schutzes der Rechte einzelner enger gezogen werden müßte als bei anderen Veröffentlichungen. Auch bei einer Veröffentlichung im Fernsehen stehen dem Betroffenen die im § 78 UrhG eingeräumten Rechte im vollem Umfang zu.

Das Rekursgericht hat daher mit Recht eine Verletzung der dem Kläger darnach zustehenden Rechte und den daraus abgeleiteten Unterlassungsanspruch als bescheinigt angesehen und somit die zu dessen Sicherung beantragte einstweilige Verfügung erlassen.

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